Protocol of the Session on January 28, 2009

Gestern stellte übrigens auch noch die Landeselternvertretung der Kindertageseinrichtungen in einem Brief an die Landtagsabgeordneten fest:

„Zur Gesetzesänderung im Dezember 2008 wurde die Landeselternvertretung nicht angehört.“

Das ist, nebenbei bemerkt, auch ein Verstoß gegen die geltenden Bestimmungen zur Elternbeteiligung im Kindertagesstättengesetz.

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass ich in der Landtagsdebatte am 13. November kritisiert habe, dass einen Monat vor der von der Regierungskoalition geplanten Verabschiedung des Gesetzes überhaupt noch kein Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht worden war,

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sodass eine gründliche parlamentarische Beratung dieses Vorhabens im Schleswig-Holsteinischen Landtag aufgrund der Gestaltung des Zeitplans durch die Regierungskoalition überhaupt nicht möglich war. Insoweit müssen Sie sich den Schuh für alles, was da schiefgelaufen ist, wirklich selber anziehen.

(Jutta Schümann)

(Beifall bei der FDP)

Jetzt soll ein Gesetz, das im Hauruckverfahren verabschiedet worden ist, auf gleiche Weise zulasten der Eltern wieder abgeändert werden. Wir halten das weder für sinnvoll noch für politisch vertretbar. Schleswig-Holstein hat bei den Kindergartenplätzen unter allen westdeutschen Bundesländern den höchsten Finanzierungsanteil zulasten der Eltern. Es wäre ein wirklich positives Signal zugunsten der Familien mit Kindern, wenn das Land nun auf eine Wiedereinführung der Kitagebühren verzichten würde.

(Beifall bei der FDP und bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landeselternvertretung der Kindertageseinrichtungen weist darauf hin, dass viele Kindergartenträger bereits höhere Gebühren für die ja gebührenpflichtig verbleibenden beiden übrigen Kitajahre beschlossen haben beziehungsweise dies noch in diesem Jahr zu tun beabsichtigen.

Daraus ergibt sich die bizarre Situation, dass entgegen allen Versprechungen aus der Politik, gerade auch von Union und SPD, die frühkindliche Bildung solle bessergestellt werden, die Kostenbelastung für die große Mehrzahl der Eltern in Schleswig-Holstein in diesem Jahr im Bereich der Kindergartenbeiträge höher sein wird und dass nach dem Willen von CDU und SPD - erst recht, wenn Sie bei Ihrem Antrag von heute bleiben und das Inkrafttreten der Gebührenbefreiung für das letzte KitaJahr präzise auf den 1. August festlegen - nur eine kleine Minderheit der Eltern wirklich in den Genuss einer Gebührenbefreiung kommen wird. Auch dies, meine Damen und Herren, spricht dafür, die bestehende Gesetzeslage nachträglich nicht mehr zu ändern.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Von dem Verwaltungsaufwand, den das Hin und Her verursachen wird, will ich gar nicht reden. Die kommunalen Landesverbände haben dafür verständlicherweise einen Kostenausgleich verlangt. Statt Kinder zu fördern, steckt das Land Geld in Beschäftigungsprogramme für Verwaltungen. Zu einer Landesregierung mit einer derartigen politischen Inkompetenz kann man die Schleswig-Holsteiner wirklich nur beglückwünschen.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Schließlich, meine Damen und Herren, wirft der Vorgang einen Schatten auf eine Ankündigung, die noch im Raum steht: Im Mai - so hieß es Ende des letzten Jahres - soll ein weiterer Gesetzentwurf im Bereich der Kindertagesstätten eingebracht werden. Wir können jetzt im Monatsrhythmus mit neuen Regelungen und neuen Vorlagen von Ihrer Seite rechnen. Mit diesem für den Mai 2009 angekündigten Entwurf der Großen Koalition soll die Beitragsfreiheit für die nächsten Stufen, also für das erste und das zweite Kindergartenjahr, in den Jahren 2011 und 2013, also in der nächsten Wahlperiode, festgelegt werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wahrscheinlich 3011 und 3013!)

Das ist von Ihrer Seite so versprochen worden. Im Klartext bedeutet dies aber: Man will in einigen Wochen in diesem Landtag jährliche Mehrausgaben für die Kindergärten in Höhe von 70 Millionen € in Aussicht stellen, nimmt den schleswig-holsteinischen Eltern aber heute beziehungsweise morgen zunächst einmal 20 Millionen € für etwas, was erst im letzten Dezember beschlossen worden ist, wieder weg.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wer das als eine glaubwürdige Politik bezeichnen wollte, der hätte wirklich nicht alle Tassen im Schrank. Ich bin gespannt, wie Herr Stegner mit seinem ja schon fest eingeplanten Wahlkampfschlager, dem Versprechen auf eine komplette Beitragsfreiheit im Kindergarten, überhaupt nur irgendeinen Blumentopf, geschweige denn auch nur eine Wählerstimme, gewinnen will, wenn er morgen bei der zweiten Lesung zum vorliegenden DringlichkeitsGesetzentwurf die ab Januar 2009 geltende Beitragsfreiheit des letzten Kita-Jahres für ein halbes Jahr wieder einkassiert.

(Zurufe von der SPD)

Damit machen Sie das Versprechen, das Sie im Mai abgegeben haben - einen Gesetzentwurf mit weiteren tollen Fördermitteln und Landeszuschüssen zu beschließen -, zu einem leeren Versprechen.

(Jutta Schümann [SPD]: Augenwischerei!)

- Das wird Ihnen niemand in diesem Land mehr abnehmen, Frau Kollegin Schümann.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Dr. Ekkehard Klug)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir herzlich Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums aus Preetz mit ihren Lehrkräften. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben wir das beitragsfreie Kindertagesstättenjahr alle gemeinsam gepriesen - als Chancengleichheit, als Bildungsgerechtigkeit, als Integrationsmaßnahme, als den Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, als volkswirtschaftlich rentabel, als das A und O der Familienfreundlichkeit.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut! - Zuru- fe von der SPD)

Nun, da der Landtag genau diese Beitragsfreiheit versehentlich früher als geplant beschlossen hat, haben CDU und SPD nur ein Ziel: Schnell wieder weg damit! Das ist absurd.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wenn die beitragsfreie Kindertagesstätte tatsächlich absolut notwendig ist, dann wäre es doch das Allerbeste, wenn schon jetzt alle Vorschulkinder von dieser guten Sache profitierten. Wenn wir glauben, dass es über die Beitragsfreiheit gelingen kann, auch die 7 % bis 8 % der Kinder, die jetzt vor der Schule nicht in die Kita gehen, in die Kita zu bekommen, so ist es wichtig, dass diese Kinder schon ab Januar/Februar von dieser guten Maßnahme profitieren, und es wäre geradezu fahrlässig, sie weiterhin außerhalb des Systems zu lassen und das Gesetz zu ändern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zurufe von der SPD)

- Darauf komme ich noch zu sprechen, Frau Schümann.

Meine Damen und Herren, was ab Sommer 2009 unbedingt notwendig ist, kann doch im Februar und im März nicht falsch sein.

Im Oktober 2008 betonte die in diesem Hause zuständige SPD-Bildungsministerin - ich zitiere -:

„Jeder Euro, der in frühkindliche Bildung investiert wird, zahlt sich in jeder Hinsicht vielfach wieder aus; die OECD sagt: mindestens sechsfach... Wir“

- die Große Koalition

„werden die Prioritäten noch klarer und noch stärker auf Bildung und Betreuung setzen müssen und auf anderes verzichten, wenn die Haushaltslage dies erfordert.“

Hier liegt der Hase im Pfeffer. Ihr Problem besteht darin, dass Sie für die beitragsfreie Kindertagesstätte nie ein Finanzierungskonzept hatten. Weil Sie sich vor der entscheidenden Finanzierungsfrage gedrückt haben, fehlt Ihnen jetzt der Spielraum, die Beitragsfreiheit schon ab Februar umzusetzen.

Grüne Politik zeichnet sich hingehen durch Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit aus. Wir haben schon für den Doppelhaushalt 2007/2008 beantragt, das letzte Kita-Jahr beitragsfrei zu stellen - so viel zu der Frage, wann wir es wollten -, und wir haben ein Gesamtkonzept zur Finanzierung vorgelegt. Sie hatten für diesen Finanzierungsvorschlag kein offenes Ohr. Sie haben sich vor der Finanzierung gedrückt. Aber mit unserem Konzept hätte den Eltern das unverhoffte Neujahrsgeschenk schon jetzt komplett zugute kommen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zurufe von der SPD)

20 Millionen € Mehrausgaben sind kein Pappenstiel, meine Damen und Herren, aber im Vergleich zu Rettungsschirmen und Konjunkturpaketen ist diese Summe eher bescheiden. Angesichts der Finanzmarktkrise werden wir im Land und im Bund Nachtragshaushalte bekommen, die sich gewaschen haben. Alle diese Maßnahmen und Mehrausgaben werden damit begründet, dass sie die Konjunktur ankurbeln sollen.

Meine Damen und Herren, die beitragsfreie Kindertagesstätte ist das Konjunkturförderprogramm par excellence.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Junge Familien befinden sich in einer Lebenssituation, in der kein Geld zurückgelegt werden kann. Das Einkommen wird komplett für den Familienunterhalt ausgegeben. Jeder Euro, der nicht für die Kinderbetreuung ausgegeben werden muss, wird von den Familien an anderer Stelle ausgegeben. Wenn Sie tatsächlich wollen, dass junge Familien in unserem Land sofort mehr Geld in der Tasche

haben, dann werfen Sie Ihren heute eingebrachten Gesetzentwurf ins Altpapier!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Nach Berechnungen des „Kindergartenmonitors“ geben Familien mit einem Kindergartenkind, die über ein Jahreseinkommen von 45.000 € verfügen, in Flensburg 1.500 € für eine Halbtagsbetreuung aus. Für die sechs Monate, über die wir heute streiten, sind es 750 €, die diese Familien mehr zur Verfügung hätten. Das ist Geld, das unmittelbar konsumiert werden würde und mit sofortiger Wirkung die Binnenkonjunktur in Schleswig-Holstein ankurbeln könnte. Ist das nichts, meine Damen und Herren von CDU und SDP?