dass die Regierung diese oder jene Information nicht mehr zur Verfügung stellen kann. Das sollte man wissen, wenn man für weitere Vereinfachungen im Bereich Bürokratieabbau sorgen will. Wir als Abgeordnete sind es, die oftmals bestimmte Fragen an die Regierung stellen, und man braucht auch bestimmte aktuelle Grundlagen, um sie beantworten zu können.
Zum wirtschaftlichen Erfolg gehört jedoch weit mehr als die Entlastung von Bürokratie, die - das hört man in Gesprächen mit Unternehmen vor Ort bei Weitem die Firmen nicht so belastet, wie einige uns das hier vermitteln wollen. Wir haben uns sehr
zügig darum gekümmert, die Konjunkturprogramme hier im Land umzusetzen und den Kommunen ihre Antragstellung so weit wie möglich zu erleichtern. Schleswig-Holstein hat, damit das Geld aus dem Konjunkturprogramm so schnell wie möglich bei der Wirtschaft ankommt, bereits das Vergaberecht vereinfacht und die Grenzen für freihändige Vergabe deutlich erhöht.
Im Augenblick liegt der Ball bei den Kommunen. Sie sollen diese Vereinbarung nutzen, die Planung so zügig wie möglich durchführen und die Spielräume nutzen, damit die örtlichen Unternehmen gestärkt werden. Das ist sicherlich auch hier im Haus unser Interesse.
Schleswig-Holstein verfügt mit den Finanzierungsinstituten Investitionsbank, Bürgschaftsbank und Mittelständische Beteiligungsgesellschaft über eine erprobte leistungsstarke Infrastruktur zur Stärkung der regionalen Wirtschaft. Das wird uns jetzt in der Wirtschafts- und Bankenkrise helfen.
Ich erinnere daran, dass andere Länder diesem Beispiel gefolgt sind und uns vor einigen Jahren um diese Instrumente noch beneidet haben.
Wir haben ein breites Instrumentarium von Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen, mit dem wir Unternehmen kompetent, zügig und zielorientiert unterstützen können. Die verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten, die der Bund mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz und dem Konjunkturpaket II geschaffen hat, werden auch Unternehmen in Schleswig-Holstein zugute kommen. Hierzu gehören Erleichterungen bei der Bürgschaftsbank und die Flexibilisierung des vom Bund garantierten KfW-Sonderprogramms 2009.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns all die Veränderungen, die wir zum Teil selbst auf den Weg gebracht haben, erst einmal in der Praxis anwenden, bevor wir immer und immer neue Instrumente einziehen. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass die FDP nun hofft, angesichts dieser Krise unauffällig ihr komplettes Wahlprogramm umzusetzen und in Anträge hineinzuschreiben, ohne dass sie hier auch nur Verantwortung in der Regierung trägt. Aber ich bin davon überzeugt, dass „mehr“ nicht gleich „besser“ ist. Wir haben sehr viele erfolgreiche Instrumente entwickelt.
Ich möchte daran erinnern, dass es gerade die ausgesprochen unbürokratischen freien Handlungsmöglichkeiten waren, die maßgeblich am Zusammenbruch der Finanzmärkte beteiligt waren. Auch ich bin dafür, unnötige Vorschriften und Regularien abzuschaffen. Aber darüber, was nötig und was un
nötig ist, gibt es unterschiedliche Vorstellungen, über die wir auch im Fachausschuss weiter diskutieren sollten.
Dazu gehört, dass die Mittel so eingesetzt werden, dass wichtige gesellschaftliche Errungenschaften befördert statt behindert werden. Wer überprüfen will, ob Mittel dort ankommen, wo sie hin sollten, und ob mit ihnen erreicht wird, was erreicht werden sollte, muss auch Berichtspflichten einbauen, Evaluationen oder wie immer Sie es nennen wollen.
Dabei ist Augenmaß wichtig. Ich nenne als Beispiel die Zusätzlichkeit der Investitionen. Natürlich wollen wir Mitnahmeeffekte so weit wie möglich reduzieren; sonst macht das Konjunkturprogramm wenig Sinn. Daher muss nachgewiesen werden, dass alle Projekte, die aus dem Konjunkturprogramm II mit immerhin 75 % gefördert werden, zusätzlich sind. Allerdings verlangt das Land von den Kommunen keinen Nachweis zur Erbringung der summarischen Zusätzlichkeit. Das nämlich könnte genau dazu führen, dass bürokratische Hemmnisse entstehen.
Die FDP spricht ausschließlich von Investitionen. Wirtschaft ist aber, wie wir wissen, kein Selbstzweck. Wir Sozialdemokraten haben dabei auch die Beschäftigten im Blick. Gerade in der Krise ist gute Arbeit wichtig. Dazu gehören für uns tarifgebundene Löhne und Gehälter. Dazu gehören Mindestlöhne, wie sie in sechs weiteren Branchen durchgesetzt wurden.
Die Gewerkschaften haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder ausgesprochen flexibel gezeigt, indem sie den Betrieben entgegenkommen und bei wirtschaftlicher Notwendigkeit Öffnungen der tariflichen Vereinbarungen zulassen. Es werden eben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien sein, die einen Großteil der Folgen der Krise zu schultern haben. Sie sind von Kurzarbeit betroffen, oft genug von Entlassung bedroht und haben relativ geringe Möglichkeiten, die Krise und ihren Verlauf mit zu steuern. Auch deshalb ist es uns besonders wichtig, die demokratischen Strukturen zu stärken - in den Betrieben und in der gesamten Gesellschaft.
Das betrifft die Transparenz der Förderungen, die demokratische Mitbestimmung in den Kommunalvertretungen ermöglichen. Es betrifft die Entlastung privater Haushalte, beispielsweise durch den Kinderbonus und durch die Anhebung der Eckwerte für Kinder in SGB-II-Bedarfsgemeinschaften. Es betrifft die Gleichstellung. Es betrifft die Verbesserung der Integration von Arbeitsuchenden durch mehr gutes Personal in den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen, damit eine Teilhabe nicht an mangelnder Hilfe scheitert. Und es betrifft die Aufrechterhaltung öffentlicher Dienstleistungen; denn gerade diese wirken als Stabilisatoren.
Wir setzen auf Bildung, auf Qualifizierung, auf Mitbestimmung, auf Nachhaltigkeit, auf Gerechtigkeit. Die Überwindung der Folgen der Bankenund Wirtschaftskrise wird sicher mit betrieblichen Investitionen unterstützt. Gelingen wird sie jedoch nur als Anstrengung von uns allen, von der gesamten Gesellschaft, von den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. Dafür müssen wir die gesellschaftlichen Werte im Blick haben, für die wir Verantwortung haben und für die wir stehen.
Daher plädiere ich dafür, die jetzt beschlossenen Maßnahmen umzusetzen. Sie sind ausgewogen und werden bei der Überwindung der Krise helfen.
Wir sollten im Fachausschuss durchaus die Diskussion darüber führen, ob das eine oder andere zu ergänzen oder zu verändern ist. Aber wir brauchen kein neues Antragspaket im Sinne dessen, was die FDP hier vorgetragen hat.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Finanz- und Wirtschaftssystem ist im Deregulierungswahn weltweit mit Karacho gegen die Wand gefahren. Trotzdem gibt es - wir erleben das mit der Antragstellung der FDP heute hier schon wieder - immer noch Hard-core-Ideologen der Liberalisierung und Deregulierung, die behaupten, nicht die Finanzmärkte hätten versagt, sondern die falsche Politik der Regierungen hätte zu der Krise geführt. Hier werden Ursache und Wirkung auf den
Kopf gestellt. An den Finanzmärkten ist weltweit mit einem Vielfachen der real erzeugten Güter und Dienstleistungen spekuliert worden. Eigentlich wussten alle, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann. Aber bis zu dem absehbaren Ende wurde versucht, so viel Profit wie möglich zu ergattern.
Wir haben es mit einer klassischen Finanzkrise, verbunden mit einer Überproduktionskrise, zu tun. Es wird gar nicht anders gehen, als dass massiv Kapital vernichtet wird, um die Renditefähigkeit des Restkapitals zu sichern. Ohne das schon fast unglaublich massive Eingreifen der Staaten wäre das Finanzsystem und danach auch die hoch arbeitsteilige Weltwirtschaft zusammengebrochen. Ein Mensch, der 20 Monate keine Nachrichten gehört und dann plötzlich erfahren hätte, dass die Regierung von Frau Merkel Banken verstaatlichen und Großinvestoren enteignen will, hätte sich doch an den Kopf gefasst und auf die versteckte Kamera gewartet.
Der politische Vertreter dieser komplett gescheiterten Wirtschaftspolitik ist in erster Linie die FDP.
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte: Die Marktextremisten von der FDP steigen in den Umfragewerten hoch, haben aber wesentlich zu dem ideologischen Druck des weltweiten Deregulierungswahns beigetragen.
Sie verspricht wider besseres Wissen Steuererleichterungen für alle, Unternehmen wie Privatpersonen. Keine zukünftige Bundesregierung, egal wie sie zusammengesetzt ist, wird tatsächlich Steuern senken können. Insofern war der Ministerpräsident mit seinen deutlichen Worten sehr nahe an der Wahrheit. Die FDP ist dort ein steuerpolitischer Traumtänzer. Auch die FDP - falls sie in eine Regierungsbeteiligung käme, was wir den Menschen wirklich nicht zumuten wollen - wird keine Steuersenkungen durchsetzen können.
Das wirklich Dramatische an dieser Krise, die 2010 sicherlich noch nicht überwunden sein wird, sind die Auswirkungen auf die junge Generation. Die diesjährigen Schulabgänger, Auszubildenden und Hochschulabsolventen schließen ihren Ausbildungsgang ab und hoffen auf die weitere Ausbildung oder den ersten Arbeitsplatz. Diese Hoffnun
gen sind sehr gefährdet. Die Zukunftsaussichten der jungen Generation sind düsterer geworden. Dafür, meine Herren von der FDP, sind Sie mitverantwortlich. Sie haben das marktradikale Wirtschaftssystem immer propagiert und sind damit jetzt vollständig gescheitert.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wer hat denn in Deutschland die Hedgefonds zugelassen? Waren Sie das nicht?)
Lesen Sie einmal das Bundestagswahlprogramm der FDP zu dieser Legislaturperiode. Da wird doch gefordert, im Bankensektor noch mehr zu deregulieren, und zwar auch international.
- Ich erinnere nur an die Worte Ihres Bundesvorsitzenden, der das Wort prägte, das, was wir hier in der Bundesrepublik an Regulierung haben, sei die DDR ohne Mauern.
Meine Damen und Herren, die Überwindung der Krise - das ist der grüne New Deal. Von der Wortnutzung her ist der Green New Deal schon längst mehrheitsfähig. Ich denke an die Rede des Bundespräsidenten Köhler bei der Eröffnung der Hannover-Messe oder an das Regierungsprogramm von Barack Obama.
(Der Abgeordnete Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] hält eine Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ in Rich- tung der Abgeordneten)
Lesen Sie einmal die „Wirtschaftswoche“: „Grün aus der Krise“. Dort steht: Nicht die kleinen und mittleren Unternehmen sind besonders betroffen wie es im FDP-Antrag so pauschal steht -, sondern die Zulieferer, zum Beispiel die der Automobilindustrie, werden mit in den Sog gezogen. Die umweltorientierte Wirtschaft dagegen erweist sich als stabil.
Meine Damen und Herren, der Staat soll es jetzt richten, der Markt alleine schafft es nicht mehr. Ohne staatliches Eingreifen geht es nicht. Wenn aber schon Milliardensummen in die Wirtschaft gepumpt werden, dann muss die Politik auch sagen, in welche Richtung, mit welcher Tendenz und mit welchen Zielen. Ihr Investitionserleichterungsprogramm soll von der Landesregierung aufgelegt werden. Mit welchem Finanzvolumen denn? Mit welcher Laufzeit? Wie wird das Programm finanziert? Wer entscheidet über die Hilfen? Darüber lesen wir in dem FDP-Antrag nichts. Er ist eine Aneinanderreihung von Plattitüden aus der Mottenkiste der
Ich kann Ihnen auch sagen, dass wir in unserer Kirchengemeinde eine Schautafel aufstellen wollten und dazu ein Bauantragsverfahren nötig wurde und drei Monate dauerte.