Protocol of the Session on May 8, 2009

Dann ist die nächste spannende Frage: Was ist mit Ihrer wunderbaren Erklärung des Vermögenserhalts bei Fusionierungen? Glaubt denn wirklich jemand ernsthaft, dass, wenn die Landesbanken Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein fusionieren, von dem Vermögenswert, den Schleswig-Holstein eingebracht hat, irgendetwas übrig bleibt, dass wir irgendetwas davon zurückbekommen? Ist diese Annahme in diesem Haus vorhanden? Und wenn sie nicht vorhanden ist, müssen wir auch diese Frage beantworten: Was machen wir auf Dauer mit den anderthalb Milliarden €, die an frischem Kapital durch Schleswig-Holstein zugeführt werden, und mit der Garantieerklärung des Landes Schleswig-Holstein? Auch das ist eine Frage, die beantwortet werden muss, denn Sie haben erklärt, der Steuerzahler sei nicht belastet worden. Er wird auf diese Weise in erheblicher Weise belastet.

Ich bitte schlicht und ergreifend darum: Wenn Sie es ernst meinen mit der Mitwirkung der Opposition, dann nehmen Sie das Angebot von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom SSW und von uns an. Diskutieren Sie mit uns verschiedene Modelle, möglicherweise im Beteiligungsausschuss oder auch in kleineren Gremien, aber erwarten Sie nicht, dass wir einem Kurs folgen, den wir im Ansatz für falsch halten.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki und bitte die Mitglieder des Hohen Hauses, mit dem Präsidium Kursteilnehmer der Deutschen Angestellten-Akademie aus Kiel sowie Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Heide

Ost mit den begleitenden Lehrkräften sehr herzlich im Landtag zu begrüßen.

(Beifall)

Ich erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Frank Sauter das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Herabsetzung der Bonitätsnoten durch die Ratingagentur Standard & Poor’s beunruhigt uns, auch wenn es insgesamt fünf Landesbanken betrifft. Das müssen wir auch zur Kenntnis nehmen. Das entlastet uns zwar nicht, aber es zeigt, dass wir hier zumindest keinen Sonderfall HSH vorliegen haben.

Die Folgen liegen auf der Hand: Vorhandene Liquidität wird möglicherweise abfließen, und ich glaube, die Hoffnung ist begründet, dass das in einer Größenordnung passiert, die beherrschbar und überschaubar sein wird. Die Chancen auf neues Anlegergeld werden schlechter. Die entscheidende Frage bei schlechten Nachrichten in der Diskussion über die HSH Nordbank ist aus meiner Sicht immer die Frage: Ist die schlechte Nachricht eigentlich schon in all das eingepreist, was wir an Zukunftsszenarien auch von der Bank präsentiert bekommen haben, oder kommt das sozusagen oben drauf?

Es ist immerhin in den Begründungen der Ratingagentur festzustellen, dass die Dinge, die als Begründung herangezogen werden, bei den Beschlusslagen des Landtags und auch bei Erstellen der Planungsrechnung der Bank die gravierenden finanziellen Stresssituationen und die strategischen Herausforderungen bekannt waren, sodass auch die Einschätzung der Bank die ist, die die Regierung hier vorgetragen hat und die sich auch in den ersten Reaktionen des Marktes in der Presse niederschlagen. Es gibt Anlass zur Hoffnung, dass es kurzfristig nicht zu den befürchteten negativen Auswirkungen in namhafter Größenordnung kommen wird.

Wenn der Markt ruhig und besonnen reagiert, dann sollte auch der Schleswig-Holsteinische Landtag es dem Markt gleichtun. Gebot der Stunde ist es, Kurs zu halten und die Neustrukturierung voranzutreiben. Dies hat auch der Oppositionsführer hier sehr eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht, und dies ist, glaube ich, auch das berechtigte Interesse und die berechtigte Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.

(Beifall bei der CDU)

(Wolfgang Kubicki)

Meine Damen und Herren, die WestLB äußerte sich gestern zum Downgrading wie folgt:

„Wir hätten erwartet, dass die Agentur die zwischen Bund, Ländern und den Eigentümern der Landesbanken entwickelte Entscheidungsfindung abgewartet hätte.“

Dem kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen.

Es macht zwar wenig Sinn, den Überbringer schlechter Nachrichten zu kritisieren oder zu bestrafen. Da gibt es ja viele Beispiele, wo man das nicht hätte tun sollen. Aber gerade angesichts der Erfahrungen der letzten Monate

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

sollten wir nicht erneut die Fehler machen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, nämlich die Ratingagenturen und deren Entscheidungen zu verabsolutieren.

Ich danke ausdrücklich dem „Hamburger Abendblatt“ für seine gestrige Berichterstattung, in der es eine Analyse und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Ratingagenturen vorgenommen hat.

Ich darf erinnern: Die Kaupthing-Bank in Island wurde von Moody’s bis zum 8. Oktober 2008 mit A 1 bewertet. Am 9. Oktober stellte die Bank alle Auszahlungen an ihre Kunden sowie die Liquiditätsversorgung für ihre Vertretungen im europäischen Ausland ein - einen Tag später!

Vieles von dem, was heute als „toxisches“ Investment wie Blei in den Regalen der Banken liegt nicht nur der Landesbanken -, wurde seinerzeit von diesen Ratingagenturen mit besten Bewertungen versehen. Deswegen sage ich nicht, dass irgendetwas falsch ist von dem, was bewertet worden ist. Ich sage aber: Auch Ratingagenturen sind nicht unfehlbar. Und ich sage, dass man auch die Kritik, die an Entscheidungen von Ratingagenturen vorgetragen wird, ernst nehmen und diskutieren muss. Auch das gehört zu einem Gesamtbild.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir müssen für die Zukunft gründlicher abwägen, welche Teile der HSH-Debatte im Landtag, im Finanzausschuss oder im Beteiligungsausschuss zu führen sind, zum einen, weil wir uns zunehmend im Bereich einer fließenden Grenze zwischen politischer Debatte und Fachseminaren befinden - Fachseminaren der Betriebswirtschaftslehre oder des internationalen Bankenrechts -, und zum anderen, weil auch die

HSH Nordbank einen Anspruch auf Vertraulichkeit und Diskretion hat.

Herr Abgeordneter Sauter, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde gern den Gedanken noch zu Ende bringen, Herr Oppositionsführer.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Dann können wir uns gern weiter unterhalten.

Es bringt doch niemanden weiter, wenn die Kollegin Heinold am Mittwoch der Regierung vorwirft, sie habe kein Konzept für die Neuordnung der Landesbanken, um sich dann zwei Tage später berichten zu lassen, mit welcher Rechtsform das angeblich nicht vorhandene Konzept in die Tat umgesetzt werden soll.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das ist nicht seriös.

Ich möchte Sie jetzt hier gar nicht mit einer eigenen Einschätzung behelligen. Ich möchte Herrn Dr. Rehm aus dem Finanzausschuss vom 19. März 2009 mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren. Er sagte:

„Es wird neben all diesen Dingen auch folgender Gegebenheiten bedürfen: Vertrauen in die Organe der Bank, Disziplin der Träger und eine gute Kooperation zwischen den Trägern. Letzteres sage ich im Hinblick darauf, dass sich eine Bank wenig - um es klar zu sagen -, gar nicht für vertiefte öffentliche Diskussionen eignet. Die Bank steht im Wettbewerb. Sie steht im Fokus des Marktes und der Ratingagenturen.“

Ich sage Ihnen abschließend, meine Damen und Herren: Die Bank ist Marktteilnehmer, und es gilt die alte Feststellung: Der Markt hört mit. Die parlamentarische Befassung mit unserer Bank soll das Ziel haben, unsere Bank voranzubringen, das Vermögen dieses Landes zu sichern und Schaden von unserem Land abzuhalten. Ich hoffe, dass wir über die Fraktionsgrenzen hinweg Verfahren und Formen finden, wie wir diesem Ziel auch zukünftig gerecht werden.

(Beifall bei CDU und SPD)

(Frank Sauter)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Frank Sauter und erteile das Wort für die SPD-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu dem Dringlichkeitsantrag und zu dem Bericht fünf Anmerkungen machen.

Erstens. Die Lage der HSH Nordbank ist die Lage einer Bank in der größten Wirtschafts- und Finanzkrise, die wir in der Geschichte unseres Landes haben. Daher verbietet sich der Blick durch die rosarote Brille. Ich habe das hier schon mehrmals gesagt: Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als ob die Lage besser würde, wenn wir nur weniger kritisch darüber reden. Genauso allerdings sage ich: Es verbietet sich auch Schwarzmalerei, weil man ansonsten ein Stück Selffulfilling Prophecy betreibt und mit dazu beiträgt, dass das, was man eigentlich ändern will und ändern muss, nicht stattfinden kann. Deswegen hat die SPD-Fraktion in diesem Landtag seit Monaten bei diesem Thema die Haltung eingenommen, sich seriös und verantwortungsbewusst, aber natürlich auch durchaus kritisch zu den Dingen zu äußern, wie es übrigens unserer Verantwortung als Haushaltsgesetzgeber dieses Landes entspricht.

Zweitens. Der Umgang mit diesem Thema hier im Landtag erfordert von allen - und jeder Abgeordnete ist ja Abgeordneter des ganzen Volkes -, dass wir mit unserem Landeseigentum so umgehen, dass wir nicht zusätzlich Schaden anrichten. Das sage ich ganz deutlich, weil ich natürlich wahrnehme, dass die schrillen Töne in Teilbereichen das verstärken, was leider an negativen Entwicklungen ohnehin da ist.

Ich sage also durchaus: Man muss darüber reden, was im Fachausschuss passiert. Wir haben ja auch die Schwierigkeit: Wir werden einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss haben, und wir haben ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Ich sage allerdings auch, die Öffentlichkeit muss eingebunden sein in dem Maße, das dem Umstand geschuldet ist, dass wir hier mit Milliardengarantien und -hilfen aus Steuerzahlermitteln eingreifen. Das geht nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dies abzuwägen verlangt von jedem, dass man sich da in geeigneter Weise mit seiner Verantwortung auseinandersetzt. Ich bin nicht sicher, dass das in jedem Fall so gelingt, wie ich mir das vorstelle,

und wie das, glaube ich, auch geboten ist. Ich betone: Für mich ist das nicht der Punkt, Leuten Sand in die Augen zu streuen oder zu sagen, dass sie bestimmte Rechte nicht in Anspruch nehmen dürfen. Ich komme darauf gleich noch einmal zu sprechen. Aber ich finde schon, man muss sich immer genau überlegen, in welcher Art und Weise man über die Bank spricht.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Das hat die SPD-Fraktion hier all die Monate so durchgehalten. Dabei werden wir auch bleiben.

Drittens. Die Ratingagenturen sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, weil sie - mir geht es gar nicht um die Bewertung - Einfluss nehmen. Sie haben diesen Einfluss in der Vergangenheit auch genommen. Ich habe aus diesem Hohen Haus schon viele flotte Bemerkungen gehört, wer das angeblich alles verursacht habe. Ich will darauf hinweisen, dass es hochbezahlte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, hochbezahlte Ratingagenturen und andere waren, auf deren Bewertungsgrundlagen gehandelt worden ist, und zwar immer mit dem Hinweis: Weniger Kontrolle, weniger Staat und mehr Macht. Das war die Lage in der Vergangenheit, und das von privat organisierten Interessenvertretungen, die teilweise an den Produkten selbst beteiligt gewesen sind, die sie mit entsprechenden Bewertungen ausgestattet haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer das nicht ändert und wer das ignoriert, der ist politisch naiv oder aber begreift nicht, welche Folgerungen aus dieser Krise auch zu ziehen sind.

(Beifall bei der SPD)

Viertens. Die Interessen des Landes SchleswigHolstein - da wiederhole ich das, was ich vorgestern gesagt habe, weil es mir außerordentlich wichtig ist, das noch einmal festzustellen - können nur wahrgenommen werden, wenn entschlossen und frühzeitig bei Zukunftskonzepten mitgewirkt wird

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

und wenn alle, die da mitzureden und das mitzutragen haben, auch informiert und eingebunden werden. Sonst geht das nicht, sonst wird man nichts erreichen. Schleswig-Holstein ist klein. Das Argument, man müsse alles Mögliche erst abwarten, ist sicherlich richtig bezogen auf die Konsequenz, was die Rechtsform angeht. Insgesamt ist es aber nicht richtig. Wenn wir die Weichen nicht mit stellen, dann werden wir mit befördert, und zwar ohne jede Form von Einfluss.

Deswegen sage ich, dass das nicht so sein kann, und deswegen füge ich hinzu - das sage ich auch jedes Mal, aber es ist jedes Mal richtig und muss immer wieder in Erinnerung gerufen werden -: Dieser Landtag hat mit den Resolutionen die Zielrichtung vorgegeben, und das glasklar und ohne jedwede Interpretationsmöglichkeit.