Die Politik muss nun vorrangig den Menschen zur Seite stehen, die ihre Arbeit verlieren und denen unser Mitgefühl gilt. Dabei hat die Politik zum einen die Aufgabe, bei der Entwicklung einer Auffanglösung behilflich zu sein. Ob im Ergebnis eine Beschäftigungsgesellschaft der optimale Weg ist, muss sich in intensiven Gesprächen zwischen Firmenleitung, Betriebsrat und gekündigten Mitarbeitern erweisen. Dass Motorola einen Sozialplan aufstellen muss, versteht sich von selbst.
Zum anderen muss die Politik alles tun, um die restlichen 1.200 Arbeitsplätze für die Region Flensburg zu retten. Dazu gehört eine vernünftige sachliche Auseinandersetzung mit der Firma darüber, welche Teile der gewährten Zuschüsse in Höhe von 20 Millionen € unter welchen Modalitäten zurückzuzahlen sind. Ohne Zweifel muss mit öffentlichem Geld sorgsam umgegangen werden, aber es gibt auch keinen Zweifel daran, dass es ein großes öffentliches Interesse am Erhalt dieser 1.200 Arbeitsplätze für die Region gibt. Ich denke, Wolfgang Börnsen hat auch einen guten Vorschlag gemacht, der in die Richtung geht: Setzt das Geld so ein, dass eine Abwanderung verhindert wird.
Schließlich gehört aber auch die Gestaltung des Klimas dazu, das einen Investor, noch dazu einen ausländischen, umgibt. Hier muss ich die Ministerpräsi
dentin auf das Schärfste für ihre Aussage am 17. September im „Schleswig-Holstein-Magazin“ kritisieren:
„Ich kriege immer in der Zwischenzeit leicht Atemnot, wenn ich höre, dass ein amerikanisches Unternehmen ein deutsches Unternehmen entweder ganz übernommen hat oder sich daran beteiligt, weil Amerikaner eine vollkommen andere Vorstellung haben von Sich-verantwortlich-Fühlen für den Betrieb.“
Meine Damen und Herren, 1999, als das neue Gebäude von Motorola mit großem Brimborium eingeweiht wurde - ich war auch eingeladen und war ganz glücklich darüber -, konnte ich nicht feststellen, dass Frau Simonis, sitzend neben Botschafter Kornblum und dem Deutschlandmanager Quinkert, an irgendwelcher Atemnot gelitten hätte. Im Gegenteil, damals verkündete Frau Simonis:
„Ich hoffe, dass unsere deutschen Unternehmer sich auch mal ein bisschen ernsthafter mit den amerikanischen Lebens- und Arbeitsbedingungen beschäftigen, damit nicht immer nur der Satz kommt: In Amerika ist alles anders. Es ist gar nicht so ganz anders.“
Frau Simonis, das alte Sprichwort wird leider bestätigt: „Der Erfolg hat viele Väter. - In Notlagen lernt man die Qualität seiner Freunde kennen.“ Glauben Sie wirklich, dass solche Äußerungen dem Standort Motorola in Flensburg wirklich gut tun? Glauben Sie, dass Sie mit solchen Äußerungen weitere ausländische Investoren anlocken, wenn die sehen, dass man bei Erfolg bejubelt wird und bei nachlassendem Erfolg auch noch einen verbalen Tritt bekommt?
Im Interesse der Menschen in Flensburg fordere ich Sie auf, Frau Simonis, Ihre Zunge in Zaum zu halten und genau wie der Wirtschaftsminister das persönliche Gespräch zu suchen. Es reicht nicht, nur zum Tanzen nach Flensburg zu kommen, man muss auch dabei sein, wenn es wirklich einmal ernst wird.
Ich glaube nicht, dass die Mitarbeiter von Motorola bis heute das Gefühl haben, dass Sie persönlich sich sehr ernsthaft um sie kümmern wollen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es trifft eine Region, die ohnehin schon ganz besonders gebeutelt ist, aber ganz besonders sollten wir heute - und das wird aus den Beiträgen der Vorrednerin und des Vorredners klar - und müssen wir heute vor allem an die Mitarbeiter und an deren Familien denken. Denn da hängen noch mehr Schicksale dran, die Mitarbeiter haben Familien, Frauen, Kinder.
Wenn wir an die Familien und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denken, dann müssen wir, die wir hier Politik verantwortlich gestalten wollen, uns bei allen Entscheidungen, die wir treffen und die wir noch zu treffen haben, immer wieder fragen: Welche Zukunftschancen haben diese Menschen eigentlich in dieser Region; welche Zukunftschancen wollen wir ihnen in der Region, welche Zukunftschancen wollen wir den Menschen in Schleswig-Holstein in Zukunft eröffnen, oder welche verwehren wir ihnen möglicherweise durch eine bestimmte Politik, die das eine oder andere Mal in eine falsche Richtung gehen mag? Auch das klang bereits an, ob amerikanisches Unternehmen, ob die Mutter in den USA sitzt oder nicht, Motorola ist nicht der einzige Fall. Ich darf daran erinnern, dass wir uns allein hier in Kiel mit dem Fall HDW, mit Heidelberger Druck und mit Caterpillar beschäftigt haben. Deswegen stellt sich für mich heute auch die Frage: Tut diese Landesregierung tatsächlich genug, um die Rahmenbedingungen für Wirtschaft, für Unternehmen in Schleswig-Holstein wirklich optimal zu gestalten?
Ich will hier heute überhaupt keine ausgedehnte Regierungsschelte anstellen, weil ich denke, es ist weder die Zeit noch der richtige Moment dazu, aber man wird ja wohl fragen dürfen, ob das, was hier bisher unter Strukturpolitik gelaufen ist, so insgesamt richtig war, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will Ihnen auch ganz deutlich sagen, ich finde einen Umweltstaatssekretär, der in einer Ausschusssitzung kund tut, er kämpfe gerade gegen ein Gewerbegebiet, etwas sehr merkwürdig.
Ich sage Ihnen für meine Fraktion, mir ist im Zweifel die Ausweisung von Gewerbegebieten, wo Menschen Arbeit finden, immer noch wichtiger als die Ausweisung von NATURA-2000-Gebieten.
Hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, appelliere ich dringen an alle, an die Landesregierung, an die sie tragenden Fraktionen, dass sich in der Einstellung wirklich etwas ändern muss.
Herr Kollege Hay hat gesagt - und da sind wir völlig einer Meinung -, auch in Zukunft müsse aus GAMitteln, solange sie denn noch fließen mögen, Kollege Hay, auch in Arbeitsplätze investiert werden. Das ist völlig in Ordnung. Aber war es nicht gefährlich, den Menschen zu versprechen, man baue dort 3.000 Arbeitsplätze auf, wenn jetzt auf 1.200 Arbeitsplätze zurückgegangen werden soll?
- Richtig, aber ich habe niemanden aus der Landesregierung gehört, der diesen Aussagen widersprochen hätte.
Ich will ganz deutlich sagen, dass die Konzentration auf eine einzige Technologie offensichtlich die falsche strukturpolitische Entscheidung der Landesregierung war. Frau Heinold, deshalb war Ihr Durcheinandergerede völlig fehl am Platz!
Ich hoffe und erwarte von der Landesregierung, dass sie hieraus ihre Lehre zieht und in Zukunft sowohl Hightech-Technologien als auch die so genannte Lowtech-Technologie - der Kollege Kayenburg nannte sie - fördert. Frau Schmitz-Hübsch, das erwarten Sie auch, nur haben Sie das jetzt infrage gestellt.
Das ist wohl das Mindeste, was man nach diesem strukturpolitischen Desaster erwarten darf. Diese Forderung wird man wohl an die Landesregierung stellen dürfen, ohne dass man von dieser Seite des Hauses mit entsprechenden Zwischenrufen überzogen wird!
Ich bin fest davon überzeugt, dass den Menschen in dieser Region - insbesondere aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - mit Beileidsbekundungen allein am wenigsten geholfen ist. Frau Ministerpräsidentin, ich hoffe und wünsche mir heute, dass von der
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entlassungen von Motorola sind ein schwerer Schlag für die betroffenen Menschen, ihre Familien und die ganze Region. In dieser Stunde gehört natürlich ihnen und den Betriebsräten, die extra aus Flensburg gekommen sind und die ich herzlich begrüße, unsere Solidarität.
Meine Fraktion unterstützt die Bemühungen des Betriebsrates, der IG Metall und Minister Rohwers, eine Auffanggesellschaft für die vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bilden. Ich hoffe, dass es gelingt, von den Subventionszahlungen für Motorola einen wichtigen Teil der Mittel dafür einzusetzen, dass die Arbeitslosigkeit in Flensburg nicht erneut ruckartig an die Spitze des Landes rückt. Ich hoffe, dass es Möglichkeiten gibt, über den Zeitraum der nächsten zwei Jahre möglichst vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Firma über Umschulung oder andere Möglichkeiten eine Perspektive zu geben.
Natürlich fragt man in einer solchen Situation, was und ob etwas falsch gemacht wurde. Herr Garg, so, wie Sie das angegangen sind, hat Ihre eigene Fraktion mit rotem Gesicht nach unten geguckt.
Ich frage: War es falsch, Motorola nach SchleswigHolstein zu holen? War es falsch, dass Heide Simonis nach Chicago gejettet ist, um das Werk zu retten?