Protocol of the Session on December 11, 2008

Im Hinblick auf die Bildungsbeteiligung der Schülerinnen und Schüler der einzelnen Schularten im Rahmen von PISA ist es aber durchaus wichtig zu wissen, wie hoch der Anteil derjenigen ist, die in den Bundesländern die Förderschulen besuchen. Nehmen wir das Bundesland Sachsen, das zum neuen Star 2006 erklärt wurde. Sachsen hat gut 289.000 Schülerinnen und Schüler auf den allgemeinbildenden Schulen. Das sind etwa 10.000 Schüler weniger als in Schleswig-Holstein. In Sachsen leben aber rund 1.400.000 Einwohner mehr als bei uns. Nach der letzten Statistik gibt es in Sachsen 18.250 Förderschüler, in Schleswig-Holstein bei höheren Schülerzahlen lediglich 9.100, weniger als die Hälfte. In allen neuen Bundesländern, die sich ja so gut entwickelt haben, ist der Anteil der Förderschüler erheblich höher als bei uns. Und gleichwohl ist anzumerken, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migration in diesen Bundesländern erheblich kleiner ist als in Schleswig-Holstein. Beide Aspekte sind also vorteilhaft für die neuen Länder, also im Bundesvergleich.

Lassen Sie mich auch die Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Bildung in den Bundesländern etwas näher beleuchten. Die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen galten gegenüber Schleswig-Holstein eigentlich immer als Referenzländer: ähnliche Bevölkerungszahlen, ähnliche Strukturen, viel ländlicher Raum, keine besonders großen Oberzentren.

(Sylvia Eisenberg)

Alle drei neuen Länder haben starken Bevölkerungsverlust zu beklagen. Sachsen-Anhalt hat derzeit weniger als 60.000 Schülerinnen und Schüler in den Grundschulen, Thüringen weniger als 64.000. Schleswig-Holstein hat so viele Schülerinnen und Schüler in den Grundschulen wie beide Bundesländer zusammen. Noch ein Vergleich: In Sachsen sind es 112.000 Grundschüler, aber, wie gesagt, dort leben 1,4 Millionen Einwohner. Das bedeutet natürlich auch, dass die Frage der Finanzierung von Bildung in den neuen Ländern eine wesentlich größere Rolle spielt als bei uns. Entsprechend sind die Folgen. Die Schulen werden kleiner, die Klassenfrequenzen geringer.

So geht es vielfach in den neuen Bundesländern um den Erhalt von Schulen und Lehrerarbeitsplätzen. Der Lehrerberuf ist in den neuen Bundesländern kein Vollzeitberuf mehr, außer für Schulleiterinnen und Schulleiter. Die Mitglieder des Bildungsausschusses haben das in Dresden vom damaligen sächsischen Kultusminister Steffen Flath persönlich erfahren. Es gibt grundsätzlich nur 0,8 Stellen in den Schulen im Angestelltenbereich der Vergütungsgruppe E 12. Für diejenigen, die sich an den BAT erinnern: BAT III. Das sind Rahmenbedingungen für den Lehrerberuf, die heute keiner der Berufskolleginnen und -kollegen hier akzeptieren würde.

Es gibt aber unter den Lehrerkollegien in den neuen Ländern den festen Willen, mit viel Einsatz Schulstandorte zu erhalten, wenn eine Regelschule oder Mittelschule an die 120 Schülerinnen und Schüler hat. Wir müssen leider feststellen, dass vielerorts hier bei uns nicht die Bereitschaft der Kollegien zur Weiterentwicklung des Schulsystems besteht.

Es lohnt sich schon, dass man sich in der PISAStudie mit dem - wie ich es nenne - „Kleingedruckten“ beschäftigt, oder mit der Methode, und zwar insbesondere, um festzustellen, warum wir denn einen bestimmten Platz auf der Ranking-Liste einnehmen. Ich nehme hier als Beispiel das Thema Lesekompetenz. Da stehen wir auf der Länderliste auf Platz 12 mit 485 Kompetenzpunkten - schon oft erwähnt -, drei Plätze vor uns das Bundesland Berlin mit 488 Punkten. Berlin hat von der Schulstruktur her etwas Ähnliches wie wir: Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, integrierte Gesamtschulen.

Ich gehe dann, was die Schularten betrifft, in die Schularten-Kompetenz-Länderliste: Berlin verzeichnet bei den Gymnasien 585 Punkte, Schleswig-Holstein ebenfalls 585; da sind wir gleich. Die Realschulen Berlins haben 484 Punkte, SchleswigHolsteins Realschulen 511 Punkte, also 27 Punkte

mehr als die Berliner. Die Gesamtschulen Berlins haben 451 Punkte, Schleswig-Holsteins Gesamtschulen 503, also 52 Punkte mehr. Die Hauptschulen Berlins 355 Punkte, unsere Hauptschulen 387 Punkte, also 32 Punkte mehr. Alle Schularten in Schleswig-Holstein schneiden besser ab als die Schularten in Berlin.

Angesichts dieser Feststellung ist klar: Entscheidend für die Ermittlung des Kompetenzwertes ist nicht zwangsläufig die Leistungsfähigkeit der einzelnen Schularten in einem Bundesland, sondern entscheidend ist die Bildungsbeteiligung, also wie viele Schüler und Schülerinnen insgesamt ihren Anteil in den einzelnen Schularten wahrnehmen. Da steht Schleswig-Holstein noch ganz im dreigliedrigen System mit dem geringsten Anteil an Gymnasiasten und neben Bayern mit dem höchsten Anteil an Hauptschülerinnen und Hauptschülern.

Das heißt: Hast du viele Gymnasiasten, seien sie auch nur durchschnittlich, wird dein Kompetenzwert hoch, und dann spielen auch schlechte Hauptschulen, wenn sie nur in einem geringen Anteil vorhanden sind, keine so große Rolle. So ermittelt sich der PISA-Wert.

Meine Damen und Herren, ich habe das mal untersucht am Beispiel der Bildungsbeteiligung des Kreises Stormarn. Dort liegt der Anteil der Hauptschülerinnen und Hauptschüler bei 8,8 % im Jahre 2006 und der Anteil der Gymnasiasten bei 45 %. Der Kreis Stormarn läge, wenn man diese Formel zugrunde legte, im Kompetenzwert „Lesen“, wenn wir ihn so übertragen würden, deutlich über Finnland. Es ist also wirklich die Frage: Wie ist die Bildungsbeteiligung in den einzelnen Schularten?

Das kann für uns nur die Schlussfolgerung haben: Wir müssen - wir sind ja auch dabei - die Hauptschulen abschaffen! Es gibt weder organisatorische noch pädagogische Gründe, diese Schulform auch als eigenständigen Bestandteil einer organisatorischen Verbindung in die Zukunft zu tragen. Aus diesen Gründen heraus gibt es auch keinen Grund dafür, die Realschule als eigenständige - ich sage mal hauptschülerfreie - Schule zu erhalten. Darüber werden wir noch in dieser Tagung sprechen müssen. Diese Erkenntnis müsste eigentlich inzwischen auch Herrn Dr. Klug erreicht haben, auch wenn er so heftig vom Verband des VdR als vermeintlicher Retter der Realschulen gefeiert wird.

Wir haben mit der Verabschiedung des Schulgesetzes im Januar des letzten Jahres genau die richtigen Weichen gestellt. Leider aber werden wir frühestens im Schuljahr 2013/14 erstmals 15-Jährige

(Dr. Henning Höppner)

haben, die die Regional- und Gemeinschaftsschulen seit dem Aufbau 2008/09 besuchen. So wird es also noch zwei weitere PISA-I- und PISA-E-Studien 2009 und 2012 geben, die in Schleswig-Holstein mit den Schülerinnen und Schülern des dreigliedrigen Schulsystems operieren müssen.

In unseren Schulen wird derzeit viel über neue und eine zu hohe Anzahl von Regelungsinstrumenten geklagt, die den Schulalltag zusätzlich belasten. Ich kann den Unmut der Kolleginnen und Kollegen aus der Lehrerschaft nachvollziehen. Ich sehe aber jetzt im Verlauf des letzten Jahres eine wachsende Bereitschaft, den eingeleiteten Reformprozess aktiv mitzugestalten. Dieser Prozess motiviert auch zunehmend Eltern, sich innerhalb der Schule zu engagieren. Der Reformprozess motiviert jetzt auch die Schulträger, endlich wieder etwas für ihre Schule zu tun. So wird endlich wieder investiert in Schulen und Ausstattungen und nicht gewartet, was angesichts der demografischen Entwicklung so passieren wird mit den Schulstandorten.

Würden die Schulstrukturen nämlich so bleiben, wie sie sind, so würde bei den Schulträgern das eintreten, was wir seit Ende der 80er-Jahre erlebt haben, als die Schülerzahlen stark sanken: keine Investitionen, sondern eine Nutzung der vorhandenen Substanzen. Das stellt sich heute, insbesondere bei vielen großen Schulträgern, als Mangel in der Sachausstattung dar. Wir haben auch hier aufgrund der Investitionsprogramme des Landes und des Bundes neue Perspektiven.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Kompetenzentwicklung oder - einfacher gesagt - die Entwicklung der Leistungsfähigkeit unserer Schulen braucht einen langen Atem, auch was die Ergebnisverbesserung in den PISAStudien angeht. Das war uns bei den Entscheidungen zur Veränderung unseres Schulsystems bewusst. Wir sind aber wirklich auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben schon sehr viel Zahlenmaterial genau untersucht. Daher kann ich mir einige Passagen sparen. Dafür bin ich sehr dankbar; denn wir brauchen wirklich eine sachliche Debatte.

Fest steht: Noch immer haben die Schulen in Deutschland insgesamt keinen wesentlichen Fortschritt in der zentralen Aufgabe erreicht, Schichten, die bildungsfern sind, mehr an einen Bildungserfolg heranzuführen. Im Jahr 2006 war unser Bildungssystem insgesamt noch nicht deutlich gerechter als im Jahr 2001. Zwar haben alle Bundesländer im Trend besser abgeschnitten, das heißt die Schülerinnen und Schüler haben höhere Punktzahlen als vor sechs Jahren erreicht, aber die Durchschnittsbildungsergebnisse der Bundesländer untereinander unterscheiden sich immer noch erheblich. Das ist heute noch nicht gesagt worden: Sie betragen zwischen dem besten und schlechtesten Bundesland immer noch über zwei Schuljahre.

In Schleswig Holstein sind die Lernfortschritte nicht besonders groß ausgefallen. Differenziert sind Herr Höppner und auch die Ministerin hierauf eingegangen. Deswegen ist unser Ranking-Platz da, wo er ist. Man kann sagen, wir seien deutlich abgefallen; man kann auch sagen, wir seien nicht aufgestiegen.

Die Ergebnisse sind zum einen der unterschiedlichen Zusammensetzung der Schülerschaft geschuldet. Großstädte mit einer hohen Arbeitslosigkeit, krassen Unterschieden zwischen Arm und Reich sowie mit einem sehr hohen Anteil an Migrantenkindern, für deren Integration wenig getan wurde, haben eine besonders schwierige Ausgangslage für große Lernerfolge. Diese sozialen Unterschiede haben sich seit 2001 sogar verschärft. Vielleicht kann man deshalb doch bescheiden von einem kleinen Gerechtigkeitserfolg sprechen, da sich das, was sich sozial getan hat, nicht auch noch verschärfend in den PISA-Ergebnissen niedergeschlagen hat.

Schleswig Holstein besitzt einerseits die sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen wie Hamburg im Umland oder beispielsweise Westerland, andererseits aber auch die von Mecklenburg-Vorpommern und Dänemark.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

(Dr. Henning Höppner)

- Die sozialen und kulturellen Bedingungen: kleine Orte, überschaubare Einheiten; viele Kinder gehen noch zur Hauptschule. In kleinen Dörfern ist das noch kein Stigma. - Auf der anderen Seite besteht eine hohe Arbeitslosigkeit, ähnlich wie in Mecklenburg-Vorpommern, und Schulkinder müssen weit reisen. Insoweit sind unsere Strukturbedingungen denen Mecklenburg-Vorpommerns ähnlich. Auf der anderen Seite ist bei uns eine hohe Verdichtung wie im Hamburger Rand und auch eher eine Großstadtbevölkerung mit einem hohen Migrantenanteil zu verzeichnen. Insofern ist Schleswig-Holstein von allem etwas. Deshalb dürfte es besonders interessant sein, wenn wir in unserem Bundesland die regionalen Ergebnisse untersuchen, so wie dies gerade der Kollege Höppner exemplarisch getan hat.

Interessant ist auch, dass die geschlechterstereotypischen Unterschiede nicht abgebaut wurden. Diese Nachricht des PISA-Ergebnisses schafft es leider kaum in die Medienschlagzeilen. Offenbar gelten sie als weniger skandalös als andere Daten. Vielleicht haben deshalb bisher so wenig Bundesländer etwas unternommen, um etwas für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu tun.

Die CDU im Landtag hat gleich nach der Veröffentlichung der neuesten PISA-Ergebnisse an Sachsens Schulsystem erinnert und misst uns daran. Ich möchte an dieser Stelle nur sagen: In der Zeit, über die wir reden - 2005 und auch noch 2006 - haben Sie von der CDU erbittert allen Schulreformversuchen in Schleswig-Holstein widerstanden. Noch heute bekämpfen Sie alle Formen des gemeinsamen Lernens jenseits der 6. Klasse als Fehler. Sie dulden die Gemeinschaftsschule lediglich. Unsere Fraktion hat seit 2003 hier im Landtag für Gemeinschaftsschulen gekämpft. Im Jahr 2004 hat sich die SPD dem angeschlossen. Ich kann an dieser Stelle nur bescheiden darauf hinweisen: Frau Eisenberg, unser Verständnis von Opposition wie auch von Regierungsarbeit beinhaltet das Vorlegen von Konzepten und das Unterbreiten von seriösen Finanzierungsvorschlägen.

Das vermissen wir bei der FDP. Herr Dr. Klug, Sie haben heute wieder Ihr Zahlengedächtnis unter Beweis gestellt. Aber ein Bildungskonzept für dieses Land habe ich von Ihnen seit 1996 nicht wieder gehört.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie waren ja auch jahrelang nicht im Parlament!)

Sie halten immer am Traditionellen fest. Ich sage an dieser Stelle - wir werden in der Realschuldebatte noch darauf zurückkommen -: Zahlengedächtnis

und Populismus allein reichen nicht für gute Bildungspolitik.

Angesichts der Lesedefizite insgesamt war es richtig, dass das Bildungsministerium schon in der letzten Legislaturperiode begann, in Kitas und Grundschulen die Voraussetzungen für das Lesenlernen zu verbessern.

Damit komme ich zu IGLU. Das positive Ergebnis hat alle Bundesländer gefreut. Hier beträgt der Bildungsunterschied - Stichwort Gerechtigkeit - zwischen den Bundesländern nur ein Schuljahr. Auch wenn man zugestehen muss, dass die Testverfahren verschieden sind - es wurden vierte Schuljahre und nicht Kinder gleichen Alters getestet, und in beiden Testverfahren sind, worauf Herr Höppner hingewiesen hat, die Förderschulen außen vor gelassen worden; damit müssen wir uns nicht befassen -, ist dennoch ein Fazit wirklich zwingend: Weitgehend gemeinsames Lernen aller Kinder in den ersten vier Schuljahren hat bessere Ergebnisse als Lernen in getrennten Bildungswegen in den folgenden vier Jahren.

Der Skandal der Grundschuluntersuchung liegt in etwas anderem. Es gibt eine Zensur durch die Kultusministerkonferenz. Ergebnisse, nach denen die Empfehlungen für weiterführende Schulen unabhängig von der Leistung der Kinder vor allem mit Rücksicht auf den Bildungshintergrund der Eltern gegeben werden, durften nicht veröffentlicht werden, obwohl darauf hingewiesen werden muss, dass ein Kind, das einen bildungsfernen Hintergrund hat, trotz guter Noten nicht für das Gymnasium empfohlen wird, weil die Grundschullehrkräfte fürsorglich davon ausgehen, dass es keine Schulaufgabenhilfe durch die Eltern hat und versagen muss. Zumindest diese Fakten wollen Herr Professor Wilfried Bos und sein Team nun auf eigene Faust im Februar 2009 veröffentlichen, wie er der „TAZ“ anlässlich der Veröffentlichung der IGLUBildungsergebnisse mitteilte.

(Zuruf von Frau Ministerin Ute Erdsiek-Ra- ve)

- Ich kann Ihnen nur sagen, Frau Erdsiek-Rave: Wenn Sie andere Erkenntnisse haben, ist es schade, dass Sie diese heute nicht vorgestellt haben. Wenn ein Bildungsforscher, der maßgeblich an den Arbeiten für IGLU beteiligt ist, sagt, er dürfe bestimmte Ergebnisse nicht veröffentlichen, und das unwidersprochen bleibt - mir ist kein Dementi der KMK bekannt -, so muss ich das, wie ich finde, vortragen. Das müssen wir zur Wahrheitsfindung einfach wissen.

(Angelika Birk)

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave: Das stimmt nicht!)

Nun kommen wir zu den Konsequenzen, die wir ziehen müssen. Leider hat es die KMK versäumt, den Bildungsgipfel zu nutzen. Sie hat auch nicht die jetzige Diskussion um die Finanzkrise genutzt, um ein konsequentes Bildungsprogramm als nachhaltige Konjunkturhilfe zu fordern. Wir fördern Spritfresser, anstatt in Bildung zu investieren. Ich danke Frau Bundesministerin Schavan, dass sie in den letzten Tagen wenigstens für die Hochschulen ihre Stimme erhoben hat.

Welche Konsequenzen sollen wir also ziehen? Die erste besteht darin, dass wir gemeinsam mit der Ministerin den Bund nach wie vor daran erinnern müssen, steht hinsichtlich der Bildung finanziell in der Pflicht.

Zweitens müssen wir uns für unser Land sehr genau mit den regionalen und geschlechtsspezifischen Ergebnissen fachöffentlich befassen, um gezielt zu Verbesserungen zu kommen.

Drittens müssen wir das Recht auf einen Hauptschulabschluss - das ist ja unser niedrigster Abschluss, der jetzt in neuen Schulformen erworben werden soll - und das Recht auf einen Ausbildungsplatz gesetzlich verankern, und zwar nicht durch ein Absenken der Standards, wie dies einige Bundesländer wollen - die Äußerungen der letzten Tage hierzu waren skandalös -, sondern durch einen besseren Start von Anfang an, schon im Kindergarten, und durch das Recht auf kostenlose Schulförderung auch über die Pflichtschulzeit hinaus. Eine Förderung, die nicht in Warteschleifen oder in EinEuro-Jobs der Arbeitsagentur endet, sondern tatsächlich in einem Ausbildungsplatz.

Die nächste Konsequenz besteht darin, dass wir den Schulen - ganz gleich, was auf dem Türschild steht, ob nun Regionalschule, Gemeinschaftsschule oder Gymnasium - die Ressourcen nach gerechten Parametern zuteilen. Wer mehr Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Schichten unterrichtet, wer mehr Kinder mit Handicaps integriert, braucht hierfür auch mehr Geld. Mit diesem Umverteilungsprozess wurde begonnen, aber leider gibt es auch den Gegentrend. Wo das Geld vorn und hinten nicht reicht, werden sogar Förderkurse zum Lesen-, Schreiben- und Rechnenlernen für jene, die es besonders schwer haben, wie auch Hausaufgabenhilfe in Ganztagsschulangeboten mancherorts kostenpflichtig. Das darf nicht sein.

Wir erwarten außerdem, dass sich die Konsequenzen nicht nur auf die Fächer beziehen, die bei PISA

getestet werden. Die sogenannten Kernfächer sind nicht allein das, was zu Intelligenz, zur Persönlichkeitsentwicklung, zur Sinnwahrnehmung und zum Bestehen in der Demokratie beiträgt. Wir brauchen gerade auch die Förderung in den musischen, in den sportlichen und in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Das gerät oft ins Hintertreffen, wenn nur noch die Jagd nach guten Testpunkten das Leben im Schulalltag bestimmt. Wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht im Hinblick auf gute Testergebnisse den Unterricht anders strukturieren, als er für die Kinder gut ist.

Wir erwarten, dass die Bildungsministerin zumindest die wenigen Konsequenzen, die wir aus dem Testergebnis ziehen, in den nächsten Monaten und Jahren verfolgt, dass wir den Ganztagsunterricht ausbauen, dass wir zu einer integrierten Lösung kommen und nicht zu einem Vormittagsunterricht und nachmittags irgendetwas. Das versteht sich von selbst. Hier ist uns das ganze Haus sehr viel mehr als früher gefolgt.

Wichtig ist für uns: mehr Bildungserfolg für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern. Daran messen wir die PISA-Ergebnisse. Ich hoffe, dass sie das nächste Mal für unser Land besser ausfallen.