Protocol of the Session on July 16, 2009

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe großes Verständnis für die Anliegen der Opposition, Klarheit in die Verhältnisse der HSH Nordbank zu bringen, zumal es im Interesse aller Fraktionen liegt, ihre parlamentarischen Rechte zu nutzen und Kontrolle über die Finanzen des Landes auszuüben.

Alle Fraktionen im Finanzausschuss haben in den letzten Monaten eine Vielzahl von Fragen gestellt, die offensichtlich nicht zu ihrer Zufriedenheit beantwortet werden konnten. Dazu zählt die Frage nach Sonderprüfungen nach § 44 Kreditwesengesetz, die bei der HSH Nordbank bereits ohne Ergebnisse stattgefunden haben. Dazu zählen die Frage nach der notwendigen Nachprüfung für den Rechnungsabschluss 2007, auch die Fragen zur Nutzung von Steuervorteilen, zu Objektgesellschaften, zur Kreditvergabe, zu Einzelfallprüfungen bei Kunden der Bank, zur Prüfung von Unterlagen durch den SoFFin und viele andere mehr. Es hat dabei offensichtlich Defizite in der Information gegeben. Unter anderem diese Defizite sind es, die zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses geführt haben, der von der SPD von Anfang an ohne Einschränkung unterstützt wurde.

Rechtlich ist es möglich - das ist bereits erläutert worden -, ein Prüfungsrecht des Landesrechnungshofs in der Satzung der Bank zu verankern. Dazu benötigen die öffentlichen Anteilseigner - das ist schon erläutert worden - eine Dreiviertelmehrheit. Dies ist seit der Kapitalerhöhung gewährleistet. Auch für eine Prüfung nach Aktienrecht sind die Voraussetzungen gegeben, denn Vorgänge bei der Geschäftsführung, namentlich auch bei Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung, die überprüft werden konnten, haben bei der Bank gerade erst stattgefunden.

Die SPD-Landtagsfraktion will sich dem legitimen und nachvollziehbaren Wunsch, die Vorgänge um die HSH Nordbank zu begreifen, nicht verschließen.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Wir unterstützen die Forderung nach einem Prüfrecht des Landesrechnungshofes. Insgesamt muss aber natürlich bei diesen Prüfungen und Prüfrechten die Frage erlaubt sein, inwieweit - das sind unsere Bedenken, was den Grünen-Antrag angeht - die beantragten Prüfungen und Prüfrechte womöglich die Arbeit des Untersuchungsausschusses einschränken könnten. Der Landesrechnungshof - ich habe mich mit dem Präsidenten unterhalten - wird nicht so zeitnah in eine Prüfung einsteigen können, dass es hier zu Konflikten kommen könnte. Zurzeit ist die Staatsanwaltschaft in Hamburg mit Prüfungen beschäftigt. Dazu gibt es in Hamburg und Schleswig-Holstein jeweils einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Auch wenn das Ziel, endlich alle Fragen beantwortet zu bekommen, vollkommen verständlich ist, haben wir gewisse Probleme mit der Vorlage von Akten. Das klang ja auch in der heutigen Sondersitzung des Untersuchungsausschusses an.

Wir sind aber für eine sehr umfassende Prüfung und Aufklärung der Vorgänge, die zu der aktuellen Situation der HSH Nordbank geführt haben. Und wir sind gern bereit, konstruktiv über die geeigneten Wege zu sprechen. Der Kollege Sauter war in der vergangenen Woche noch sehr zurückhaltend, was die Sonderprüfung angeht. Ich habe heute gehört, dass er auch dieser zustimmen will. Deswegen können wir uns ohne Weiteres anschließen. Das war in der Auseinandersetzung in der vergangenen Woche noch nicht so, aber heute machen wir das.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Frank Sauter)

Ich danke der Frau Abgeordneten Birgit Herdejürgen und erteile das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag dem Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP zielen auf die Durchführung weiterer Prüfungen zur Kontrolle der HSH Nordbank ab. Während die Landesregierung also versucht, weitestgehend aus ihrer Kontrollfunktion herauszukommen und sogar ihre Mitglieder aus dem Aufsichtsrat abzieht, versucht die Opposition, mehr Kontrollen zu installieren, um die HSH-Geschehnisse lückenlos aufzudecken und in Zukunft zu verhindern, dass Schlimmeres passiert.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern in ihrem Antrag die Durchführung einer Sonderprüfung nach § 142 des Aktiengesetzes. Insbesondere die Problemfelder Kreditersatzgeschäft, internationales Immobiliengeschäft und Risikomanagement sollen von unabhängigen Prüfern untersucht werden.

Die FDP möchte mit ihrem Antrag die Prüfrechte des Landesrechnungshofes in der Satzung der HSH Nordbank verankern. Der Landesrechnungshof soll Einsicht in den Betrieb, die Bücher und die Schriften der HSH bekommen und darauf aufbauend eine Prüfung durchführen. Verbunden mit diesem Antrag ist die Erwartung, dass der Landesrechnungshof mit einer solchen Prüfung hilfreiche Ergänzungen zur Arbeit des Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses leistet.

So wohlgemeint diese beiden Anträge auch sind, möchte ich für den SSW an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es bereits die kompletten Untersuchungen des PUA und der KPMG und zudem die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die HSH Nordbank gibt. Weitere Prüfungen, in denen weitreichende Auskunfts- und Veröffentlichungspflichten die Geschäftsführungsmaßnahmen und die Tätigkeiten des Aufsichtsrates überprüfen sollen, sind jetzt möglicherweise verfrüht.

Langfristige Zielsetzung der HSH Nordbank und vor allem des Anteilseigners Schleswig-Holstein muss die vollständige Privatisierung der Bank sein. Dieses Ziel verfolgt man schon seit Längerem. Mit der Fusion der Landesbanken vor sechs Jahren wurden die Prüfungsrechte des Landesrechnungs

hofs ganz bewusst nicht in die Satzung der Bank aufgenommen, und aus Sicht des SSW sollte man an diesen ersten kleinen Schritten zur Privatisierung auf keinen Fall rütteln. Bei einer langfristigen vollständigen Privatisierung der Bank kann es jetzt also nicht darum gehen, den Landesrechnungshof wieder Prüfrechte zuzuteilen.

(Unruhe)

Wir haben festgestellt, dass die HSH Nordbank keine dem Wohl der regionalen Wirtschaft dienende Landesbank mehr ist, sondern eine normale internationale Geschäftsbank. Folgt man dieser Erkenntnis, dann kann der Landesrechnungshof eigentlich nicht die Stelle sein, die hier genutzt werden kann.

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Sprecher.

Die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderte Sonderprüfung nach dem Aktiengesetz erscheint uns sinnvoller. Allerdings würden hier möglicherweise nur Dinge geprüft werden, die bereits geprüft sind. Für den SSW sage ich daher, dass es jetzt vielmehr darum gehen muss, dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss alle notwendigen Gutachten zur Verfügung zu stellen, um die Vorkommnisse bei der HSH Nordbank zwischen 2003 und 2009 lückenlos aufzuklären. Bereits jetzt hat die KPMG ein der Presseberichterstattung nach sehr interessantes Gutachten erstellt, und auch die Wirtschaftsprüfer PriceWaterhouseCoopers und Morgan Stanley haben die HSH Nordbank geprüft. Besonders das KPMG-Gutachten wirft vielfältige Fragen auf und muss erst einmal offiziell eingesehen und bewertet werden. Dann kann man immer noch entscheiden, ob weitere Prüfungen sinnvoll und notwendig sind.

Es geht jetzt nicht darum, die Akten zum dritten Mal zu bewegen. Und auch im Untersuchungsausschuss haben wir nicht die Zeit, noch auf langwierige Prüfungsverfahren und deren Ergebnisse zu warten. Damit wird die Arbeit des Untersuchungsausschusses nur noch weiter hinausgezögert, und daran kann niemand von uns ein Interesse haben. Der SSW setzt sich durchaus dafür ein, weitere Prüfungen durchzuführen, wenn es noch etwas zu prüfen gibt. Genau diese Frage muss aber erst einmal geklärt werden. Wir müssen unter anderem erst einmal wirklich offiziell das KPMG-Gutachten haben, um bewerten zu können, was dann noch zu prüfen

ist. Dann würden wir als SSW auch dem Antrag der Grünen nähertreten können.

(Beifall bei SSW und FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile das Wort für die Landesregierung Herrn Finanzminister Rainer Wiegard.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aktiengesellschaften unterliegen nach dem Aktiengesetz einer sehr detaillierten geschäftlichen Prüfung ihrer Aktivitäten, die im Jahresabschluss unter anderem in der Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz und dem Lagebericht darzustellen sind. Die Prüfung der Jahresabschlüsse erfolgt nach einheitlichen Standards und Anforderungen. Sie hat die Funktion, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und mögliche Geschäftsrisiken festzustellen. Das Ergebnis der Abschlussprüfung durch unabhängige Wirtschaftsprüfer ist die Grundlage für die Feststellung des Jahresabschlusses und für eine zu beschließende Entlastung der Geschäftsführung und der Aufsichtsorgane.

Die schwierige Geschäftsentwicklung bei der HSH Nordbank war Auslöser für eine umfangreiche und weit über das übliche Maß einer Jahresabschlussprüfung hinausgehenden Prüfung bei der HSH Nordbank AG. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates hat im Einvernehmen mit den Anteilseignern im November 2008 den neuen Abschlussprüfer der HSH Nordbank, die KPMG, beauftragt, zusätzlich über den Rahmen der Abschlussprüfung hinaus alle wesentlichen Kapitalmarkttransaktionen im Hinblick auf das bilanzielle Risiko für den Jahresabschluss 2008 zu überprüfen. Der Prüfungsbericht liegt vor. Er umfasst mehr als 2.000 Seiten. Die darin enthaltenen Feststellungen und Hinweise werden in einem geordneten Verfahren abgearbeitet. Das geschieht durch den Vorstand, durch den Aufsichtsrat und durch den neu gebildeten Gesellschafterausschuss unter Beteiligung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

Aufgrund einzelner Hinweise in diesem Prüfungsbericht der KPMG hat der Aufsichtsratsvorsitzende im April 2009 in Abstimmung mit den Anteilseignern die Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer mit der Prüfung beauftragt, „ob heutige oder frühere Vorstände der Bank in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich in vollem Umfang ihre

Pflichten zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte erfüllt haben“.

Dieser Auftrag betrifft das Kreditinvestmentportfolio, das Risikomanagement und die Strategieumsetzung seit Gründung der HSH Nordbank. Ziel ist es, die Prüfungsberichte der im Auftrag des Aufsichtsrat veranlassten erweiterten Abschlussprüfung der KPMG durch unabhängige Anwälte daraufhin zu untersuchen, ob sich hieraus möglicher weiterer Handlungsbedarf ergibt.

Die erhebliche Ausweitung des Umfangs der Abschlussprüfung hat also genau die von den Organen und dem Aktiengesetz beabsichtigte Aufgabe erfüllt. Nach Abschluss dieser Prüfung und nach Abarbeitung der Feststellungen und Hinweise erstens im Prüfungsbericht der KPMG und zweitens in dem noch nicht vorliegenden ergänzenden Prüfungsbericht von Freshfields wird neu zu entscheiden sein, ob es darüber hinaus weiteren Prüfungsbedarf gibt. Wir sind derzeit der Meinung, dass es eine Vielzahl von Feststellungen und Hinweisen gibt, die dieses Volumen darstellen lassen.

Zur Frage der Prüfung durch die Landesrechnungshöfe ist festzustellen, dass durch die Gründung der HSH Finanzfondsanstalt und die von dieser Anstalt gehaltenen Anteile an der Bank - die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein haben eine Anteilsmehrheit erhalten - auch eine Prüfung durch den Landesrechnungshof nach dem Haushaltsgrundsätzegesetz möglich ist - möglich ist, Frau Kollegin Heinold, nicht vorgeschrieben! Wir haben uns deshalb mit der Freien und Hansestadt Hamburg darauf verständigt, die Satzung der HSH Nordbank AG zu ändern und ein Prüfungsrecht für die Rechnungshöfe der Länder einzuräumen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Insofern stimmen wir hier in der Absicht völlig überein.

Was die Frage von sonstigen Sonderprüfungen anbetrifft, bitte ich schlicht und ergreifend darum, dass wir zunächst einmal die Prüfungsergebnisse nicht nur auswerten, sondern auch die Feststellungen und Hinweise umsetzen, die darin enthalten sind, und die Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben, im Einzelnen prüfen, um nach Abschluss des letzten Prüfungsberichtes, der möglicherweise im Juli 2009 vorgelegt werden wird, dann zu weiteren Entscheidungen zu kommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Lars Harms)

Ich danke dem Herrn Finanzminister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich lasse zunächst abstimmen über den Antrag der FDP-Fraktion in Drucksache 16/2735. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag der FDP-Fraktion mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen des SSW angenommen worden.

Ich stelle jetzt den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/2736, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 16/2736 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung des SSW abgelehnt.

(Martin Kayenburg [CDU]: Und des Abge- ordneten Martin Kayenburg! - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich beantrage Auszählung!)

- Es wird Auszählung beantragt. Dem haben wir nachzukommen. Wenn die Herren Parlamentarischen Geschäftsführer dem so „zunicken“, werden wir das durchführen. Von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Auszählung beantragt worden.

Ich lasse noch einmal über den Antrag Drucksache 16/2736 abstimmen. Wer dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen und die Schriftführer um Auszählung.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Herr Kubicki, warum stimmen Sie unserem Antrag nicht zu? - Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonderprü- fung Abstimmung, und Sie stimmen nicht zu? – Weitere Zurufe von SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ergebnis der Auszählung: 22 Abgeordnete stimmen für den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Wir haben im Moment etwas andere Zeiten. - Ich bitte jetzt um die Gegenstimmen und wiederum um Auszählung.

(Günter Neugebauer [SPD]: Die FDP stimmt anders ab, als sie redet! - Weitere Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage nach den Enthaltungen. - Fünf Enthaltungen.

Vielen Dank, jetzt haben wir es. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Der Antrag Drucksache 16/2736 ist mit 29 zu 22 Stimmen bei fünf Enthaltungen abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 auf:

Besetzung des Aufsichtsrats der HSH Nordbank

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2748

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion der Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Monika Heinold, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 30. Juni 2009 titelte die „Hamburger Morgenpost“: „Politiker flüchten aus dem Aufsichtsrat“. In der Tat, die verantwortlichen Minister der Landesregierung, Herr Wiegard und Herr Hay, haben sich mit Wirkung zum 1. Juli 2009 aus dem Aufsichtsrat der HSH Nordbank zurückgezogen. Das Land Schleswig-Holstein ist damit fortan im wichtigsten Kontrollgremium der HSH Nordbank durch seine Regierung nicht mehr vertreten. Das ist skandalös.