Protocol of the Session on May 7, 2009

Ich kann Ihnen auch sagen, dass wir in unserer Kirchengemeinde eine Schautafel aufstellen wollten und dazu ein Bauantragsverfahren nötig wurde und drei Monate dauerte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehen Sie!)

Können wir bitte die Dialoge in den Ausschuss verlegen?

Meine sehr verehrten Kollegen von der FDP, Sie bleiben jedenfalls in Ihrem Antrag außer pauschalen Forderungen nach Entbürokratisierung eine weitere Konkretisierung vollkommen schuldig.

Was sind denn direkte Hilfsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen? Soll das Eigenkapital gestärkt werden? Soll die Landesregierung für Kredite bürgen? Um was geht es Ihnen denn?

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Der Kollege Schröder hat ja auf die Instrumente, die geschaffen sind und die bereits existieren, zu Recht hingewiesen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Selbst Herr Steg- ner findet diesen Redner etwas platt!)

Dass die FDP nichts aus der Wirtschaftskrise gelernt hat, zeigt Ihre Position zu den Sparkassen, bei der sie ausschließlich auf eine schrittweise Privatisierung setzen.

(Lachen bei der FDP)

Das Sparkassensystem hat sich aber als ein sehr stabilisierendes Finanzinstitut vor Ort erwiesen, dem Vertrauen geschenkt wird. Gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen sind die öffentlichrechtlichen Sparkassen eine wesentliche Unterstützung ihrer Geschäftsfinanzierungen. Privatisierte Sparkassen hätten andere Renditeerwartungen, eine andere Geschäftspolitik. Gerade deshalb haben sich die Handwerksverbände immer vehement für den Erhalt der Sparkassen in der jetzigen Form eingesetzt.

Herr Kollege Matthiessen, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Danke, nein, ich wollte fortfahren, Herr Präsident.

Wo wir Grünen zustimmen können, ist die Vergabe von Mikrokrediten an Selbstständige, so wie es zum Beispiel die Kieler Ratsversammlung gerade beschlossen hat,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist doch schon mal was!)

sicherlich auch bei der Reduzierung einiger Berichtspflichten. Aber das, was Sie hier machen Deregulierung als tibetanische Gebetsmühle zelebrieren -, ist nun wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss oder eine zündende Idee.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Der Grüne New Deal wird weltweit als Antwort auf die Doppelkrise von Wirtschaft und Umwelt diskutiert. Es geht erstens um einen großen Sprung in Richtung einer nachhaltigen Ökonomie. Darunter fallen der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die ökologische Sanierung von Gebäuden, eine breit angelegte Förderung erneuerbarer Energien und umweltfreundlicher Technologien.

Zweitens geht es um mehr Chancengleichheit und soziale Teilhabe, vor allem durch massive Investitionen in Bildung und berufliche Qualifizierung. Und schließlich geht es darum, den globalen Kapitalismus in ein globales Regelwerk einzubetten und den Rückfall in Protektionismus und Nationalismus zu verhindern.

Die ungeheueren Summen, welche die Regierungen jetzt zur Ankurbelung der Wirtschaft mobilisieren, müssen genutzt werden, um Fundamente für ein zukunftsfähiges Wirtschafts- und Sozialmodell zu legen. Wird diese historische Gelegenheit verpasst, erben die folgenden Generationen außer der horrenden Staatsschulden noch weitere ungelöste Probleme wie den fortschreitenden Klimawandel mit seinen Folgen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Wir brauchen einen großen gesellschaftlichen Aufbruch für die Erneuerung unseres Wirtschaftssystems. Der FDP-Antrag leistet dazu ersichtlich keinen Beitrag.

(Detlef Matthiessen)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das fand ich jetzt auch enttäuschend!)

Für die Abgeordneten des SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wort „Investitionserleichterungsprogramm“ ist positiv besetzt, und so kann es nicht wundern, dass man erst einmal sagt, dass ein solches Programm natürlich sehr wünschenswert wäre. Doch man kann sich auch gut vorstellen, dass es unterschiedliche Auffassungen dazu gibt, wie ein solches Programm aussehen sollte. Allerdings möchte ich grundsätzlich hervorheben, dass es in erster Linie wichtig ist, die Binnenkonjunktur wieder anzukurbeln, damit die Waren und Dienstleistungen, die produziert werden und werden sollen, auch ihren Konsumenten finden können. Ein Investitionserleichterungsprogramm macht daher nur Sinn, wenn die Rahmenbedingungen in Ordnung sind. Und das sind sie hier bei uns in Deutschland bei Weitem nicht.

Wenn die Binnenkonjunktur florieren soll, müssen die einfachen Arbeitnehmer finanziell entlastet werden. Bevor man also ein Steuererleichterungsprogramm für Selbstständige und Unternehmen fordert, muss erst einmal der Normalbürger steuerlich entlastet werden. Außerdem müssen dann auch alle die, die von staatlichen Leistungen abhängig sind, mit in die Betrachtung aufgenommen werden. Dies ist eine Klientel, die einen besonders hohen Anteil ihres Geldes konsumiert. Hier ist die Chance am größten, dass das Geld, das durch den Staat - immerhin durch Steuermittel - ins System eingespeist wird, auch wirklich in den Wirtschaftskreislauf gelangt.

Wenn wir also die Menschen, die nur über geringe oder niedrige Einkommen verfügen, entlastet haben, dann kann man auch über ein Investitionserleichterungsprogramm reden. Von diesen Entlastungen für die Menschen sind wir aber noch weit entfernt, und deshalb kann man ein solches Programm schon aus diesem Grunde kritisch sehen. Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind derzeit dank der Großen Koalition in Berlin so, dass auch das beste Investitionsförderprogramm nicht richtig greifen kann.

Dies wollte ich vorausschicken, damit deutlich wird, dass jedes noch so gut gemeinte und gut gemachte Investitionsprogramm immer auch vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen zu sehen ist und man durchaus die Auffassung haben kann, dass das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt wird, wenn die Rahmenbedingungen - wie bei uns in Deutschland - immer noch nicht stimmen.

Betrachtet man den Antrag der FDP, so findet man eine Vielzahl von Vorschlägen, zu denen man durchaus die gleichen, aber eben auch unterschiedliche Auffassungen haben kann. Der grundsätzliche Tenor des Antrags ist: Gib den Unternehmen, was sie wollen, und dann ist allen geholfen. Dass dieser Ansatz natürlich zu kurz greift, zeigt schon der erste Bereich, der sich um die Mittelstandsfinanzierung dreht. Es ist unbestritten, dass Erleichterungen in der Kreditvergabe - und hier insbesondere im Verfahren zur Kreditvergabe - den Unternehmen helfen. Allerdings wird schon im ersten Punkt des Antrages gefordert, dass Unternehmen Darlehen für alle betrieblichen Zwecke erhalten können sollen. Damit würde die Politik ihrer Steuerungsfunktion nicht mehr gerecht werden. Es geht nämlich nicht darum - wie die FDP es wünscht -, Unternehmen mit billigen Krediten staatlich zu subventionieren. Stattdessen sollen durch die Lenkung von Krediten in bestimmte Bereiche gesamtgesellschaftlich gewollte Prozesse gefördert und die Wirtschaft in Bereichen umgestellt werden, damit sie neuen Herausforderungen gerecht werden kann. Dieses Ziel hat nichts mit Subventionen zu tun und ist damit politisch gerechtfertigt. Billige, sichere staatliche Kredite ohne Zielsetzung schaden dem Wettbewerb und sind nichts anderes als Subventionen durch die Hintertür, und das lehnen wir als SSW ab.

Positiv sehen wir die Forderung der FDP nach neuen Programmen, Kredite schnell und unbürokratisch zu vergeben. Ich habe allerdings auch den Eindruck, dass das Wirtschaftsministerium nicht unbedingt so unbürokratisch handelt, wie es aufgrund des Antrags den Anschein haben mag. Gleichwohl zeigen die ehemaligen Existenzgründerinnenprogramme, dass solche Programme funktionieren können. Diese Existenzgründerinnenprogramme gibt es nicht mehr, und es wäre zu überlegen, ob diese erfolgreichen Programme wieder aufgelegt werden könnten. Dazu müsste man dann aber auch das Netz der Beratungsstellen „Frau und Beruf“ wieder stärken.

Ein weiterer Punkt des FDP-Antrages ist der Wunsch, dass Unternehmen und Selbstständige ihre Steuervorauszahlungen reduzieren können. Die

(Detlef Matthiessen)

erste Frage, die sich dann stellt, ist natürlich: Warum sollen Freiberufler oder auch normale Arbeitnehmer ihre Zahlungen nicht auch reduzieren dürfen? Deren Beitrag zur wirtschaftlichen Gesundung unseres Landes könnte ja genauso hoch sein.

Aber darüber hinaus hätten wir dann ja noch ein weiteres Problem: Zwar darf man seine Steuervorauszahlungen reduzieren, aber bei der Endabrechung im folgenden Jahr wäre dann eine Steuernachzahlung fällig. Dann würden wir nur ein Jahr später alles das wieder einreißen, was möglicherweise in dem einen oder anderen Fall kurzfristig durch die Reduzierung der Vorauszahlung gewonnen worden wäre. Eine richtige Hilfe wäre dies somit auch nicht. Helfen würden eigentlich nur Regelungen, die dauerhaft zu einer Entlastung führen würden. Allerdings braucht der Staat Steuern für die gesellschaftlichen Aufgaben, die er zu erfüllen hat. Und wenn schon über Steuererleichterungen geredet wird, dann müssen diese zuallererst den Normalbürgern zugutekommen. Das stärkt die Binnenkonjunktur am besten. Denken Sie daran: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen.

Sehen wir uns nun den zweiten Bereich an, der im Antrag angesprochen ist, den Bürokratieabbau. Bürokratie muss abgebaut werden, das ist klar. Hierbei geht es aber in erster Linie um den Abbau von Doppelzuständigkeiten und von unübersichtlichen Verwaltungsstrukturen. Es sind weniger die Gesetze und Verordnungen das Problem als vielmehr die vielen Verwaltungen und die vielen verschiedenen Zuständigkeiten. Wenn also die FDP fordert, Gesetze und Verordnungen zeitlich zu begrenzen, dann gewinnt sie erst einmal gar nichts, weil die Regelung erst einmal unverändert bestehen bleibt. Sie verliert aber an politischem Einfluss, weil über diese Regelung nicht mehr politisch diskutiert werden muss, wenn sie wegfallen soll. Dies schadet unserem politischen System mehr, als es dem Bürokratieabbau nützt.

Genauso verhält es sich mit der sogenannten Genehmigungsfiktion. Entweder haben wir rechtliche Regelungen, dann müssen wir uns auch daran halten, oder wir haben diese eben nicht. Wir als SSW sind der Auffassung, dass ein und derselbe Tatbestand immer gleich behandelt werden muss. Mit einem Anzeigeverfahren können wir im Einzelfall leben. Aber dass beispielsweise eine nicht rechtmäßige Baumaßnahme auf einmal rechtens sein soll, weil die Bauverwaltung eine Bearbeitungsfrist nicht einhalten kann, werden wir nicht akzeptieren können.

Gleiches gilt für die Abschaffung von Beauftragten oder auch die Schleifung des Bau-, Naturschutz-, Denkmalschutz- und Landesplanungsrechts. Alle diese Bestimmungen sind Ausfluss von politischen Prozessen und dürfen nicht einfach außer Kraft gesetzt werden. Wenn Regelungen geändert werden sollen, kann man in diesem Haus einen konkreten Antrag mit konkreten Vorschlägen stellen, der dann politisch unter Beteiligung der betroffenen gesellschaftlichen Organisationen diskutiert wird. Soll es dann Änderungen geben, so ist dies eine politische Entscheidung, die dann auch zu respektieren ist. Automatismen darf es aber nicht geben. Solange die Gesetze so sind, wie sie sind, sind sie einzuhalten, und sie sind dann auch notwendig, weil politisch gewollt.

Den Kern der Sache trifft die FDP nach unserer Auffassung aber im dritten Teil ihres Antrags, in dem sie dazu auffordert, die Verwaltung mittelstandsfreundlicher zu gestalten. Genau das ist der Kern. Es müssen effiziente Verwaltungsstrukturen geschaffen werden. Betrachtet man allerdings die kommunale Verwaltung, so kann man feststellen, dass die Große Koalition total versagt hat. Normal wäre es gewesen, wenn wir eine dreigliedrige Verwaltung bekommen hätten, die auf allen drei Ebenen von der Politik in ihrem Rahmen gesteuert worden wäre. Land, Kreise und große, leistungsfähige Kommunen wären das Bild von einer idealen dreigliedrigen Verwaltung gewesen, die es durchaus in anderen Bundesländern gibt. Stattdessen haben wir auf Landesebene eine verwirrende Vielzahl von Zuständigkeiten und dazu Kreise, die durchaus mehr Aufgaben als Selbstverwaltungsaufgaben übernehmen könnten und auch wollten. Darüber hinaus leisten wir uns eine kleinteilige kommunale Struktur mit Gemeinden, großen und kleinen Ämtern, Amtskooperationen und Zweckverbänden, die das Verwaltungschaos mit eingebautem Demokratiedefizit mehr als deutlich machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unter solchen Bedingungen kann es keine bürgerund unternehmensfreundlichen Strukturen geben, und schnelle und transparente Entscheidungen sind hierbei auch nicht möglich.

Wer also einen guten Service für Bürger und Unternehmen bieten will, braucht gute Verwaltungsstrukturen, moderne und innovative Dienstleistungen und eine entsprechende Ausstattung der Verwaltung. All dies fehlt uns noch, und hier haben wir in der Tat eine politische Baustelle, die die Große Koalition zwar einmal besichtigt hat, aber die sie unverrichteter Dinge wieder verlassen hat.

(Lars Harms)

Wenn die FDP in ihren dritten Punkt allerdings nur davon spricht, dass die Leistungen der Verwaltung bewertet und ihre Bürokratiekosten ermittelt werden sollen, ist das nach unserer Auffassung nicht genug. Vielmehr müssen alle Auswirkungen von Verwaltungshandeln in die Betrachtung mit einbezogen werden, zukünftige gesellschaftliche Kosten von Verwaltungshandeln ebenso wie auch die Umsetzung gesetzlich festgelegter Ziele, die wir uns alle einmal politisch gesetzt haben. Verwaltungen sind nicht in erster Linie Umsetzungsgehilfen für die Wirtschaft, sondern sie setzen politisch formulierte gesellschaftliche Ziele um. Das ist das Maß, an dem wir als SSW Verwaltungshandeln messen.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, kann man sagen, dass der FDP-Antrag Licht und etwas mehr Schatten hat und so sicherlich nicht zustimmungsfähig ist. Aber losgelöst von einzelnen Lösungsvorschlägen möchte ich noch einmal darauf aufmerksam machen, dass Grundvoraussetzung für die nachhaltige Wirkung von solchen Vorschlägen immer die Ankurbelung der Binnenkonjunktur ist. Und diese Diskussion dreht sich dann beispielsweise um Steuererleichterungen für Kleinverdiener, Verbesserung von Sozialleistungen oder auch um die Einhaltung von Tariflöhnen. Diese Themen sind wichtiger für das soziale Gefüge einer Gesellschaft. Sie wirken sich unmittelbar und schnell auf die wirtschaftliche Entwicklung aus, und das zum Positiven.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Herrn Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Dr. Jörn Biel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Abgeordneten Garg danken, und zwar in zweierlei Hinsicht. Erstens wird er sich jetzt wohl meinen Namen merken können. Zweitens danke ich dafür, dass er diesen Antrag gestellt hat, denn das gibt mir die Möglichkeit, über das zu berichten, was die Landesregierung eingeleitet hat und was erreicht wurde.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Den Namen kennt er ja schon!)

Schleswig-Holstein ist deutlich mittelständischer strukturiert als andere Bundesländer. Die kleinen und mittleren Unternehmen dominieren den Alltag in der Wirtschaft. 99,7 % aller Unternehmen in Schleswig-Holstein gehören zum Mittelstand, 77,2 % aller Arbeitnehmer sind dort beschäftigt, und 54,3 % des Gesamtumsatzes werden dort erwirtschaftet. Unsere Wirtschaftsstruktur ist nicht so abhängig von den großen Schwankungen auf den Weltmärkten. Obwohl die derzeitige Wirtschaftskrise, für die ich heute das erste Mal das Wort „Überangebotskrise“ gehört habe, auch uns nicht verschont hat, zeigt sich doch, dass kleine und mittelständisch geführte Unternehmen flexibler als die großen auf die Schwankungen reagieren können.

Wie können wir als Landesregierung der Wirtschaft helfen, die Krise zu meistern und gestärkt aus ihr hervorzugehen?

Die von der FDP genannten drei Schwerpunktthemen sind und waren auch Schwerpunkte der Landesregierung. Im Folgenden hangele ich mich an der Gliederung des Antrags entlang, ohne jetzt auf die Überschriften einzugehen.