Protocol of the Session on August 27, 2003

(Martin Kayenburg)

Ihre Schönfärberei hilft Ihnen dabei nicht weiter. Sie haben bei der Entwicklung des Landes versagt. Dass wir mit dieser Kritik nicht allein dastehen und es sich nicht immer um Nörgeleien der Opposition handelt, wie Sie ja so gern behaupten, zeigt die doch immer wieder mahnende Stimme des Präsidenten der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, Hans Heinrich Driftmann, der noch Anfang dieses Monats eine Runderneuerung der Wirtschafts- und Bildungsstrukturen sowie der kommunalen Strukturen gefordert hat. Herr Driftmann beklagt, dass im Land seit Jahren Stillstand herrsche - das werfen wir Ihnen seit langem vor -,

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dass die Haushaltssituation desaströs sei - das haben wir Ihnen nachgewiesen - und unter dem Motto „Augen zu und weiter so!“ Kosmetik betrieben werde, ohne ein strategisches Gesamtkonzept vorzulegen. Genau dies, Herr Minister, Frau Ministerpräsidentin, haben wir Ihnen seit langem vorgeworfen.

Schließlich - das ist nun bezeichnend für die Einschätzung Ihrer Führungsverantwortung - sagte Herr Driftmann, er stelle sich die Frage, ob Simonis ihrer Führungsverantwortung überhaupt noch gerecht werde.

Dieser vernichtenden Kritik ist nichts hinzuzufügen, Frau Ministerpräsidentin!

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Schleswig-Holstein befindet sich in einer schweren Krise. Der Landeshaushalt ist an die Wand gefahren worden. Die Verschuldung unseres Landes belastet künftige Generationen in unverantwortlicher Weise. Die rot-grüne Landesregierung, Frau Ministerpräsidentin, schaut mit Ihnen an der Spitze handlungsunfähig zu. Was wir dringend brauchen, sind mutige, ehrliche und durchgreifende Reformen. Sie müssen dann nur noch benennen, wo Sie diese Reformen durchführen wollen.

Mit unseren Haushaltsanträgen der vergangenen Jahre haben wir Ihnen unendlich viele Vorschläge gemacht. Die Liste habe ich Ihnen zum Teil vorgehalten. Das alles ist von Ihnen abgelehnt worden, auch wenn es später in dem einen oder anderen Punkt übernommen wurde. Aber wenn Sie unseren Vorschlägen gleich gefolgt wären, dann wäre unserem Land so mancher Schaden erspart geblieben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir sind auch weiterhin bereit, konstruktiv mitzuarbeiten, um unser Land wieder auf Kurs zu bringen. Die Vorschläge müssen aber zunächst einmal von der Landesregierung kommen. Dabei haben Sie, Herr Kollege Hay, in Ihrem letzten Interview völlig Recht: Fast alles muss auf den Prüfstand,

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

zu allererst allerdings die rot-grüne Chaospolitik unter der Führung von Frau Simonis, Herr Astrup!

Wir, die CDU-Landtagsfraktion, werden noch im Herbst dieses Jahres unsere eigenen Vorschläge zur Bildungspolitik, zur Funktionalreform und zur Wirtschaftspolitik der Öffentlichkeit vorstellen und diese Vorschläge auch in unsere Haushaltsanträge einfließen lassen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nur Mut!)

Dann können Sie beweisen, ob Sie zum Umsteuern überhaupt noch in der Lage sind. Wir jedenfalls können heute im Ergebnis festhalten: Der erste von Ihnen, Herr Finanzminister Stegner, und von Ihnen, Frau Simonis, zu verantwortende Doppelhaushalt ist kein Reformwerk, sondern Ausdruck rot-grüner Rat- und Hilflosigkeit. Ihr Gesellenstück, Herr Minister, ist voll daneben gegangen. Schade für SchleswigHolstein.

Eine zweite Chance werden Sie nicht bekommen. Das war für Sie ein Doppelhaushalt in des Wortes wörtlichster Bedeutung. Dies war das Doppel. Wir werden Ihnen nach dem Regierungswechsel zeigen, dass unser schönes Land selbst nach Jahren des Niedergangs aufgrund rot-grüner Chaospolitik noch zu retten ist. Das kostet Zeit, das wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber wir werden es beweisen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir werden es schaffen!)

Wir werden es schaffen.

Gut finde ich aber auch, dass Sie mit Ihrer Haushaltsrede

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

den Wahlkampf 2005 direkt eingeleitet haben, Herr Stegner. Die Wähler werden Sie sicherlich jetzt schon an Ihren Taten messen. Daraus kann ich nur Vorteile für Peter Harry Carstensen und unsere Partei ableiten.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Bevor ich weiter das Wort erteile, will ich Gäste begrüßen. Auf der Tribüne haben zwischenzeitlich Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte der Goetheschule, Flensburg, und der Realschule in Bad Bramstedt Platz genommen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir fahren in der Grundsatzberatung fort. Ich erteile Herrn Abgeordneten Hay das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kayenburg, lassen Sie mich an den Anfang meiner Ausführungen drei kurze Bemerkungen zu Ihrer Rede stellen.

Erstens hatte ich den Eindruck, was das Thema KitaBereich und betreute Grundschule betrifft, dass Sie sich zumindest mehrere Wochen außerhalb Schleswig-Holsteins aufgehalten haben - wahrscheinlich auf Grönland; aber auch dort kann man sicherlich Nachrichten über Schleswig-Holstein erfahren. Wir können das im privaten Gespräch gern vertiefen, damit Sie von mir den Aufklärungsbedarf befriedigt bekommen.

(Zuruf von der SPD: Auch auf Sylt!)

Zweitens. Wie jedes Jahr bei Ihren Reden habe ich auch diesmal aufmerksam zugehört und habe eigentlich erwartet - wie ich das als Wirtschafts- und Politiklehrer meinen Schülerinnen und Schülern eigentlich beigebracht habe -, Opposition heißt, auch eigene Vorstellungen zu entwickeln. Wie jedes Jahr muss ich sagen: Fehlanzeige!

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Dritte Bemerkung - nehmen Sie es mir nicht übel -: In Ihrer Aufzählung hat nur eines gefehlt - das hole ich jetzt nach -: Schleswig-Holstein hat auch die schlechteste Opposition.

(Beifall bei der SPD - Holger Astrup [SPD]: Wohl wahr!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Entscheidung der Bundesregierung zur Agenda 2010 ist die Richtung, in die gegangen werden soll, angedeutet worden. Noch in diesem Jahr müssen die notwendigen Entscheidungen für die künftige Gestaltung der sozialen Sicherungssysteme einschließlich der Festlegung langfristiger Zielvorhaben fallen. Die Menschen suchen - das haben Sie zumindest auch angedeutet - nach Orientierung; sie sind bereit, schwierige Entscheidungen mit zu tragen, erwarten aber, damit das

Ziel erreicht werden kann, dass dies auch klar beschrieben wird, damit man sich darauf einstellen kann.

Von der CDU/CSU wird man eigene Vorschläge wohl kaum erwarten können, da sie sich nach den jüngsten Beschlüssen eher darauf verlegen wird, sozialdemokratische Vorschläge im Bundesrat rigoros abzulehnen. Allerdings lässt mich die Debatte der letzten Tage über die Pendlerpauschale nur verhalten optimistisch in die Zukunft blicken. Dies sage ich an dieser Stelle auch mit aller Deutlichkeit. Für uns Sozialdemokraten in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein, mit unterschiedlich ausgeprägtem Personennahverkehr, steht fest, dass es nicht zu einer Bevorzugung des öffentlichen Personennahverkehrs bei der Entfernungspauschale für Pendler kommen darf.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Auf dem flachen Land können viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur mit dem Auto an ihren Arbeitsplatz gelangen. Deshalb haben wir einen entsprechenden Beschluss schon in der letzten Woche gefasst, der deutlich sagt, dass wir keine Sonderbehandlung für Pkw-Nutzer, das heißt eine Schlechterstellung, haben wollen.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Das entscheidende Thema sowohl im Bund als auch im Land wird in den nächsten Monaten die Arbeitslosigkeit bleiben. Eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird erst eintreten, wenn die Konjunktur wieder anspringt. Über die Erwartungen für das nächste Jahr gibt es widersprüchliche Einschätzungen. Wenn aktuell in der letzten Woche über einen deutlichen Anstieg bei den Gewerbesteuereinnahmen in den letzten Monaten berichtet wird,

(Rainer Wiegard [CDU]: Dann löst das unser Problem überhaupt nicht!)

so bleibt abzuwarten, ob er sich im zweiten Halbjahr 2003 fortsetzt. Wir hoffen das und werden unseren eigenen Beitrag leisten, um die Konjunktur anzukurbeln. Ein positiver Stimmungsumschwung, der gerade zur Ankurbelung der Binnennachfrage beitragen könnte - und das muss man kritisch sagen -, ist nach den Umfragen auch bei den Unternehmen im Land Schleswig-Holstein noch nicht klar auszumachen.

Das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform wird hoffentlich zu einer Beschleunigung der Entwicklung beitragen können. Wir haben unsere grundsätzliche Zustimmung zu dieser richtigen Entschei

(Lothar Hay)

dung der Bundesregierung signalisiert, wobei wir wissen, dass dann mit einer zusätzlichen Belastung für das Land im Jahr 2004 gerechnet werden muss. Wir hoffen, dass bereits die Steuerschätzung im November eine positive Wende bringen wird und die Steuereinnahmen endlich wieder so steigen, dass wir etliche Vorhaben, die wir sonst durchführen müssen, nicht in Angriff nehmen müssen.

Ich komme nun zu einem Punkt, der uns Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein und der Landesregierung besonders am Herzen liegt. Bei der Debatte um die Gemeindefinanzreform sehen wir uns direkt an der Seite der Kommunen und den Vorschlägen der kommunalen Landesverbände.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich an dieser Stelle eins sehr deutlich sagen - ich habe den soeben vorgelegten CDU-Antrag zu diesem Komplex nur kurz überfliegen können -: Sie drücken sich doch wieder um die Entscheidung herum, ob Sie auf Bundesebene an der Seite der kommunalen Landesverbände stehen, ob Sie an der Seite der Kommunen des Landes Schleswig-Holstein stehen. Es gibt keine Aussage von Ihnen dazu. Das kann man von Ihnen als vermeintlich stärkste Kraft im kommunalen Bereich im Land Schleswig-Holstein erwarten. Erklären Sie endlich den Kommunen, wohin Sie wollen!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Ihr Landesvorsitzender ankündigt, als Erstes die kommunalen Finanzen anpacken zu wollen mit dem Ziel, die Städte und Gemeinden in die Lage zu versetzen, wieder zu investieren, dann müsste man doch jetzt von ihm erwarten, dass auch er an der Seite der Städte und Gemeinden steht, wenn es um die Gemeindefinanzreform geht. Ich habe von ihm in den letzten Wochen nichts dazu gehört. Aus der Kommunalwahl sind Sie als stärkste Kraft im Land hervorgegangen.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Wiegard [CDU])