Protocol of the Session on September 17, 2009

(Beifall bei SPD und SSW - Zuruf von Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

- Dass Sie nichts sagen, ist klar, Herr Garg. Es war peinlich genug, was Sie vorhin von sich gegeben haben. Es war auch verletzend genug, uns vorzuwerfen, dass irgendjemand - oder auch ich - darüber gelacht hätte, was Arbeitslose angeht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie haben ja ge- lacht!)

Das verbitte ich mir aufs Schärfste.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und Sie sollten Ihre Plakate ergänzen: „Wir können, was wir tun - wir wissen aber leider oft nicht, was wir tun.“ Das wäre die richtige Aufschrift.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist nicht nur eine Frage der ökonomischen Vernunft. Es ist vor allem eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, und es ist eine Frage der Wertschätzung und der Achtung vor der Arbeitsleistung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land. Deshalb gibt es überhaupt keine Alternative dazu. Wer Vollzeit arbeitet, der soll und muss von seinem eigenen Einkommen leben können.

(Johannes Callsen)

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das ist der Grundsatz, der auch von einigen in diesem Hause hier berücksichtigt werden sollte. Dass ich den Nerv da getroffen habe, Kollege Kubicki, ist doch anhand all der Zwischenrufe deutlich zu merken.

(Beifall bei der SPD)

Nachdem die CDU ein bundesweit einheitliches Tariftreuegesetz -

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Herr Präsident, können Sie einmal dafür sorgen, dass ich hier in Ruhe zu Ende reden kann?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nein, warum ei- gentlich?)

Nachdem die CDU ein bundesweit einheitliches Tariftreugesetz im Bundesrat blockiert hat, beschloss der Landtag 2003 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW das schleswig-holsteinische Tariftreuegesetz, und es ist schon bemerkenswert, Kollege Callsen, dass vonseiten der Bauwirtschaft - das sind beim besten Willen nicht alles Leute, die der SPD zugerechnet werden; im Gegenteil - vehement darum gebeten wurde, dass wir ein Tariftreugesetz auf den Weg bringen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist verantwortliche Arbeitgeberhaltung im Interessen ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Da sollten Sie auch Ihre Klientel fragen, warum sie eigentlich dagegen gewesen ist.

Durchgesetzt wurde es gegen den erbitterten Widerstand von CDU und FDP. Was für katastrophale Folgen wurden hier im Haus für die schleswig-holsteinischen Unternehmen prophezeit? Was davon ist eingetroffen? - Nichts. Dabei haben die meisten westdeutschen Bundesländer ein Tariftreugesetz eingeführt. Berlin ist dabei das erste Bundesland, das seine Vergaberegelungen an eine Mindestlohnvorschrift gekoppelt hat. Die Richter in Karlsruhe entschieden 2006, das Berliner Tariftreugesetz sei verfassungskonform, weil der Gesetzgeber damit verfassungsrechtlich legitime Ziele verfolgt hat.

Der Schock kam dann im vergangenen Jahr. Zur großen Überraschung der Fachleute entschied der Europäische Gerichtshof, die Tariftreueregelung im niedersächsischen Vergaberecht sei mit der

europäischen Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar. Um ruinösen Wettbewerb auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verhindern, gibt es zwei Wege: die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns sowie eine Reform, die die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen fördert. Wir haben darüber diskutiert.

Ich sage hier ganz deutlich: Wer wie die CDU 2007 das Tariftreugesetz mit uns verlängert hat - es hat ja auch niemand geahnt oder gedacht, dass es überhaupt zustande kommt -, wer die Busfahrer mit aufnimmt und wer dann nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wie eben hier erklärt, nicht einmal bereit ist, ein Vergabegesetz auf den Weg zu bringen, der entlarvt sich selbst. Das sind taktische Spielchen statt eines echten Einsatzes für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir Sozialdemokraten stehen dagegen unverrückbar zu den Zielen des Tariftreuegesetzes. Wir wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Angst vor Lohndumping haben müssen. Wir wollen den kleinen und mittelständischen Betrieben weiterhin die Chance geben, den Wettbewerb über Qualität zu führen, nicht über Lohndrückerei. Wir brauchen dringend Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für in Schleswig-Holstein ausgehandelte Tarife.

Und noch etwas ist deutlich geworden, meine Damen und Herren: In Deutschland führt kein Weg mehr an gesetzlichen Mindestlöhnen vorbei!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Fraktion der FDP erhält Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Schröder, das hat zwar mit dem Antrag nichts zu tun gehabt, was Sie hier erzählt haben, war aber laut, war auch mal ein bisschen Wahlkampf. Kann ich verstehen.

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

(Bernd Schröder)

- Nein, das ist völlig in Ordnung. Es war laut, hat man verstanden - akustisch. Inhaltlich war es zwar ein bisschen wirr, aber gut, es ist Wahlkampf.

Ich komme trotzdem zum Antrag und zum Inhalt zurück. Der Europäische Gerichtshof hat am 3. April 2008 entschieden, dass die Tariftreueregelung des niedersächsischen Vergabegesetzes nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. Daran ändert auch die SPD-Fraktion im Wahlkampf nichts.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes verstößt die niedersächsische Tariftreueregelung gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Artikel 49 des EG-Vertrages. Daraufhin hat die damals noch bestehende Kieler Landesregierung aus SPD und CDU entsprechend gehandelt, weil sie so handeln musste, Herr Kollege Schröder, und am 26. Mai 2008 eine bis zum 31. Dezember 2010 befristete Handlungsempfehlung erlassen. Diese sagt verkürzt: Das Tariftreuegesetz in Schleswig-Holstein ist keineswegs nichtig, muss aber an das EU-Urteil angepasst werden. Richtig. Solange dies noch nicht der Fall ist - also bis heute nicht -, muss eine Tariftreueerklärung nicht mehr eingefordert werden.

Heute liegt uns ein Antrag von SPD, SSW und Grünen vor, dass Tariftreuegesetz doch anzuwenden. In Punkt 1 wird gefordert, den ausdrücklich als Handlungsanweisung verfassten Erlass aufzuheben. Dann frage ich: Warum hat die SPD dies eigentlich in den vergangenen 14 Monaten ihrer Regierungszeit nicht getan?

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Warum haben sie den Erlass nicht aufgehoben? Sie hätten 14 Monate Zeit gehabt.

(Zurufe)

- Ja, ich weiß, das war wieder die böse CDU. Was die CDU in der Regierungszeit alles durchgesetzt hat, obwohl Sie mitregiert haben, finde ich schon erstaunlich. Hut ab.

(Beifall bei der FDP)

Das glaubt Ihnen doch kein Mensch mehr. Sie bringen heute lauter Anträge ein. Haben Sie sich nicht getraut? Oder wollten Sie nicht? Oder was auch immer? In den vier Jahren, in denen Sie hier hätten mitgestalten können, hätten Sie das tun können. Heute, in der letzten Sitzung, kommt das alles. Das nimmt Ihnen doch kein Mensch ab.

(Beifall des Abgeordneten Karsten Jasper [CDU])

Warum also die Forderung hier und heute?

Auch wir sehen erheblichen Handlungsbedarf des Landesgesetzgebers, zu einem Tariftreuegesetz zu kommen - gar keine Frage -, welches die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes erfüllt. Und glauben Sie mir: FDP und CDU werden dies in der nächsten Legislaturperiode auch anpacken.

Kommen wir zu Punkt 2. Diesen Punkt finde ich eigentlich am originellsten. Den muss man sich einmal durchlesen. Die Antragsteller fordern ernsthaft eine bessere Information der Landesregierung. Auch da frage ich: Warum ist es eigentlich der SPD in den vergangenen 14 Monaten nicht gelungen, die Landesministerien, die Landesbehörden und die kommunale Ebene über die noch immer möglichen Anwendungsmöglichkeiten des Tariftreuegesetzes zu informieren? Wollten Sie das die letzten 14 Monate nicht? Oder hat die CDU Sie irgendwie an den Stühlen festgetackert, damit Sie nicht informieren konnten? Sie hätten doch wirklich die Möglichkeit gehabt, die Landesministerien und die entsprechenden Behörden zu informieren. Aber wahrscheinlich durften Sie das auch nicht.

Ich stelle hier fest: Dieser Antrag ist so überflüssig wie ein Kropf. Er hat bestenfalls rein deklatorischen Wert. Aus diesem Grund werden wir diesem Schaufensterantrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hatte in der rot-grünen Regierungszeit ein Tariftreuegesetz beschlossen, das für die Branchen Bauwirtschaft, Entsorgungswirtschaft und schienengebundener ÖPNV, also für den Verkehr, galt. Im Jahr 2007 ist das Tariftreuegesetz auf die Beschäftigten des Bus-ÖPNV ausgeweitet worden. Das hat auch die CDU mitgetragen, namentlich der Kollege Arp, der sich an einem gemeinsamen Besuch der Fraktionen bei den Busbetrieben beteiligt hat.

Wir Grünen halten eine gesetzliche Regelung der Tariftreue für sinnvoll. Allerdings muss es auch eine entsprechende Kontrolle der Unternehmen und ihrer Subunternehmen geben, wenn diese

(Dr. Heiner Garg)