Die Abscheidung und dauerhafte Speicherung von CO2 unter der Erde wird deshalb voraussichtlich für die nächsten Jahre oder sogar Jahrzehnte ein wesentlicher Baustein für eine auf heimischen Energieträgern beruhende Energieversorgung einerseits, aber andererseits auch ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung, aber auch der gesamten Europäischen Union sein.
Nach bisherigen Untersuchungen befinden sich die wesentlichen Speicherpotenziale in der norddeutschen Tiefebene. Die norddeutschen Länder sind insofern die Hauptbetroffenen in Bezug auf die Speicherung. Das Hauptpotenzial an Kohlekraftwerken befindet sich jedoch südlich davon, beginnend in Nordrhein-Westfalen als dem größten deutschen Kraftwerkbetreiberland.
Daraus resultiert ein natürlicher Interessenkonflikt, bei dessen Auflösung die betroffenen norddeutschen Länder auf Folgendes besonders achten werden: diskriminierungsfreier Zugang der vorhandenen und geplanten norddeutschen Kohlekraftwerke zu der von RWE in Aussicht genommenen Pipeline und der Speicherung in Norddeutschland, angemessener finanzieller Ausgleich für die Sondernutzung des Bodens und des Untergrundes sowie für die voraussichtlich lange Zeit eingeschränkte anderweitige Nutzung des Untergrundes und natürlich Einhaltung aller erforderlichen Sicherheitsstandards zum Schutz der Menschen und der Umwelt.
Die Wahl, einfach Ja oder Nein zu sagen, haben wir allerdings nicht. Wir können diesen Prozess im Sinne des Sankt-Florian-Prinzips, weil wir es nur nicht wollen, nicht stoppen.
Die Europäische Union, die Mitgliedstaaten und auch die Länder arbeiten gemeinsam und intensiv an Klimaschutzmaßnahmen. Hierzu hat die EU die CCS-Richtlinie erlassen, die national umzusetzen ist.
Die nationale Umsetzung wird derzeit durch den CCS-Gesetzentwurf der Bundesregierung vorbereitet. Eine Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Bundestagswahl halte ich für dringlich, denn Demonstrationsvorhaben und erste Untersuchungen müssen auf gesicherter und für alle verlässlicher Rechtsgrundlage erfolgen.
Meine Damen und Herren, wir reden über Kohlendioxid, also über einen Stoff, der weder giftig, kanzerogen noch mutagen ist, sondern beispielsweise als klimafreundliches Kältemittel eingesetzt und sogar Lebensmitteln wie Bier und Mineralwässern zugesetzt wird. Ein Stoff, der zum Überleben aller Pflanzen auf dieser Erde genauso unverzichtbar ist wie Sauerstoff und Wasser. Das Risiko ist nicht der Stoff. Die Thematik ist für alle völliges Neuland. Ob und wie erfolgreich eine Umsetzung sein wird, kann heute noch niemand mit Gewissheit sagen. Insbesondere beim Transport per Pipeline und der Verpressung unter der Erde wissen wir heute nicht, ob es funktionieren wird und gegebenenfalls, wie lange der Untergrund in welcher Ausdehnung nicht benutzbar sein wird.
Gleichwohl möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, dass im Sleipner-Feld vor Stavanger bereits seit Langem das bei der Erdölförderung mitgewonne CO2 gleich wieder verpresst wird. In den USA existieren CO2-Pipelines von Texas bis tief ins Landesinnere, und Texas ist immerhin doppelt so groß wie Deutschland.
Schleswig-Holstein hat Anträge gestellt, um Untersuchungen vor dem eigentlichen Planverfahren zwingend vorzusehen und sie nicht in das Ermessen des Antragstellers oder der Genehmigungsbehörde zu stellen. Auf Modellrechnungen am Computer wollen wir uns nicht verlassen. Ebenso setzen wir uns dafür ein, dass alle erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen einschließlich der Prüfung und Bewertung des Leckagerisikos, der Nachsorge nach Schließung und der ausreichenden Vorsorgesicherheit getroffen werden. Die Genehmigung wird auf jeden Fall nur im Rahmen eines förmlichen Planverfahrens erfolgen. Damit ist sichergestellt, dass die Einbindung der Bevölkerung transparent und offen erfolgt.
Denn auch wenn es sich bei Kohlendioxid nicht um einen gefährlichen Stoff handelt, so gibt es keinerlei Erfahrung mit diesem Verfahren, aber eine Menge Fragen, sowohl was den sicheren Transport als auch die sichere und dauerhafte Einlagerung betrifft. Umso mehr ist es erforderlich, alle dafür nur denkbaren Sicherheitsvorkehrungen zu installieren, um mögliche Unfälle oder Schäden für Menschen oder Umwelt zu vermeiden.
Hohe Sicherheits- und Umweltstandards sowie größtmögliche Transparenz sind nicht zuletzt Grundvoraussetzungen für die Akzeptanz durch die Öffentlichkeit, ohne die dieses Vorhaben politisch nur schwer umsetzbar sein wird.
Deshalb an Sie meine herzliche Bitte: Unterstützen Sie dieses erforderliche Projekt durch kritische und aufmerksame Begleitung, aber konterkarieren Sie es nicht. Denn es gibt derzeit keine Alternative.
Ich danke dem Herrn Minister. - Das Wort für einen Kurzbeitrag hat nun der Herr Abgeordnete Axel Bernstein.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Ich bitte um Nachsicht, wenn ich das Thema noch einen kleinen Moment in die Länge ziehen muss, aber die freundliche Aufforderung des Kollegen Matthiessen, vielleicht etwas von ihm zu lernen, möchte ich gern aufgreifen.
Als Erstes habe ich heute gelernt, dass globales Denken bei den Grünen offenbar der Vergangenheit angehört und heute keine Rolle mehr spielt. Denn wenn Sie darauf hinweisen, dass der Beitrag Deutschlands bei der Thematik CO2-Ausstoß hier gar nicht so gering wäre, dann bitte ich doch einmal einen Blick auf die Zahlen zu werfen. Der CO2Ausstoß in Deutschland liegt bei knapp 900 Millionen t im Jahr. Das ist eine Menge. Weltweit liegt er bei etwa 30 Milliarden t. Das macht schon klar, dass wir mit den Aktivitäten, die wir bei uns entfalten, die Welt in ihrer Klimaproblematik nicht retten werden.
Unser Beitrag kann, wenn er denn sinnvoll sein soll, doch nur darin bestehen, dass wir mit dem technologischen Know-how, das wir haben, mit den Forschungseinrichtungen, die wir haben, und auch mit den Unternehmen, die bei uns ansässig sind, Wege aufzeigen, wie andere Länder, die einen deut
lich höheren CO2-Ausstoß haben, künftig agieren können, damit es für das Weltklima verträglicher ist.
Wir kennen das ja nun schon aus verschiedenen Debatten, dass eine Art Pawlowscher Reflex eintritt, wenn es um Aktivitäten von Energiekonzernen geht. Nur hilft das an dieser Stelle einfach nicht weiter. Wer soll denn die technologische Entwicklung voranbringen, wenn nicht diejenigen, die auch bei uns als Kraftwerksbetreiber das Know-how haben und in der Branche tätig sind?
Vor diesem Hintergrund: Ich glaube, wir sind uns in der Zielsetzung ja durchaus einig, dass wir eine Energieversorgung ohne zusätzliche Belastung der Atmosphäre hinbekommen können. Wir können auch darüber streiten, ob es unterschiedliche Wege gibt, wie wir das bei uns vor Ort realisieren können. Aber wir müssen doch einfach der Tatsache ins Auge sehen, dass sich Länder, in denen Kohle fast unbegrenzt und kostengünstig verfügbar ist, nicht mit unseren Standards messen lassen, und dass solche Technologien deshalb im globalen Maßstab dringend notwendig sind. Wenn sie bei uns schneller entwickelt werden können als anderswo, dann ist das ein wichtiger Beitrag, den wir leisten können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kernfrage, wenn wir investieren wollen und auf regenerative Energien umsteigen wollen - da sind wir uns alle einig, dass wir bis 2050 100 % des Stroms regenerativ erzeugen wollen -, ist doch: Fangen wir jetzt an und machen alle Investitionen für den neuen Weg, oder bauen wir zunächst einmal noch alte Kraftwerke, um in Zukunft dann neue zu bauen? Welchen Sinn gibt das überhaupt?
Sinnvoll ist es doch, wenn wir alle Investitionen jetzt in regenerative Energien stecken, damit wir so schnell wie möglich die Umstellung schaffen
Die Berechnungen, die ich über zukünftige Energieversorgung kenne, sagen eindeutig: Wir können ohne den Zubau von Kohlekraftwerken 2023 die Atomkraftwerke abschalten, wenn wir mit der gleichen Geschwindigkeit, wie es in den letzten Jahren geschehen ist, die regenerativen Energien, nämlich Wind, Sonne, Wasser und Biomasse, ausbauen. Es bestehen genügend Kapazitäten, um ganz Europa zu versorgen.
Das einzige Problem, das wir lösen müssen, ist der Leitungsausbau, damit wir die Energien von den Erzeugern zu den Zielstandorten bekommen, denn bei den regenerativen Energien werden die Entfernungen größer sein. Die Windkraftwerke werden überwiegend am Atlantik und an der Küste stehen, die Solarkraftwerke mehr im Süden, die Wasserkraftwerke in Norwegen und in den Alpen. Das heißt, wir haben Entfernungen zu überbrücken. Deswegen ist der Netzausbau durch die Europäische Union - dafür ist die Gemeinschaft für erneuerbare Energien in diesem Jahr gegründet worden der zentrale Punkt, damit uns das gelingt.
Alle Investitionen in alte Kraftwerke sind kontraproduktiv und sind der falsche Weg. Die Lösung mit Kohlekraftwerken ist deswegen unsinnig, weil die CCS-Technologie nach allen Voraussagen erst 2030 zur Verfügung steht, also viel zu spät, um die Probleme zu lösen, die wir jetzt in der Übergangsphase lösen müssen. Aber 2023, wenn wir die Atomkraftwerke abgeschaltet haben, wird der Problemdruck immer geringer. Der zentrale Punkt ist das Jahr 2023, wenn Brokdorf abgeschaltet wird. Danach haben wir jedes Jahr weniger Probleme mit der Situation, nämlich einerseits Rückgang der konventionellen Energien und andererseits Ausbau der regenerativen Energien.
Deswegen ist der Weg, alles in die richtige Richtung zu investieren, richtig und der Weg, alte Kraftwerke zu bauen, falsch.
Jetzt zur internationalen Dimension! Wir werden umso mehr die Menschen in China, in Indien, in Brasilien und sonstwo überzeugen, dass es richtig ist, in Wind- und Solarenergie zu investieren, wenn wir es vormachen.
Der neue US-Präsident Obama hat im Wahlkampf gesagt, dass die USA den Vorsprung Europas bei regenerativen Energien aufholen wollen und dass in 20 Jahren die Stromwirtschaft in den USA auf erneuerbare Energien umgestellt werden soll, insbesondere Solar- und Windenergie.
In den USA will man massiv investieren, und Sie fordern jetzt, zurückzugehen und alte Technologien zu fördern. Ich halte das für absurd. Wir sollten unsere Weltmarktführerschaft in dem Bereich, wo wir stark sind, nutzen und weiter ausbauen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wiederholt sich ja alles, aber ich denke, es ist sicherlich aus pädagogischen Gründen notwendig, das zu wiederholen. Das habe ich in meiner Ausbildung gelernt. Es geht nicht um das Sankt-FloriansPrinzip. Mag sein, dass sich die Diskussion heute wieder an einer speziellen Schleswig-Holsteiner Lokalität festmacht, aber es geht eigentlich darum, welche sachlichen Gründe wir haben, CCS-Technologien nicht zu wollen.
Erstens. Es dauert mindestens 20 Jahre, bis diese Technologie im großtechnischen Maßstab in der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus einsetzbar ist. Selbst in Norwegen, in den USA, in China sind Technologien vorhanden, die nicht in dem Maße einsetzbar sind, wie wir das brauchen würden.
Zweitens. Die Kosten sind unglaublich hoch. Das wären gesellschaftliche Kosten, die wir der Industrie vorstrecken beziehungsweise der Industrie abnehmen müssten.
unbedingt brauchen, zum Beispiel um Kraftwerksunterschiede im Bereich regenerativer Energien nivellieren zu können. Dazu brauchen wir beispielsweise Druckluftspeicher oder möglicherweise auch die Kohlenstoffdioxidsenke auch bei Kraftwerken mit biologischem Brennstoff.
Also, es wird zu spät sein, es wird zu teuer sein, und der Effizienzgrad wird sich derartig niedrig darstellen, dass sich diese Technik nicht lohnt.