Protocol of the Session on February 25, 2009

Herr Ministerpräsident, bei der Entscheidung über das zukünftige Geschäftsmodell geht es um mindestens 13 Milliarden € an Krediten und Bürgschaften. Es geht um Steuermittel, von denen wir heute noch nicht wissen, ob sie je wieder in den Landeshaushalt zurückfließen oder komplett abgeschrieben werden müssen. Es ist absolut fahrlässig, sich in dieser Situation vom Vorstand der Bank ein Geschäftsmodell diktieren zu lassen, welches Schleswig-Holstein im Worst-Case-Fall finanziell in den Abgrund stürzen kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Vertrauen Sie nicht einem Vorstand, der mit seinem Kasino-Kapitalismus in den letzten Jahren unverantwortlich gehandelt hat und von Fehlprognose zu Fehlprognose getaumelt ist. Nehmen wir uns Zeit für die parlamentarische Beratung, und haben wir Mut, die Notbremse zu ziehen, wenn es notwendig ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold.

Erlauben Sie mir, dass ich eine geschäftsführende Bemerkung mache. Nach diesem Tagesordnungspunkt kommen wir zu Tagesordnungspunkt 8: Wahl der Mitglieder zur 13. Bundesversammlung. Hier hat jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter eine Stimme. Sie müssen dann alle da sein, damit

die Listen so durchgehen können, wie sie vorgeschlagen worden sind.

Nunmehr erteile ich der Vorsitzenden des SSW im Landtag, der Frau Abgeordneten Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hat die HSH Nordbank ihr neues Geschäftsmodell beim Bund eingereicht und das Kabinett sein HSH-Rettungspaket verabschiedet. Mit diesem Modell und dem Rettungspaket wird nach dem Prinzip Hoffnung versucht, Vertrauen zu schaffen: Vertrauen in die HSH Nordbank, damit die Eigner das Kernkapital der Bank aufstocken, damit der Bund einsteigt und damit die HSH Nordbank auch in Zukunft eine der Top-Ten-Banken Deutschlands bleibt.

Aus Sicht des SSW ist es mittlerweile aber völlig unmöglich, Vertrauen in die HSH Nordbank zu haben. Da haben wir zum einen die katastrophale Informationspolitik der Bank und einen völlig überforderten Aufsichtsrat, zum anderen die Auszahlung von Dividenden in Millionenhöhe und dann auch noch eine strategische Neuausrichtung, die angesichts der bisherigen Geschäftspolitik der HSH wie eine Farce wirkt. Zudem eröffnet der Ministerpräsident als Krönung des gesamten Debakels Nebenschauplätze zu Managergehältern, was vor dem Hintergrund der aktuellen Sachlage so wirkt, als wolle er damit von dem HSH-Rettungspaket und seinen Auswirkungen für dieses Land ablenken.

(Beifall beim SSW)

Damit keine falscher Zungenschlag entsteht: Auch für den SSW sind unangemessene Managergehälter und Bonuszahlungen völlig inakzeptabel. Die Empörung des Ministerpräsidenten hätte aber glaubwürdiger gewirkt, wenn sie nicht erst jetzt, sondern sehr viel früher in die Position der Landesregierung eingeflossen wäre.

(Beifall beim SSW)

Es steht fest, dass die HSH Nordbank derweil beschlossen hat, eine regionale Kernbank zu werden. Die regionale Ausrichtung ist letztlich auch das einzige Argument, um Hamburg und Schleswig-Holstein zu einer Kapitalaufstockung von 3 Milliarden € und weiteren Garantien in Höhe von 10 Milliarden € zu überreden. Dabei wissen wir doch alle längst, dass die HSH ein Global Player ist. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des SSW vom 9. Februar über die

(Monika Heinold)

Größe des regionalen Anteils der Geschäftstätigkeit der HSH Nordbank geht eindrucksvoll hervor, dass unterhalb der nationalen Ebene keine Statistiken über das Geschäftsvolumen und die Kreditvergabe der Bank vorliegen. Wenn die HSH Nordbank also nicht einmal in der Lage ist zu sagen, wie groß ihr Engagement in Norddeutschland ist, stellt sich für uns ernsthaft die Frage, ob sie noch eine Bank des Landes ist und bleiben sollte.

(Beifall beim SSW)

Selbst der Wirtschaftsminister zweifelt an der Bedeutung der HSH Nordbank für die regionale Kreditfinanzierung und empfiehlt aufgrund der fehlenden Datenlage den Ausstieg aus der öffentlichen Trägerschaft. Mit anderen Worten: Die HSH Nordbank ist zwar eine private Geschäftsbank in überwiegend öffentlicher Trägerschaft, scheint sich aber für diese besondere Verantwortung überhaupt nicht zu interessieren.

Das Verständnis für die Geschäftspolitik der HSH wird auch nicht durch die Auszahlung weiterer 200 Millionen € Dividende an stille Einleger gestärkt. Es ist aber nicht nur die Art und Weise, wie diese rein freiwillige Ermessensentscheidung getroffen wurde, es ist vor allem die Art und Weise, wie die Bank mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem auch dem Parlament umgeht, die wir kritisieren.

Obwohl Herr Nonnenmacher sich in der Finanzausschusssitzung am 20. Februar für die Informationspolitik seiner Bank entschuldigte, bleibt ein fader Nachgeschmack, nicht zuletzt weil er praktisch im gleichen Atemzug darauf verwies, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank durch die verheerenden Medienberichte hochgradig irritiert sind - als wären die Medien schuld daran, dass die HSH 1.100 Arbeitsplätze wegsparen will. Andersherum kommt es Herrn Nonnenmacher sicherlich entgegen, wenn seine Mitarbeiter bei den geforderten Überstunden und der desolaten Informationslage in der Bank selbst nach neuen Perspektiven suchen. Dies wird dann sozial verträglicher Stellenabbau genannt, wobei schlicht und ergreifend darüber hinweggesehen wird, dass zuallererst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Leidtragenden der HSH-Krise sind.

Das aktuell vom Kabinett beschlossene HSH-Paket sieht die Einrichtung eines Mini-SoFFin zur Rettung der HSH Nordbank vor. Alternativlösungen gibt es nicht, sagt die Landesregierung. Auch einen Handlungsspielraum gibt es nicht, wie sie sagt. Dass dieses Rettungspaket nun auch von den Regie

rungsfraktionen von CDU und SPD mitgetragen wird, ist dabei keine wirkliche Überraschung. Ich stelle aber in den Raum, dass die Entscheidungsfindung innerhalb der Großen Koalition maßgeblich dadurch beeinflusst wurde, dass die CDU-Fraktion ihren Landesvorsitzenden nicht demontieren und die SPD-Fraktion die Koalition nicht an die Wand fahren wollte. Finanzpolitisch ist sie jedenfalls nicht nachvollziehbar. Wenn also Hamburgs Bürgermeister von Beust bei der Präsentation des Rettungspakets fast beschwörend darauf hinweist, dass sich direkte Belastungen der Bürgerinnen und Bürger nicht ergeben, dann ist das wirklich schon starker Tobak. Denn natürlich wird das Rettungspaket letztlich von den Steuerzahlern bezahlt, und das weiß Ole von Beust auch.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den SSW steht fest, dass für die HSH Nordbank bis heute kein schlüssiges Konzept mit abschätzbaren Risiken erkennbar ist. Was wir wissen, ist aber, dass Schleswig-Holstein eine aktuelle Schuldenlast von 23 Milliarden € und ein jährliches strukturelles Defizit von 600 Millionen € vor sich herschiebt. Zudem hat die Föderalismuskommission - ich verweise hier auf den letzten Tagesordnungspunkt vor wenigen Tagen die Nullschuldengrenze beschlossen. Trotzdem hat die Landesregierung nichts anderes zu tun gehabt, als zu beschließen, weitere Milliarden an Schulden aufzunehmen und eine marode Bank zu stärken.

(Beifall beim SSW)

Wie ist es jetzt? Monat für Monat beweist die HSH Nordbank, dass sie ein Fass ohne Boden ist. Anfang 2008 wurde das Eigenkapital der Bank bereits um 2 Milliarden € aufgestockt, und jetzt sollen weitere 3 Milliarden und eine Garantiesumme von 10 Milliarden € fließen. Ich frage deshalb natürlich: Wie viele Monate werden wohl vergehen, bis Herr Nonnenmacher wieder mit dem Klingelbeutel vor dem Landeshaus steht?

Auch die von den Regierungsfraktionen eingebrachte Resolution zur HSH Nordbank verrät zwischen den Zeilen, wie viele offene Fragen es noch gibt. Ich finde es auch gut, dass sich die Regierungsfraktionen für eine solche Resolution entschieden haben. Das will ich gar nicht bezweifeln. Wenn man zum Beispiel im ersten Satz liest – ich zitiere einmal -, dass „potenzielle mittelbare und unmittelbare Belastungen und Risiken für den Landeshaushalt kurz-, mittel- und langfristig zu minimieren sind“, dann frage ich mich, was das eigent

(Anke Spoorendonk)

lich bedeutet. Was dies konkret bedeutet, übersteigt meine Vorstellungskraft.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin ja so schlicht gestrickt. Richtig gespannt macht mich dagegen, lieber Kollege Astrup, Punkt zehn der vorgeschlagenen Resolution, bei der vonseiten des Landtags eine sorgfältige Prüfung des Gesamtkonzeptes zugesagt wird. Das finde ich gut. Aber heißt dies im Umkehrschluss auch, dass die Große Koalition jetzt trotz des gestrigen Beschlusses bereit ist, noch wesentliche Teile des Rettungspaketes zu verändern oder gar abzulehnen?

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Große Koalition kann im Grunde nichts anderes tun, weil schon heute klar ist, dass sich die Informationspolitik der Landesregierung in Sachen HSH Nordbank in den letzten Monaten von der des Vorstandes nicht wesentlich unterscheidet. Und sollte zutreffen, wie gestern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN öffentlich dargelegt, dass sich die Landesregierung schon Ende November auf eine Länderlösung zur HSH-Rettung festlegte und damit praktisch nur zum Schein mit dem Bund weiter Gespräche führte, dann ist Finanzminister Wiegard aus Sicht des SSW nicht mehr zu halten.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Wolfgang Ku- bicki [FDP])

Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben die letzten Monate gezeigt, dass sich der Aufsichtsrat der HSH Nordbank vom Vorstand hat vorführen lassen. Darum sage ich: Wir verstehen den Antrag der Grünen als ein Signal. Und wir werden diesem Antrag in Gänze zustimmen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, sowie des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Für den SSW steht fest, dass wir nicht bereit sind, eine derart riskante Entscheidung auf der Grundlage vom Hörensagen zu treffen, zumal in den letzten Wochen viele haltbare Informationen hin- und hergeschoben, andere wiederum verschwiegen wurden und kaum ein verlässliches Stück Papier auf den Tisch kam.

Deshalb wird der SSW diesem Rettungspaket auf keinen Fall zustimmen, bevor wir nicht eine belastbare Bilanz für die Vergangenheit zu sehen bekommen haben

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

und uns verlässliches Material und unabhängige Stellungnahmen zum neuen Geschäftsmodell der Bank und zum Rettungspaket vorliegen. Nicht zuletzt muss die Regierung erneut mit dem Bund verhandeln und endlich dafür Sorge tragen, dass Schleswig-Holstein auf Bundesebene ernst genommen wird. Es kann nicht angehen, dass der Bund laut Presseberichten - ich weiß es nur aus der Presse -, die HSH Nordbank für eine - ich zitiere - „systemisch relevante Bank hält“, ohne dass die Landesregierung diese Steilvorlage - ich habe das wirklich nicht erkennen können - aufgegriffen hat. Dann hätte man allerdings auch nicht erst im letzten Moment, praktisch am letzten Freitag Gespräche im Finanzministerium führen müssen. Der Finanzminister war anscheinend zu einer Auswärtstagung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn heute das Rettungspaket so beschlossen wird, wie vorgestellt, dann ist das - mir fehlen die Worte - Selbstmord unseres Landtages. Dem werden wir unter keinen Umständen zustimmen können.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Das Wort hat erneut Herr Finanzminister, Rainer Wiegard.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf einige Bemerkungen der Debatte eingehen. Im Übrigen hatte ich angekündigt, dass Sie in dieser Woche die entsprechenden Unterlagen bekommen werden, sodass wir auch Gelegenheit haben, in den nächsten Wochen darüber mit der notwendigen Sorgfalt zu reden. Frau Kollegin Spoorendonk, es besteht ja keine Absicht, Sie jetzt um eine abschließende Entscheidung zu bitten. Sie wissen, dass Sie anhand von Unterlagen, Nachfragen und eventuellen weiteren Unterlagen darüber zu entscheiden haben. Einige Punkte muss man aber in dieser Debatte deutlich machen.

Frau Kollegin Heinold, manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie erst seit zwei Tagen in diesem Parlament sind.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So frisch sehe ich noch aus!)

(Anke Spoorendonk)

Man kann natürlich viele Dinge veralbern. Ich glaube nicht, dass der Anlass zur Veralberung geeignet ist. Es gibt schlicht und ergreifend keinen Rechtsanspruch auf irgendwelche Eigenkapitalzuführungen von irgendwem. Die gibt es nicht. Das Land, Frau Heinold, kann weder den Bund noch andere Länder - das haben wir vorhin schon diskutiert -, noch den SoFFin, auch nicht Private, nicht Herrn Flowers oder Herrn Meier, nicht die Sparkassen oder wen auch immer dazu zwingen, der Bank Eigenkapital zu geben. Woher sollen Sie das eigentlich wissen? Sie haben ja bisher nur zehn Jahre parlamentarische Kontrolle ausgeübt, in der Zeit, als Sie selbst in der Regierung waren.

Ich wundere mich schon über viele Fragen, die Sie jetzt stellen. Warum haben Sie vor 2003 nicht gefragt, warum Kreditersatzgeschäfte mit einem Volumen allein in der Landesbank Kiel von 10 Milliarden bis 12 Milliarden € aufgelaufen sind? Haben Sie das nicht bemerkt? Warum haben Sie das nicht hinterfragt, wenn Sie das heute kritisieren? Warum haben Sie eigentlich nicht von 2001 bis 2004 hinterfragt, warum das Land Schleswig-Holstein 1 Milliarde € Schulden aufnimmt, für die Zinsen zu bezahlen sind, was Kollege Kubicki eben kritisiert hat, um diese der Bank zu geben, damit sie damit Kreditersatzgeschäfte finanzieren kann? Warum haben Sie diese Fragen damals nicht gestellt? Sie hatten doch mit die Regierungsverantwortung.

Warum haben Sie eigentlich bis Mitte 2005 nie hinterfragt, warum die Bank in einem erheblichen Ausmaß unter dem Schutz der Gewährträgerhaftung jede Möglichkeit nutzt, um liquide Mittel durch Kreditersatzgeschäfte zu erhalten, weil andere Kreditnachfragen nicht da waren - das ist einer der Gründe für Kreditersatzgeschäfte -, warum dieses Geschäft so erheblich ausgeweitet worden ist? Jetzt haben wir davon 3,5 Milliarden € abgeschrieben. Jetzt stellen Sie die Fragen. Es wird in Zusammenhang mit dem, was Wolfgang Kubicki an anderer Stelle gefragt hat - ich komme gleich darauf zurück -, richtig sein, diese Fragen noch einmal sehr intensiv zu klären. Ich stelle an dieser Stelle auch die Frage, warum Sie nicht wenigstens als sachverständiges Mitglied im Beirat der Bank diese Fragen erörtert haben. Sie haben es nicht getan.

Ich finde auch die Aufforderung an den Ministerpräsidenten merkwürdig - ich kann es nicht fassen -, jetzt dringend die Gehaltsstrukturen der Vorstandsmitglieder zu korrigieren, die unter Ihrer parlamentarischen Aufsicht in den Gremien eingeführt worden sind. Ich habe im Finanzausschuss ausgeführt, welche Verwunderung mich erreicht