Protocol of the Session on March 17, 2005

Ich lasse also über beide Wahlvorschläge gemeinsam abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit sind die genannten Schriftführerinnen sowie deren Stellvertreter gewählt. Ich gratuliere allen zur Wahl und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.

(Beifall)

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beschlussfassung über die Landtagsgeschäftsordnung

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/8

Dieser Antrag hat Änderungen der Anzahl und der Benennung der Ausschüsse sowie der Sitzverteilung in den Ausschüssen zum Gegenstand. Über diesen Antrag sollte heute entschieden werden, damit sich die Ausschüsse, wie angekündigt, umgehend konstituieren können.

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Kollege Astrup, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlagen Ihnen mit Drucksache 16/8 eine Änderung der Geschäftsordnung vor, die sich im Wesentlichen auf zwei Veränderungen in diesem ersten Zusammenspiel bezieht. Zunächst schlagen wir Ihnen vor, gemäß der Schneidung der Ministerien die Ausschüsse spiegelbildlich sich abbilden zu lassen, was im Endergebnis bedeutet, dass wir einen Landtagsausschuss weniger haben und einen gemeinsamen Umwelt- und Agrarausschuss vorschlagen.

Zu dem zweiten Punkt, den Sie auf der Rückseite der Drucksache finden, gibt es eine etwas ausführlichere Begründung. Wir alle gemeinsam wissen, dass das Wahlergebnis in seiner Konstellation nach der alten Geschäftsordnung des Landtages der 15. Wahlperiode schlicht und einfach zum Ergebnis hat, dass die regierungsbildende Mehrheit, von der wir erwarten, dass sie zustande kommt, die Mehrheit des Plenums nicht in den Ausschüssen widerspiegeln kann. Gleichzeitig ist es nach Artikel 17 Abs. 2 der Landesverfassung so - wie wir alle wissen -, dass die Ausschüsse Entscheidungen vorbereiten und Beschlussempfehlungen

(Holger Astrup)

abgeben sollen, was bei der jetzigen Konstellation im Ergebnis dazu führen würde, dass in den Ausschüssen eine von der Landtagsmehrheit insgesamt abweichende Beschlussempfehlung in den Landtag hineingegeben und gewissermaßen das zu erwartende Ergebnis im Plenum ins Gegenteil verkehrt würde.

(Zurufe von der CDU)

Das wiederum würde im Extremfall bedeuten, dass ganze Gesetzentwürfe in einer Beschlussempfehlung der Mehrheit der Ausschüsse in das Plenum kommen und dort gewissermaßen umgearbeitet werden müssten, um die Mehrheit im Plenum widerzuspiegeln.

(Zurufe von der CDU)

- Das würde wiederum bedeuten, dass es - wenn man es extrem formulieren würde - zu einer Lähmung der Parlamentsarbeit im Plenum kommen würde, wenn unterschiedliche Mehrheiten in Ausschüssen einerseits und im Plenum andererseits nicht dazu führen könnten, dass wir vernünftig arbeiten.

Das ist ein Punkt, der nicht nur uns, sondern auch diejenigen, die sich mit Verfassungskommentaren beschäftigen, schlicht und einfach dazu führen lässt, die Arbeitsfähigkeit des Parlaments insgesamt ein wenig zu kritisieren; die Effektivität würde hier nicht gewährleistet sein - so die Verfassungskommentatoren.

Ich sage Ihnen ein Zweites, was viel schlimmer wäre, dass es nämlich aufgrund der Tatsache, dass die Ausschussmehrheit die Parlamentsmehrheit nicht widerspiegelt, im Extremfall zwangsläufig dazu kommen könnte, dass Entscheidungsvorgänge, Begründungsvorgänge, Diskussionen, Erörterungen in Bereiche verlegt würden, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, beispielsweise in Koalitionszirkeln, beispielsweise in irgendwelche anderen Besprechungen oder Arbeitsgruppen, die nicht nachvollziehbar, nachlesbar in den Protokollen der Ausschüsse den Gang der Geschäftsordnung und der Gesetzesberatung deutlich machen.

(Zurufe von der CDU)

Der Grundsatz der Transparenz und damit der Nachvollziehbarkeit von gesetzgeberischen Abläufen wäre hier nicht so gewährleistet, wie wir das zu erwarten haben. Ein Verfassungsrechtler hält diesen so beschriebenen Zustand für derart unerträglich, dass er ihn als verfassungswidrig ansieht.

Das ist der Grund, weshalb wir natürlich haben überlegen müssen, wie wir eine Ausschussmehrheit herstellen. Ich will das ein wenig verkürzen. Es sind ja unterschiedliche Wege möglich. Um das darzulegen,

reicht die Zeit nicht. Wir schlagen Ihnen mit der Änderung der Geschäftsordnung vor, ein Grundmandat einzuführen in jedem Ausschuss für jede Fraktion oder für jede Gruppierung, die die Rechte einer Fraktion hat.

All denjenigen, die jetzt an der Stelle sagen, das sei ganz schlimm, das sei Neuland, rate ich, einen Blick in die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen zu nehmen. In § 4 Abs. 1 des Untersuchungsausschussgesetzes haben wir diesen Zustand seit Jahr und Tag, wir haben diesen Zustand im Einigungsausschuss gemäß Artikel 20 Abs. 2 der Landesverfassung seit Jahr und Tag und im Moment ist - wenn ich mich nicht irre - im Ablauf der 15. Wahlperiode die Kollegin Spoorendonk gerade Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission, also auch eines Gremiums, das mit einem Grundmandat versehen ist.

§ 1 des Fraktionsgesetzes schreibt vor, dass wir alle beschlossen haben: Der, dem oder den Abgeordneten der dänischen Minderheit stehen die Rechte einer Fraktion zu. - „Die Rechte einer Fraktion“ heißt, dass wir mit dem Akt in der Geschäftsordnung das,

(Zurufe von der FDP)

was das Grundmandat in allen Ausschüssen gewährleistet - -

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Warum haben wir das in den letzten 15 Jahren nicht gemacht?)

- Ich habe das nicht verstanden, Herr Kollege. Könnten Sie mir das gleich noch einmal erklären?

Wir haben das Grundmandat nur durch einen Halbsatz in § 13 Abs. 3 der alten Geschäftsordnung verhindert, weil dort auf die Fünfprozentklausel hingewiesen wird, die in den beschriebenen Gesetzen offenkundig keine Rolle gespielt hat.

Letzter Satz: Wir wollen Ihnen die einfachste und nachvollziehbarste Variante der Lösungsmöglichkeiten vorschlagen, um eine Deckungsgleichheit der Ausschussmehrheit mit der Plenarmehrheit herzustellen und schlagen Ihnen vor, das so zu tun, wie es hier beschrieben ist. Es ist etwas von anderen Fraktionen nie Problematisiertes, nie Kritisiertes oder gar mit dem Wunsch auf Änderung öffentlich gewordenes Verfahren. All diejenigen, die dies insbesondere vor der Presseöffentlichkeit mit Schaum vor dem Mund kommentieren, sollten sich mit dem, was wir schon jetzt an geltendem Recht haben, einmal ein bisschen genauer auseinander setzen.

(Widerspruch bei CDU und FDP)

(Holger Astrup)

Ich hoffe auf Ihre Zustimmung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Herr Kollege Astrup, ich danke Ihnen für diese sehr umfassende Begründung, die schon ein Stück Debattenbeitrag war. Deswegen gestatten Sie mir die Frage: Wird die angemeldete Redezeit von Ihnen gleichwohl wahrgenommen? - Vielen Dank.

Ich teile dem Plenum mit, dass sich die Fraktionen auf eine Redezeit von jeweils fünf Minuten verständigt haben. Kurzbeiträge sind nicht vorgesehen.

Nach dieser umfassenden Begründung darf ich erneut dem Vertreter der SPD-Fraktion das Wort erteilen. - Keine Wortmeldung!

Nach der Eröffnung der Aussprache erteile ich dem Kollegen Maurus für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja eine späte Erkenntnis, zu der der Kollege Astrup gekommen ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Führe ich mir seine Ausführungen noch einmal vor Augen, stellt sich mir in der Tat die Frage, weshalb die Geschäftsordnung - mit den hier angeführten Begründungen - nicht schon früher geändert worden ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch einige Tage zurückblicken. Das Endergebnis der Landtagswahl vom 20. Februar macht es deutlich: CDU 40,2 %, SPD 38,7 %, FDP 6,6 %, Grüne 6,2 %, SSW 3,6 %. In Gewinnen und Verlusten heißt das: SPD - 4,4 %, FDP - 1 %, Grüne 0,0 %, SSW - 0,5 %, CDU + 5 %. An diesem Ergebnis wird deutlich: SPD und Grüne sind abgewählt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteiner wollten den Wechsel, aber nicht so die Wahlverlierer und so nicht der SSW. Die von Ihnen nun angestrebte und vom SSW gestützte rot-grüne Minderheitsregierung ist ein absolutes Novum in der Bundesrepublik.

(Jürgen Weber [SPD]: Blödsinn! - Dr. Hei- ner Garg [FDP]: Blödsinn, ist richtig!)

Sie ist auch keine Minderheitsregierung nach skandinavischen Vorbild. Denn dort wird nicht der Wahl

verlierer, sondern in aller Regel der Wahlgewinner toleriert.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die von Ihnen nun angestrebte und vom SSW gestützte rot-grüne Minderheitsregierung ist ein Konstrukt, das Sie hier noch veranlasst, durch eine Änderung der Geschäftsordnung eine Mehrheit in den Ausschüssen zu konstruieren.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Wie war das denn eigentlich vor der Wahl? - Die „Welt“ vom 27. Dezember 2004: Simonis will sich nicht vom SSW tolerieren lassen. „Lübecker Nachrichten“ vom 19. Dezember 2004: Ministerpräsidentin Heide Simonis hat einer Minderheitsregierung bereits eine klare Absage erteilt. In den Augen der Menschen sei die duldende Partei das Engelchen, die geduldete Partei das Ferkelchen.