Protocol of the Session on September 29, 2005

Wir sollten aber nicht nur Ausbildungshemmnisse bei jungen Menschen und Jugendlichen aufzeigen und beheben, sondern wir sollten auch Ausbildungs

(Wolfgang Baasch)

hemmnisse bei den Betrieben präzise benennen und den Betrieben vermehrt individuelle Unterstützung anbieten, um diese Ausbildungshemmnisse zu beseitigen. Natürlich gehört dazu auch, dass wir alle Kapazitäten für Ausbildung in den öffentlichen Verwaltungen nutzen. Hier einzusparen, wird sich später rächen.

Wir sollten so genannte Best-Practise-Aktivitäten organisieren, um Arbeitsgemeinschaften oder Optionskommunen mit ihren Aktivitäten und Erfahrungen zu überprüfen. Damit wollen wir natürlich erreichen, dass diejenigen, die noch unter dem Landesdurchschnitt liegen, aufgefordert werden, sich den lobenswerten und guten Erfahrungen anderer anzuschließen und ihnen nachzueifern. Auch hier kann ich wieder die Arbeitsgemeinschaft in Flensburg hervorheben, die für den Bereich der Jugendlichen Best Practise organisiert hat, denn das, was dort gemacht wird, ist wirklich anschauenswert, nachvollziehbar und für die Jugendlichen in der Region sehr wertvoll.

(Beifall bei SPD und SSW)

Das Resümee des Berichtes habe ich bereits am Anfang erwähnt. Die Landesregierung stellt die Förderung und Vermittlung unter dem Motto „Vorfahrt für Vermittlung“ ins Zentrum ihrer Bemühungen und hat dabei unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Dr. Heiner Garg.

(Zuruf: Das war aber Herr Baasch! - Weitere Zurufe - Heiterkeit)

- Verzeihung.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Minister, ich danke Ihnen nicht nur für den Bericht, sondern ich danke Ihnen ganz besonders für die klare und deutliche Sprache dieses Berichtes, die sich wohltuend von manch anderen ähnlichen Machwerken abhebt. Mit diesem Bericht kann man nämlich wirklich etwas anfangen. Er ist eine ganz ausgezeichnete Arbeitsgrundlage.

(Beifall)

Herr Minister, ich danke Ihnen auch für Ihr persönliches großes Engagement, immer dort an Ort und Stelle zu sein, wenn es zurzeit bei der Umsetzung von Hartz IV klemmt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass

Sie dann dort sind und versuchen, sehr unbürokratisch die Probleme aus dem Weg zu räumen. Bei der Vermittlung von jugendlichen ALG-II-Empfängern beziehungsweise bei Kindern von ALG-II-Empfängern ist das sehr unbürokratisch und relativ schnell gelungen. Dafür herzlichen Dank!

Sie setzen auf schnelle Vermittlungserfolge bei unter 25-Jährigen, so lautet Ihre Zielsetzung. Hier sage ich Ihnen: Diese Zielsetzung wird von der FDPFraktion ausdrücklich unterstützt.

(Beifall bei der FDP)

Der Abbau der Jugendarbeitslosigkeit in Verbindung mit Hartz IV konnte auf der anderen Seite - das liegt auf der Hand, das haben die Vorrednerinnen und Vorredner auch schon gesagt - bislang zu keinen allzu großen Erfolgsmeldungen führen. Das zeigt Ihr Bericht klar, deutlich und ungeschminkt.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres war man lediglich damit beschäftigt, die Zahlungen des so genannten Arbeitslosengeldes II an die Betroffenen zu organisieren. Jugendliche wurden, wenn überhaupt, bis zu einem möglichen Antritt einer Lehrstelle in Ein-EuroJobs geparkt oder in so genannten Maßnahmeangeboten beschäftigt. Berufsvorbereitende Maßnahmen konnten mangels ausreichender Kapazität nicht allen Jugendlichen angeboten werden. Abstimmungsprobleme zwischen den Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen haben bis vor wenigen Wochen dazu geführt, dass Jugendliche aus ALG-II-Familien im Zugang zu den Angeboten der Berufsberatung benachteiligt worden sind.

Über ein halbes Jahr nach Inkrafttreten von Hartz IV waren einige Arbeitsgemeinschaften noch nicht voll arbeitsfähig. Umso erfreulicher ist es, dass einige der Probleme nicht nur erkannt, sondern innerhalb der letzten Wochen zügig und unbürokratisch von den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit gelöst werden konnten. Ich sage gern noch einmal: Sie haben nicht einen unerheblichen Anteil daran, dass das so schnell ging.

Wenn man sich anschaut, dass es manchmal von wenigen handelnden Personen abhängig ist, ob sich gerade bei den optierenden Kreisen Erfolge einstellen, muss man in der Tat doch einmal darüber nachdenken, wie man in Zukunft eine klare Strukturierung der Vermittlung hinbekommt. Man muss schauen, ob man das entweder nur auf kommunaler Ebene organisiert, dann aber auch die Informationsasymmetrie aufhebt, oder einen anderen Weg geht. Es kann nicht sein, dass einige wenige handelnde Personen darüber entscheiden, wie erfolgreich ein solch ge

(Dr. Heiner Garg)

meinsames Projekt Hartz IV ist beziehungsweise nicht. Ich glaube, Sie wissen alle, wovon ich rede.

Wir sind dem Anspruch, in Schleswig-Holstein die Jugendarbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen, dadurch in der Tat ein Stück näher gekommen. Bisher wurde Hartz IV immer nur mit dem besonderen Schwerpunkt des Forderns assoziiert. Der zweite Schwerpunkt, der des Förderns, blieb bisher weitgehend, rein aus organisatorischen und verwaltungstechnischen Gründen, auf der Strecke. Umso wichtiger ist es jetzt, die Förderung und die Vermittlung von Jugendlichen an die erste Stelle treten zu lassen, genau das ist die zentrale Zielsetzung des Gesetzes.

Deshalb sind Warteschleifen, wie Maßnahmeangebote und berufsvorbereitende Maßnahmen, ohne dass das eigentliche Ziel, die Jugendarbeitslosigkeit abzubauen, erreicht wird, in Zukunft auf ein Minimum zu reduzieren. Was unsere Jugendlichen brauchen, ist eine berufliche Perspektive. Hierzu ist in vielen Fällen eine ganz besonders intensive Vermittlung auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz die zentrale Voraussetzung.

Auch wenn zwischenzeitlich in den Arbeitsgemeinschaften in Schleswig-Holstein durchschnittlich ein Betreuungsschlüssel von 1:76 erreicht worden ist, haben wir das ehrgeizige Ziel noch lange nicht erreicht, keinen Jugendlichen länger als drei Monate in der Arbeitslosigkeit zu belassen. Im Juli lag die durchschnittliche Dauer der Jugendarbeitslosigkeit im Bund noch bei 20,4 Wochen.

Das zeigt, dass wir im Interesse der Jugendlichen den Aufbau der dezentralen und regionalen Beratungsstrukturen weiter unterstützen müssen. Ich sage das mit einem Vorbehalt: Weiter unterstützen zu müssen bedeutet in der Tat, dass wir Informationsdefizite, Informationsasymmetrien, die es nach wie vor zwischen optierenden Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit gibt, im Sinne der arbeits- und ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen beseitigen müssen.

Der Bericht macht deutlich, dass es hierzu in anderen Bundesländern bereits interessante Ansätze gibt, die auch für uns überlegenswert sein können. Dazu gehört die bessere Verzahnung von Jugendhilfeleistungen und den Eingliederungsleistungen der Träger des SGB II, wie beispielsweise in Niedersachsen. Zwar bieten wir in Schleswig-Holstein niedrigschwellige Angebote zur Vermittlung von Kernkompetenzen und Schlüsselqualifikationen teilweise bereits an - ich nenne hier nur das Programm J2 im Rahmen von ASH -, aber was aus meiner Sicht noch fehlt, ist die engere Kooperation mit den für die Betreuung und Unterstützung der Jugendlichen jeweils zuständigen

SGB-II-Arbeitsgemeinschaften, optierenden Kommunen, Agenturen für Arbeit sowie den Sozial- und Jugendämtern der Kommunen und die Abstimmung untereinander. Ich denke, da macht uns RheinlandPfalz durchaus vor, dass das ganz ordentlich klappen kann.

Wenn es Ziel einer Hartz-IV-Modellregion ist, wie sie von Ihnen, Herr Minister Döring, angestrebt wird, alles möglich zu machen, dass Jugendliche nicht mehr mit den Auswirkungen von Hartz IV konfrontiert werden und eine Perspektive bekommen, wird diese Modellregion von uns ausdrücklich unterstützt.

Wir können es uns schon aus demographischen Gründen und den zu erwartenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt nicht leisten, aber wir können es uns vor allem aus gesellschaftlichen Gründen nicht leisten, dass sich Jugendliche, wenn sie auf dem Weg in den Beruf sind, nicht gebraucht fühlen, sich nicht als integraler Bestandteil unserer Gesellschaft fühlen.

Wir sollten alles daran setzen, die Zielsetzung dieses Gesetzes so zu verwirklichen, dass Jugendliche merken, sie werden gebraucht, sie sind in dieser Gesellschaft willkommen und leisten einen ganz entscheidenden Beitrag zum Funktionieren dieser Gesellschaft. Insofern werden Sie weiterhin mit unserer kritischen Unterstützung rechnen dürfen.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bestätige meinen Dank, Herr Abgeordneter Garg, und der schließt selbstverständlich und immer den Herrn Abgeordneten und Kollegen Baasch mit ein.

Das Wort für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Junge Menschen, denen auf dem Weg ins Berufsleben die Tür vor der Nase zugeschlagen wird, haben es erfahrungsgemäß besonders schwer, sich selbst für einen zweiten Anlauf zu motivieren. Verhaltensmuster, die sich dann einspielen, wirken oft das ganze Leben nach. Dabei ist der Abschluss einer qualifizierten Ausbildung die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, die wir momentan haben. Das alles ist seit langem bekannt, dennoch scheinen die Verantwortlichen immer wieder daran erinnert werden zu müssen.

Man mag zu dem Modell der Optionskommunen nun stehen, wie man will, aber im nördlichen Schles

(Lars Harms)

wig-Holstein haben wir zwei Kreise, nämlich Schleswig-Flensburg und Nordfriesland, die sich entschlossen haben, Beratung und Vermittlung von Arbeitslosen, die Arbeitslosengeld II beziehen, selbst in die Hand zu nehmen. Diese Kreise konnten aber in der kurzen Zeit gar nicht die Kontakte zu den Ausbildungsbetrieben aufbauen, über die die Arbeitsagenturen bis dahin verfügt hatten. Also hätte es nahe gelegen, dass die Arbeitsagenturen Amtshilfe über den kurzen Dienstweg leisen. Pustekuchen! Es war ein Skandal, dass Jugendliche, deren Eltern Arbeitslosengeld II beziehen, von den Arbeitsagenturen keinen Ausbildungsplatz vermittelt bekommen sollten. Es sind unglaubliche und unhaltbare Zustände, die sich über Monate gehalten hatten.

Der Bericht der Landesregierung ist an dieser Stelle besonders entlarvend. Ich zitiere:

„Die Landesregierung begrüßt … das Angebot der Bundesagentur für Arbeit an die betroffenen Kreise, … gegen Kostenerstattung auch dort die Ausbildungsvermittlung zu übernehmen.“

Machtlos und tatenlos sind Landesregierung und Landtag in die Rolle der Zuschauer gedrängt. Wir können nur noch begrüßen oder bestenfalls Briefe schreiben oder über die Öffentlichkeit Druck machen. Den Jugendlichen wurden dabei wichtige Monate ihres Lebens gestohlen. Vor vier Wochen wurde das Letzte von sechs Sozialzentren im Kreis SchleswigFlensburg, nämlich in Handewitt, eröffnet, Monate zu spät. Der Kreis Nordfriesland streitet sich immer noch mit der Arbeitsagentur über das Thema Ausbildungsvermittlung. Das neue Ausbildungsjahr hat bereits begonnen. Die Ausbildungsverträge sind längst unterschrieben. Die zukünftigen Schulabgänger fangen bereits mit der Suche nach Lehrstellen für das Jahr 2006 an. Das Jahr 2005 kann man, was das Thema Ausbildung angeht, abschreiben. Die Zeit wurde vertan. Qualifizierte Vermittlung im Kreis hatte sich noch nicht etabliert und in den Arbeitsagenturen war es nicht möglich.

Ich bedaure sehr, dass die Jugendlichen in diesem Kompetenzwirrwarr unter die Räder gerieten. Ich habe es am Anfang gesagt: Jeder Monat zählt. Hier wurde aber in den betreffenden Kreisen inzwischen fast ein Jahr vergeudet. Umso wichtiger sind die Maßnahmen des Landes, die im Bericht genannt sind und die von Minister Döhring gerade eben angesprochen worden sind. Diese Maßnahmen tragen hoffentlich dazu bei, die Umsetzungsprobleme bei Hartz IV abzumildern und jungen Menschen wieder eine Perspektive zu geben. Die Jugendlichen, die jetzt vor dem Schulabschluss stehen, werden hoffentlich von

den neuen Strukturen profitieren. Sie werden bei der Suche nach einem Ausbildungs- und Arbeitsplatz unterstützt. Kommen sie aus Bedarfsgemeinschaften, haben sie teilweise bessere Ansprüche als Bezieher von Arbeitslosengeld I, zumindest was die Mobilitätsbeihilfen betrifft. Sie werden von den Auswegsberatern oder Fallmanagern als ganzer Mensch angenommen werden und können auf ein stabiles Netzwerk zwischen Kreisen, Kammern und Betrieben rechnen. Gerade das Beispiel Flensburg zeigt, dass das auch hervorragend funktionieren kann.

Ich hoffe sehr, dass in einem Jahr die Bilanz besser ausfällt als heute und dass sich die Kompetenzstreitigkeiten bis dahin gelegt haben. Eines aber haben wir gelernt: Man kann nicht einfach alles auf die kommunale Ebene herunterbrechen. Das sollten wir berücksichtigen, wenn wir in Zukunft in anderen Zusammenhängen über die Verwaltungsmodernisierung sprechen. Gleichwohl möchte ich Ihnen, Herr Minister Döring, und Ihrem Ministerium noch einmal für die schnelle und unbürokratische Arbeit im Zusammenhang mit der Umsetzung von Hartz IV danken.

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die Arbeit ist sehr zielorientiert und orientiert sich vor allen Dingen an den konkreten Problemen der Betroffenen, ohne ideologischen Hintergrund, ob man Hartz IV gut oder schlecht findet, ob man etwas verändern will. Vielmehr wird das Problem der einzelnen Person angegangen und da wird versucht zu helfen. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Harms.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir haben versucht zu horchen, ob es Anträge gibt. - Keine Anträge? Keine Ausschussüberweisung? - Es sind keine Anträge gestellt. Dann ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.