Protocol of the Session on June 20, 2003

(Beifall im ganzen Haus)

Darüber freue ich mich auch ganz persönlich, da ich in dieses Gesetz nicht nur eine Menge Arbeit, sondern auch ein Stück Herzblut investiert habe. Ich bin der Meinung, dass wir mit diesem Ablösungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein ein vorbildliches Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz auf den Weg bringen. Dass es dann auch von der Exekutive befolgt wird, dafür haben wir Kontrollfunktionen eingezogen. Darauf werden wir achten.

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Bernd Schröder.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße ausdrücklich, dass wir heute gemeinsam mit allen Fraktionen des hohen Hauses ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz beschließen. Gerade in einer schwierigen konjunkturellen gesamtwirtschaftlichen Lage setzen wir damit

ein gemeinsames Zeichen für den Mittelstand in Schleswig-Holstein. Es hat sich also gelohnt, sich gemeinsam - wie meine Kollegin Strauß bereits gesagt hat - für den Gesetzesentwurf einzusetzen.

Wir haben hier immer wieder festgestellt, dass der Mittelstand die tragende Säule der Wirtschaft in Deutschland und in besonderem Maße in SchleswigHolstein ist. Das wird schon an wenigen Zahlen deutlich. Unsere Wirtschaft ist zu 98 % und damit nahezu vollständig mittelständisch strukturiert. Rund 85 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein sind in kleinen und mittleren Unternehmen beschäftigt. Rund 80 % aller Auszubildenden werden in kleinen und mittleren Unternehmen ausgebildet. Die kleinen und mittleren Unternehmen tragen in unserem Land rund 45 % des Bruttoinlandsproduktes bei.

Neben den genannten Zahlen ist das Wichtigste, dass es gerade die kleinen und mittleren Unternehmen sind, die für die innovative und wettbewerbsstarke Wirtschaft Schleswig-Holsteins stehen. Es sind in erster Linie nicht die großen und die bei uns vertretenen internationalen Konzerne, sondern es sind diese kleinen und mittleren Unternehmen, die gerade in den Zukunftsbranchen ausgesprochene Stärken zeigen und sich auf internationalen Märkten behaupten.

Insbesondere gilt dies - wie Sie wissen - für Produkte und Dienstleistungen vor allem in den Zukunftsfeldern wie der Life Science, den Neuen Medien, den Informations- und Kommunikationstechniken und der Elektronik, den erneuerbaren Energieträgern, der Lebensmittelverarbeitung und der Gesundheitswirtschaft. Unternehmen dieser Branchen sind in Schleswig-Holstein stark vertreten. Sie gelten als ausgesprochen wettbewerbsstark. Es sind allesamt kleine und mittelständische Unternehmen. Darunter sind auch viele zukunftsträchtige Dienstleister. Inzwischen sind in Schleswig-Holstein mehr als 70 % aller Beschäftigten in Dienstleistungsunternehmen beschäftigt.

Es ist nicht nur aller Ehren wert, die Anliegen der kleinen und mittleren Unternehmen zu einem zentralen Bestandteil unserer Politik zu machen. Es liegt vielmehr in unserem ureigensten Interesse, sich der KMU in besonderer Weise anzunehmen. Natürlich liegt es zum einen im Interesse der Unternehmen selbst, aber zum anderen liegt es auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer und nicht zuletzt im Interesse des Landes SchleswigHolstein.

Wir, die Menschen in diesem Land, profitieren davon, wenn der Mittelstand stark ist, wenn er Arbeitsplätze

(Bernd Schröder)

und Ausbildungsplätze schafft. Sie alle wissen um die Bemühungen der Ausbildungsplatzinitiative in Schleswig-Holstein, dem Bündnis für Ausbildung.

(Vereinzelter Beifall)

Die mittelständischen Unternehmen verdienen deshalb nicht nur die besondere Aufmerksamkeit der Politik, sondern müssen durch die Politik auch in besonderer Weise gefördert werden.

Ich denke, wir sind uns hier einig: Wohlmeinende Proklamationen und Loblieder auf den Mittelstand allein helfen nicht weiter. Es muss stattdessen um ganz konkrete Politik für den Mittelstand gehen. Es muss darum gehen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen sich der Mittelstand in Schleswig-Holstein weiterentwickeln kann,

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP])

darum, ihnen beispielsweise bei der Präsentation auf internationalen Märkten zu helfen, es muss darum gehen, die mittelständischen Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen wie zum Beispiel beim Tariftreuegesetz - auch wenn wir da unterschiedliche Auffassungen haben.

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Ich halte den gestrigen Beschluss der CDU Lübeck für völlig falsch, das Tariftreuegesetz nicht zur Anwendung zu bringen. Bei den Aufträgen der Zukunft in Lübeck wird es Lübecker Unternehmen eine ganze Reihe von Aufträgen nehmen, ihnen die Chance nehmen, ihre Beschäftigten weiter abzusichern und Arbeitsplätze zu erhalten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das bleibt abzuwar- ten!)

Ich halte es wirklich nicht für einen zukunftweisenden Beschluss, sich dieser Verantwortung nicht zu stellen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sehr gu- ter Beschluss!)

Das Mittelstandsförderungsgesetz beschreibt ganz klar das Fördergebot. Es verweist auf die jeweiligen Förderrichtlinien des Ministeriums für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr, die der dynamischen Entwicklung der Wirtschaft laufend angepasst werden. Es enthält den klaren Auftrag zur beruflichen Ausbildung und zur Weiterbildung im dualen System. Es berücksichtigt Existenzgründungen und Betriebsübernahmen sowie die gerade für die kleinen und mittleren Betriebe unerhört notwendige wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung.

(Jürgen Weber [SPD]: Sehr gut!)

Es verweist auf den Kampf gegen die Schwarzarbeit und es beschreibt klare Regelungen, die hier von meiner Kollegin Roswitha Strauss ausgeführt wurden für öffentliche Ausschreibungen und die öffentliche Auftragsvergabe.

Damit in der kommunalen Familie keinerlei Irritation aufkommt, will ich an dieser Stelle deutlich machen, dass das Mittelstandsförderungsgesetz zum Beispiel in § 4 ganz klar und eindeutig die geltende Rechtslage für die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen berücksichtigt. Wie Sie wissen, gibt es dazu unterschiedliche politische Auffassungen. Wir haben uns aber in diesem Gesetz eindeutig darauf verständigt, dass die jetzt geltende Rechtslage nicht verändert wird.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren konsequent und umfassend insbesondere die Politik für den Mittelstand umgesetzt. Wie Sie wissen, sind gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Richtlinien, Erlasse und Förderprogramme für den Mittelstand beispielhaft auch für andere Bundesländer.

(Beifall bei der SPD)

Es ist ein Instrumentarium an Förderhilfen aufgebaut worden, die gezielt dem Mittelstand dienen, die Bürgschaften der Wirtschaftsbank, die Beteiligung der Beteiligungsgesellschaft, die Sonderdarlehen der Investitionsbank, die Förderung durch den Technologie- und Investitionsfonds Nord und auch die Programme zur Existenzförderung. Dazu zählen natürlich auch - ich habe es bereits erwähnt - das Tariftreuegesetz und weitere Maßnahmen.

Die Erfolge, die wir in Schleswig-Holstein mit unserer Mittelstandspolitik erreicht haben, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch eine Menge für die mittelständische Wirtschaft zu tun gibt. Auch der vorliegende und zu beschließende Gesetzentwurf - ich darf es noch einmal betonen: den ich für eine ausgezeichnete und vor allem zeitgemäße Basis halte -, kann kein Schlusspunkt, sondern nur ein Ausgangspunkt für die weitere Ausgestaltung einer Politik für den Mittelstand sein.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

In der konjunkturellen Schwächephase, die wir immer noch durchlaufen, werden die Probleme, mit denen in Sonderheit der Mittelstand zu kämpfen hat, besonders deutlich. So zeigt sich, dass bei vielen kleineren und mittleren Unternehmen die Kapitaldecke zu dünn ist. Es wird also darum gehen müssen, die Kreditvergabe

(Bernd Schröder)

an die KMO weiter zu sichern. Zu Recht beklagen die Unternehmen, übrigens nicht nur die kleinen und mittleren, eine oftmals überbordende Bürokratie. Also muss das heißen, bürokratischer Ballast über Bord, schlankere Verwaltungsverfahren, schnellere Entscheidungen.

(Beifall bei der SPD)

Daran werden wir zu arbeiten haben. Das Gesetz, das wir heute beschließen, wird dafür mit seiner Zielbeschreibung eine gute Grundlage sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass es uns gelungen ist, das Mittelstandsförderungsgesetz auf den Weg zu bringen. Wir setzen damit ein Zeichen für die mittelständische Wirtschaft in unserem Lande.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich der Frau Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner und Vorrednerinnen haben es gesagt: Nach intensiven Beratungen haben wir uns auf ein gemeinsames Gesetz zur Förderung des Mittelstandes geeinigt. Das zeigt, dass wir alle und gemeinsam für den schleswig-holsteinischen Mittelstand eintreten wollen, und das ist gut so. Nur über eines darf diese Einigkeit nicht hinwegtäuschen - auch der Kollege Schröder hat es eben gesagt -: Dieses Gesetz wird die Probleme des schleswig-holsteinischen Mittelstandes allein nicht grundlegend verändern. Ich hatte die Lage und die Probleme des Mittelstandes in der ersten Lesung im Oktober mit konkreten Zahlen verdeutlicht. Leider muss ich heute sagen, an dieser Lage hat sich nichts verbessert, sondern sie ist eher schlechter geworden. Die Vorstellung, dass dieses Gesetz die Lage des Mittelstandes merklich verbessern würde, wäre reine Augenwischerei. Deshalb betone ich es hier noch einmal: Die Probleme des Mittelstandes werden wir mit diesem Gesetz nur marginal mildern. Es hat keine messbaren konjunkturellen Wirkungen, es senkt die Steuer- und Abgabenbelastung nicht, es baut keine Verwaltungsvorschriften ab, die das Wachstum der Produktion, der Investitionen und der Beschäftigung bremsen, aber wenigstens hält es uns und die Landesregierung an, alte und neue Vorschriften zukünftig stärker bezüglich deren Mittelstandsfreundlichkeit zu prüfen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Trotzdem ist das Gesetz - und das will ich hier noch einmal ausdrücklich betonen - aus meiner Sicht nicht überflüssig oder gar schädlich. Nein, es wird dem einen oder anderen mittelständischen Unternehmen nicht nur im Geiste, sondern auch tatsächlich helfen. Hierzu haben wir uns auf der Grundlage des CDUEntwurfes - und ich danke insbesondere der Kollegin Roswitha Strauss, dass sie diesen Entwurf vorgelegt hat -,

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

der Ergebnisse der Anhörung, des Änderungsantrages von SPD und Grünen und der hilfreichen Mitarbeit des Wirtschafts- und Innenministeriums auf die folgenden konkreten Fördertatbestände geeinigt. Ich muss an dieser Stelle betonen, dass ich die Zusammenarbeit nicht nur unter den Kollegen aller Fraktionen, sondern insbesondere auch die wirklich sehr hilfreiche Mittelarbeit beider Ministerien ganz besonders geschätzt habe.

(Beifall bei FDP, SPD und vereinzelt bei der CDU)

Folgende konkrete Dinge haben wir in diesem Gesetz angesprochen: Aus- und Weiterbildung, Existenzgründungen und Betriebsübernahmen, Kredite und Bürgschaften zur Arbeitsplatzsicherung, Technologietransfer, Kooperation zwischen Wissenschaft und Mittelstand sowie Außenwirtschaftsförderung. Sie begründen zwar keine Rechtsansprüche - darüber sind wir uns einig -, eröffnen dem Land aber vielfältige Möglichkeiten, einzelnen Betrieben konkret zu helfen, selbstverständlich nur dann - und auch darüber müssen wir uns heute einig sein -, wenn der Landtag - nämlich wir - Geld dafür in den Haushalt einstellten. Ich wünsche mir, dass alle Fraktionen, die heute diesem Gesetz zustimmen, nicht vergessen, ihr heutiges Votum in den kommenden Haushaltsberatungen mit entsprechenden Haushaltsanträgen und -entscheidungen zu untermauern.

(Beifall bei der FDP)

Ein anderer Punkt wird allerdings auch ohne Haushaltsanträge Wirkung entfalten. In § 4 des Gesetzes wird unter der Überschrift „Vorrang der privaten Leistungserbringung“ endlich - aus unserer Sicht endlich - einer der tragenden Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft im ursprünglichen und richtigen Sinne kodifiziert: Wenn das Land sich zukünftig wirtschaftlich betätigen will, muss es nachweisen, dass es

(Christel Aschmoneit-Lücke)

diese Leistungen besser und wirtschaftlicher, also preiswerter erbringen kann als die private Wirtschaft.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)