Protocol of the Session on January 29, 2009

Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Johann Wadephul.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Klug, diese Debatte korreliert etwas mit der erhitzten vorangegangenen Debatte über Nebeneinkünfte von Abgeordneten.

Hier ist es die CDU, die aus - wie hat der Kollege Puls so galant formuliert? - koalitionstechnischen Gründen nicht zustimmen kann.

Wir sind in der Sache nicht weit voneinander entfernt. Nicht nur Sie, sondern auch die Regierungskoalition hat sich zum Ziel gesetzt, die Gymnasien und deren Personal-, Sach- und Fachmittelausstattung in unserem Land zu stärken und auszubauen. Dass sich darüber hinaus die CDU-Fraktion in diesem Hause unseren Gymnasien in besonderer Art und Weise verpflichtet fühlt, ist sicherlich kein Geheimnis und wird auch von der FDP entsprechend gewürdigt. Wir haben uns im Zuge der Schulreform bis heute dafür eingesetzt und werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, vor allem die Qualität des Abiturs durch Einführung des flächendeckenden G8-Modells zu verbessern und unseren Schülerinnen und Schülern durch die Profiloberstufe eine breitere Allgemeinbildung und Studierfähigkeit im internationalen Vergleich an die Hand zu geben.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich stimme daher Ihrer in diesem Plenum vor einem guten halben Jahr getroffenen Einschätzung vollumfänglich zu, dass „dort, wo es in Schleswig-Holstein G8 gibt, sich heute erkennen lässt, dass dieser Weg zu guten Ergebnissen führt und dass es nicht automatisch eine Überlastung von Schülerinnen und Schülern hervorruft“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren uns auch in der jüngsten Plenardebatte zum Thema G8 einig, dass aufgrund der Schulzeitverkürzung Nachmittagsunterricht und eine besondere Betreuung, die sich in den Schulalltag einfügt, unumgänglich werden. Langfristig müssen daher in allen Gymnasien die Rahmenbedingungen geschaffen werden, den Weg zur echten, gebundenen Ganztagsschule zu gehen. Weit über die Hälfte der Gymnasien bietet bereits Ganztagsangebote an, ein hoher Anteil im Vergleich zu anderen Schularten.

Die Regierungskoalition erkennt daher die erheblichen Fortschritte und Innovationen an unseren Gymnasien an. Wir werden eine Mittagsbetreuung im Rahmen einer belastungs- und qualitätsgerechten Ausgestaltung des verkürzten gymnasialen Bildungsgangs einführen.

Insofern begrüße ich es, sehr geehrter Herr Kollege Dr. Klug, dass Sie genau an dieser Stelle den Finger in die Wunde gelegt haben. Vor gut zwei Wochen hat die Ministerin im Bildungsausschuss klargestellt, dass Haushaltsmittel im Rahmen des Doppelhaushalts 2009/2010 bereitgestellt werden, um be

ginnend mit dem nächsten Schuljahr für die aufwachsenden G8-Jahrgänge eine Betreuung in der Mittagszeit zu gewährleisten. Wir gehen davon aus, dass im Rahmen von G8 an zwei Tagen Nachmittagsunterricht stattfindet und je eine Zeitstunde Mittagsbetreuung finanziert werden muss. Dass die Mittagsbetreuung mit 350 € pro Betreuungsstunde und Lerngruppe gefördert wird, ist ein deutliches Signal, die schon vom Bund und Land angeschobenen Fördermaßnahmen fortzuschreiben.

Ich denke da nur an das Investitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ - IZBB - des Bundes, bei dem Vorhaben an 17 Gymnasien im Land mit rund 16 Millionen € gefördert worden sind, und an das Landesprogramm „Investitionen an Ganztagsschulen“, bei dem Vorhaben an Gymnasien mit rund 1,7 Millionen € unterstützt worden sind.

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Klug, Sie wissen, dass ich Ihren Einsatz für die bildungspolitischen Belange in unserem Heimatland sehr wohl zu würdigen weiß. Wer weiß, wohin das noch führt. Gleichwohl halte ich Ihr Ansinnen zum jetzigen Zeitpunkt für verfehlt, nachträglich Förderungsbedarfe im Haushaltseinzelplan festschreiben zu wollen - so sehr ich Ihren Einsatz für die Gymnasien schätze. Gerade die Unionsfraktion hat in den abgeschlossenen Haushaltsverhandlungen den erhöhten Förder- und Zuwendungsbedarf an den Gymnasien gesehen und praktisch umgesetzt.

Auf unser Bestreben hin sind zu den im Regierungsentwurf eingeplanten 150 Stellen für die Jahre 2009 und 2010 nochmals 100 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich an den Gymnasien zum kommenden Schuljahr geschaffen worden. Wir haben einen großen Beitrag für eine adäquate Lehrerversorgung an den überquellenden Gymnasien im Rahmen der Verhandlungen zum Doppelhaushalt durchgesetzt und sind stolz darauf und sehr dankbar, dass dies im Haus insgesamt eine Mehrheit gefunden hat.

Wir haben Wort gehalten. Wir bleiben dabei: Wir stehen hinter den Gymnasien. Wir werden sie weiter fördern. Wir werden den G8-Bildungsgang mit Augenmaß, aber auch Zielstrebigkeit durchsetzen und dafür sorgen, dass dort eine gute Mittags- und Nachmittagsbetreuung stattfinden kann.

Die CDU Schleswig-Holstein setzt sich nunmehr seit knapp acht Jahren dafür ein, dass gebundene Ganztagsschulen Regelschulen in Schleswig-Holstein werden. Dies ist ein Gebot der Stunde, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, um auch insgesamt die Ausbildung an den Gymna

(Dr. Johann Wadephul)

sien zu verbessern. Insofern rennt der Kollege Dr. Klug hier offene Türen ein. Ich bin sicher, dass wir spätestens bei den nächsten Haushaltsberatungen zu einer Unterstützung dieses Antrags kommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Dr. Henning Höppner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe optisch vernommen, dass von Herrn Wadephul schon mächtig auf gelbes Blinklicht gesetzt worden ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Daran sind wir nicht schuld!)

- Ich verstehe das nicht. Ich bin schwerhörig. Entschuldigen Sie. - Ich habe in der vorletzten Landtagstagung vorgerechnet, dass wir wahrscheinlich schon im nächsten Schuljahr eine Situation haben, in der die Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein die stärkste Schulart sein wird.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Sie wissen, Gemeinschaftsschulen sind obligatorisch offene Ganztagsschulen. Wir wissen, dass fast die Hälfte der Gymnasien offene Ganztagsschulen sind. Ich sage ausdrücklich für meine Fraktion und für meine Landespartei: Wir sind auch auf dem Weg, uns dafür einzusetzen, dass die weiterführenden Schulen in Schleswig-Holstein zukünftig alle Ganztagsangebote vorhalten werden. Es wird nur im Moment noch nicht sein.

Die Gymnasien erhalten keine Zuschüsse. Dennoch sind 46 Gymnasien in der Lage, Ganztagsangebote vorzuhalten. Das hat einen einfachen Grund. Anders als die anderen Schularten, die offene Ganztagsangebote vorhalten, gibt es an den Gymnasien ein höheres Unterrichtsangebot beziehungsweise eine höhere Unterrichtsnotwendigkeit. Viele Gymnasien, die heute offene Ganztagsschulen sind, brauchen keine zusätzlichen Unterrichts- oder Betreuungsangebote, sondern regeln dies durch Arbeitsgemeinschaften oder andere Dinge, die zum allgemeinen Schulleben gehören.

Führt man die Diskussion mit den Eltern, erfährt man, dass es nicht fehlende Betreuungsangebote sind, die sie bekümmern, sondern der vermehrte

Unterricht, der durch die Einführung von G8 zustande kommt. Der bringt die Eltern auf, und sie sagen, wir müssen dazu kommen, dass es an den Gymnasien des Landes eine Mittagsbetreuung gibt, weil wir Nachmittagsunterricht machen müssen.

Im Schuljahr 2008/2009 haben wir mit einer 5. Jahrgangsstufe angefangen. Sie wissen, dass in den Jahrgangsstufen fünf und sechs 63 Unterrichtsstunden erteilt werden sollen. In der Regel sind wir in der 5. Klasse mit 30 und 31 Stunden gestartet. Im nächsten Schuljahr, 2009/2010, werden wir eine 6. Klasse haben, die 32 oder 33 Unterrichtsstunden haben wird. Wir werden gleichzeitig mit Beginn des Schuljahres 2009/2010 dafür sorgen - so sieht das auch die Beschlussempfehlung des Ausschusses, und so sehen es unsere Beschlüsse vor -, dass wir sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler, die in den G8-Jahrgängen aufwachsen, die Möglichkeit bekommen, über die Mittagszeit hinweg betreut zu werden. Das ist das Ziel. Das ist auch die Erwartungshaltung der Eltern. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, der Ausschussempfehlung zuzustimmen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier sind gerade zwei sehr bemerkenswerte Äußerungen gefallen. Zum einen möchte ich in Zukunft Sie, Herr Wadephul, daran erinnern, dass Sie gerade einen sehr zukunftsweisenden Satz gesagt haben. - Jetzt hört er gerade leider nicht zu, weil er so intensiv im Gespräch mit Herrn Kubicki ist.

Herr Abgeordneter Wadephul, Sie sind angesprochen.

Na ja, vergiss es! - Der CDU wird dieser Satz mal auf die Füße fallen, wenn sie einmal ganz andere Beschlüsse fasst. Sie haben gesagt, gebundene Ganztagsschulen sind wegen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf das Gebot der Stunde. Das

(Dr. Johann Wadephul)

Gebot der Stunde! Gebundene Ganztagsschulen! Das dokumentiert eine Lernfähigkeit zumindest des Fraktionsvorsitzenden der CDU.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Da ich weiß, dass das trotz einer sehr couragierten Familienministerin im Bund immer noch nicht Mehrheitsmeinung in Ihrer Partei ist, gilt es, dies hier festzuhalten.

Die zweite Äußerung, die ich für sehr bemerkenswert halte, ist das, was Herr Kollege Höppner festgestellt hat. Er hat gesagt, die Ganztagsangebote an den Gymnasien sind deswegen sehr viel leichter durchzuführen als an anderen Schularten, weil das Unterrichtssoll mit G8 so hoch ist, dass wir tatsächlich weniger Lücken haben, dass es einen höheren Anteil an Nachmittagspflichtstunden, an Unterricht und entsprechenden Arbeitsgemeinschaften gibt. Wir haben hier vor einigen Monaten auf die Ungerechtigkeit hingewiesen, dass immer noch die Kinder, die aufs Gymnasium gehen und meistens einen besseren Bildungshintergrund haben als die Mehrheit der Schüler an anderen Schularten, ein größeres Unterrichtsangebot bekommen. Das ist eine Ungerechtigkeit. Das halte ich an dieser Stelle fest.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Davon gehen wir auch nicht runter. Da muss sich noch etwas ändern.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es reicht deshalb vor diesem Hintergrund nicht zu begrüßen, dass das Bildungsministerium die Zuschüsse für die Ganztagsbetreuung insgesamt erhöht hat, wie das die Große Koalition pflichtschuldig erklärt. So gibt es zwar insgesamt mehr Geld für die Ganztagsangebote, aber die Unterstützungssumme des Landes pro Kind und Angebot bleibt so niedrig - 35 ct; Sie erinnern sich -, dass manche Schulen sogar Hausaufgabenbetreuung und Förderunterricht am Nachmittag kostenpflichtig machen. Das darf nicht sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nachweislich werden so gerade die Kinder ausgeschlossen, denen die Eltern am wenigsten Unterstützung für ihre Schuldbildung geben können.

Wir halten deshalb an unserem Ziel fest: Ganztagsschulen müssen für die Kinder kostenfrei werden.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Leider wurden unsere diesbezüglichen Haushaltsanträge abgelehnt, obwohl sie gegenfinanziert waren.

Warum stimmen wir dem FDP-Antrag trotzdem zu, der den Gymnasien eine Landesbezuschussung von offenen Ganztagsangeboten einräumen will? Die Argumentation der Ministerin und des Kollegen Höppner, dass die höhere Pflichtstundenzahl des achtjährigen Gymnasiums automatisch für einen Ganztagsunterricht sorgt, stimmt so ganz doch nicht. Denn in der Pressemitteilung vom Dezember 2008 geht das Ministerium lediglich von einem Nachmittagsunterricht von an bis zu zwei Tagen pro Woche aus und stellt für eine einstündige Betreuung in der Mittagspause pro Schulklasse jährlich bis zu 700 € in Aussicht. Darauf hat sich Herr Wadephul auch gerade bezogen. Aber selbst auf dieses Almosen besteht kein Rechtsanspruch. Daher ist eine Änderung der Richtlinie in mindestens der Weise, wie die FDP das in ihrem Antrag fordert, notwendig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Trotzdem halte ich daran fest: Eigentlich müssten wir darüber hinausgehend die Summe pro Kind und Stunde deutlich erhöhen, damit die Angebote kostenlos sind. Wir müssten darüber hinaus dafür sorgen, dass das Unterrichtsangebot auch bei den anderen Schularten so groß wird, dass die ergänzenden Unterrichtsangebote, die über Vereine, Verbände und so weiter erfolgen, nicht den Charakter eines Lückenbüßertums für mangelnden Unterricht haben. An dieser Stelle bleibt noch viel zu tun.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.