Protocol of the Session on July 14, 2000

Jetzt komme ich zu der schwierigen Frage, wie es mit der differenzierten Kreisumlage ist. Herr Hildebrand, auch da müssen Sie sich entscheiden. Entweder, Sie wollen mehr Kompetenzen, mehr Selbstverwaltung, Entscheidungen und Möglichkeiten für die Kommunen oder Sie wollen das nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie den Kommunen - vor allen den Kreisen mehr Entscheidungsspielräume geben wollen, dann dürfen Sie nicht sagen: Um Gottes Willen, da führen die dann ja nur Krieg! Das ist eine absurde Diskussion.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Günther Hildebrand [F.D.P.]: Das ist doch zu durchsichtig!)

Wir haben uns darauf verständigt, dass die Landesregierung einen Bericht zur Deregulierung abgibt. Auf die Funktionalreform bin ich schon eingegangen. Es ist richtig, wir wollen diesen Bericht; den brauchen wir auch, um über den Gesetzentwurf der F.D.P. zur Standardöffnung diskutieren zu können. Wir sehen ihn sehr kritisch. Dem Bericht sehen wir aber sehr gespannt entgegen in der Hoffnung, dass er tatsächlich Dinge aufzeigt, die sinnvollerweise geändert werden sollten. Sie sollten dann möglichst nicht nur ausgesetzt werden, sondern - wenn man es zeitlich schafft - es sollte

gleich das Gesetz geändert werden. Darüber müssen wir dann reden.

Ein Satz zu den Gewerbegebieten! Uns ist es sehr wichtig, dass die Förderung der Gewerbegebiete überprüft wird. Ich gehe davon aus, dass die CDU dann schreien wird und sagt: Nein, nein, jeder Gemeinde ihr gefördertes Gewerbegebiet! Ich bin der Meinung, die Förderung von Gewerbegebieten muss zumindest den Nachweis bringen, dass sie Arbeitsplätze schafft, dass sie ökologisch und strukturell sinnvoll ist und dass sie der Region dient. Solange dieser Nachweis nicht erbracht werden kann, gibt es keinen Grund für die weitere großzügige Förderung von Gewerbegebieten durch das Land.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Lothar Hay [SPD])

Über unsere Vorstellungen zu den Jugendhilfeausgaben werden wir auch miteinander reden. Herr Hildebrand, aber auch diese Diskussion verfolgen Sie erst seit kurzem. Es ist nicht so, dass in diesem Bereich das Land Gelder eingestellt und sie dann ständig gekürzt hat, sondern es hat damals - da waren wir noch nicht im Landtag - einen Ausgleich geschaffen, der dann bei den Kommunen - weil sie sehr viel reingepackt haben um das Dreifache gestiegen ist. Diese 80 Millionen DM sind jetzt eine reine freiwillige Leistung des Landes, die im Bundesvergleich ihresgleichen sucht.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Nennen Sie mir ein Beispiel von Jugendhilfemaßnahmen, die im Bundesvergleich in anderen Ländern stärker gefördert werden als in Schleswig-Holstein! Daran werden wir uns dann gern messen lassen.

(Zuruf des Abgeordneten Reinhard Sager [CDU])

Zu Recht gab es im Ausschuss die Kritik, dass wir diese Punkte dort nicht diskutiert haben. Deshalb haben wir den Antrag ja auch im Ausschuss geändert wir sind lernfähig - und haben nun die Landesregierung aufgefordert, uns zu den angeschnittenen Themen Vorschläge zu machen. Darüber können wir dann im Herbst parlamentarisch beraten. Und ich freue mich, dass Sie eine Zusammenarbeit mit uns angekündigt haben.

Es wäre allerdings schön - und das sage ich hier sehr deutlich -, wenn auch die Opposition einige konkrete Vorschläge bis zum Herbst dazu machen würde, was in der Finanzbeziehung Land und Kommunen, aber

(Monika Heinold)

auch in der interkommunalen Beziehung geändert werden kann.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Keine Sorge!)

Die F.D.P. liefert ja manchmal etwas; sie will ich hier gar nicht kritisieren. Ich würde mich zu gern einmal an den Vorschlägen der Opposition abarbeiten

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Sie werden sie wieder nicht umsetzen!)

und dann vor Ort bei den Landesverbänden für Besitzstandswahrung und für das Gute und Schöne eintreten.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Lassen Sie uns doch einmal den Platz tauschen, Frau Heinold!)

Liefern Sie uns doch etwas, wir wollen mit Ihnen diskutieren, aber Schluss mit dieser Einseitigkeit!

Und ein Letztes: CDU und F.D.P. haben mir beziehungsweise den Grünen vorgeworfen,

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Nein, wir ha- ben Sie gelobt!)

wir würden nun das Konnexitätsprinzip zur Disposition stellen. Da kann ich nur sagen: Wie soll ich denn mit einer Opposition diskutieren - ich habe das dann ja in der Presse auch noch einmal dargestellt -, die scheinbar intellektuell nicht fähig ist, differenzierte Argumentationen nachzuvollziehen. Ich habe gesagt und das werde ich hier gern wiederholen -: Wenn es so ist, dass das Konnexitätsprinzip heißt, dass über Zuweisungen, Zuschüsse und Finanzausgleich - über die Höhe - nicht mehr politisch entschieden werden kann, dann müssen wir uns über die Auswirkungen des Konnexitätsprinzips unterhalten. Und dazu stehe ich auch. Das war bei der Änderung nicht gemeint. Die Höhe bei der Zuweisung, die Zuschüsse des FAG an die Kommunen insgesamt, diese 27 %, werden immer wieder neu diskutiert werden müssen. Das hat mit dem Konnexitätsprinzips nichts zu tun,

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] - Dr. Johann Wadephul [CDU]: Na- türlich!)

denn das Konnexitätsprinzip bedeutet, bei Aufgabenverlagerung gibt es einen finanziellen Ausgleich. Das heißt Konnexitätsprinzip.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das heißt nicht, dass Sie gleichzeitig beim Fi- nanzausgleich kürzen können!)

Für den SSW hat jetzt Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den SSW sprachen trotz Bedenken drei Gründe für die Einrichtung eines Sonderausschusses.

Erstens. Es liegen bereits Ergebnisse aus früheren Enquetekommissionen vor, die es nun gilt politisch umzusetzen.

Zweitens. Der Sonderausschuss ist geeignet, Vorarbeit für die jetzt neu eingesetzte Enquetekommission „Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen sowie Kommunen untereinander“ zu leisten.

Drittens. Da der Haushalt 2001 aus der Sicht des Landes ein großes finanzielles Problem darstellt, muss sich der Sonderausschuss insbesondere mit der Frage auseinander setzen, ob ein Eingriff in die kommunalen Finanzen gerechtfertigt ist.

Was hat nun die Ausschussarbeit geleistet? - Aus der Sicht des SSW kann man sagen, dass der Sonderausschuss in dem Sinne eine pädagogische Funktion erfüllt hat,

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Wir sind aber nicht in der Schule!)

als dass sich die Vertreter der Landesregierung, der Landtagsfraktionen und der kommunalen Landesverbände direkt an einem Tisch gegenübersaßen und ihre Argumente und Zahlen austauschen konnten. Ob diese pädagogische Funktion aber die Einrichtung eines Ausschusses allein gerechtfertigt hat, will ich einmal dahingestellt sein lassen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Mit Sicher- heit nicht!)

Umgekehrt kann ich auch sagen: So hatten wir uns den Auftrag des Ausschusses eigentlich nicht gedacht.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

Aus unserer Sicht sollte es ein vordringliches Ziel des Ausschusses sein, eine gemeinsame Plattform zwischen Landesregierung, Parlament und kommunalen Landesverbänden hinsichtlich der bisherigen und zukünftigen Entwicklung der Finanzsituation von Land und Kommunen - einschließlich der geplanten Steuerreform des Bundes - zu erarbeiten.

Es kann nicht überraschen, dass dennoch keine endgültige Einigung über eine zumutbare Belastung der

(Anke Spoorendonk)

kommunalen Gebietskörperschaften erreicht wurde. Dennoch ist problematisiert worden, dass ein Ländervergleich ganz schwierig oder gar nicht möglich ist und dass sich die Einnahmen des Landes im Vergleich zu denen der Kommunen nicht so schlecht entwickelt haben.

Insbesondere konnte im Ausschuss aus unserer Sicht jedenfalls nicht nachgewiesen werden, dass das Land stärker durch die geplante Steuerreform belastet wird als die Kommunen.

(Beifall bei SSW, CDU und F.D.P.)

Die Kommunen müssen auch ihren eigenen angemessenen, nicht gerade kleinen Anteil an der Steuerreform tragen.

(Klaus Schlie [CDU]: So ist es!)

Auch die Zahlen der Landesregierung zur Entwicklung der kommunalen Finanzen in den letzten Jahren, die uns im Ausschuss vorlagen, haben gezeigt, dass die Kommunen in den neunziger Jahren genau wie die Landesregierung mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen gehabt haben. Wenn der Sonderausschuss also ein Ergebnis gehabt hat, dann dieses, dass die Finanzsituation der Kommunen und die zukünftige Entwicklung eigentlich keinen großen finanziellen Eingriff des Landes zulassen. Der SSW bleibt also bei seiner Auffassung, dass die Landesregierung nicht nachweisen konnte, warum den Kommunen 100 Millionen DM gekürzt werden sollen.

(Beifall bei SSW, CDU und F.D.P.)

Ob denn nun den Kommunen ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushaltes zugemutet werden kann, ist also ausschließlich eine politische Aussage. Es ist eine politische Frage, mit der man sich auch politisch auseinander setzen muss.

Wir können uns deshalb Punkt 1 des Antrages der Regierungskoalition nicht ohne weiteres anschließen. Es ist zwar positiv, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine Änderung des Verbundsatzes mehr anstreben. Alles andere hätte ja auch die Schicksalsgemeinschaft zwischen Land und Kommunen zu offensichtlich zerbrochen. Aber die Formulierung, dass den Kommunen unter Berücksichtigung der dramatischen Haushaltssituation des Landes ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushaltes zugemutet werden kann, können wir ohne konkrete Zahlen nicht mittragen. Was heißt hier „zumutbar“? Wir möchten schon wissen, in welcher Höhe den Kommunen die Mittel gekürzt werden, bevor wir eine solche Forderung unterstützen können.