Natürlich tragen die CDU und die SPD in Schleswig-Holstein große Verantwortung dafür, was in den letzten Jahren geschehen ist. Sie haben Peter Harry Carstensen und Ralf Stegner gewähren lassen und falsch beraten. Sie haben keine Kompromisse zustande gebracht oder haben faule Kompromisse geschlossen. Sie haben eine Politik mitgetragen, die sie selbst nur schwer oder gar nicht verteidigen konnten. Kurz: Die Mitverantwortung für die Große Koalition tragen alle Abgeordneten, Regierungsmitglieder und Parteifürsten der CDU und der SPD in Schleswig-Holstein.
Die CDU hat hingenommen, dass Peter Harry Carstensen eine unpolitische One-Man-Show durchzog, ohne ihm eine politisch-inhaltliche Führung abzuverlangen. Sie hat sich in der persönlichen Popularität des Ministerpräsidenten gesonnt und viel zu lange akzeptiert, dass wichtige politische Fragen nicht Aufgabe des Ministerpräsidenten waren. Viele andere CDU-Politiker haben zwar erkannt, dass auch das unmittelbare Umfeld des Ministerpräsidenten sein Handwerk nicht versteht, aber sie haben viel zu spät interveniert.
Erst im April 2009, nachdem der Schaden durch das dilettantische Management der HSH-Nordbank-Krise geschehen war, hat die CDU-Landtagsfraktion gegen die miserable Arbeit der Staats
kanzlei rebelliert. Letztlich hat sie sich auf den Pott setzen lassen und sich damit zufriedengegeben, dass eine „arme Seele“ geopfert wurde, nämlich der Regierungssprecher, der es nicht verstanden hatte, das Versagen des Ministerpräsidenten ins rechte Licht zu rücken.
Wie dilettantisch diese Staatskanzlei arbeitet, lässt sich übrigens auch blendend an der jüngsten Affäre um das Schreiben des Ministerpräsidenten an den Landtagspräsidenten zu den Sonderzahlungen für HSH-Chef Nonnenmacher ablesen. Dass Peter Harry Carstensen eine solche stümperhafte Arbeit auch noch unterschreibt, zeigt nur, wie wenig er sich um die wichtigen Fragen kümmert. Mir wird - ehrlich gesagt - angst und bange, wenn ich daran denke, was der Ministerpräsident sonst noch hat unterschreiben können.
Aber auch die SPD hat Vertrauen eingebüßt. Sie ist diesem Ministerpräsidenten gefolgt, und sie hat zentrale Positionen über Bord geworfen, um an der Macht zu bleiben. Der größte Sündenfall dieser SPD war es, ein Polizeigesetz des Innenministers Stegner zu unterstützen, das sich nicht einmal ein Otto Schily getraut hätte.
Der größte Fehler war es, dem lästigen Innenminister Ralf Stegner mit dem Fraktionsvorsitz genau die Position in der SPD zu geben, auf der er am besten seine Neigung zu ungezügelten Attacken auf Feind und Freund ausleben konnte. Ich muss sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist auch enttäuschend, dass Ex-Justizminister Döring nun, wo er seinen Dienstwagen losgeworden ist, plötzlich mit der ungeschminkten Wahrheit über die HSH Nordbank herausrückt.
Ich sage es ganz deutlich: Er hat einen Amtseid geleistet, der ihn verpflichtet hätte, schon vorher Tacheles zu reden.
Durch das Festhalten an einer maroden Koalition haben die CDU und die SPD gemeinsam Vertrauen verspielt. Ihre Parteichefs haben so viele taktische Pirouetten gedreht, dass sie längst den Horizont des politischen Anstands aus den Augen verloren ha
Der Preis für diesen Kamikaze-Wahlkampf ist unermesslich hoch; denn viele Bürgerinnen und Bürger wenden sich angewidert von der Landespolitik ab. Der Schaden für die Demokratie in SchleswigHolstein reicht weit über die Landtagswahl hinaus.
Deshalb fordern wir Peter Harry Carstensen und Ralf Stegner nochmals auf, sich endlich zusammenzureißen und der Verantwortung gerecht zu werden, die ihnen als den herausragenden Vertretern der beiden Volksparteien im Land obliegt. Sollten sie es nicht schaffen, zu einer sachlichen Auseinandersetzung zurückzufinden, kann man nur hoffen, dass andere die Verantwortung übernehmen und das Ruder an bessere Politiker übergeben.
Seit Beginn dieser Wahlperiode hat die Politik in Schleswig-Holstein sehr viel von ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Würde verloren. Unser Land braucht dringend politische Leitfiguren, die abrüsten können, die Vertrauen schaffen ohne Waffen. Denn das Vertrauen ist erst einmal dahin.
Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Für einen Geschäftsordnungsantrag der Fraktion der SPD erteile ich Frau Anette Langner das Wort.
Ich bedanke mich. Ich gehe davon aus, dass die SPD ausreichend Mitglieder hat. Aber ich gehe auch davon aus, dass der Landtag insgesamt diesem Verfahren zustimmt.
Ich erteile Herrn Abgeordneten Martin Kayenburg das Wort für eine persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach § 64 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung will ich mein Abstimmungsverhalten begründen.
Gäbe es nur das Verfassungsgerichtsurteil zu der Vertrauensfrage von Helmut Kohl aus dem Jahre 1983, dann wäre der heutigen Verfassungsfrage schon die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben. Nach der Begründung zu der Vertrauensfrage von Gerhard Schröder und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2005 - oder 2003 -,
2005, geht das Bundesverfassungsgericht für die Zulässigkeit von einer stabilen Mehrheit aus und fragt dabei auch nach einer stetigen parlamentarischen Mehrheit.
Für beide Urteile waren das Grundgesetz und eine größere politische Einheit Maßstab. Eine ähnliche politische Situation in einem einzelnen Bundesland kann und muss nach meiner Auffassung an anderen Maßstäben geprüft werden. Ziel der heutigen Vertrauensfrage ist es ja gerade, das Vertrauen nicht zu erreichen. Das steht für mich nicht im Einklang mit unserer Landesverfassung. Ich denke, dass auch bei der Abstimmung über den Nachtragshaushalt deutlich geworden ist, dass das Vertrauen noch nicht ganz zerrüttet war. Heute allerdings gebe ich vielen recht, die sagen: „Jetzt ist der Zeitpunkt erreicht.“
Gleichwohl, selbst wenn Verfassungskonformität gegeben sein sollte und das irgendwann einmal festgestellt wird, meine ich, dass wir unserer parlamentarischen Demokratie keinen Gefallen damit tun, dass wir jetzt auch auf Länderebene unechte Vertrauensfragen zulassen und auf Länderebene hoffähig machen. Deswegen werde ich die Vertrauensfrage bejahen.
Wir kommen damit zur Abstimmung, und ich weise daraufhin, dass für die Annahme der Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten gemäß Artikel 36 Abs. 1 der Landesverfassung die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Landtags - das sind 35 - erforderlich ist.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Abstimmungsergebnis über den Antrag des Ministerpräsidenten gemäß Artikel 36 Abs. 1 unserer Landesverfassung bekannt. Abgegebene Stimmen: 66. Mit Ja haben gestimmt: ein Abgeordneter. Mit Nein haben gestimmt: 37 Abgeordnete. 28 Abgeordnete haben sich enthalten.
Damit hat der Antrag des Ministerpräsidenten die erforderliche Mindestzahl von 35 Stimmen nicht erreicht. Ich stelle fest, dass damit der Landtag dem Ministerpräsidenten das Vertrauen nicht ausgesprochen hat.
Wir treten in die vereinbarte halbstündige Pause ein. Wir werden die Sitzung um 13:15 Uhr mit den Tagesordnungspunkten zum Atomkraftwerk Krümmel fortsetzen.
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2789 (neu)
Mit dem Antrag Drucksache 16/2752 wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Die Landesregierung hat zu diesem Thema eine Regierungserklärung angemeldet. Ich gehe davon aus, dass die Fragen des Berichtsantrags durch die Regierungserklä