Protocol of the Session on May 7, 2009

Mal bekommt ein Unternehmer, der mit vier Auszubildenden sowohl Neuware verkauft als auch Gebrauchtware repariert, kein Investitionsdarlehen, weil das Förderinstitut sich nicht entscheiden kann, ob es sich um einen Einzelhändler oder um einen Handwerksbetrieb handelt. Mal bekommt ein Handwerksmeister keine Bewilligung aus dem Programm Kapital für Handwerk, da er die erforderliche Eigenkapitalparität nicht aufbringen kann.

Es sind genau diese vermeintlichen Kleinigkeiten, die im Extremfall dazu führen, dass diese Unternehmer ihr Geschäft aufgeben müssen, dass Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren gehen. Genau hier wollen wir mit dem heute vorgelegten Antrag ansetzen. Wir wollen ein sogenanntes Investitionserleichterungsprogramm für Schleswig-Holstein auflegen, um die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein, die von der Wirtschaftkrise besonders betroffen sind, dort zu unterstützen, wo wir das auf Landesebene tun können.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Aus Sicht der FDP-Fraktion gehören zu diesem Programm drei Kernmaßnahmen: Erstens muss die Finanzierung des Mittelstandes - der Stütze unserer Wirtschaft - kurzfristig ausreichend unterstützt werden. Zweitens muss durch eine konsequente Durchforstung der Vorschriften die Bürokratiebelastung der Unternehmer so schnell und so weit wie möglich reduziert werden. Drittens muss in der mittleren Frist durch eine umfassende Reform der Verwaltung eine effiziente Verwaltungsstruktur für die Unternehmen geschaffen werden, und zwar im Sinne eines Dienstleisters für diese Unternehmen.

(Beifall bei der FDP)

Durch diesen Dreiklang von Maßnahmen, von denen einige sofort wirksam, einige zeitlich befristet, einige aber auch mittelfristig wirksam sind, sollen ganz gezielt Landesregelungen geändert werden, ohne den langwierigen Weg über die Bundesgesetzgebung gehen zu müssen. Mit diesem Dreiklang von Maßnahmen wird es möglich sein, den Unternehmen zu helfen, den Weg aus der Krise zu beschleunigen. Es werden die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen, um gerade den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen das Investieren zu erleichtern und um in der Krise den

Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Darüber hinaus erzielen wir mit diesen Maßnahmen auch eine nachhaltige Wirkung auf die Wirtschaftsfreundlichkeit des Standortes Schleswig-Holstein.

Lassen Sie mich ganz konkret auf einige Punkte eingehen. Zum Stichwort Mittelstandfinanzierung: In Zeiten einer überaus schwierigen Kreditversorgung gerade der Klein- und Kleinstbetriebe ist es von entscheidender Bedeutung, die Finanzierung dieser Klein- und Kleinstbetriebe sicherzustellen. Wird es möglich gemacht, dass zeitlich begrenzt mehr Unternehmen an den Förderprogrammen des Landes teilnehmen können, dann kann auch deutlich mehr Unternehmen in Schleswig-Holstein geholfen werden. Die Nachricht, dass die Mittelabschöpfung des Programms „Kapital für Handwerk“ in den vergangenen Wochen deutlich unter den Erwartungen liegt, sollte uns allen zu denken geben. Herr Minister Biel - Biel heißt er jetzt -, ich fordere Sie auf -

(Zurufe)

- Es gab ja vorher zwei andere. Ich fordere Sie auf, an dieser Stelle -

(Zurufe)

- Entschuldigung, daran muss man sich erst einmal gewöhnen, dass dort schon wieder jemand anderes sitzt.

(Zurufe)

- Dass Sie das so trifft, zeigt -

Kolleginnen und Kollegen, für Ordnungsrufe ist das Präsidium zuständig.

Dass Sie das so trifft, zeigt offensichtlich nur, dass hier jemand den Finger in die Wunde gelegt hat. Dann fordere ich ihn eben nicht auf.

Ein weiteres großes Problem ist gerade bei den vielen Kleinstunternehmen unter 25 Mitarbeitern, dass es um relativ geringe Summen von beispielsweise etwa 10.000 € - zum Beispiel für Ersatz- oder Umbauinvestitionen - geht. Die herkömmlichen Förderprogramme des Landes sind auf diese Summen nicht eingestellt, denn oft erhalten die Großen Kredite, die Kleinen gehen leer aus. Hier können Mikrokredite, wie sie zum Beispiel seit Anfang des Jahres in Baden-Württemberg und seit Kurzem auch in Bayern für Kleinunternehmen der gewerbli

(Dr. Heiner Garg)

chen Wirtschaft und der freien Berufe ausgereicht werden, hervorragend Abhilfe schaffen. Ich denke, hier kann man sich durchaus das eine oder andere anschauen.

(Beifall bei der FDP)

Stichwort Bürokratieabbau: Sämtliche Konjunkturpakete der Vergangenheit haben uns gelehrt, dass sie erst dann greifen, wenn die Wirtschaft schon längst wieder auf dem Weg der Besserung ist. Gerade das darf mit dem jetzt vorgelegten Konjunkturprogramm II der Bundesregierung nicht passieren. Daher ist Deregulierung das Gebot der Stunde, denn wenn das Konjunkturpaket effizient sein und schnell wirken soll, dann ist jedes bisschen zu viel Bürokratie ein Hemmnis. Insbesondere im Bereich des Baurechts, des Landesplanungsrechts und des Naturschutzes haben es die schleswig-holsteinischen Unternehmer mit einer Vielzahl von Regelungen und Vorschriften zu tun. Würde dieser Bürokratiedschungel auch nur etwas gelichtet werden, wäre den Unternehmern schon viel geholfen.

Ich frage Sie: Warum muss ein Unternehmer, wenn er an seiner bestehenden Lagerhalle einen Anbau errichten will, für die bestehende Halle den Brandschutz auf den neuesten Stand bringen? Würde er keinen Anbau vornehmen, müsste er das hingegen nicht. Warum wird ein Betrieb, dessen Nachbargebäude unter Denkmalschutz steht, nachdem er seine Außenmauer von Graffiti gesäubert und neu gestrichen hat, nun aufgefordert, die Mauer wieder in den vorherigen Zustand zurückzuversetzen, weil sie das Gesamtbild stört? Warum wird ein Gaststättenbetreiber aufgefordert, seinen Sicherungskasten von einer ehemaligen Höhe von 1,90 m auf eine Höhe zwischen 1,60 m und 1,80 m zu versetzen - und zwar auf seine Kosten, immerhin 600 €? Ich frage Sie: Ist dieser - ich fasse das einmal etwas salopp zusammen - bürokratische Unsinn, ist diese Willkür, wirklich geeignet, Schleswig-Holstein als Wirtschaftsstandort zu empfehlen?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein! - Beifall bei der FDP)

Jegliche landespolitische Aktivität, die dazu beitragen kann, dass Verwaltungsvorschriften gelichtet werden, tragen in erheblichem Maße dazu bei, Schleswig-Holstein wieder auf einen wirtschaftlichen Wachstumspfad zu bringen. Denn mit solchen unsinnigen Vorschriften müssen die Unternehmen gerade in der Krise nicht auch noch zusätzlich belastet werden. Ein Großteil dieser oftmals kleinteiligen und die Unternehmer des Landes einengenden

Vorschriften sollte ein für allemal den Archivaren übergeben werden.

Stichwort Verwaltungsreform: Mit der Schaffung von effizienten Verwaltungsstrukturen, der Vereinfachung und der Verkürzung der Verwaltungsverfahren kann man dazu beitragen, die Blockade wirtschaftlicher Aktivitäten aufzulösen. Die bisherigen Bemühungen der Landesregierung werden diesen Anforderungen - das sage ich ganz deutlich - in keiner Weise gerecht. Immerhin sieht man zumindest in Teilen der Regierungsfraktionen das wohl genauso. Denn auf eine Frage nach der Bilanz des Bürokratieabbaus - ich hoffe, darüber regen Sie sich jetzt nicht schon wieder auf - sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Dr. Johann Wadephul, am 31. Oktober 2008 in den „Eckernförder Nachrichten“:

„Ich gebe zu, da haben wir noch nicht so viel erreicht, wie wir wollten. Mein politisches Ziel ist deshalb auf Landesebene eine Koalition mit der FDP. Dann schaffen wir auch beim Bürokratieabbau noch mehr.“

Lieber Kollege Wadephul, auch wir wünschen uns eine Koalition mit Ihnen. Da Sie aber heute Morgen mehrheitlich die Neuwahlen abgelehnt haben, bitte ich Sie, wenigstens für das noch vor uns liegende Jahr dafür zu sorgen, dass wir im Bereich Bürokratieabbau ein Stückchen weiterkommen, auch ein Stückchen weiter, als Sie sich das möglicherweise bislang vorstellen konnten.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich erwarte dann zum Beispiel auch von Ihrem Entbürokratisierungsstaatssekretär, dass er endlich einmal das tut, wofür er eingesetzt wurde. Vielleicht können Sie, Herr Wadephul, auch dafür sorgen, dass Sie sich bei Ihrem kleineren Koalitionspartner SPD dahin gehend durchsetzen.

Lassen Sie uns das von uns vorgeschlagene Programm beschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen, um gerade den vielen Klein- und Kleinstunternehmen in Schleswig-Holstein sofort zu helfen. Wir können darüber gern in der nächsten - ich betone: in der nächsten - Sitzung des Wirtschaftsausschusses reden. Lassen Sie aber nicht ewig lang Zeit ins Land gehen. Viele dieser Regelungen können wir sehr schnell ändern, sie können sehr schnell abgeschafft werden. Es liegt jetzt an Ihnen, Ihr konkretes Wollen auch zu unterstreichen, indem wir zu konstruktiven Beratungen und zu einem entsprechend positiven Beschluss noch im Juni 2009 kommen.

(Dr. Heiner Garg)

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir sehr herzlich Mitglieder des CDUOrtsverbandes Ahrensburg. - Seien Sie uns allen herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wirtschaftskrise hat die Welt, hat Deutschland und auch Schleswig-Holstein fest im Griff. Um bis zu 6 % könnte unsere Wirtschaftsleistung in diesem Jahr sinken - glaubt man zumindest einigen Forschungsinstituten. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind schon jetzt zu spüren. Seit der Pleite von Lehman Brothers stieg die Zahl der Arbeitslosen bundesweit um circa 16,5 %. In Schleswig-Holstein - darauf wurde heute morgen schon hingewiesen - fiel der Anstieg allerdings deutlich und zum Glück moderater aus. Der Zuwachs betrug insgesamt knapp über 12 % und ist zu einem großen Teil saisonalen Effekten geschuldet.

Noch deutlicher wird die gute Arbeit in SchleswigHolstein, wenn man sich anschaut, wo wir vor ziemlich genau vier Jahren in diesem Land standen. Bei der Regierungsübernahme durch die Große Koalition hat uns Rot-Grün fast 180.000 Arbeitslose hinterlassen. 180.000 Arbeitslose, liebe Kolleginnen und Kollegen - dies könnte man auch als ein Zeichen für Unvermögen werten. Heute, mitten in der Wirtschaftskrise, sind wir bei knapp über 114.000. Das sind immer noch zu viele, aber dies entspricht immerhin einem Rückgang von über einem Drittel. Das ist ein Erfolg der innovativen Förderpolitik und einer wirtschaftsfreundlichen Politik dieser CDU-geführten Landesregierung.

(Beifall bei der CDU - Lachen des Abgeord- neten Bernd Schröder [SPD])

Wir haben in der Großen Koalition die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt im Land wieder vorangebracht. Dennoch werden wir wachsam bleiben. Die kleinen und mittleren Unternehmen sind das Rückgrat der schleswig-holsteinischen Wirtschaft. Wir müssen die besten Rahmenbedingungen für die KMU schaffen, denn nur so kann unser Land erfolgreich bleiben. Dies ist und bleibt unsere Kernaufgabe.

(Beifall bei der CDU)

Seit der Regierungsübernahme haben wir uns für den Mittelstand eingesetzt. Wir haben neue, wirkungsvollere Förderprogramme durchgesetzt. Und wir haben mit der Großen Anfrage die Bedeutung des Mittelstandes in Schleswig-Holstein untermauert.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen wird es auch für die FDP schwierig, uns auf diesem Gebiet zu überholen.

(Heiterkeit bei der FDP)

Nichtsdestotrotz werden wir diesen Antrag natürlich gern nutzen, um über weitere Verbesserungen zu diskutieren.

Die aktuellen Konjunkturumfragen der IHK und der Handwerkskammer in Schleswig-Holstein zeigen - so kann man Statistiken eben auch lesen -, dass immerhin noch fast zwei Drittel der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut oder zumindest befriedigend bezeichnen. Es zeigt sich damit erneut, dass die Wirtschaft im Land durch ihre mittelständische Struktur insgesamt robust gegenüber konjunkturellen Schwankungen ist. Allein im vergangenen Jahr haben die Institutionen unseres Landes Fördermittel in Höhe von 315 Millionen € bereitgestellt und damit das Dreifache an Investitionen ausgelöst. Die Bundesregierung hat im Rahmen des Konjunkturpakets II 320 Millionen € für Schleswig-Holstein bereitgestellt - und das wohlgemerkt verteilt auf zwei Jahre. Das heißt rechnerisch, dass die CDU-geführte Landesregierung jedes Jahr zwei Konjunkturpakete für die Wirtschaft auf die Beine stellt.

(Beifall bei der CDU)

Für ein weiteres Förderprogramm, das hier eben angesprochen worden ist, hätte ich angesichts des bisher schon bereitgestellten Volumens allerdings dann auch gern einen Deckungsvorschlag von der FDP gehabt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Zum Konjunkturprogramm: Der Landes- und der Bundesanteil bei den Investitionen summiert sich auf insgesamt 430 Millionen €. Dieses Geld wird eins zu eins an die mittelständische Wirtschaft fließen und dort Arbeitsplätze sichern. Hinzu kommt die verbesserte steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen - eine von uns geforderte Maßnahme, die Schwarzarbeit bekämpft und die Handwerksbetriebe stärkt. Und dort, wo die Not noch