Protocol of the Session on March 25, 2009

Leider handelt es sich bei der Initiative um einen Gesetzentwurf, und es ist gute Ordnung, Gesetzentwürfe nicht gleich grundweg abzulehnen, sondern sie nach erster Lesung zunächst an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Das beantrage ich hiermit. Dort werden wir den Gesetzentwurf mit aller Fachkunde beraten. Aus meiner Sicht könnten wir ihn dann ablehnen.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Regina Poersch. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Der macht jetzt Mund-zu-Mund-Beatmung mit dem toten Pferd!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant, dass gesagt wird, der LEP sei zu wichtig, als dass er im Parlament beraten werden darf. Das ist ein tolles Parlamentsverständnis.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde den Gesetzentwurf der FDP gut. Es ist richtig, wenn grundlegende Entscheidungen über

die Zukunft des Landes im Parlament gefällt werden.

(Beifall bei der FDP)

Das ist eine grundsätzliche Problematik, mit der man sich beschäftigen sollte. Ich habe schon einmal angefangen, das Thema zu diskutieren, aber ich bin noch nicht zu so einem Gesetzentwurf gekommen, obwohl auch wir das vorhatten.

(Zurufe)

- Ja, es kann passieren, dass jemand schneller ist, und in diesem Fall war die FDP schneller. Das muss ich anerkennen.

(Zurufe)

Ich möchte dazu einige Gedanken äußern. Der Bundesverkehrswegeplan zum Beispiel, in dem auch sehr langfristige Investitionsentscheidungen getroffen werden, wird vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Die entsprechenden Planungen auf Landesebene, der Landesnahverkehrsplan und die Landesstraßenplanung, werden nicht vom Parlament, sondern allein von der Regierung entschieden. Das Parlament ist nur beteiligt, wenn - wie in diesem Fall die FDP - eine Fraktion die Initiative ergreift und das Thema Landesnahverkehrsplan auf die Tagesordnung des Parlaments ruft.

Ein anderes Beispiel: Die Zielvereinbarungen für die Hochschulen determinieren die Hochschulpolitik und den Einsatz von Haushaltsmitteln auf fünf Jahre. Deswegen hatten wir in das vorherige Hochschulgesetz hineingeschrieben, dass das Parlament Eckpunkte für die Zielvereinbarungen verbindlich beschließen muss, die dann Grundlage der Verhandlungen des Landes sind. Das war eine gute Regelung. Die ist von dieser Koalition leider gekippt worden. Deswegen muss es ja nicht schlecht sein, wenn so etwas festgelegt wird, dass grundlegende Planungsentscheidungen für das Land vom Parlament beschlossen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt noch andere Beispiele, die man heranziehen kann. Es gibt zum Beispiel eine Rahmenplanung für die Naturschutzpolitik, die sehr flächenwirksam ist, der Landesrahmenplan, es gibt eine Krankenhausplanung im Land, es gibt die Planung für die Energieversorgung, die auch von grundlegender Strukturbedeutung ist, und so weiter. Alle diese Pläne haben eines gemeinsam: Sie sind Grundlage für langfristig wirksame Investitionsentscheidungen. Deshalb haben sie Auswirkungen auf die

(Regina Poersch)

Haushaltsmittel des Landes. Das ist entscheidend für die Frage, dass das Parlament beteiligt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich muss nicht in jedem Fall ein solcher Plan vom Parlament verabschiedet werden, aber eine stärkere Beteiligung des Parlaments oder der Ausschüsse - wir haben ja teilweise auch Regelungen, dass grundlegenden Entscheidungen der Finanzausschuss zustimmen muss - scheinen auf jeden Fall sinnvoll. Da hat Schleswig-Holstein auch im Vergleich zu süddeutschen Parlamenten etwas Nachholbedarf.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir wissen ja, dass Norddeutschland stark in der Tradition der preußischen Verfassung und preußischen Verfassungsgeschichte steht, stärker als die süddeutschen Länder, und deshalb im Norden Vieles zentralstaatlicher gedacht wird als im Süden. Das muss aber nicht immer gut sein, manchmal hat der Süden auch Vorteile.

Was den Landesentwicklungsplan betrifft, sind wir entschieden der gleichen Meinung wie die FDP: Eine so grundlegende Planung, die auf alle Entscheidungs- und Planungsprozesse im Lande für 15 Jahre im Voraus gravierende Auswirkungen hat, sollte vom Parlament entschieden werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zum Argument der Kollegin von der SPD mit der Deregulierung: Wenn wir uns mit einer grundlegenden Frage befassen, mit der sich das ganze Land beschäftigt - das wird im ganzen Land seit einem Jahr diskutiert -, wenn wir alle 15 Jahre eine solche Diskussion führen, weiß ich nicht, was das mit Deregulierung zu tun hat, wenn am Schluss feststeht: Das Parlament soll darüber nicht abstimmen. Das hat mit Deregulierung wirklich absolut nichts zu tun.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zum Schluss ein versöhnlicher Ausklang - natürlich hat die Qualität von Entscheidungen auch immer mit der Qualität der beteiligten Entscheider zu tun, in diesem Fall mit Ihnen, als Sie noch in der kommunalen Planungsbehörde waren -, ein Zitat von Friedrich Dürrenmatt: „Je planmäßiger der Mensch vorgeht, um so wirkungsvoller trifft ihn der Zufall.“

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Hentschel. - Das Wort für den SSW im Landtag hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Bedeutung des LEP ist es verständlich, dass viele Beteiligte gegen die Pläne der Landesregierung auf die Barrikaden gegangen sind und dass man dieses Thema gern in den Landtag hineinzieht. Denn der LEP ist nicht nur ein planungsrechtliches Instrument, er beinhaltet ganz klar auch politische Zielsetzungen. Daher ist es nach Auffassung des SSW eine logische Konsequenz, wenn politische Gremien über planungspolitische Entscheidungen befinden und nicht nur die Landesregierung allein. Die umfangreichen Anhörungsverfahren im Land wie auch hier im Landtag haben deutlich gemacht, dass es sich hier nicht nur um ein Verwaltungshandeln handelt, sondern eben auch um politische Entscheidungen. Und dies dürfen wir nicht nur der Landeregierung überlassen. Hier ist auch der Landtag gefordert.

Das vorliegende Vorschaltgesetz der FDP greift nun diesen Aspekt auf. Zugegeben, dass der Landtag über den LEP abstimmen soll, hat durchaus seinen Reiz, den auch wir teilen. Womit wir jedoch massive Probleme haben, ist die Vorgehensweise der FDP in dieser Sache. Ein Vorschaltgesetz hier und jetzt einzubringen, halte ich für einen schlechten Weg. Denn der LEP befindet sich in einem laufenden Verfahren, und wir wollen dieses Verfahren jetzt nicht gefährden. Daher werden wir den Weg über ein Vorschaltgesetz nicht mitgehen.

Natürlich können wir generell einmal darüber nachdenken, inwieweit der Landtag in die Landesplanung einzubeziehen ist. Hier geht es nicht nur um einen einzelnen Teilbereich, sondern auch um weitere Bereiche. Hier hätten wir als SSW durchaus unsere Vorstellungen, wo wir als Landtag bereits im Vorfeld in konkrete Planungen einbezogen werden möchten, um nicht bis zum Schluss auf den fertigen Plan der Landesregierung warten zu müssen, ohne dass wir als Parlament die Möglichkeit haben, entsprechend Einfluss nehmen zu können.

Aus Sicht des SSW kann es nicht angehen, dass der LEP zu einem reinen Verwaltungsakt wird. Damit dieser Plan auch in der Bevölkerung seine Zustimmung findet, muss der LEP einem geordneten parlamentarischen Verfahren unterzogen werden, und dann muss letztlich der Landtag über den LEP ent

(Karl-Martin Hentschel)

scheiden. Nur so kriegen wir ein sauberes Verfahren in der Zukunft hin.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass ein solcher Weg nicht unbedingt unproblematisch ist, ist auch uns klar. Politische Mehrheiten wechseln, und das könnte einer planerischen Kontinuität entgegenstehen. Dieser Aspekt ist uns durchaus bewusst. Letztlich ist damit aber sichergestellt, dass solche Pläne auf einem sauberen parlamentarischen Verfahren beruhen. Auch das Parlament würde damit verantwortungsvoll umgehen.

Aber das Verfahren um den LEP läuft bereits. Seit über einem Jahr gibt es ein Beteiligungsverfahren, und die landesweiten Anhörungen sowie die Stellungnahmen liegen uns vor, und auch der Landtag hat sich ausführlich mit dem Thema befasst. Das Ganze ist also im Fluss, und die Landesregierung hat bereits erhebliche Änderungen am Entwurf vorgenommen. Jetzt noch etwas im Verfahren zu ändern, würde den Prozess nur aufhalten und einer zügigen Umsetzung entgegenstehen. Das wäre nach unserer Auffassung der falsche Weg.

Das Ansinnen, das Landesplanungsrecht auf den politischen Prüfstand zu stellen, teilen wir mit der FDP, die Vorgehensweise aber nicht. Ein Vorschaltgesetz ist eine Maßnahme, die im Notfall eingesetzt werden kann. Einen Notfall sehen wir aber in Bezug auf den LEP nicht. Vielmehr meinen wir, dass wir das Planungsrecht in seiner Gesamtheit debattieren und dann für die Zukunft Regelungsänderungen vornehmen sollten, die die Befugnisse des Landtags erweitern sollten.

Wir haben gehört, dass das Landesplanungsrecht demnächst sowieso debattiert werden muss, entweder in dieser Legislaturperiode oder spätestens am Anfang der neuen. Da ließen sich all diese Punkte einbauen. Kollege Hentschel hat eben schon einmal deutlich gemacht, welche anderen Bereiche es gibt, über die zukünftig der Landtag beschließen oder zumindest mitbeschließen sollte; darüber müsste hier im Landtag, mit der Landesregierung, aber auch mit der kommunalen Ebene in Ruhe beratschlagt werden. Wir sollten nichts übers Knie brechen und das jetzt laufende Verfahren hinsichtlich des LEP nicht unterbrechen. Das wäre der falsche Weg. Die Idee der FDP ist gut; das ist ein guter Anstoß. Aber wir sollten das Ganze etwas weiter debattieren und nicht nur auf den LEP beziehen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Lothar Hay.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit drei Bemerkungen in Bezug auf den Kollegen Hildebrand anfangen. Er sprach von einer starren Haltung der Landesplanung. Eine solche starre Haltung habe ich bisher noch nirgends erkennen können. In dem alten Landesraumordnungsplan war den Kommunen zugestanden, 20 % zusätzliche Wohneinheiten zu bauen. Ich kann Ihnen eine Karte zeigen, auf der in roter Farbe eingezeichnet ist, wo die Landesplanung in Abwägung der unterschiedlichen Positionen davon abgewichen ist; die Karte ist fast ganz rot. So viel zur starren Haltung der Landesplanung.

(Beifall bei der SPD)

In Bezug auf die 16 Jahre Gültigkeit des Landesentwicklungsplans empfehle ich Ihnen, ins Gesetz zu schauen. Zur Hälfte der Laufzeit sind wir verpflichtet zu überprüfen, ob es Veränderungen geben muss. Gibt es grundlegende Veränderungen, geht es sogar noch viel schneller. Schauen Sie sich im Hinblick auf Regionalpläne zum Beispiel auch einmal die Eignungsgebiete für Windenergie an.

Was die Beratung des Parlaments betrifft, ist Folgendes zu sagen. Ich kann mich noch sehr gut an die letzte Debatte Ende der 90er-Jahre erinnern; vor 1998 gehörten Sie ja noch nicht dem Landtag an. Damals schon hat es umfangreiche parlamentarische Beratungen gegeben. Fragen Sie einmal Ihren Fraktionsvorsitzenden. Der hat normalerweise ein fast so gutes Gedächtnis wie ich.

In Bezug auf den vorgelegten Gesetzentwurf der FDP ist von formaler Seite zu sagen, dass der Landtag Gesetze beschließt und keine Pläne feststellt. Die Feststellung eines Raumordnungsplans ist Aufgabe der Exekutive; das können wir schon in unserer Verfassung, in Artikel 10 der Landesverfassung von Schleswig-Holstein, nachlesen. Es ist nicht nur bei uns so, sondern auch in allen anderen Bundesländern. Der Plan wird überall von der Regierung beschlossen. Das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz enthält bekanntermaßen die zentralen normativen Regelungen zur Landesentwicklung. Es gilt seit dem 13. April 1971, also seit 38 Jahren, und wird seither jeweils der Zeit angepasst und auf die zukünftige Entwicklung ausgerichtet. Wir können uns gern darüber streiten, ob und in

(Lars Harms)

wieweit Sie Änderungsbedarf bei diesem Gesetz sehen. Wir haben vor Kurzem einen Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, § 11 Landesentwicklungsgrundsätzegesetz betreffend, diskutiert.

Neben dieser formalen Seite ist ein weiterer Aspekt viel wichtiger. Das Verfahren zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans ist von Anfang an durch eine hohe Transparenz gekennzeichnet. Es gab Öffentlichkeits- und Onlinebeteiligung. Kommunen, Verbände, Initiativen, Gewerkschaften, Kammern und nicht zuletzt der Schleswig-Holsteinische Landtag waren und sind intensiv in die Arbeit am Landesentwicklungsplan eingebunden. Die Stellungnahmen des umfangreichen Beteiligungsverfahrens stehen Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, als Umdruck zur Verfügung, auch im Internet. Der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags hat eine umfängliche Anhörung durchgeführt. Die Beratungen über die Ergebnisse werden folgen.