Protocol of the Session on August 27, 2003

(Rainer Wiegard [CDU]: 200 Millionen sind kein Einbruch, Herr Hentschel! Das ist dummes Zeug! - Martin Kayenburg [CDU]: Das ist schön, dass Sie wenigstens akzeptie- ren, dass ein Verfassungsbruch vorliegt! - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Hören Sie genau zu!)

Es gelang, einen verfassungsmäßigen Haushalt vorzulegen, obwohl die Investitionen nicht heruntergefahren werden, sondern mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm sogar ein zusätzlicher Wachstumsimpuls vorgeschlagen wird. Wenn Sie das, ein zusätzliches Wachstumsprogramm mit einem Volumen von 100 Millionen €, das Investitionen von 500 Millionen € auslöst, ein lächerlich kleines Programm nennen, Herr Kayenburg, weiß ich nicht mehr, in welcher Welt wir leben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Die Einhaltung der Verfassungsgrenze war nur möglich, weil es sich wieder um einen radikalen Sparhaushalt handelt. Gleichzeitig werden die Weichen für erforderliche Strukturmaßnahmen gestellt, um zu einer mittelfristigen Senkung der Personalkosten und der Verwaltungskosten zu kommen.

Ich erinnere an dieser Stelle gern an das erfreuliche Angebot des CDU-Vorsitzenden und des CDU-Fraktionsvorsitzenden vom Oktober letzten Jahres. Sie beide haben versprochen - ich habe das schriftlich -, den Konsolidierungskurs konstruktiv mit zu begleiten. Auf dieses Angebot werde ich zurückkommen. Ich hoffe, Sie werden sich auch in den kommenden Monaten daran erinnern, wenn die Interessengruppen im Land ihre Forderungen stellen und vor dem Landeshaus demonstrieren.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das Landwirtschaftsministerium wurde aufgelöst. Jetzt gibt es ein einheitliches Verbraucherschutzministerium und das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium sind zusammengelegt. Ich bedanke mich hier ausdrücklich für die Unterstützung des CDU-Vorsitzenden, der genau das letztes Jahr gefordert hat.

Der vorgelegte Haushalt macht deutlich, dass diese Entscheidung sinnvoll war. Dem Umwelt- und Landwirtschaftsminister ist es dank der Umweltabgaben, durch eine Umschichtung der Mittel hin zu einer artgerechten und umweltverträglichen Landwirtschaft und durch Nutzung der neuen Möglichkeiten der EULandwirtschaftspolitik wie der Modulation gelungen, zusätzliche EU-Mittel und GA-Mittel zu binden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das nützt der Landwirtschaft. Das nützt auch der Umwelt, wenn die Landwirtschaft stärker auf nachhaltige Bewirtschaftungsarten setzt. Und es nützt dem Land. Denn die intakte Natur ist nicht nur ein Wert an sich. Sie bedeutet Lebensqualität für die Menschen. Sie ist ein wichtiger weicher Wirtschaftsfaktor, wie der Jahresbericht des Wirtschaftsminister deutlich gemacht hat. Sie ist ein zentraler Faktor für unseren wichtigsten Devisenbringer, den Tourismus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Durch eine Anhebung der Grundwasserentnahmeabgabe wird es darüber hinaus möglich, trotz sinkender Landeszuschüsse wieder die Neuwaldbildung zu fördern. Ich bedanke mich hier auch für die Unterstützung durch die Kreistage von Nordfriesland und Rendsburg-Eckernförde, die mit den Stimmen der CDU-Mehrheiten die Forstförderung durch die Grundwasserentnahmeabgabe gefordert haben, die der Umweltminister jetzt umsetzt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

(Karl-Martin Hentschel)

Die Erhöhung der Grundwasserentnahmeabgabe um durchschnittlich 2,60 € pro Person im Jahr ist moderat. Sie ist auch vertretbar, weil Schleswig-Holstein durch seine intakte Natur die niedrigsten Wasserpreise im Bundesgebiet hat.

Mittelfristig werden Maßnahmen wie die Förderung von artgerechten Ställen, das Biomasseprogramm und der Bau von Biogasanlagen sowie die Forstförderung sogar zu einer guten Grundwasserqualität beitragen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Bei einem Sinken der Bodenbelastung wird ein überdurchschnittlicher Zugriff auf preiswertes Grundwasser möglich, was wiederum die Wasserpreise senkt. Das ist ein Beispiel dafür, dass vorsorgende Umweltpolitik sich letztlich auch für die Verbraucherinnen und die Verbraucher und die Wirtschaft rentiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Im Zentrum dieses Haushalts steht die Bildungspolitik. Dies entspricht meiner Überzeugung. Denn Bildung ist die wichtigste Investition in die Zukunft des Landes.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Sowohl im Jahr 2004 wie auch im Jahr 2005 werden - wie versprochen - jeweils 200 neue Lehrerstellen geschaffen. Zusätzlich werden in den beiden Jahren 20 Millionen € für das Programm gegen den Unterrichtsausfall bereitgestellt. Die Hochschulen bekommen mit dem Hochschulvertrag für die kommenden fünf Jahre Finanzsicherheit.

Aber das reicht nicht aus. Die PISA-Studie hat uns gelehrt, dass die Qualität eines Bildungssystems nur sehr begrenzt von den Bildungsausgaben abhängt. Deswegen hat die Regierung mit Unterstützung der Regierungsfraktionen eine ganze Palette von Strukturmaßnahmen auf den Weg gebracht.

Dazu gehört die Ausweitung der betreuten Grundschulen auf über die Hälfte aller Grundschulen,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der SPD und Beifall beim SSW)

die Einführung der verlässlichen Halbtagsschule am Hamburger Rand und im kommenden Jahr in den kreisfreien Städten. Dazu gehört das Programm für Ganztagsangebote, dass gut angenommen wird und das durch das Investitionsprogramm der Bundesregierung einen weiteren Schub bekommt. Dazu gehört die

Stärkung der Autonomie der Schulen durch das Programm „Geld statt Stellen“, durch die dezentrale Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern vor Ort, durch die Umwandlung von Berufsschulen in autonome Berufsbildungszentren. Dazu gehört die Einführung von Evaluationsmaßnahmen wie der Schultest EVIT und die Vergleichsarbeiten VERA.

Zugleich werden die Ressourcen im Schulsystem verlagert: Etwas größere Kursgrößen in den Oberstufen ermöglichen es, mehr neue Lehrerinnen und Lehrer im Elementar- und im Primarbereich einzusetzen. Damit tun wir genau das, was PISA fordert: bessere Förderung für die Kleinen!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Umstellungen stellen hohe Anforderungen an die Schulen. Meine Fraktion und ich haben uns in zahlreichen Schulbesuchen überzeugen können, mit welchem großen Engagement in vielen Schulen an der Umsetzung gearbeitet wird. Deswegen bedanke ich mich an dieser Stelle bei allen Lehrerinnen und Lehrer, die sich im Interesse der Kinder so sehr engagieren und sich eingesetzt haben, um die neuen Herausforderungen zu Beginn des Schuljahres reibungslos zu bewältigen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich bedanke mich auch bei allen Landtagsabgeordneten und Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern sowohl der Regierungsparteien wie auch der Opposition, die diese schwierigen Umstellungen konstruktiv begleiten.

Ich habe allerdings kein Verständnis für blinden Populismus, wenn Probleme auftreten. Erst recht habe ich kein Verständnis, wenn Politik auf dem Rücken von Kindern gemacht wird, wie wir es jetzt im Landkreis Ostholstein erleben.

(Lothar Hay [SPD]: Gut!)

Man kann über eine Schule oder über eine Schulform unterschiedlicher Meinung sein. Aber es ist nicht in Ordnung, wenn vorsätzlich Billigcontainer für die neuen Klassen der Gesamtschule Pansdorf dort aufgestellt werden, wo demnächst die Baumaschinen für den Neubau durchrollen müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Jost de Jager [CDU])

- Das hat nichts mit der Frage der Finanzierung zu tun. Die Container hätten auf die andere Seite gestellt werden können. Die Container sind bewusst auf der Straße zum Bauplatz gestellt worden. Der Wunsch

(Karl-Martin Hentschel)

der Schule, die Container an anderer Stelle aufzustellen, ist abgelehnt worden. Das ist pure Schikane.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Ken- nen Sie die Situation?)

Wenn trotzdem doppelt so viele Eltern ihre Kinder für diese Schule angemeldet haben, als Plätze bereitstehen, wäre es wirklich schön, wenn Sie diesen Elternwillen akzeptieren könnten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zurufe von der CDU)

Ich erinnere mich wohltuend an den letzten Landtagswahlkampf - es gibt ja auch gute Erinnerungen an die CDU -, in dem Volker Rühe die klare Ansage machte, dass der Elternwille von jetzt ab auch von der CDU respektiert wird. Ein solches Machtwort erwarte ich auch von dem neuen Vorsitzenden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zuruf der Ab- geordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

In der Hochschulpolitik ist dieser Haushalt ein Dokument dafür, dass wir bei der Neuordnung unserer Hochschulen vorangekommen sind. Die Landesregierung ist entschlossen, die Ergebnisse der ErichsenKommission rasch umzusetzen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Der Fünf-Jahres-Rahmenvertrag ist paraphiert. Er gibt den Hochschulen Finanzsicherheit und Freiheit für Personalmaßnahmen. Im September werden wir im Landtag die Eckpunkte für die Zielvereinbarungen verabschieden. Die Neuorganisation der Uni-Klinika schreitet voran. Auch hier bedanke ich mich - trotz Ihres Zwischenrufs, Herr Kayenburg - für die durchaus konstruktive Haltung der Oppositionsparteien, die die Erichsen-Ergebnisse einhellig begrüßt haben.

Die kritische Einmischung bei Einzelentscheidungen - wie bei Eckernförde - ist ausdrücklich erwünscht. Das trägt zur Verbesserung der Ergebnisse bei. Gerade wenn es um die Schließung oder die Verlagerung von Einrichtungen geht, ist es gut, wenn die Zahlen noch einmal evaluiert werden, damit solche weitreichende Entscheidungen auf einer sicheren Basis getroffen werden können. Aber ich erwarte auch, dass die Neuordnung der Hochschulen letztlich von allen mitgetragen wird, die die Ergebnisse der Erichsen-Kommission begrüßt haben. Denn die Hochschulen brauchen sichere und verlässliche Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zuruf des Ab- geordneten Jost de Jager [CDU])

Meine Damen und Herren, einer der schwierigsten Punkte innerhalb unserer Koalition war die Finanzierung der Kindertagesstätten. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn wir schon jetzt eine dauerhafte Neuordnung der Finanzierung im Kita-Gesetz hätten verabschieden können. Das war leider nicht möglich. Nun sind wir einen anderen Weg gegangen und den Kommunen ein gewaltiges Stück entgegengekommen, indem wir ihnen angeboten haben, die KitaFörderung in Höhe von zwei Mal 60 Millionen € in den kommunalen Finanzausgleich zu geben. Dies setzt allerdings voraus, dass eine Rahmenvereinbarung mit den Kommunen und den Trägern zustande kommt, die die Qualität der Kinderbetreuung sicherstellt, die den Bildungsauftrag der Kitas konkretisiert, die bedarfsgerechte Öffnungszeiten belohnt und eine verbindliche Evaluation der Kindertagesstätten gewährleistet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)