Protocol of the Session on January 29, 2009

um gerade in der Abgrenzung aufzuzeigen, dass die Überlegungen der CDU und SPD sowie der Landesregierung deutlich realistischer sind, wirkliche Problemlösungen bieten und wesentlich geringere rechtliche Probleme aufwerfen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche rechtlichen Probleme sind es denn?)

Eine Änderung des Sparkassengesetzes, wie von den Koalitionsfraktionen überlegt, würde es kapitalstarken Sparkassen ermöglichen, sich an schwächeren Sparkassen mit einem Minderheitsanteil zu beteiligen. Wenn dies auf den Weg einer Kapitalerhöhung geschieht, erhalten die kapitalschwächeren Sparkassen zusätzliches Eigenkapital, also auch weitere Möglichkeiten, Kredite zu vergeben.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Die Möglichkeit eines solchen Minderheitsanteils ließe sich auf öffentlich-rechtliche Sparkassen in Schleswig-Holstein begrenzen. Man könnte auch auf die öffentlich-rechtlichen Sparkassen im gesamten Bundesgebiet diese Regelung ausdehnen. Beides wäre EU-rechtlich unproblematisch, da wir uns ausschließlich im öffentlichen Bereich bewegen. Als weitere Option könnte auch die Hamburger Sparkasse einbezogen werden, sofern man sie dem öffentlichen Sektor zurechnen kann.

Nun kennen wir alle die Situation der Hamburger Sparkasse als Gesellschaft alten Hamburger Rechts, die über keine privaten Anteilseigner verfügt, sondern quasi sich selbst gehört und außerdem gemäß ihrer eigenen Satzung auf das Allgemeinwohl verpflichtet ist. Es gibt also zumindest gute Anhaltspunkte dafür, dass sie zum öffentlichen Sektor gehört.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Tobias Koch)

Eine Entscheidung hierüber wird letztlich nur die EU-Kommission treffen können. Die Entscheidung werden wir nicht treffen können. Das wir letztlich nur die EU-Kommission tun können. Deshalb plädiere ich nachdrücklich dafür, diese Frage auch nicht von vornherein zu beantworten und von vornherein diese Option auszuschließen. Sondern lassen Sie uns gemeinsam einen Gesetzentwurf einbringen, lassen Sie uns damit zur EU-Kommission gehen und unsere Entscheidung davon abhängig machen, was die EU-Kommission uns antworten wird.

(Beifall bei der CDU - Zurufe der Abgeord- neten Wolfgang Kubicki [FDP] und Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Eine solche Änderung des Sparkassengesetzes wäre eine dauerhafte, strukturelle Maßnahme zur Stärkung unserer Sparkassen, indem wir neben den bestehenden Instrumenten eine weitere Option zur Stärkung ihres Eigenkapitals hinzufügen. Neben den stillen Einlagen und der Fusion zweier Sparkasse stünde ihnen dann das zusätzliche Instrument einer Minderheitsbeteiligung zur Verfügung.

Bei der von der Landesregierung erwogen Garantie- oder Bürgschaftserklärung handelt es sich im Unterschied dazu um eine akute Hilfsmaßnahme, die verhindern soll, dass die Eigenkapitalbasis der Sparkasse geschmälert wird durch die dargestellten Wertberichtigungen der HSH Nordbank. Auch hier gibt es rechtliche Fragen zu klären. Deshalb ist von der Regierung völlig zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Sparkassen zunächst glaubhaft die Notwendigkeit belegen müssen. Es muss auch ein marktüblicher Preis als Bürgschaftsprovision gezahlt werden. Völlig klar muss auch sein, dass eine solche Bürgschaft kein vorweggenommener Kaufvertrag, sondern eine zeitlich begrenzte Wertabsicherung ist, bei der das Land im Bürgschaftsfall seine Verpflichtung auch durch die Zahlung des Differenzbetrages erfüllen kann.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Zu guter Letzt kann man von der Sparkasse auch erwarten, dass sie zunächst alle eigenen finanziellen Möglichkeiten ausschöpfen, bevor das Land in die finanzielle Verantwortung genommen wird.

Ich meine, die Änderung des Sparkassengesetzes wäre genau eine solche Hilfe zur Selbsthilfe innerhalb des Sparkassensektors, und deshalb ist sie für mich auch eine Voraussetzung für eine mögliche Landesbürgschaft.

Die Lösungsvorschläge sind damit aufgezeigt. Die sorgfältige Prüfung und das konsequente Vorantreiben der geschilderten Vorhaben schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern sie bedingen einander. Indem wir beides gleichzeitig tun, werden wir unserer Verantwortung gerecht und tun unser Möglichstes, um unseren Sparkassen in dieser Krise beizustehen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und ver- einzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Koch und erteile für die SPD-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben vielleicht am Dienstag in der „Financial Times Deutschland“ den Bericht des europäischen Ratspräsidenten gelesen, in dem - so heißt es - für Europa eine Kreditklemme festgestellt wird. Dies kann zumindest die Europäische Union für die Betriebe des Handwerks und für die Klein- und Mittelbetriebe in den Staaten Europas nicht bestätigen, die über einen dezentralen Bankenmarkt verfügen und die dieses dreigliedrige System haben, was wir immer verteidigt haben. Denn in einer entsprechenden Umfrage aus dem vorherigen Monat gibt es keine Unterschiede - was die Kreditvergabe angeht - zu den vorhergehenden Jahren.

Schwierigkeiten gibt es für große Unternehmen in den Ländern, die ausschließlich große private Banken haben - von dem Schicksal der Investmentbanker will ich mal gar nicht reden.

Die Generaldirektion Wettbewerb berichtet von einem Zulauf auf die Sparbücher als einer sicheren möglichen Anlageform. Wenn die Lage nicht so ernst wäre, müsste man eigentlich darüber schmunzeln, dass jetzt jene zu den Sparkassen und Genossenschaftsbanken kommen, die vorher mit erhobener Nase eben jene Institute in Richtung aberwitziger Renditeverheißungen verlassen haben.

Dennoch ist die Lage auch für die Sparkassen nicht einfach. Sie haben selbst Fehler gemacht, in dem sich einzelne ein wenig zu sehr an den Privaten orientiert haben, wobei der öffentliche Druck auf die Sparkassen nach dem Motto, „wenn die Deutsche Bank 25 % Rendite erwirtschaftet, warum dann nicht auch ihr?“, natürlich groß gewesen ist. Sie ge

(Tobias Koch)

raten außerdem in die prozyklische Wirkung von Basel II, die bei den nun risikoreicher gewordenen Krediten eine stärkere Eigenkapitalquote einfordert. Sie merken den Rückgang der Konjunktur, und sie müssen mit den Anforderungen umgehen, die die Anteilseignerschaft an der HSH Nordbank mit sich bringt.

Was ist also zu tun? - Die Sparkassen sind ein enorm stabilisierender und vertrauensbildender Faktor in Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind für 45 % der Unternehmensfinanzierungen in Deutschland zuständig. Zum Vergleich: Die Commerzbank liegt bei gerade mal 7 %. Wir stehen alle in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass es so bleibt, wir müssen aber auch immer bedenken, was für langfristige Auswirkungen unser Handeln hat.

Ich habe die Aussage des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sehr wohl wahrgenommen, der gesagt hat, dass die Sparkassen mögliche Probleme einzelner Sparkassen, die außerhalb der Landesbanken liegen, innerhalb der Sparkassenfamilie lösen wollen. Dazu greift zunächst der Sicherungsfonds in Schleswig-Holstein und in dem Fall, dass der nicht reichen würde, der Überlauffonds des Bundesverbandes. Das ist nun keine altruistische Aussage, sondern das geht natürlich von der klaren Prämisse aus, dass sie alles vermeiden wollen, was Brüssel alarmieren könnte. Dies bezieht sich auch auf fast alle Änderungen im Sparkassengesetz, die ja mit unterschiedlicher Tiefe zur Diskussion stehen.

Das ist deswegen erfreulich, weil das zeigt: Wir sollten hier keine Schnellschüsse machen, die wir dann bitter bereuen würden, wenn wir hier etwas Falsches machten.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss Ihnen sagen: Nach vielen Gesprächen, die ich geführt habe, ist meine Skepsis eher gewachsen, inwiefern wir durch eine Gesetzesänderung eine europafeste Einstiegsmöglichkeit für ein Institut machen können, und auch deshalb prüfen wir alle vernünftigen Alternativen. Vernünftige Alternativen sind übrigens durchaus auch das, was der Kollege Koch hier beschrieben hat, dass man Beteiligungsmöglichkeiten untereinander prüft oder dass man das, was jetzt schon gilt für freie Sparkassen in Schleswig-Holstein und deren Möglichkeiten, etwas zu machen, natürlich auch prüft. Wenn Zweifel bleiben, dass eine Änderung des Sparkas

sengesetzes europarechtlichen Deichschutz gegen jedwede Privatisierungsgefahr bietet, wird es sie mit der Sozialdemokratie nicht geben.

Ich füge hinzu: Die Behauptung der Grünen, es gäbe einen gemeinsamen Gesetzentwurf von SPDund CDU-Fraktion, ist falsch. Das hätte man durch eine einfache Nachfrage klären können.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Kennen Sie einen Gesetzentwurf, der irgendwo eingebracht worden wäre? Es gilt immer noch das parlamentarische Verfahren: Ein Gesetzentwurf ist es dann, wenn er hier eingebracht ist, und nicht, wenn Ideen entwickelt werden. Das machen übrigens die Fraktionen ständig, und das gilt sogar für Ihre Fraktion.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Dialektik!)

- Nein, nein, da muss man schon sehr genau hingucken.

Es gibt das klare Angebot des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, einzelne Sparkassen beratend zu unterstützen. Es gibt intensive Gespräche. Herr Innenminister, ich bedanke mich dafür, dass Sie das ausdrücklich den Verwaltungsratsmitgliedern vermittelt haben; denn man liest in den Zeitungen, dass sie Informationen brauchen. Ich füge hinzu: Ich wünsche mir, dass die Verbandsverantwortlichen das alles beherzt und mit Kompetenz angehen.

Ich glaube übrigens nicht daran, dass Zusammenschlüsse immer helfen. Es hat sich gezeigt, wie wichtig eine regionale Verankerung ist, dass vor Ort entschieden wird und nicht irgendwo im zentralen Anderswo. Dabei finde ich den Hinweis interessant, dass nach einem internen Benchmarking die Größe von Sparkassen keine Rolle für ihre Ertragssituation spielt, sondern die Qualität dessen, was dort geschieht.

Was die Hamburger Sparkasse angeht, so ist diese weder eine feindliche noch eine altruistische Organisation. Zusammenarbeit ist sinnvoll, Blauäugigkeit nicht. Eine Beteiligung zum Beispiel an der HSH Nordbank wäre sehr schön, leider in diesen Zeiten aber schwer zu erreichen.

Um seriös über notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der HSH Nordbank zu reden und zu entscheiden, brauchen wir eine seriöse, umfangreiche Grundlage an Informationen. Diese bekommen wir mit dem Gutachten der KPMG und dem Jahresabschluss der HSH Ende Februar. Ich be

(Dr. Ralf Stegner)

grüße auch das, was der Herr Innenminister zu den Dingen gesagt hat, die in dem Brief enthalten sind, den er und Herr Wiegard geschrieben haben. Ich muss sagen, das finde ich sehr klärend. Nicht alles, was ich über die Jahreswende an Veröffentlichungen gelesen habe, hat dem entsprochen. Ich will es deutlich sagen: So lange solche seriösen Informationen nicht vorliegen, wird es mit der SPD-Fraktion keine Entscheidung über irgendwelche Schirme, irgendwelche Umstrukturierungsmodelle oder sonst etwas in diesem Hause geben.

Wir wollen auch nicht, dass uns zum Beispiel die Genossenschaftsbanken verklagen, weil wir etwas tun, was wettbewerbsrechtlich nicht zulässig ist.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Klatschen Sie nicht zu früh. Zu dem Vorschlag, wir sollten eben mal die Anteile zurückkaufen, frage ich mich: Mit welchem Geld eigentlich? Ich wundere mich immer, dass Redner bei dem einen Tagesordnungspunkt sagen, ihr müsst mehr sparen, Schuldenbremse, und bei einem anderen Tagesordnungspunkt sagen, ihr müsst da mehr ausgeben und dort mehr ausgeben. Gestern habe ich gelesen, da mal 70 Millionen €, das müssten wir doch haben. Tut mir leid, das ist für mich jedenfalls mit Solidität nicht vereinbar. Wir haben nicht das Geld, die Sparkassenanteile zurückzukaufen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben Entscheidungen zu fällen, die viele Arbeitsplätze in der Region betreffen, die für das Wohl und Wehe unseres Landes entscheidend sind. Ich sage: Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden mit den Kommunen, die Träger sind, mit den Sparkassen, mit der Landesregierung, mit der HSH Nordbank und mit dem Bund. Wir dürfen nichts tun, was die Gefahr erhöht, dass man in Brüssel sagt, das deutsche Sparkassensystem sei europarechtswidrig und müsse aufgelöst werden. Wer die Konkurrenz der Sparkassen fürchtet, soll doch in den Ländern welche gründen, wo es noch keine gibt, anstatt das in Brüssel ändern zu wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz aller Probleme, die die Sparkassen sicherlich haben wozu eigene Anlage- und Managementfehler ebenso gehören wie der Wert ihrer Anteile - , trotz alledem sind sie ein kaum zu überschätzendes Element in unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft als regionale Kreditgeber, als regionale Förderer von Kultur, Sport, Wissenschaft und sozialen Projekten, als sicherer Anlageort und mit der von ihnen sicher

gestellten Möglichkeit für jede und jeden, ein Konto zu eröffnen.

Damit komme ich zu dem wirklichen Treppenwitz dessen, was ich letzte Woche gehört habe, dass die FDP vorgeschlagen hat, ausgerechnet in dieser Zeit eine Privatisierung der Sparkassen via Aktiengesellschaften zu fordern, das heißt just jene Elemente abzuschaffen, die jetzt stabilisierend wirken. Wir hätten dann auch dort Renditeorientierung statt Gemeinwohlorientierung, wir hätten Kundenselektion statt das Konto für jedermann, und wir hätten krisenanfällige internationale Abhängigkeit statt einen sicheren Anlagehafen.