- Frau Kollegin Birk, man muss an der Sitzung teilnehmen, und man muss die Vorlagen lesen. Dann ist man auch informiert.
Ich bin dankbar, dass wir diese Debatte heute auf der Grundlage einer bereits intensiven Diskussion zum Thema Zielvereinbarungen im Ausschuss und auf der Grundlage der Papiere, die uns auch heute vorliegen, führen, dass wir viele Dinge schon abarbeiten konnten. Deshalb können wir uns in der heutigen Debatte vielleicht ein paar Details sparen.
Ich will auch sagen, dass wir die in den Vereinbarungen niedergelegten hochschulpolitischen Leitsätze in dieser Form voll unterstreichen können, und ich darf für mich persönlich sagen, dass ich eine Formulierung wie - ich darf zitieren - „die Hochschulen zu verpflichten, Lehre und Studium stärker an den gesellschaftlichen Belangen zu orientieren“ nicht nur gern lese, sondern da lacht das Herz eines alten Studentenfunktionärs. Dass man so etwas noch in einem regierungsamtlichen Blatt lesen darf,
Den beiden Zielen, die Sie herausgehoben formuliert haben, stimmen wir ausdrücklich zu. Dabei geht es einmal um die Vorbereitung unserer Hochschulen - im Wesentlichen der CAU, aber ich sage dennoch: unserer Hochschulen - auf die nächste Runde der Exzellenzinitiative. Diesbezüglich muss man frühzeitig starten. Das ist hiermit niedergelegt, was wir außerordentlich begrüßen. Und wir begrüßen es auch, dass die strukturelle Sicherung der Lehramtsausbildung, quasi vor die Klammer des gesamten Zielvereinbarungsprozesses gezogen, niedergelegt ist.
Ich will aber auch sagen, dass wir uns zwei Bereiche dieser vor die Klammer gezogenen Punkte noch intensiver herausgearbeitet gewünscht hätten. Erstens sollten wir im Bereich der Lehrerausbildung nicht nur über strukturelle Sicherung reden, sondern auch über eine Weiterentwicklung auf der Folie der Veränderungen, die wir in der Schule haben.
Zum Zweiten wäre es angemessen gewesen, die Stärkung der Fachhochschulen im Bereich von Forschung und Entwicklung vor die Klammer zu ziehen und sie als starken Partner für die Lösung des wachsenden Fachkräftemangels, den wir in Deutschland haben, weiterzuentwickeln.
Die planungssichernde Wirkung von Zielvereinbarungen, vor allen Dingen die Übernahme von tariflichen Personalkostensteigerungen, ist mehrfach angesprochen worden. Das will ich nicht alles wiederholen. Ich greife Beispiele heraus, um zu zeigen, dass erstens Beschlüsse des Landtages hinreichend beachtet worden sind und dass sich zweitens manche Prozesse qualitativ weiterentwickelt haben. Ich verweise auf die Verbesserung der Gleichstellung und die Erhöhung des Anteils an weiblichen Wissenschaftlerinnen und greife dort einmal drei Beispiele heraus.
Die CAU verpflichtet sich, in allen Bereichen der Administration und des Wissenschaftsbetriebes bei der Planung, Durchführung und Bewertung ihrer Aufgaben, Programme und Maßnahmen dem Gender-Aspekt Rechnung zu tragen. Gleichzeitig ist vereinbart worden, dass die Hochschule eine regelmäßige Berichtspflicht wahrnimmt.
In der Zielvereinbarung mit der Uni Flensburg - in dem unumstrittenen Teil - sind unter anderem vereinbart:
„Proaktive Berufungsverfahren, Integration der Genderperspektive in Berufungsrichtlinien, positive Sanktionierung aus der indikatorgesteuerten Mittelverteilung, Förderung von double career couples,“
„Stipendiatinnenprogramme, Installierung von Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Studium/Beruf und Familie“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Süden, um auch die dritte Universität hier zu zitieren, in der Zielvereinbarung mit der Universität Lübeck heißt es, die Universität verpflichte sich zur Umsetzung der forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Eine entsprechende Stellungnahme sei auch mit quantitativen Zielen, darunter zum Beispiel die Erhöhung des Frauenanteils an Professuren und Juniorprofessuren, die der DFG bis Ende März 2009 vorzulegen seien, akzeptiert. Die Uni verpflichtet sich dabei - dahinter setze ich einmal ein Ausrufezeichen -, Institute unter Berücksichtigung der Zahl der Studentinnen und Doktorandinnen mit einer hohen Frauenhabilitationsquote positiv beziehungsweise Institute mit einer geringen Frauenhabilitationsquote negativ aus der indikatorgesteuerten Mittelvergabe zu sanktionieren.
Hier passiert das, was wir mehr als einmal angemahnt und diskutiert haben. Bei der Umsetzung von hochschulpolitischen Zielen müssen auch faktische Konsequenzen auf den Weg gebracht werden. Wir begrüßen und loben außerordentlich, was hier zustande gekommen ist.
Was für den Bereich Gleichstellung gilt - ich kann das nicht alles ausführen -, trifft auch für die Bereiche wissenschaftliche Weiterbildung, stärkere internationale Orientierung und Ausbau von Qualitätsentwicklung und Technologietransfer zu.
Einen Bereich in diesem Komplex will ich mit einer kleinen kritischen Anmerkung herausstreichen. Uns ist der Bereich der Stärkung von Lehre unterschiedlich stark aufgefallen, und wir glauben, dass hier noch Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind. Wir müssen weiterhin ein kritisches Auge auf
diese Entwicklung haben. Denn gerade im Zusammenhang mit dem quantitativen Ausbau der Hochschulen und der Steigerung der Studierendenzahlen durch den Hochschulpakt muss sichergestellt werden, dass die Qualität der Lehre mit der Entwicklung von Forschung und Wissenstransfer Schritt halten kann. Was ich hier konkret ausgeführt habe, trifft die gesamte Hochschullandschaft.
Drei Beispiele aus den Universitäten sollen natürlich nicht heißen, dass sich die Fachhochschulen nicht in demselben Maße engagieren, nein, im Gegenteil: Gerade im Bereich von Qualitätsmanagement sind manche Fachhochschulen in der Sache schon ein Stück weiter als die Universitäten. Alle sind aber auf einem guten Weg.
Meine Damen und Herren, die Universität Flensburg beziehungsweise ihr Präsident - wir hatten dies im Hauptfokus im Ausschuss - hat nach unserem heutigen Wissensstand den Entwurf der Zielvereinbarung noch nicht unterschrieben. Der Senat der Hochschule hat in der letzten Woche in einem erneuten Beschluss ihren Präsidenten aufgefordert, diese vorerst nicht zu unterschreiben und nachzuverhandeln. Deswegen scheinen mir in diesem Zusammenhang zwei hochschulpolitische Bemerkungen für die SPD-Fraktion notwendig.
„Die Universität Flensburg erklärt, dass sie mit den bereitgestellten Mitteln nicht in der Lage ist, die in der Zielvereinbarung genannten Ziele auf Dauer mit den gebotenen Qualitätsstandards zu erfüllen. Das Ministerium teilt diese Einschätzung...“.
Das ist ein erstaunlicher Vorgang. Allerdings muss klargestellt werden, dass wir hier über Zielvereinbarungen reden, die fünf Jahre dauern. Wir haben vorgestern einen Doppelhaushalt für zwei Jahre beschlossen. Die Fehlbedarfsformulierung, die hier einvernehmlich ist, bezieht sich auf fünf Jahre. Dort haben wir Gesprächs- und Verhandlungsbedarf über das, was 2011 folgende passiert. Das ist unbestreitbar.
Zweitens. Von dem einen oder der anderen ist in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt worden - in der Pressemitteilung des SSW, aber in noch viel stärkerer Form und mit einem geradezu tränenrührenden Alarmismus auch durch die Kollegin Herold -, dass die Mittel, die wir im Haushalt vorgese
hen haben, angeblich nicht ausreichen, um die Lehrerausbildung zu sichern und die Akkreditierung zu gewährleisten. Dieser Unterstellung muss und will ich eindeutig entgegentreten.
Nicht nur der Präsident selbst hat im Bildungsausschuss keinesfalls in Zweifel gezogen, dass mit den für 2009 und 2010 zur Verfügung stehenden Mitteln die Akkreditierung der Lehreramtsstudiengänge möglich ist. Auch das konkrete Handeln der Universität selbst unterstreicht dies.
In der letzten oder vorletzten Woche wurde hochschulintern begonnen, die zusätzlichen Mittel, die Flensburg zur Verfügung stehen - immerhin deutlich mehr als 10 % plus in den nächsten beiden Jahren -, in Stellen umzusetzen. Die hochschulintern beschlossenen Stellen sind keinesfalls alles Stellen, die die Akkreditierungsagentur gefordert hat.
Jeder dieser Vorschläge zur Neubesetzung ist ohne Frage fachlich berechtigt. Das will und kann ich nicht kritisieren. Es unterstreicht aber eindeutig, dass die Mittel für die von der Akkreditierungsagentur geforderten zusätzlichen Anstrengungen auf jeden Fall für 2009 und 2010 ausreichend sind.
Meine Damen und Herren, ich habe an mehreren Stellen in diesem Landtag bereits gesagt, dass sowohl das Land Schleswig-Holstein als auch die Universität Flensburg Hausaufgaben machen müssen. Wir haben mit den zusätzlichen Mitteln 2008 und dem Haushalt einen wichtigen Teil unserer Hausaufgaben gemacht. Ich stehe nicht an hinzuzufügen, dass wir für die Jahre 2011 folgende neue Überlegungen anstellen müssen, auch finanzielle Überlegungen. Wir erwarten natürlich auch, dass die Dinge, die nicht in Geld gerechnet werden, erledigt und die Hausaufgaben gemacht werden. Ich gehe davon aus, dass die Einlassungen der Akkreditierungsagentur, die nichts mit Geld zu tun haben, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das hat die Hochschule auch erklärt.
Ich komme zu meinem letzten Punkt. Die Agentur hat nicht nur eine Strukturkommission gefordert, die nicht nur schon eingerichtet ist, sondern auch das erste Mal getagt hat - das ist sehr lobenswert -, sondern sie hat auch gefordert, dass die Berufungskommission an der Universität Flensburg „über
wiegend oder ausschließlich extern zu besetzen seien“. Eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte Empfehlung, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte. Jeder, der sich ein wenig in der Hochschullandschaft auskennt, sollte die Zeichen der Zeit erkannt haben.
Für uns bleibt: Der Universitätsstandort Flensburg ist nicht verzichtbar. Wir brauchen die Universität Flensburg mit ihrer Lehrerausbildung und den deutsch-dänischen Studienangeboten als zentralen Profilen.
Mit allen Hochschulen in unserem Land haben wir mit den Zielvereinbarungen eine vernünftige Perspektive formuliert. Es bleibt unsere Aufgabe als Parlament, diesen Prozess kritisch zu begleiten. Wir als SPD-Fraktion werden das tun, und ich bin sicher, die anderen Fraktionen des Hauses auch, wenn auch manchmal mit etwas anderen Vorzeichen, Frau Birk, aber das werden Sie uns sicherlich gleich vortragen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Jürgen Weber und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die von der Landesregierung mit den Hochschulen beschlossenen neuen Zielvereinbarungen lässt sich generell das sagen, was der Universitätsrat Schleswig-Holstein im Hinblick auf die Vereinbarungen mit den Universitäten festgestellt hat: Sie sind stark an einem Katalog operativer Maßnahmen orientiert, sprechen aber eine strategische mittel- bis längerfristige Zielsetzung deutlich weniger an.
Hinzu kommt die Unsicherheit darüber, was sich gegebenenfalls aus weitreichenden Ankündigungen und Absichtserklärungen der Regierungen von Bund und Ländern in der allernächsten Zeit für den Hochschulsektor ergeben könnte. Dies betrifft einerseits die Verabredungen des Dresdener Bildungsgipfels, über die wir in der vorherigen Plenartagung diskutiert haben, zu denen nach der Bundestagswahl 2009 Konkretisierungsvorschläge vorgelegt werden sollen, und das betrifft andererseits die Fortsetzung des Hochschulpakts ab 2011. Für beides müssten erforderliche Weichenstellungen allfällig im Jahre 2010 erfolgen. Sollten sich daraus nennenswerte Konsequenzen für die Entwicklung der
Hochschulen des Landes ergeben, so fiele dies mitten in die Laufzeit der von der Landesregierung vorgelegten Zielvereinbarungen. Vieles spräche dann dafür, die bis 2013 terminierten Vereinbarungen vorzeitig durch ein mittel- bis längerfristiges Konzept zu ersetzen, das auch die vom Universitätsrat angemahnten strategischen Zielsetzungen für die schleswig-holsteinische Hochschulentwicklung deutlicher und besser formulieren sollte.
Studienangebote und Hochschulforschung lassen sich nicht kurzfristig herauf- und herunterfahren wie die Stromerzeugung eines Kraftwerks. Hochschulen brauchen Planungssicherheit, denn nur so können sie eine vernünftige Entwicklung von Personal und Infrastruktur steuern. Ein buntes Nebeneinander von Sonderprogrammen, Initiativen, Gipfelaktionen und zeitlich damit überlappenden landeseigenen Fünfjahresplänen bietet hierfür meines Erachtens keine wirklich solide Grundlage.