Protocol of the Session on September 26, 2003

Existenzgründer und kleinere Unternehmen von der Gemeindewirtschaftsteuer. Die Steuermesszahl wird einheitlich von 5 auf 4 % gesenkt, für Personenunternehmen auf 3 %.

Durch den Entwurf Schleswig-Holsteins erhalten die Kommunen im mittelfristigen Schnitt rund 7 Milliarden € mehr pro Jahr gegenüber der jetzigen Situation und rund 4 Milliarden € mehr, als der Entwurf der Bundesregierung vorsieht. Nach überschlägigen Schätzungen hätten schleswig-holsteinische Kommunen 175 Millionen € mehr in den Kassen und das bräuchten sie dringend.

(Beifall bei der SPD)

Das letzte Mal hat der Finanzminister hier gesagt: Die FDP hat immerhin eine Haltung, wenn sie auch kommunalfeindlich ist. Die CDU ist zerstritten und weiß nicht, was sie will. Heute ist die CDU einen Schritt weiter. Sie hat die kommunalfeindliche Haltung der FDP übernommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Herr Carstensen hat mitgeteilt, dass jetzt auch die CDU die Gewerbesteuer abschaffen will.

(Zurufe von CDU und FDP)

Während auch die CDU-geführten Kommunen vorgestern in Berlin für eine eigenständige und verlässliche Gewerbesteuer demonstriert haben, stehlen Sie sich in eine Pseudo-Übergangslösung und entlassen die Unternehmen Stück für Stück aus ihrer grundgesetzlich festgelegten gesellschaftlichen Verantwortung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass der Landkreistag in diesem Moment aus der Einheit der Kommunen ausgebrochen ist, verstehe, wer will. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen nach Kräften bei ihrem Kampf um ihre Eigenständigkeit, ohne die mehr als ausgereizten Landeshaushalte übermäßig zu belasten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wie soll dagegen Schleswig-Holstein die Unionsvorschläge einer abgesenkten Gewerbesteuerumlage verkraften? Das wären 2004 über 48 Millionen € Mindereinnahmen für das Land. Dazu höre ich hoffentlich noch etwas, wie das gelöst werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Unser Vorschlag wird sicherlich nicht eins zu eins umgesetzt werden, wir sind keine Fantasten, aber die

(Minister Klaus Buß)

Kommunen brauchen in diesem Herbst eine Entscheidung für eine nachhaltige Strukturreform der Gemeindefinanzen. Sie brauchen weder Almosen noch Übergangslösungen. Dafür verbessert unser Vorschlag die Chancen im Vermittlungsausschuss.

Die „Süddeutsche Zeitung“ von gestern berichtet von der Protestkundgebung der Kommunen und zitiert die Präsidentin des deutschen Städtetages, Petra Roth, übrigens auch Mitglied der CDU, mit der Aufforderung, dem Vorschlag Schleswig-Holsteins im Bundesrat zuzustimmen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Frau hat Recht. Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, Sie sollten Frau Petra Roth in ihrer Auffassung folgen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht und eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Buß, wie eine Steuererhöhung, die Sie heute im Bundesrat vorschlagen, von 4,6 Milliarden € ein Beitrag für Wachstum und Beschäftigung sein soll, wird Ihr Geheimnis bleiben. Das konnten Sie hier in fünf Minuten auch nicht erklären.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Landesregierung will nämlich die Gewerbesteuer nach oben fortentwickeln. Rot-Grün will die Steuern in Deutschland insgesamt um 4,6 Milliarden € jedes Jahr erhöhen. Wahrscheinlich hat die Landesregierung deswegen so lange mit dieser Information gewartet. In ihrer Presseerklärung vom 9. September 2003 stand davon nämlich kein Wort drin. - 4,6 Milliarden € jährlich mehr!

Der heute im Bundesrat anwesende Minister Dr. Stegner ist wirklich das politische Ziehkind von Frau Simonis - das ist richtig, politische Windstille will er durch höhere Steuern wettmachen, vom Möchte-gern-Strukturminister zum Minister des strukturellen Chaos.

(Zurufe von der SPD)

In seinem Haushaltsentwurf hat er einen Aufschwung veranschlagt. Trotzdem will er das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht für gestört erklären, damit er mehr Schulden machen darf für seine ungedeckten Schecks, für Ihre ungedeckten Schecks. Jetzt wird uns ein Gesetz vorgelegt, in dem die Steuern um - ich sage das noch einmal, ich sage das gerne - 4,6 Milliarden € erhöht werden sollen.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, was für ein Chaos und was für schädliche Signale an Menschen und Unternehmen, und zwar nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in ganz Deutschland!

(Beifall bei FDP und CDU)

Diese Art finanzpolitischer Kontinuität, kontinuierliches Chaos durch Widersprüche bei höheren Steuern, wird die Anreize nicht stärken, mehr zu verbrauchen und mehr zu investieren.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ganz im Gegenteil, falls ein schwacher Aufschwung gerade beginnen sollte, würde er durch diesen Gesetzentwurf abgewürgt und die Arbeitslosigkeit mitnichten gesenkt, sondern gesteigert werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich freue mich wirklich auf den Bundeskanzler. Denn der Bundeskanzler wird begeistert sein über Ihren Gesetzentwurf.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das sehe ich schon!)

Schließlich hat er versprochen, dass die Wirkungen des Vorziehens der Steuerreform, die übrigens heute im Bundesrat abgestimmt werden soll - - Heute soll im Bundesrat darüber beschlossen werden, Steuern zu senken, und Schleswig-Holstein kommt mit einem Gesetzentwurf, die Steuern zu erhöhen. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei FDP und CDU)

Es war der Bundeskanzler, der versprochen hat, dass die Wirkungen des Vorziehens der Steuerreform nicht an anderer Stelle aufgehoben werden sollen. Herr Minister Buß, meinen Sie, er ist begeistert und glaubt, dass die 4,6 Milliarden €-Steuererhöhung ein Beitrag zu seiner Verlässlichkeit sind?

Aber der Gesetzentwurf lässt auch die Ministerpräsidentin unglaubwürdig dastehen. Sie hat schließlich gesagt, bei der Gemeindefinanzreform dürfe nicht einer bestellen, was jemand anderes bezahlen muss. Jetzt sollen die Gemeinden knapp 7 Milliarden € mehr bekommen, die Länder 460 Millionen € weni

(Dr. Heiner Garg)

ger, der Bund fast 2 Milliarden € weniger, 4,6 Milliarden € sind höhere Steuern. Der Bund soll viermal mehr als die Länder für das bezahlen, was die Landesregierung bestellt. Wie passt das zu den Worten von Heide Simonis? Wahrscheinlich hat sie an dieser Stelle wieder nur so dahergeredet. Gut, dass kennt man.

Die Landesregierung will auf Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten Gewerbesteuer erheben.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das ist schon jetzt so!)

Wer 50.000 € Gewinn macht, soll auf 60.000 € - gucken Sie einmal in den Gesetzentwurf, Kollege Neugebauer - Steuern zahlen. Das ist doppelter ökonomischer Unsinn.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf des Ab- geordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Weil der Kollege Neugebauer genau weiß, dass das absoluter Käse ist, brabbelt er hier dauernd dazwischen.

Die Landesregierung hat anscheinend vergessen, dass zu jeder Zahlung immer zwei gehören. Jeder dieser Zahlungen steht eine genau gleich hohe Einnahme gegenüber und die wird versteuert. Jetzt will RotGrün diese Geldströme aber ein zweites Mal besteuern. Diese doppelte rot-grüne Dividende der Gewerbesteuer bremst Wachstum, bremst Beschäftigung und vernichtet Arbeitsplätze.

(Beifall bei FDP und CDU - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Wo ist eigentlich der Wirt- schaftsminister?)

Die Landesregierung will Freiberufler Gewerbesteuer zahlen lassen. Das verursacht bei den unterbesetzten Finanzämtern mit vielen unterbezahlten Finanzbeamten erheblichen Mehraufwand - das alles natürlich bei gekürztem Weihnachtsgeld - und gleichzeitig - so sagt die Landesregierung - „werden kleine und mittelständische Unternehmen, Gewerbetreibende und Freiberufler weitgehend nicht belastet“.

Der Staat bekäme von den Freiberuflern nur wenig, gäbe dafür aber viel aus. Auch das wäre ökonomischer Unsinn. Das haben Sie erkannt und deswegen sollen die Gewerbetreibenden jetzt richtig zur Kasse gebeten werden.

(Beifall bei der FDP)