Berufliche Integration von Menschen mit Behinderung insgesamt: Sie hat sich seit Einführung von Hartz IV deutlich verschlechtert - und das, nachdem es eigentlich eine positive Tendenz durch gemeinsame Anstrengung von vielen gegeben hatte.
Barrierefreier Tourismus: Im zuständigen Wirtschaftsausschuss wurde umfangreich und langwierig beraten, Barrierefreiheit ist aber im Tourismuskonzept trotzdem kaum zu finden.
Gemeinsame Servicestellen für Menschen mit Behinderung: Seit 2001 sind sie mit dem Sozialgesetzbuch IX eingeführt worden - eigentlich schon ein alter Hut -, dennoch wird der gesetzliche Auftrag einer trägerübergreifenden Beratung immer noch nicht erfüllt.
Schließlich das persönliche Budget: Seit einem Jahr haben Menschen mit Behinderung einen Rechtsanspruch, Leistungen der Eingliederungshilfe als Budget ausgezahlt zu bekommen und selbst über die Verwendung zu entscheiden. Aber in den Kommunen weiß man entweder kaum Bescheid, oder ist nicht geneigt, sich mit diesem neuen Recht ernsthaft auseinanderzusetzen.
Es ist also noch viel zu tun. Herr Hase braucht den Rückenwind des ganzen Parlaments. Wir sollten uns - das sage ich auch zu dem Anliegen, das die FDP hier zu dem vier Jahre lang ruhenden Antrag vorgetragen hat - vielleicht überlegen, ob wir nicht die letzte Sozialausschusssitzung in dieser Legislaturperiode zum Anlass nehmen sollten, den FDPAntrag zu beschließen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Birk und erteile für den SSW im Landtag Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Erkenntnis zieht sich durch den gesamten Bericht: Herrn Hase ist es gelungen, dass sich Schritt für Schritt die Erkenntnis durchsetzt,
dass Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft gehören. Seine Öffentlichkeitsarbeit war in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. Sicherlich spielt bei dieser Entwicklung aber auch das steigende Lebensalter in unserer Gesellschaft eine Rolle, weil sich das persönliche Risiko - wenn man es denn so nennen will -, selbst eine Behinderung zu bekommen, erhöht. Dort, wo die eigene Betroffenheit beginnt, sind Veränderungen dann natürlich am leichtesten durchzusetzen.
Der Beauftragte schlägt vor, dass bei Neu- und Umbauten die Barrierefreiheit die gleiche Priorität wie der Brandschutz haben muss. Denn wenn man von Beginn an die Barrierefreiheit einplant, ist eine Umsetzung ungleich einfacher als nachträgliche Lösungen, die mühsam und teuer an die Gegebenheiten angepasst werden müssen. Mittels eines Standards, Barrierefreiheit frühzeitig einzuplanen, wird darüber hinaus das Engagement der Behindertenverbände und -politiker erleichtert.
Ich habe vor Kurzem eine Kleine Anfrage zu akustischen Signalen bei Bahnübergängen gestellt. Der Tenor der Antwort war: Sowohl die DB AG als auch private Bahninfrastruktur-Betreiber haben kaum für solche Signalanlagen gesorgt, weil es keine Vorschrift gibt, die sie verpflichten würde. Die Anschaffung wäre nicht sehr teuer, aber die Betreiber ziehen sich auf eine juristische Argumentation zurück. Was nicht vorgeschrieben ist, brauchen sie nicht zu tun, sagen sie. Zumindest die teilweise in Landeseigentum befindlichen Betreiber sollten hier aber trotzdem mit gutem Beispiel vorangehen, denn Signalanlagen - insbesondere für Blinde - sind einfach notwendig. Das Fehlen ist ein echtes Hemmnis. Ich finde, dass zum Beispiel eine Gesellschaft wie die AKN durchaus mit gutem Beispiel vorangehen könnte.
Es werden ohne Zweifel immer wieder neue und möglicherweise schlechte Beispiele folgen, weil Barrierefreiheit in der Ausbildung der Architekten einfach nicht vorkommt. Die Architekten wissen nicht viel mehr über Barrierefreiheit als der Bauherr selbst. Ihnen Sachverständige zur Seite zu stellen, wie das in anderen Bundesländern üblich ist, geht auch nicht, weil es keine entsprechenden Ausbildungsgänge gibt. Hier hinkt Schleswig-Holstein hoffnungslos hinterher. Es müssen dringend Strukturen geändert und Barrierefreiheit muss ein integraler Teil der Ausbildung aller Bau-Profis werden.
Wie dieses Beispiel versteht der SSW auch andere Darstellungen des Berichts als Aufforderung, gesetzgeberisch tätig zu werden. Nicht immer ist alles möglich, wie die Diskussion um die Landesbauordnung gezeigt hat. Doch die Fortschritte sind spürbar. Je frühzeitiger die Barrierefreiheit in den Planungen - ob nun bei einem IT-Portal, einem Museumsneubau oder einer öffentlichen Veranstaltung - berücksichtigt wird, desto mehr Menschen können das Angebot später tatsächlich auch nutzen.
Doch es geht beim vorliegenden Bericht nicht nur um starre Strukturen, die es mit großer Ausdauer zu ändern gilt und die sich durchaus, wenn auch in kleinsten Schritten, bewegen, sondern es geht um die zahlreichen Belege für einen eindeutigen Rückwärtstrend. Gerade an dieser Stelle lässt es der Beauftragte nicht an Deutlichkeit fehlen, und das begrüßt der SSW ausdrücklich. Wir freuen uns darüber, dass er jetzt beim Landtag angesiedelt ist und diese Hinweise in Zukunft noch deutlicher werden.
(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD], Heike Franzen [CDU] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
So schildert der Beauftragte konkrete Verschlechterungen der Situation von Menschen mit Behinderung. Die sogenannte Gesundheitsreform hat für die Betroffenen vor allem eines gebracht: massive Kürzungen. Auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert sich kontinuierlich. Es ist zu erwarten, dass die Arbeitslosenzahlen der Menschen mit Behinderung im Zuge der Finanzkrise weiter steigen werden. Der dritte Arbeitsmarkt also die Arbeit in den Werkstätten für Behinderte wird mehr und mehr zur Endstation. Eine Integration in den regulären Arbeitsmarkt kommt nicht zustande, weil dem Einrichtungsinteressen, fehlende Information potenzieller Arbeitgeber und unzureichende Integrationsunterstützung entgegenstehen. Fachwissen, das bei den Arbeitsagenturen angesiedelt ist, muss bei ARGEn und den Optionskommunen erst noch aufgebaut werden.
Leider ist darüber hinaus festzustellen, dass das Land nicht mit gutem Beispiel vorangeht und bevorzugt Menschen mit Behinderung einstellt, sondern genau das Gegenteil tut. Auch wir sind der Auffassung: Die 5 % müssen erfüllt werden. Wir können uns da nicht freikaufen. Es muss so sein, dass 5 % der Landesbeschäftigten - auch der Beschäftigten des Landtags - Menschen mit Behinderung sein müssen.
Tatsächlich berühren die meisten Einzelanfragen, die den Beauftragten erreichen, Probleme im Zusammenhang mit der Arbeitswelt. Menschen mit Behinderung erfahren regelmäßig, dass sie wegen ihrer Behinderung keinen Job finden oder dass ihnen kaum Hilfe gewährt wird. Das Nebeneinander der jeweiligen Rehabilitations-, Eingliederungsund Förderstellen führt zu Doppelverfahren, langen Wartezeiten, Intransparenz und degradiert die Antragsteller zu Bittstellern. Hier täte Abhilfe dringend not, aber Einheitliche Ansprechpartner wird es natürlich auch in Zukunft nicht geben. Das wird tatsächlich eine Aufgabe für uns sein.
Wir brauchen tatsächlich neue Gesetze. Wir müssen immer wieder daran denken, die Interessen der Behinderten wirklich auch in alle Gesetzgebungsverfahren aufzunehmen. Allerdings sind wir auch sicher, dass uns unser Beauftragter für Menschen mit Behinderung immer wieder daran erinnern wird. Deswegen bedanken wir uns genau wie die Vorredner auch bei dem Beauftragten und seinem Team ganz herzlich für die hervorragende Arbeit.
(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Hei- ner Garg [FDP] und Jutta Scheicht [CDU])
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Tätigkeitsbericht, sehr geehrter Herr Hase, möchte ich mich bei Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch im Namen der Landesregierung bedanken. Die Landesregierung hat mit der Leitorientierung gesellschaftlicher Inklusion einen neuen Maßstab für das Zusammenleben von Menschen mit und Menschen ohne Behinderung gesetzt. Dazu gehört, dass Menschen mit Behinderung mit Selbstbewusstsein und Selbstverständlichkeit einen gleichberechtigten Platz inmitten der Gesellschaft einfordern. Die Arbeit des Landesbeauftragten und sein Tätigkeitsbericht sind dafür sehr gute Belege.
Gleichzeitig werden wir alle - Legislative, Landesregierung, aber auch Kreise, Kommunen und Zivilgesellschaft - zu weiteren Anstrengungen herausgefordert. Erfahrungen und Kritik von Menschen mit Behinderung sind entscheidende Gradmesser für unser Anliegen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern.
Ich sehe darum den Bericht als wichtige Bestandsaufnahme mit einer Fülle von Anregungen und Hinweisen für die Landesregierung und für uns alle. So hat der Beauftragte für Menschen mit Behinderung auf Kritikpunkte hingewiesen, zu denen auch die Frage nach Umsetzung und Auswirkung des persönlichen Budgets gehören.
Zu Recht gibt es in dem Bericht aber auch positive Beispiele. Ich habe mich sehr gefreut - das darf ich an dieser Stelle sagen - über den Punkt auf Seite 53, wo die Landesgartenschau als positives Beispiel für das Thema Barrierefreiheit genannt wird. Das war ein ganz wichtiger Attraktivitätsfaktor, und zwar für alle Besucherinnen und Besucher.
Ausdrücklich hervorheben möchte ich auch die Forderung zum Bereich Arbeit und Behinderung. Es stimmt: Wir brauchen eine aktive Arbeitsmarktpolitik für Menschen mit Behinderung und auch eine Weiterentwicklung der Werkstätten. Ich bin froh, dass Landesregierung und Landesbeauftragter in dieser zentralen Frage an einem Strang ziehen. Auch in diesem Bericht ist Barrierefreiheit wieder ein zentrales Thema. Erfreulich ist: Barrierefreiheit wird zunehmend als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe begriffen. Sie ist keine Speziallösung für Menschen mit Behinderung.
Wir haben bei der barrierefreien Gestaltung der Infrastruktur in den vergangenen Jahren einiges miteinander erreicht. Das verbessert die Lebensqualität aller.
Dennoch - ich glaube, das ist zu Recht hier gesagt worden - bleibt viel zu tun. Ich sehe die Aufgabe der Landesregierung darin, dieses Ziel noch stärker im Bewusstsein aller - von der Kommune über die Bauwirtschaft bis hin zu den Medien - zu verankern.
Der Landesbeauftragte hat einen sehr realistischen Blick dafür, dass wir auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft einen langen Atem brauchen und den Menschen mit der Versprechung, alles sofort zu erreichen, wenig geholfen ist.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Bericht belegt einmal mehr die Bedeutung des Landesbeauftragten als Ansprechpartner und Anwalt der
Menschen mit Behinderung. Zugleich bleibt es für die Landesregierung dabei, dass er auch wichtiger Partner bei der Weiterentwicklung der Inklusionspolitik ist - dies umso mehr, als aus der Position seiner unstreitigen Unabhängigkeit sehr konstruktiv und dialogorientiert mit allen Akteuren zusammengearbeitet wird. Genau diese Dialogorientierung hat uns den Behindertenbeauftragten vom angeblichen Skeptiker zu einem ganz wichtigen Partner unserer Inklusionspolitik gemacht. So konnte manches bewegt werden. Ich freue mich auf die weitere konstruktive Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten und seinem Team.
Ich danke dem Herrn Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
- und allen anderen Ausschüssen zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Daher lasse ich zunächst über den Berichtsantrag abstimmen. Wer dem Berichtsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.
Ich bitte jetzt den Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dr. Jörn Biel, den Bericht zu geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wirtschaftliche Sanierung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Hierfür haben wir im Jahr 2007 ein Sanierungskonzept beschlossen, dessen Ziel es ist, das jährliche Defizit bis zum Jahr 2010 jeweils zu halbieren. Im Jahr 2010 soll ein ausgeglichenes Ergebnis vorliegen.
Mit dem Sanierungskonzept haben wir einen großen Schritt nach vorn gemacht. Erste Erfolge haben sich eingestellt. So ist im Jahr 2008 die Halbierung des Defizits gelungen. Darüber hinaus werden Strukturmaßnahmen auf den Weg gebracht und umgesetzt, die das UK S-H zu einem wirtschaftlichen und modernen Klinikum machen. Dazu gehört der bauliche Masterplan mit einem Investitionsvolumen von 700 Millionen €, den wir gegenwärtig im Kabinett beraten.
Zu den Strukturveränderungen gehört auf der einen Seite die Zusammenlegung der Zentralverwaltung in Lübeck, die innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden konnte, auf der anderen Seite geht um das neue Strukturkonzept. Beides zusammen führt zu einer Straffung der Abläufe. Es wird zentral geregelt, was zentrale Aufgabe ist, und es wird vor Ort entschieden, was am besten vor Ort entschieden werden kann.
Das neue Strukturkonzept wurde vom Vorstand und Sanierungsmanagement ausgearbeitet und vom Aufsichtsrat gebilligt. Es nutzt konsequent das Sanierungspotenzial, das durch die Fusion beider Kliniken in Kiel und Lübeck entstanden ist. Das Strukturkonzept sieht vor, sowohl in Lübeck als auch in Kiel je ein campusbezogenes Verwaltungszentrum einzurichten, in dem die örtlichen Angelegenheiten besprochen und entschieden werden. Ich halte dieses Konzept für plausibel und nachvollziehbar. Kommentare, die dies als Einstieg in die Defusion werten, sind schlechthin Unfug.