Natürlich wissen wir, dass das in manchen Bereichen auch Einschränkungen bedeutet. Manches, was uns selbstverständlich erschien, können wir nicht mehr finanzieren. Ich sage aber auch: Jeder muss seinen Beitrag dazu leisten, dass wir wieder vorankommen.
Ich bin in diesem Jahr viel unterwegs gewesen und habe mit vielen Menschen gesprochen. Ich habe festgestellt, dass die Notwendigkeit von Streichungen und Kürzungen verstanden wird, wenn sie richtig erklärt und begründet werden und gesagt wird, wie das Licht hinter dem Tunnel aussieht. Dabei sollten wir uns auch von Zeitungsüberschriften nicht verunsichern lassen, die heute unpopuläre Maßnahmen fordern, aber morgen Einsparungen kritisieren.
Ich stehe dafür: Für unsere Ziele werden wir heute nicht länger Geld ausgeben, das unsere Kinder und Enkel noch nicht einmal verdient haben. Wir werden unsere Kinder nicht mit weiteren Schulden belasten, nur weil wir den Mut zu Einsparungen und Strukturentscheidungen nicht haben.
Meine Damen und Herren, auch Sie haben die Verantwortung zur Konsolidierung des Haushalts. Wir werden sparen. Wir werden die Ausgabenseite nicht dämpfen, sondern deutlich reduzieren. Unser Personaleinsparungskonzept wird greifen. Gemeinsam müssen wir trotz schwieriger Finanzlage in unseren politischen Schwerpunkten für die Zukunft in „Vorfahrt für Wirtschaft und Arbeit“ investieren.
Mit dem Schleswig-Holstein-Fonds stellen wir bis 2009 rund 415 Millionen € zur Verfügung. Damit soll ein Investitionsvolumen von mehr als 1,6 Milliarden € ausgelöst werden. Bei der betrieblichen Investitionsförderung - dazu wurde ja gesagt, man merke nichts - wurden 2004 Investitionen in Höhe von 127 Millionen € ausgelöst. In diesem Jahr sind es 208 Millionen €.
Beim Wirtschaftswachstum - ich glaube, Wolfgang Kubicki hat davon gesprochen, man müsse wieder an die Spitze kommen - sieht es für das erste Halbjahr 2005 so aus, dass wir in Deutschland auf dem dritten Platz liegen. In den vergangenen Monaten meldete der Mittelstand Zuwächse bei Aufträgen und Umsatz. Sie können das in der „FAZ“ vom 12. Oktober 2005 nachlesen.
Bei den Arbeitslosenzahlen hatten wir im November einen Anstieg von 0,6 %. Das ist die geringste Zunahme seit 1998. Noch 2004 hatten wir einen Anstieg um 4,6 %. Sie können das werten, Sie können das wegrechnen, Sie können sagen: Das ist es alles nicht. Aber wir merken draußen, dass etwas wird. Deswegen wollen wir so weiterarbeiten.
Es geht um gute Bildung und Ausbildung. Mit 200 zusätzlichen Stellen im Jahr 2005 - wer sie auch immer beschlossen hat; darauf wird doch nicht geguckt; es interessiert einen Schüler doch nicht, wer sie beschlossen hat; wir stellen die Leute ein und mit der Mehrarbeit kommt ab 2006 deutlich mehr Unterricht an die Schulen. Im Jahr 2007 werden wir weitere zusätzliche Stellen schaffen.
Es geht um exzellente Forschung und Innovation. Mit dem Schleswig-Holstein-Fonds gehen zusätzlich 70 Millionen € in Wissenschaft und Forschung. Denn Wissen schafft Wirtschaft.
Ich bin sehr froh, dass der Berliner Koalitionsvertrag auch ein Meilenstein zu einer modernen Familienpolitik ist. Wir haben darin klargemacht: Wir wollen mehr Kinder in den Familien und wir wollen mehr Familie in der Gesellschaft. Familienpolitik ist Politik für die Zukunft. Daran werden wir mit aller Kraft arbeiten - in Berlin und in Kiel. Gerade in dieser Woche fiel der Startschuss für unser Projekt „Familienfreundlicher Betrieb“.
Vor wenigen Tagen habe ich mit der Bundeskanzlerin die A 20 in Betrieb genommen. Ein großes Werk, dass noch nicht ganz vollendet ist. Wir werden uns in Berlin für die großen Verkehrsprojekte stark machen. Dazu gehört vor allem die Weiterführung der A 20 mit Querung der Elbe westlich von Hamburg. Wir holen beim weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur private Kräfte mit ins Boot.
Wir werden die Strukturen reformieren. Der Prozess der Verwaltungsstrukturreform ist im vollen Gange und läuft gut. In den nächsten Wochen werden wir unser Konzept für Bürokratieabbau, Deregulierung und Aufgabe von Aufgaben auf den Tisch legen.
Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein muss mit seinen Nachbarn enger zusammenarbeiten. Das gilt für Mecklenburg-Vorpommern, für Niedersachsen und insbesondere natürlich für Hamburg. Unter dem gemeinsamen Dach der wachsenden Metropolregion bringen wir die Interessen des ganzen Landes Schleswig-Holstein mit ein. Wir werden es später noch ausführlicher diskutieren.
Auch die Kooperation mit Dänemark muss hohe Priorität haben. Nördlich der Grenze liegt die Arbeitslosenquote bei 4 %, während sie südlich davon bei 17 % liegt. Das muss nicht nur zu denken geben - das machen wir schon seit zehn Jahren; die Gutachten stapeln sich bei uns –, sondern das muss uns zum Handeln zwingen.
Frau Kollegin Spoorendonk, ich darf zu Ihnen eine kleine Anmerkung machen. Zu Dänemark und zu grenzüberschreitenden Projekten gibt es nicht nur zwischen Flensburg und Tondern, sondern auch in Kiel eine Grenze. Auch Ostholstein und Fehmarn sind Grenzen zu Dänemark. Das dürfen wir nicht vergessen. Regionalisieren wir nicht immer nur unsere Probleme, indem wir einmal den Hamburger Rand sehen, dann Dänemark und den Landesteil Schleswig! Nein, das ganze Land und die Verzahnung müssen gesehen werden.
Meine erste echte Auslandsreise führt mich im nächsten Monat nach Kopenhagen. Bei den Gesprächen mit der dänischen Regierung stehen die Perspektiven für die Kooperation in der Grenzregion ganz oben auf der Tagesordnung. Wir wollen auch die Chancen des dänischen Arbeitsmarkts nutzen. Die Landesregierung wird künftig in der Grenzregion einen aktiveren Part übernehmen, ohne damit die Verantwortung der Akteure in der Region be
schneiden zu wollen. Wir werden für die Belange der Grenzregion in Berlin, Brüssel und Kopenhagen intensiver werben. Ich habe das Gefühl, dass wir auch bei den Befürchtungen, die wir im Moment haben, Herr Döring, offensichtlich Erfolg haben werden und weiterarbeiten können.
In unserem Land gibt es viele Kräfte, die wir mobilisieren müssen. Wir sind ein Land der kurzen Wege und der offenen Tür. Es gibt im Land eine große Leistungsbereitschaft. Es gibt den gesunden Menschenverstand, der mit den Realitäten selbstbewusst umgehen kann. Auch auf die Kräfte in den Vereinen, Verbänden, in den Kommunen und Kreisen, in den Unternehmen und Betrieben, bei den Kirchen und in den Gewerkschaften sowie in den Hochschulen und in den Labors baue ich. Packen Sie mit an, damit es allen im Lande wieder besser geht! Packen Sie mit an, damit unser Land in dem immer schärfer werdenden Wettbewerb mit anderen Ländern und Regionen - ich sage das ganz bewusst - wieder mithalten kann!
Schleswig-Holstein ist ein starkes Land, weil die Menschen, die hier leben und arbeiten, starke, zupackende Menschen sind, die sich auch etwas zutrauen.
Meine Damen und Herren, die Baden-Württemberger werben ja mit einem schönen Spruch: Die Baden-Württemberger können alles außer Hochdeutsch. Wir können Plattdeutsch, Friesisch, Dänisch und auch Hochdeutsch, meine Damen und Herren. Wir sind besser als Baden-Württemberg. Wir müssen das nur mal begreifen.
Deshalb werden wir unsere Chancen nutzen. Lassen Sie uns deshalb mit Optimismus in das neue Jahr gehen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Präsident, ich hatte mich gemeldet, um auf den Minis- terpräsidenten zu antworten!)
- Herr Oppositionsführer, dann erteile ich Ihnen das Wort im Rahmen der für die Fraktion der FDP vereinbarten Redezeit. Ihnen stehen weitere 17 Minuten zur Verfügung. Sie hatten einen Dreiminutenbeitrag angemeldet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich nur gemeldet. Ich möchte es auch kurz machen, weil ich auch applaudieren durfte. Herr Ministerpräsident, ich habe die Regierungserklärung nun ein drittes Mal gehört und beziehe mich auf meine Antwort von damals.
Die FDP-Fraktion ist sich noch nicht sicher, ob ihre damalige Haltung, dazu beizutragen, dass Peter Harry Carstensen Ministerpräsident wird, eine weise Entscheidung für das Land oder ein Fehler war. Das haben wir noch nicht ganz entschieden. Das sage ich ganz offen. Deshalb sind wir in der Bewertung noch etwas zurückhaltend.
Eins möchte ich aber sagen: Sie sollten sich den Optimismus weder verbiegen noch verbieten lassen, denn man kann Probleme - das ist auch meine Grundhaltung - überhaupt nicht bewältigen, wenn man nicht fröhlich und optimistisch an sie herangeht.
Aber Fröhlichkeit allein wird auf Dauer nicht ausreichen. Ich bin dankbar, dass der Herr Ministerpräsident es geschafft hat, innerhalb eines halben Jahres die Regentschaft von Heide Simonis komplett vergessen zu machen. Er hat den gleichen Beliebtheitsgrad. Aber auch hier erlaube ich mir die Anmerkung: Beliebtheit allein reicht im Zweifel für Wahlentscheidungen nicht aus.
Ich habe gehört, dass wir ein tolles Land sind. - Das stimmt. Ich habe gehört, dass wir auf einem guten Weg sind. - Das sehe ich noch nicht. Ich frage mich aber, was sich von den großen Erklärungen, die Sie bei der Regierungserklärung abgegeben und heute wiederholt haben, im Haushalt konkret wieder findet.
Ich habe gehört, dass man natürlich der Opposition vorwerfen kann, sie wolle Einsparungen und überall da, wo dann gespart würde, würde sie sich melden und populistisch erklären, das sei unerträglich. Das ist nicht ganz richtig. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FDP haben unterschiedliche Vorstellungen vom Einsparen, sie haben auch unterschiedliche Vorstellungen vom Ausgeben. Einsparen ist nicht gleich Einsparen. Wir haben gesagt und das
sagen wir nach wie vor: Wer bei Investitionen spart, der spart definitiv an der falschen Stelle. Deshalb konnten wir uns den Anträgen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in diesen Punkten nicht anschließen. Wir sagen selbstverständlich, dass wir gerade in diesem Bereich der öffentlichen Hand mehr Geld ausgeben müssen. Deshalb sagen wir zum Beispiel: Gebt den Kommunen ihr Geld zurück, damit sie damit investieren können. Darüber kann man streiten, man kann anderer Auffassung sein, aber noch einmal: Einsparen ist nicht gleich Einsparen.
Dankenswerterweise haben Sie darauf hingewiesen, es gebe nun erkennbare Wachstumsinpulse und auch bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit seien im November 2005 die ersten Erfolge zu verzeichnen. Das mit den Novemberzahlen nehmen wir einmal so hin, aber dass nun die Erfolge des Wirtschaftswachstums im ersten Halbjahr 2005 auf den Carstensen-Effekt zurückzuführen sind, muss ich bestreiten, weil Sie Ihre Regierung erst im Mai 2005 angetreten haben. Deshalb können die Daten der ersten Monate nicht auf Ihre Politik zurückgeführt werden. Sie sind möglicherweise das Ergebnis der vorhergehenden Regierung.
(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das war die Vorfreude! - Holger Astrup [SPD]: Wo er Recht hat, hat er Recht!)
Noch einmal: Lassen Sie sich Ihren Optimismus, Ihre Fröhlichkeit nicht nehmen, aber dokumentieren Sie uns und der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit, wo denn aus der Regierungserklärung Taten folgen.
Abschließend - erlauben Sie mir das auch noch einmal - eine kurze Anmerkung zu den Ausführungen des Kollegen Müller in seiner Rede heute Vormittag, die eine durchaus beachtenswerte Bewerbungsrede für den Fraktionsvorsitz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewesen ist. Das muss ich neidlos anerkennen.
Herr Kollege Müller hat meinen Landesvorsitzenden, Jürgen Koppelin, zitiert und Bezug auf eine Meldung in der „Bild“-Zeitung vom 29. November 2005 genommen, in der Jürgen Koppelin – –
- Herr Kollege Stegner, Sie sollten nicht immer so hochnäsig sein. Sie werden den Kollegen Koppelin noch häufiger brauchen. Denken Sie daran, dass Sie überhaupt die Liberalen bei Ihrer Position häufiger brauchen werden, als Sie momentan öffentlich er
klären, sonst wüsste ich nicht, wie Sie im Rahmen der Innenministerkonferenz Ihre Vorstellungen durchsetzen wollen.
Aber unabhängig davon hat der Kollege Müller unter Bezug auf Jürgen Koppelin dessen doch beachtlichen Vorschlag, man möge das Weihnachtsgeld nicht besteuern, hinterfragt. Dazu besteht natürlich vor allem bei denjenigen Anlass, die kein Weihnachtsgeld bekommen.