Protocol of the Session on June 19, 2009

Diese Konsolidierungsmittel sind Hilfen, die andere uns gewähren und die unser Ministerpräsident erst nach zähem Ringen herausverhandeln konnte. Nichts gibt es für umsonst, auch nicht im Verhältnis zwischen Bund und Ländern und auch nicht im Verhältnis zwischen den Ländern. Diese Hilfen müssen wir uns in der Zukunft erst noch verdienen, meine Damen und Herren, und das wird uns auch gelingen. Davon bin ich überzeugt.

Schließlich müssen wir uns auch die Frage nach der Umsetzung der Schuldenbremse stellen. Hierbei geht es weniger um das Jahr 2020, sondern vielmehr um den Weg dorthin. Der Weg beginnt mit dem aktuellen Nachtragshaushalt, den wir im Juli 2009 beschließen werden.

In Sachen Schuldenbremse können wir nicht frei nach Otto von Bismarck sagen: „Setzen wir Schleswig-Holstein in den Sattel - reiten wird es schon können“. Nein, wir müssen die Weichen selbst stellen, und zwar jetzt.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Das gilt natürlich im Wesentlichen für die Ausgaben. Damit haben Sie völlig recht, Herr Kollege Hentschel.

Das gilt aber auch für die Einnahmen. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise können wir nicht jegliche Hoffnung auf Wirtschaftswachstum ad acta legen. Wir haben die Hoffnung auf Wirtschaftswachstum. Es gilt nach wie vor der Grundsatz: Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist auch eine erfolgreiche Finanzpolitik. Das haben wir in den vergangenen Jahren bewiesen.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen Rahmen setzen für die Aufstellung künftiger Haushalte. Das Wünschenswerte muss in den Hintergrund treten. Entscheidend wird nicht sein, was wir wollen, sondern was wir uns tatsächlich leisten können.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Bei Ihnen fehlte es damals an einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik, Herr Kollege Hentschel.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte das bestätigen, was Sie gesagt haben: Wir sollten in diesen wesentlichen Fragen der Haushaltspolitik die Gemeinsamkeiten betonen. Ich bekenne mich zu den Gemeinsamkeiten, die wir in der Frage der Schuldenbremse über die Fraktionsgrenzen hinweg haben. Ich bin zudem außerordentlich zuversichtlich, dass diese Gemeinsamkeiten bestehen. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich zu Protokoll geben, aber nicht nur im „Offenen Kanal“.

Meine Damen und Herren, nicht Bayern, BadenWürttemberg und Hessen werden Maßstab für unsere Ansprüche sein. Maßstab für unsere Wirklichkeit sind Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und das

(Frank Sauter)

Saarland. Hierbei wird das länderübergreifende Benchmarking ebenso hilfreich sein wie bereits geschaffene, aber noch nicht umgesetzte Erkenntnisstände innerhalb der Landesregierung.

Das gilt nicht nur, aber auch für unseren Personalbestand. Wir müssen die bevorstehende Welle von Pensionierungen in den kommenden Jahren aktiv nutzen - auch in den sogenannten Kernbereichen -, um Stellen und Budgets zu kürzen. Dabei sind Intervalle und Größenordnungen der Kürzungen zu konkretisieren. Dies wird in Kürze auch geschehen. An der budgetrelevanten Stellenkürzung in Höhe von 5.000 Stellen bis zum Jahr 2020 führt kein Weg vorbei. Das wissen wir seit Jahren. Auch dazu müssen uns gemeinsam bekennen. Ich freue mich, dass Sie dies hier für die grüne Fraktion getan haben.

Das alles geht nur über ein zentrales Personalmanagement, das im Finanzministerium angesiedelt ist. Nur mit diesem Instrument ist eine Realisierung und erfolgreiche Umsetzung der Schuldenbremse vorstellbar. Hinsichtlich der Reduzierung im Personalbereich müssen wir auch feststellen, dass es auch darum geht, als Arbeitgeber wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir müssen das Personal auch zukünftig so gut bezahlen, dass wir im Vergleich mit anderen Bundesländern, aber auch mit der privaten Wirtschaft wettbewerbsfähig bleiben. Das ist auch ein Stück Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Frank Sauter. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun die Frau Abgeordnete Birgit Herdejürgen.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Unabhängig davon, dass es notwendig ist, die öffentlichen Ausgaben verantwortungsvoll zu begrenzen, müssen wir den Konsolidierungspfad gegenüber dem aus Bund und Ländern gebildeten Stabilitätsrat darlegen, um deren Konsolidierungshilfen in Anspruch nehmen zu können. Inwieweit die im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemachten Annahmen hinreichend sind im Hinblick auf die Anforderungen des Bundes, muss überprüft werden. Ich denke, wir werden im Ausschuss umfangreich Gelegenheit haben, darauf einzugehen. Ich bin der Auffassung, wir sollten der Verwaltung die Arbeit insofern erleichtern, als dass nicht zwei

Konzepte mit unterschiedlichen Voraussetzungen erarbeitet werden. Insofern ist dies eine gute Grundlage, die wir unterstützen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Klar ist, dass wir mit der Grundgesetzänderung von einem Neuverschuldungsverbot ab spätestens 2020 auszugehen haben. Davon völlig unbenommen ist unsere Auffassung hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Gültigkeit. Es gab bis heute Einigkeit im Parlament, eine Beschneidung der verfassungsmäßigen Rechte nicht ohne Weiteres hinzunehmen. Wir haben bei den Beratungen über die Föderalismusreform immer betont, dass eine Schuldenbegrenzung in die Landesverfassung gehört und uns nicht vom Bund diktiert werden kann.

Wir haben ebenfalls Wert auf eine Altschuldenregelung gelegt, die uns eine reelle Chance gibt, unser strukturelles Defizit abzubauen. Die Höhe der jetzt vereinbarten Konsolidierungshilfen birgt die Gefahr, dass Schleswig-Holstein im Jahr 2020 gegenüber anderen Bundesländern weiter ins Hintertreffen gerät. Das kann uns nicht zufriedenstellen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Wettbewerb der Länder kann nur funktionieren, wenn alle gemeinsam an einer Startlinie loslaufen. Das war in der Vergangenheit aufgrund der sehr unterschiedlichen Strukturen und Belastungen im Nachkriegsdeutschland nicht der Fall. Dieses Problem wurde durch den Länderfinanzausgleich nur begrenzt entschärft. Dies wird auch bei den jetzigen Regelungen im Jahr 2020 nicht der Fall sein. 80 Millionen € jährlich für Schleswig-Holstein sind eine Erleichterung, aber sicherlich nicht ausreichend, um Leistungen auf einem Niveau zu halten, wie dies in anderen Ländern der Fall ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotzdem wollen wir den Schuldenabbau. Wir haben eine Regelung im Grundgesetz, die nach derzeitigem Stand ab 2020 verbindlich ist. Wir müssen in den kommenden zehn Jahren hart daran arbeiten, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Dieser Konsolidierungspfad ist jetzt unser vordringliches Problem. Die SPD wird sich nicht verschließen, harte Einschnitte vorzunehmen und diese auch öffentlich zu vertreten. Ein Bestandteil kann eine umfassende Verwaltungsstrukturreform sein. Es ist bekannt, dass unsere Fraktion bereit ist, an dieser Stelle weiterzugehen als andere.

(Frank Sauter)

Mit dem Bildungspakt, der mittelfristig erhebliche Reduzierungen beim Lehrerpersonal nach sich zieht, sind wir bereits einen großen Schritt gemeinsam gegangen. Dies ist aus unserer Sicht verantwortbar, da der Bildungspakt die demografische Entwicklung flexibel aufgreift und Lehrerkapazitäten den Schülerzahlen anpasst. Dieser Schritt ist aber nicht überall populär. Wir vertreten diese Entscheidung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An der einen Stelle, nämlich hier das Hohelied der Haushaltskonsolidierung zu singen und an anderer Stelle vollmundige Versprechungen zu machen, das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD)

Schuldenbremse heißt auch, sich von populistischen Steuersenkungsfantasien zu verabschieden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir uns auf Kürzungen im Personalbereich verständigen, muss dies sehr verantwortungsvoll im Einklang mit den Aufgaben passieren. Dies zu vermitteln ist eine gemeinsame Anstrengung des gesamten Parlaments.

Die Menschen in Schleswig-Holstein wollen eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Sie wollen aber auch Arbeit, Bildung und Sicherheit. Dies gilt gerade in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Zukunftsvorsorge bedeutet Stabilisierung des Schuldenstandes. Zukunftsvorsorge bedeutet aber auch staatliche Aufgabenerfüllung in den beschriebenen Bereichen. Das ist der Zwiespalt, in dem wir uns zurzeit befinden.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Schuldenbremse des Bundes sind zukünftige Generationen in ihrer Gestaltungsfähigkeit sehr rigide festgelegt. Die SPD-Fraktion wünscht sich, für Schleswig-Holstein zu einer flexibleren Regelung zu kommen. Mehr Flexibilität bedeutet nicht den Abschied vom Ziel des ausgeglichenen Haushalts. Sie ermöglicht uns jedoch, die notwendigen Maßnahmen sachorientiert und nachhaltig zu planen. Wir glauben, dass eine entsprechende Vereinbarung eine breite Mehrheit innerhalb dieses Parlaments brauchte, da sie lange in die Zukunft reicht und weitreichende Folgen hat.

Viele Konjunktive in dieser Rede, da wir uns noch in der Abstimmung mit dem Koalitionspartner befinden; der Kollege Sauter hat es angesprochen.

Aber unabhängig davon, ob wir eine eigene Regelung für Schleswig-Holstein finden oder die Bundesregelung für uns Maßstab ist: Wir wollen weg von der Neuverschuldung, und wir sind bereit, die nötigen Schritte zu gehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Herdejürgen. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man ist doch immer wieder erstaunt über die Flexibilität in der Argumentation von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Lieber Herr Kollege Hentschel, das hört sich bei Ihnen immer so an, als hätten Sie mit der Finanzpolitik der vergangenen Jahre nichts zu tun. Sie selbst haben doch dazu beigetragen, dass sich die Netto-Vermögensposition des Landes Schleswig-Holstein dramatisch verschlechtert hat, und zwar nicht nur wegen vielfältiger Ausgaben, die Sie finanziert haben, sondern vor allen Dingen deshalb, weil Sie einen Vermögensverzehr durch die Veräußerung von Landesvermögen zugelassen haben - nicht zur Reduzierung von Schulden, sondern zur Tätigung zusätzlicher Ausgaben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sich dann heute hinzustellen und so zu tun, als sei das alles vom Himmel gefallen, ist bemerkenswert.

Ich möchte ein Weiteres anführen: Welchen Sinn macht es eigentlich, Herr Kollege Hentschel, dass dieses Parlament, um sein Budgetrecht zu gewährleisten, klagen soll, wenn Sie gleichzeitig erklären, wir hätten keine Alternative dazu, die Bundesregelung eins zu eins zu übernehmen? Wenn das so wäre, wenn wir keine eigenen Regelungen zur Schuldenbremse in die Verfassung schreiben könnten, bräuchten wir nicht mehr zu klagen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich will in diesem Zusammenhang nur sagen, was ich öffentlich erklärt habe und bereits von mir im Ältestenrat mehrfach erklärt worden ist, dass die FDP-Fraktion einer Klage ausdrücklich nur zustimmen wird, wenn wir zu einer verbindlichen Vereinbarung kommen, weil wir nicht zulassen wollen, dass sich einige anschließend vom Acker machen, wir dann klagen, aber ohne eigene Regelung daste

(Birgit Herdejürgen)

hen. Das wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte.