„Der Wald spielt für die Allgemeinheit eine bedeutsame Rolle: unter anderem im Bereich des Klima-, Erosions-, Grundwasser- und Lärmschutzes ebenso wie im Naturschutz, da er natürlicher Lebensraum für den größten Teil unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt ist. Gerade im tourismusintensiven Schleswig-Holstein hat aber auch der Erholungsraum Wald für die Menschen eine herausragende Bedeutung.“
Beim Lesen des FDP-Gesetzentwurfes drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass vor allem die Nutzfunktion - auch für den Landeswald - in den Vordergrund gestellt werden soll. So soll das frisch eingerichtete Sondervermögen „Landeswald“ als optimierter Regiebetrieb bewirtschaftet werden und das freie Betretungsrecht aller Wälder wieder eingeschränkt werden - ein großer Rückschritt im Vergleich zu anderen Bundesländern.
Viel zu kurz kommen im Gesetzentwurf der FDP die Bedeutung des Waldes für das Allgemeinwohl und die Zielsetzungen für den Staats- und Körperschaftswald, wie sie im geltenden Waldgesetz in § 6 niedergelegt sind.
Hervorzuheben sind hier zum Beispiel die von der FDP völlig verdrängte Waldpädagogik und Öffentlichkeitsarbeit über den Wald und die nachhaltige Forstwirtschaft im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung.
(Lothar Hay [SPD]: Sie sollten einen Besuch in Trappenkamp machen! - Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dabei bin ich mir selbstverständlich bewusst, dass Holz auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die circa 1 Million Beschäftigten in diesem Bereich darstellt. Sicher ist für uns weiter, dass das heranwachsende Holz nur zu drei Vierteln genutzt wird. Wir haben derzeit große Potenziale für die Bauwirtschaft, die Papierwirtschaft, aber auch in der energetischen Nutzung, die das darstellen.
Aber: Wer, wie die FDP, den Wald nur noch in Kubikmetern für die Wirtschaft betrachtet, hat den Begriff der Nachhaltigkeit nicht verstanden.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle klar und deutlich: Aus Sicht der SPD-Fraktion besteht kein Änderungsbedarf am bestehenden Landeswaldgesetz, für das wir im letzten Jahr hart gekämpft haben.
Ich bin mir selbstverständlich aber auch der Aussage aus dem Koalitionsvertrag bewusst, wonach alle Umweltgesetze, auch das Waldgesetz, vor dem Hintergrund Bürokratieabbau und Deregulierung bis 2006 auf den Prüfstand gestellt werden sollen. Der FDP-Entwurf ist hier aber nicht hilfreich. Die FDP befindet sich auf dem waldpolitischen Holzweg und wird keine Begleiter finden.
Wie es gute parlamentarische Tradition ist, werden wir den Antrag aber in den Umweltausschuss überweisen und dort wieder aufrufen, wenn von der Landesregierung in einem geordneten Verfahren ein Gesetzesentwurf erstellt und dem Parlament vorgelegt wird.
Ich danke der Frau Abgeordneten Redmann. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Normalerweise ist unser politischer Gegner in diesem Saal die große Koalition. Die FDP sollte unser Verbündeter in der Opposition sein. Aber dieser Gesetzentwurf widerspricht so sehr jeglichen liberalen, ganz zu schweigen ökologischen Erkenntnissen, dass Schonung für den Autor einfach unangebracht ist. Es tut mir Leid, Herr Hildebrand.
Wenn man das, was Sie geschrieben haben, ernst nimmt, dann sollen in Zukunft alle Waldspaziergänger eine Unterscheidung treffen, in was für einem Wald sie sich befinden. Ist es ein Staatswald, dürfen sie Pilze und Beeren pflücken und sich am Wald erfreuen. Befinden sie sich aber zufällig in einem Privat- oder Körperschaftswald, dürfen sie sich nur noch auf Waldwegen und unbestockten Flächen bewegen. Hoffentlich wissen die Menschen, was „unbestockt“ ist.
Damit die Menschen wissen, wo was erlaubt ist, sollen in Zukunft entsprechende Schilder aufgestellt werden.
Dazu gibt es in Ihrem Gesetzentwurf dann noch eine Verordnungsermächtigung für das Ministerium, damit dieses, entsprechend der Straßenverkehrsordnung, eine Beschilderungsverordnung entwickeln kann.
Vergessen hat die FDP allerdings die Einführung eines Waldbenutzungsführerscheins, um sicherzustellen, dass alle Bürger ihre Schilderkenntnis vor Betreten des Waldes durch eine Prüfung nachweisen müssen.
Aber es kommt noch toller. Stellt der Privatbesitzer nämlich kein Schild auf und erlaubt das Betreten seines Waldes, soll er in Zukunft vom Land dafür entschädigt werden. Sicherlich ein Einfall aus dem Tollhaus, immer nach dem Motto: Wer soll das bezahlen?
Die Rechtsgrundlage ist auch ganz schön schwammig. Wie groß ist die Wertminderung eines Grundstücks, wenn ich die Ruhe des Jägers bei der Pirsch störe und ihm ein Hirsch davonläuft? Wie groß ist die Eintragseinbuße, wenn ich beim Grafen Rantzau im Wald Pilze sammle und Blaubeeren pflücke? Das beschäftigt sicher viele FDP-Anwälte und -Wählerinnen und -Wähler.
Nicht so überraschend bei der FDP ist, dass sie alle Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte über ökologisch nachhaltige Waldwirtschaft schlicht ignoriert und ökologischen Kahlschlag fördert.
Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn nur noch 40 % des Waldes stehen, handelt es sich in Zukunft nach dem Gesetzentwurf nicht mehr um Kahlschlag. Das wird aber ein ganz schön dünner Wald.
Dass bei der Auswahl der Bäume nicht mehr „standortheimisch“ im Gesetz stehen soll, sondern alles erlaubt sein soll, was auf dem Standort stehen kann, wird uns wieder einen armseligen Wald aus lauter Nadelhölzern nach dem Motto: „Schnell wachsen, schnell zu verkaufen“, einbringen.
Man hat den Eindruck, Sie hätten noch nie etwas von Waldschadensberichten gehört. Als wären die großen Einbußen durch Herbststürme, Borkenkäfer und Sommerbrände in Monokulturplantagen nie passiert. Als hätte es keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über nachhaltige Forstwirtschaft gegeben. Jetzt soll also den wirtschaftlichen Belangen wieder grundsätzlich Vorrang eingeräumt werden. Der Wald dient zum Geldverdienen. Was interessieren uns da schon die folgenden Generationen?
Meine Damen und Herren, das Schönste kommt noch. Den Vogel abgeschossen hat die FDP in ihrem Gesetzentwurf, wenn eine gänzlich neue Bürokratie aus der Taufe gehoben werden soll. Die FDP fordert tatsächlich per Gesetz eine neue Verordnung, in der die Dienstgradbezeichnung von Privatförstern geregelt werden soll, aber sichergestellt wird, dass Privatförster diese nur dann bekommen, wenn ihre Ausbildung und Tätigkeit der eines vergleichbaren Beamten e
benbürtig ist. Ebenfalls geregelt werden soll, dass die privaten und staatlichen Förster einheitliche Uniformen und Dienstgradabzeichen tragen sollen. Wahrlich ein Triumph des Liberalismus.
Warum geht die FDP nicht voran - ich habe mich wirklich gewundert, Herr Hildebrand, wie Sie hier aufgetreten sind - und führt endlich eine einheitliche Parteiuniform mit Dienstgradabzeichen bei der FDP für ihre Mitglieder ein?
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zuruf von der SPD: Sehr gut, sehr gut!)
Lieber Herr Hildebrand, die ökologischen, bürokratischen und humoristischen Vorzüge dieses Gesetzentwurfs sind so überwältigend, dass ich ernsthaft erwäge, bei der Ausschussanhörung den Karnevalsverein der Kölner Ehrengarde einzuladen.
Die haben nämlich einschlägige Erfahrungen mit grün-gelben Uniformen und ausgeklügelten Dienstgradabzeichen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der SSW hat es sich seinerzeit nicht leicht gemacht, als er in der letzten Legislaturperiode sowohl den rot-grünen als auch den schwarzen Entwurf eines Waldgesetzes abgelehnt hat. Denn wir hatten aus naturschutzfachlicher Sicht erhebliche Bedenken bei beiden Gesetzentwürfen.
Einer der Gründe, aus dem wir dem rot-grünen Entwurf seinerzeit nicht zustimmen konnten, war die Aufweichung des Betretungsrechts. Nebenbei bemerkt wurde dies auch von der FDP abgelehnt. Daher wundert es nun doch, dass im vorliegenden FDPEntwurf die Betretungsregelung für den Staatswald übernommen wird, wenn auch mit der Einschränkung, dass dies nur zur Tageszeit erlaubt ist und sofern es keine anderen Rechtsvorschriften gibt. Aber generell wird es, wenn es nach der FDP geht, im Staatswald künftig möglich sein, den Waldweg zu
verlassen - allerdings nur unter den ganzen bürokratischen Problemstellungen, die vom Kollegen schon angesprochen wurden.
Die FDP hat in ihren Gesetzentwurf eine weitere Ausnahme eingebaut. Das Betretungsrecht soll in Körperschafts- und Privatwäldern keine Anwendung finden. Daher frage ich mich, wie man sich vonseiten der FDP den praktischen Umgang vorstellt. Wie soll der geneigte Waldspaziergänger wissen, ob er sich gerade im Staatswald oder im Privatwald befindet?
Der Kollege Hentschel hat gerade darauf hingewiesen: Wenn wir wirklich das Ziel verfolgen, in Schleswig-Holstein einen Waldanteil von 12 % der Fläche zu erreichen, sollten wir das nicht mit einem Schilderwald machen, sondern echte Bäume pflanzen.
Generell hält der SSW an seiner Meinung fest, dass das Betretungsrecht für schleswig-holsteinische Wälder nicht zu öffnen ist. Wir haben in SchleswigHolstein eine Waldfläche von rund 10 % und sind damit das waldärmste Flächenland der Bundesrepublik Deutschland. Daher haben wir eine besondere Verantwortung für den Wald. Wir können uns nicht mit waldreichen Ländern wie Bayern oder Hessen vergleichen. Der vorliegende Gesetzentwurf zum Betretungsrecht wird aus Sicht des SSW nur zur Verwirrung beitragen und dient nicht dem Naturschutz.