Protocol of the Session on January 28, 2009

Herr Kollege Kayenburg, ich kann Ihnen sagen: Betonfundamente brauchen auch Windmühlen und Parabolrinnenkraftwerke. Es wird also durch die Energiewende ein Wirtschaftsgeschehen ausgelöst.

Kollege Matthiessen, kommen Sie bitte zum Schluss!

Da braucht also keiner Angst zu haben. Es sind vielleicht andere Akteure, die verdienen.

Ich danke, Frau Präsidentin, dass Sie mir elf Sekunden dazugegeben haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Konrad Nabel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dieser Debatte - wie auch bei vorigen Debatten - ist eigentlich weder Polemik noch Häme richtig am Platz. Es geht hier um die Grundsatzentscheidung, wie wir die Energiepolitik in den nächsten 20 bis 40 Jahren gestalten wollen.

Wir wissen - das haben verschiedene Redner in dieser Diskussion dargestellt -, dass die Kohlenstoffdioxidabscheidungstechnologie, CCS genannt, noch in den Kinderschuhen steckt. Da kann man sich überlegen, ob man diese Kinderschuhe nun weitertragen und vergrößern will. Wofür? - Dafür, dass man Kraftwerke, die erst gebaut werden, wenn diese Technologie zur Verfügung steht, von diesem Zeitpunkt an für 40 Jahre - das ist Pi mal Daumen der Abschreibungszeitraum für Großkraftwerke; es können auch 35 oder 50 Jahre sein, je nachdem, wie gut sie gebaut sind - nutzen kann. Erst dann kann man diese Technologie nutzen, vorher nicht.

Eine Nachrüstung, Herr Minister, ist bisher nachweislich nicht gelungen. Ich weiß auch nicht, wie man das tun sollte. Man kann ein Kraftwerk bauen und nebenan einen Platz für irgendetwas freihalten, um dann vielleicht später in irgendeiner Form die CCS-Technologie anzubauen. Das Technikfolgenabschätzungsbüro des Bundestags hat in einer umfassenden Studie Ende letzten Jahres festgestellt, dass es keine Nachrüstmöglichkeit gibt, sondern dass man Kraftwerke gleich mit dieser Technik bauen muss.

Es gibt nicht einmal eine Entscheidung darüber, welche der möglichen Kohlenstoffdioxidabschei

(Detlef Matthiessen)

dungstechnologien die wirtschaftlichste und beste ist. Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten; zwei hat Herr Dr. Garg hier genannt, die dritte ist ein Mittelding zwischen den beiden anderen.

Es gibt noch gar keine Entscheidung darüber. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können nicht sagen, was denn das Bessere sei. Was die Risiken angeht, so hat mein Kollege Olaf Schulze schon recht deutlich gemacht, dass wir diese heute nicht in den Griff bekommen können. Deshalb ist zu fragen, ob wir heute Entscheidungen für die Zeit in 50 Jahren treffen wollen, obwohl wir wissen, dass wir in 30 oder 40 Jahren eine andere CO2-Bilanz haben müssen. Deswegen entscheiden wir uns dafür, diese Technologie nicht zu wollen.

Wenn Sie genau hingehört haben, so wissen Sie, dass die Energiekonzerne 5 Milliarden € bis 6 Milliarden € wollten. Das haben sie vorgestern ganz laut gefordert. Das ist genau der Weg, den wir bei der Kernenergie gegangen sind. Dort waren es, in D-Mark ausgedrückt, zweistellige Milliardenbeträge. Das wollen wir nicht wiederholen. Wir wollen auch nicht alles andere wiederholen, was wir bei der Kerntechnik hatten, die Nichtrückholbarkeit und all diese Dinge.

Die Aussage, Herr Minister, CCS sei in weiten Teilen der Welt die einzige Lösung, ist praktisch falsch. Die richtige Lösung ist es, vor Ort angepasste Technologien zu bauen, die dort auch funktionieren.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum letzten Satz!

Ich komme zum letzten Absatz, Frau Präsidentin.

Kommen Sie bitte zum letzten Satz, nicht zum letzten Absatz!

Schade, ich dachte, es hätte funktioniert.

(Heiterkeit)

Wir dürfen nicht unsere Technologie exportieren wollen, sondern wir müssen den Menschen vor Ort helfen, ihre Technologie zu bauen. Daher ist es

nicht richtig, die Technologie der Großkonzerne zu exportieren.

Herr Kollege Nabel, der Kollege Hentschel hat sich eben für sein Überziehen entschuldigt. Ich bitte Sie jetzt wirklich, zum Schluss zu kommen.

Ich entschuldige mich auch. - Wir müssen dafür sorgen, dass in den Entwicklungsländern und dort, wo sie gebraucht werden, dezentrale Lösungen gefunden werden. Das Know-how dazu haben wir, und das sollten wir exportieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Manfred Ritzek das Wort. Ich bitte darum, sich wirklich an die Redezeit von drei Minuten zu halten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass wir alle eindeutig das Ziel akzeptieren, das wir vorhin zahlenmäßig definiert haben und das auch im vorigen Jahr auf dem letzten G8-Gipel in Japan von den großen Regierungschefs formuliert worden ist, die sagten: Wir müssen bis zum Jahr 2050 50 % des CO2-Ausstoßes, bezogen auf das letzte Jahr, reduzieren, das heißt, von etwa 28 Milliarden t CO2 im Jahr 2008 auf 14 Milliarden t CO2-Ausstoß im Jahr 2050. Wir unterscheiden uns nur im Hinblick auf relativ kurzbeziehungsweise mittelfristige Wege. Wir sind davon überzeugt, dass die regenerativen Energien für die Zukunft eine sehr große Bedeutung haben werden, aber sie kommen eben nicht schnell genug, um unseren Strombedarf regional, national und international zu decken. Im letzten Jahr haben sie in Deutschland nur einen Anteil von etwas über 7 % des gesamten Energiebedarfs decken können. Im Strombereich waren es etwa 15 %.

Im Hinblick auf den Kollegen Matthiessen und auf den Kollegen Hentschel sage ich: Wir beziehen uns auf unterschiedliche Professoren. Einmal wird zitiert, was Herr Professor Hohmeyer sagt. Ich zitiere immer, was Herr Professor Kater sagt. Vielleicht sollten sich die Professoren einmal zusammensetzen. Herr Professor Kater von der Technischen

(Konrad Nabel)

Universität sagt beispielsweise, dass der Wirkungsgrad bei der Abscheidungstechnik 6 % bis 11 % betragen wird, je nachdem, welche Technik man anwendet. Die Anwendung der Technik ist auch entscheidend für die Konsistenz des CO2, und die Konsistenz des CO2 ist wichtig in Bezug auf die Aufnahmefähigkeit der Lagerstätten. Davon hängt also auch die Technik ab, davon hängt es ab, ob die Kohle nach oder vor der Verbrennung vergast wird.

Professor Kater - ich zitiere ihn noch einmal - sagt: Bei der Anwendung der Sequestrierung verursacht ein heutiges Braunkohlekraftwerk im Durchschnitt etwa 950 g CO2 für eine Kilowattstunde, ein Steinkohlekraftwerk etwa 750 g CO2 und ein Erdgaskraftwerk etwa 370 g CO2, und mit einer qualifizierten Abscheidetechnik können Sie eine Größenordnung von 100 g CO2 erreichen, und zwar unter Berücksichtigung aller anderen Faktoren wie der Reduzierung des Wirkungsgrades und dem höheren Einsatz von Kohle. Insoweit ergibt sich also ein deutliches Plus für die Anwendung der Sequestrierung.

Ich bitte, unseren Antrag in die Ausschüsse zu überweisen, und ich sage auch warum, Herr Dr. Garg. Ich denke, dass wir im Ausschuss vielleicht auch den Kollegen Schulze mit guten Argumenten überzeugen können.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 16/2396 und 16/2436 dem Wirtschaftsausschuss federführend und zur Mitberatung dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Bei Enthaltung der FDP-Fraktion ist dies so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Versetzung des Wissenschaftsstaatssekretärs Jost de Jager in den einstweiligen Ruhestand

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2413

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Somit eröffne ich die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihrem Vorsitzenden, dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Negativschlagzeilen um das UK S-H, um den größten Betrieb dieses Landes, nehmen kein Ende. Das Schiff hat Schlagseite, bereits der sechste Deckoffizier hat unter Protest gegen den Kapitän das Schiff verlassen, und die Reederei namens Landesregierung tut so, als sei das alles normal.

Natürlich kann man sagen: Das sind alles Deppen. Es ist aber schon auffällig, dass diese „Deppen“ anderswo durchweg als qualifiziert und kompetent gelten.

Da war die hoch angesehene Inhaberin der Vorstandsposition für Krankenpflege und Patientenservice, Barbara Schulte. Sie ging, weil sie es hier nicht mehr aushielt. Nun ist sie Geschäftsführerin im Vorstand der Uniklinik Göttingen und wird dort hoch gelobt. „Frau Schulte hat uns als außergewöhnlich dynamische und energische Persönlichkeit mit ihrer hohen Fachkompetenz überzeugt“, heißt es dort auf der Homepage.

Oder nehmen wir den Weggang von Günter Zwilling. Auch er schied, wie man hörte, im Unfrieden. Seit einem Jahr ist er stattdessen Kaufmännischer Direktor der Uniklinik Köln. Hier in Kiel vergingen derweil Monate, bis mit Julia Kähning eine Nachfolgerin gefunden wurde.

Schließlich wurde auch der Vorstandsvorsitzende des UK S-H, Professor Dr. med. Bernd Kremer, hinausgemobbt, indem man ihm erst die Kripo auf den Hals jagte und anschließend kleinlaut mitteilen musste, dass man sich offensichtlich geirrt habe. Nun wird Herr Professor Kremer stattdessen Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft des Landes, der neuen Tochtergesellschaft NRoCK.

Auch die Neubesetzung des Posten des Vorstandsvorsitzenden ist mehrfach gescheitert. Unter anderem lehnte der Essener Neuroradiologe Professor Dr. Michael Forsting diese Position ab, obwohl man sich bereits vertragseinig gewesen war. Begründet hat er das folgendermaßen: „Die Politik in Schleswig-Holstein hat in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass man weder auf ärztliches noch auf kaufmännisches Wissen im Vorstand Wert legt“, heißt es in einem Schreiben Forstings deutlich.

Auch der Wirtschaftssachverständige im Aufsichtrat des UK S-H, Uwe Petersen, legte mit unmissverständlichen Worten sein Amt nieder. Ich zi

(Manfred Ritzek)

tiere aus der „Landeszeitung“ vom 16. Dezember 2008: de Jagers „hohes Maß an persönlicher und sachlicher Inkompetenz, verbunden mit zunehmender Arroganz“ hätten die Sitzungen des Aufsichtsrats zu einer Show gemacht.

Als Sechste in dieser Reihe legte die Aufsichtsrätin Professor Eva-Bettina Bröcker, Dermatologin am Würzburger Uniklinikum, ihr Amt nieder. Ich zitiere die „Kieler Nachrichten“ vom 13. Januar dieses Jahres: Bröcker habe an Wissenschaftsminister Werner Marnette geschrieben, zur stimmlichen Absegnung teilweise kaum nachvollziehbarer struktureller und personeller Entscheidungen im UK S-H sei sie nicht länger bereit. Der Aufsichtsrat sei, so beklagt Bröcker, überproportional politisch dominiert.

Meine Damen und Herren, wenn sechs leitende Persönlichkeiten, meist unter direktem Verweis auf die Unfähigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden, ihr Amt niederlegen oder gar nicht erst antreten, dann kann man nicht zur Tagesordnung übergehen.