Drittens. In allen Gemeinden unter 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern werden die hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten abgeschafft. Das wird vor allem die Frauen in ländlichen Regionen treffen,
also dort, wo berufstätige Mütter auch heute noch keinen geeigneten Kindergartenplatz für ihre Kinder finden und wo von Frauenberatung am Ort nur geträumt werden kann. - Meine Damen und Herren, es ist bemerkenswert, wie Unruhe in der CDU ausbricht, wenn man über Frauenfragen spricht. Das muss man wirklich einmal sagen.
Vielleicht hat das etwas mit der geschlechtsspezifisch sehr einseitigen Zusammensetzung dieser Fraktion zu tun.
Viertens. Es ist unverständlich, warum hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Amtsdirektorinnen nach Auflösung -
- Herr Wadephul, Sie können ja eine Geschlechtsumwandlung machen. Das verbessert zwar das Verhältnis in Ihrer Fraktion, ist aber nicht glaubwürdig.
Warum sollen hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nach Auflösung ihrer Gemeinde beziehungsweise ihres Amtes trotzdem bis zum Ende ihrer Amtszeit im Amt bleiben, ohne eine Verwaltung zu haben, während das für Frauenbeauftragte nicht gilt? Ich fände es richtig und zumutbar, wenn die Bürgermeister ebenso wie die Frauenbeauftragten in der zuständigen Verwaltung auf einer geeigneten Position beschäftigt würden.
Meine Damen und Herren, ein Zitat zum Schluss, damit Sie in Ihrem literarischen Bedarf nicht unterversorgt sind. Honoré de Balzac sagte einmal: Bürokratie ist ein Riesenapparat, der von Zwergen bedient wird. Wie Sie sehen, Balzac ist nicht ganz so optimistisch wie Goethe. Ich vermute, dass mit diesem Gesetz die Debatte über die Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein noch nicht am Ende ist. Ich bin sogar ziemlich sicher, sie beginnt ge
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hentschel. Das Wort für den SSW im Landtag hat die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist es richtig schlimm, zuletzt reden zu müssen. Wenn ich höre, wie gebetsmühlenartig in diesem Haus immer wieder die Wichtigkeit der kleinen Kommunen beschworen wird, dann finde ich, dass ich mich regelmäßig im völlig falschen Film aufhalte.
- Das war wieder einmal eine Bemerkung, die typisch ist für den Kollegen Astrup. Das werden wir draußen aufgreifen.
Ich werde das später auch noch einmal aufgreifen. Unser Ziel ist es, dass wir in diesem Land starke Kommunen haben, Kommunen, die aus eigener Kraft Aufgaben umsetzen und Entscheidungen treffen können.
Noch eine Bemerkung: Ich hatte nicht vor, in meiner Rede überhaupt auf das Thema Bürokratieabbau oder auf die Aufgaben des Staatssekretärs Schlie einzugehen. Ich finde es eigentlich Sünde, dass er zwischen Weihnachten und Neujahr arbeiten muss.
Wir sind grundsätzlich der Meinung, dass Bürokratieabbau wichtig ist, aber dass dies eher eine kulturelle Frage ist. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir heute morgen eine Diskussion über die Änderung des Schulgesetzes hatten, wo es um
Abstimmungsverfahren ging. Ich meine, ehe wir nicht diese Kultur ein wenig ändern, werden wir damit nicht weiterkommen.
Jetzt zu dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung, also dem Ersten Gesetz zur Reform kommunaler Verwaltungsstrukturen. Jetzt liegt dieser Gesetzentwurf vor. Wir wissen aber immer noch nicht richtig, lieber Herr Innenminister, wohin denn jetzt die Reise gehen soll. Die Landesregierung hat sich vorgenommen, die Rahmenbedingungen für die Zusammenlegung von Kommunalverwaltungen zu verbessern, die Einwohnergrenze für die Bestellung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten anzuheben und die Genehmigungsvoraussetzungen im kommunalen Haushaltsrecht entfallen zu lassen. Bei erster Betrachtung klingt das nicht nach sehr viel und bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass es auch nicht viel ist. Es fehlen klare Ziele, klare Strukturen und klare Prozesse für diese so genannte Strukturreform. Das ist, wenn man so will, auch eine Art Salamitaktik.
Die Zusammenführung von Verwaltungen sollen die Kommunen selber machen, was im Übrigen nach Artikel 28 des Grundgesetzes auch deren gutes Recht ist. Eine transparentere Kommunalstruktur bezüglich der Kompetenzen und Zuständigkeiten kommt auf diese Weise dabei aber nicht heraus. Es soll freiwillig laufen, aber auch nicht ganz freiwillig. Ein bisschen Zwang soll es dann doch sein. Es wird viel im Detail herum dirigiert, ohne dass ein roter Faden erkennbar ist. So kommen weder Bürgernähe noch neue Qualitäten der kommunalen Selbstverwaltung dabei heraus.
Über den Grund der ganzen Reform erfährt das Parlament überhaupt nichts. Unter „Kosten“ steht im Gesetzentwurf: „Der Umfang der möglichen Kostenentlastung im kommunalen Bereich ist nicht bestimmbar.“ Auf deutsch heißt das: Hier, wo nach eigenen Angaben der Landesregierung des Pudels Kern für die so genannte Reform liegt, wird nichts konkret gesagt. Eventuelle Mehrkosten werden ohne Begründung schlichtweg negiert. Ich zitiere noch einmal den Gesetzentwurf: „Der Vollzug des Gesetzes“ - so kann man nachlesen - „wird keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen.“
Nun noch ein paar Anmerkungen zum Inhalt dieses Gesetzentwurfes. Ich will mich nicht damit aufhalten, was der Entwurf alles im Detail zu regeln vorgibt. Ich finde es vor allem interessant, was der Entwurf nicht enthält. Die Einbindung des zentralörtlichen Prinzips zum Beispiel, das immerhin den Grundpfeiler der Landesplanung darstellt, gehört zu den Sachen, die im Entwurf fehlen. Das zentralört
liche System ist jedoch keine Nebensächlichkeit, die im Nachhinein irgendwie draufgepfropft werden kann. Es gehört von Anbeginn an zu einer richtigen und handwerklich sauberen Reform der kommunalen Ebene dazu.
Ich weiß aus Gesprächen mit Bürgermeistern, dass sie über das Fehlen des zentralörtlichen Prinzips irritiert sind. Dass die Landesregierung diesen Aspekt derartig vernachlässigt und auch verschleiert, ist einer der Gründe, weshalb bei einigen Kommunalpolitikern auch Ratlosigkeit oder auch ein hektischer Aktionismus herrscht. Beides sind keine guten Voraussetzungen für Änderungen zum Nutzen des Allgemeinwohls.
Noch einmal zu dem zentralörtlichen System: Wenn man sich mögliche Ämterfusionen im Landesteil Schleswig anguckt, so wird es künftig fusionierte Ämter mit zwei zentralen Orten geben und es wird ein paar Ämter ohne zentralen Ort geben. Dass dies ein Problem ist, Herr Minister, kann man nicht wegwischen.
Ein weiterer Punkt ist die Anhebung der Einwohnergrenze für die Bestellung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten. Das gleichstellungspolitische Roll-back der Landesregierung in diesem Entwurf spricht aus unserer Sicht für sich. Was wir dazu meinen, habe ich in einer früheren Rede deutlich gemacht. Soll heißen: Wir haben kein Verständnis dafür, dass die Landesregierung bei den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten von einer Einwohnergrenze von 15.000 ausgeht, bei der Fusion von Ämtern aber von einer Mindestgröße von 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern spricht.
Ich fasse zusammen. Die Landesregierung ist in der Klemme. Einerseits spürt sie genau, dass neue Strukturen her müssen, um künftigen Entwicklungen begegnen zu können. Andererseits ist sie zu ängstlich, um wirklich neue Strukturen, nämlich demokratische, transparente und kompetente Entscheidungsstrukturen vor Ort, einzuführen. Es bleibt daher bei einer Symbolpolitik, die nichts zum Besseren bewegen kann.
Damit es auch nicht in Vergessenheit gerät - ich gucke meinen Kollegen Puls an –, sage ich noch einmal: Wer Verwaltungen zusammenlegen will, muss auch sagen, wie Verwaltungen demokratisch legitimiert und kontrolliert werden sollen.
Wir müssen Verwaltung und politische Gemeinde auf gleicher Augenhöhe haben. Auf diese Fragen gibt es keine Antworten. Darum sagen wir: Dieses reicht uns nicht!
Wir sagen: Ämter müssen gleich Gemeinden sein. Wir müssen diese Kleinstebene auslassen. Wir müssen uns zum Thema Identitätsfindung und Bürgernähe andere Modelle einfallen lassen. Da gibt es ganz viele. Es ist wirklich nicht zukunftsweisend zu sagen: Jetzt bleiben wir bei den kleinen Größen, bei der kommunalpolitischen Ebene und alles andere machen wir groß und lassen wir fusionieren.
Es ist das erste Gesetz, wir werden also noch weitere Diskussionen zu diesem Thema haben. Herr Minister, darauf freue ich mich schon, denn ich denke mir, unser Ansatz - den werden Sie auch in der nächsten Rede von mir hören - ist ein richtiger Ansatz.