Protocol of the Session on June 18, 2003

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Ursula Sassen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die europäische Wasserrahmenrichtlinie stellt hohe Anforderungen an die Gemeinschaft. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie spätestens zum 22. Dezember 2003 durch Erlass von Rechts- und Verwaltungsvorschriften in nationales Recht umgesetzt zu haben. Dieser Pflicht kommen wir heute nach.

(Ursula Sassen)

Lassen Sie mich jedoch eine Bemerkung voran stellen. Dass aufgrund des Zeitdrucks die Vorlagen nicht immer frühzeitig zur Verfügung standen, hat die Landesregierung ebenso zu verantworten wie die zweigeteilte Novellierung des Landeswassergesetzes, nachdem ein erster Teil im Landes-Artikelgesetz für die letzte Plenartagung bereits herausgebrochen wurde.

Die Wasserrahmenrichtlinie verschlingt im Umsetzungszeitraum von 15 Jahren allein in SchleswigHolstein annähernd 700 Millionen € Haushaltsmittel. Sie bietet unter großem Verwaltungsaufwand mit der Bildung neuer, an Flussgebietseinheiten ausgerichteten Strukturen eine Chance wirklich nachhaltiger Gewässerpolitik in Schleswig-Holstein und ganz Europa. Daran wollen wir uns gern beteiligen.

Die Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, geeignete Behörden dazu zu bestimmen, die die Richtlinie innerhalb der jeweiligen Flussgebietseinheit ihres Hoheitsgebietes umsetzen. Die Mitgliedstaaten können dabei auf bestehende Verwaltungsstrukturen zurückgreifen. So steht es im Bericht des Umweltministers vom 9. Oktober 2001, Umdruck 15/1488. Herr Minister, warum tun Sie nicht, was Sie dort formuliert haben?

(Beifall bei der CDU)

So sehr wir auch die Einbindung der Wasser- und Bodenverbände unterstützt haben, möchte ich an dieser Stelle erneut unser Unverständnis darüber zum Ausdruck bringen, dass es der Landesregierung nicht gelungen ist, die Kreise und kreisfreien Städte einzubinden. Es gab die Bereitschaft des SchleswigHolsteinischen Landkreistages, gemeinsam mit dem Landesverband der Wasser- und Bodenverbände und dem Bauernverband mitzuwirken. Ein entsprechendes Eckpunktepapier lag Ihnen vor, Herr Minister. Sie haben die Zusammenarbeit mit inakzeptablen Vorgaben verhindert. Sie haben Ihre Ermessensspielräume so genutzt, dass Sie die Kreise und kreisfreien Städte zugunsten der Staatlichen Umweltämter aufs Abstellgleis geschoben haben. Wir fordern Sie weiterhin auf, diese mit ins Boot zu nehmen. Wir brauchen alle Kräfte. Die Wasserrahmenrichtlinie beinhaltet neben der Zielsetzung, einen guten ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen, laut Artikel 1 b der Richtlinie auch die „Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langjährigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen“. In Artikel 9 (1) heißt es:

„Die Mitgliedstaaten sorgen bis zum Jahr 2010 dafür, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen

und somit zu den Umweltzielen dieser Richtlinie beiträgt.“

Diese Aussagen nehmen Einfluss auf das bisher geltende Landeswassergesetz und finden auch in Artikel 1 Nr. 1 b § 2 der Novelle in einem zusätzlichen Absatz 3 ihren Niederschlag. Dort heißt es:

„Die Bewirtschaftung der Gewässer, insbesondere ihre nachhaltige Entwicklung sowie die sparsame Verwendung von Wasser soll auch durch ökonomisch wirkende Maßnahmen gefördert werden.“

Ob diese Formulierung so aus der Richtlinie abgeleitet werden muss, wage ich zu bezweifeln. Auf keinen Fall darf daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, Schleswig-Holstein mit weiteren Lenkungsabgaben, wie bereits mit der Erhebung der Grundwasserentnahmeabgabe, der Abwasserabgabe und der Oberflächenwasserentnahmeabgabe geschehen, belasten zu dürfen. Dies wäre eine Fehlinterpretation der Wasserrahmenrichtlinie und wird von uns strikt abgelehnt.

Laut Aussage des Ministeriums sind weitere Abgaben definitiv nicht beabsichtigt. Dennoch konnten meine Bedenken nicht rückhaltlos ausgeräumt werden. Bevor ich zu unseren Änderungsanträgen komme, nun einige grundsätzliche Bemerkungen.

Die Notwendigkeit der Novellierung des Landeswassergesetzes ist unumstritten. Der Entwurf der Landesregierung geht nach unserer Auffassung jedoch in einigen Punkten über die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und über das Wasserhaushaltsgesetz hinaus.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wie immer!)

So reizvoll und interessant die Aufgabe der Umsetzung dieser Richtlinie für einen Umweltminister und seine Mitarbeiter auch sein mag, man sollte nicht der Versuchung erliegen, bei katastrophaler Haushaltslage überzogene und ehrgeizige Ziele anzustreben, die das Allgemeinwohl zu sehr belasten.

(Beifall bei der CDU)

Die Wasserrahmenrichtlinie versucht, den geographischen und klimatischen Gegebenheiten der Region Rechnung zu tragen. Darin heißt es auch:

„In Fällen, in denen sich menschliche Tätigkeiten oder die natürlichen Gegebenheiten auf einen Wasserkörper in einer Weise auswirken, die es unmöglich oder äußerst kostspielig erscheinen lässt, einen guten Zustand zu erreichen, sind gegebenenfalls weniger strenge Umweltziele anhand geeigneter eindeutiger Kriterien festzulegen, wobei alle

(Ursula Sassen)

praktikablen Vorkehrungen getroffen werden müssen, um einer weiteren Verschlechterung des Gewässerzustands vorzubeugen.“

Die Wasserrahmenrichtlinie setzt zwar Ziele und fordert Programme zur Überwachung des Zustands der Gewässer. Sie gewährt den Mitgliedstaaten aber auch einen Ermessensspielraum auf dem Weg zum Ziel und in der Wahl der Maßnahmenprogramme. Sie zwingt uns nicht, das Landeswassergesetz in den Kernaussagen zu verändern, unzumutbare Kriterien festzusetzen und weitere Abgaben zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Nun zu unseren Änderungsanträgen - ich werde nicht auf alle eingehen -: Da man ja nicht alle vier Wochen das Landeswassergesetz ändert, haben wir uns erlaubt, einige Änderungen vorzunehmen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie stehen, aber im Rahmen der Anhörung im Umweltausschuss angesprochen wurden, wie zum Beispiel § 14 Abs. 1, der das Sporttauchen in landeseigenen Gewässern vorsieht.

(Konrad Nabel [SPD]: Nach drei Monaten haben Sie das jetzt gemerkt!)

- Das kennen wir schon lange. Sie haben es gar nicht gemerkt.

(Beifall bei der CDU)

Bei Nummer 12 b - § 33 - des Gesetzentwurfs lehnen wir die neue Formulierung ab und favorisieren die bisherige Fassung des Landeswassergesetzes, mit der die Aufgaben weiterhin von der Landeswasserbehörde wahrgenommen werden sollen, da insbesondere kleine Abwasserbetriebe mit den Anforderungen des neu formulierten § 33 personell und materiell überfordert wären.

§ 38 des Gesetzentwurfs macht deutlich, wie sehr die Landesregierung in überzogenem Maße die Umsetzung der Richtlinie verfolgt. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss hatten im Landeswassergesetz bisher Priorität. Die Novelle setzt die Erhaltung und Entwicklung eines natürlichen oder naturnahen und standortgerechten Pflanzen- und Tierbestandes am Gewässer an die erste Stelle und die Entwicklung von Uferrandstreifen - § 38 a - an die zweite Stelle. Das kann es nicht sein. Wir haben eine entsprechende Korrektur vorgeschlagen, die mit Sicherheit der Zielsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nicht entgegensteht, wohl aber den Übereifer des Umweltministers bremst.

Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands für den Wasserabfluss gehören nach wie vor an die erste Stelle.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Der neu hinzugefügte § 38 a - Uferrandstreifen - ist in vielerlei Hinsicht umstritten. Mit der in der Novelle vorgesehenen Formulierung, dass Uferrandstreifen von in der Regel 10 m Breite einzurichten sind, wird unnötigerweise ein Konflikt aufgetan. Die Wasserrahmenrichtlinie macht keine Vorgaben bezüglich der Uferrandstreifen, sodass der Entwicklung von Uferrandstreifen eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

In der Wasserrahmenrichtlinie geht es lediglich darum, Schadstoffeinträge aus diffusen Quellen zu verringern.

In diesem Zusammenhang empfehle ich unter anderem, die Abhandlung von Professor Frede zum Thema Uferstreifen zu lesen, der zu der Schlussfolgerung kommt, „dass die Bedeutung der Filterwirkung von Uferstreifen für die Verminderung von Stoffeinträgen in Gewässer von verschiedenen Seiten bislang ganz erheblich überschätzt worden ist“.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Auch das Institut für Umweltchemie und Toxikologie der Fraunhofer Gesellschaft hält in einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2001 eine Breite von 3 m für ausreichend. Wir lehnen eine Regelbreite von 10 m ab und schlagen die Formulierung „in der Regel 3 Meter“ vor.

(Beifall bei der CDU)

Ferner müssen Bewirtschaftungseinschränkungen in den Uferrandstreifen entschädigt werden; sie sind vertraglich zu vereinbaren.

§ 51 bedarf ebenfalls der Nachbesserung. Zu dieser Erkenntnis sind auch die Regierungsfraktionen gelangt. Wir sehen darüber hinaus eine Kostenerstattung an die Wasser- und Bodenverbände vor.

Wir bekennen uns zur Wasserrahmenrichtlinie und halten eine Novellierung des Landeswassergesetzes für erforderlich. Wir können dem Gesetzentwurf der Landesregierung aber nur zustimmen, wenn unsere Änderungsvorschläge berücksichtigt werden, die wesentliche Extrakte aus der Anhörung im Umweltausschuss sind. Hier sind wir in Konsens mit der Wasserrahmenrichtlinie, die in Artikel 14 Abs. 1 eine aktive Beteiligung aller an der Umsetzung der Richtlinie interessierten Stellen ausdrücklich vorsieht.

(Ursula Sassen)

Manchmal bringt etwas weniger Ideologie in der Sache mehr. Geben Sie sich einen Ruck und springen Sie über Ihren Schatten. Dies wird sich bei allen Beteiligten positiv auf die Mitarbeit bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie auswirken.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt dem Abgeordneten Günther Hildebrand.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren!

„Wer wirklich Durst hat, weiß, wie kostbar Wasser ist.“

Dieses Zitat vom Journalisten Harald Gerbeth führt uns bildlich vor Augen, wie wichtig es für uns sein muss, effektiven Gewässerschutz zu betreiben. Die Europäische Union verabschiedete hierzu die Richtlinie 2000/60/EG. Diese ist besser bekannt unter dem Namen EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Diese Richtlinie trat am 22. Dezember 2000 in Kraft. Mit ihr wurde und wird nach vielen sektoralen Gewässerschutzrichtlinien der Jahre zuvor zum ersten Mal ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt. Die Gewässer sollen in Zukunft flussgebietsbezogen bewirtschaftet werden, das heißt von der Quelle bis zur Mündung mit allen Zuflüssen. Die Gewässerökologie, vor allem also die Gewässerbiologie, ist erstmals für die Qualität der Gewässer ausschlaggebend und nicht nur mehr die chemische oder physikalische Beschaffenheit, die aber weiterhin eine Rolle spielt. Um die Gewässerqualität zu erfassen, zu bewerten und Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Verbesserung zu ergreifen, sieht die Richtlinie die Erstellung national und international koordinierter Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne vor.

Diese Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne müssen nun in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Hierzu war die bereits vollzogene Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes notwendig. Nun muss noch eine Änderung des Landeswassergesetzes erfolgen. Dazu hat die Landesregierung den heute vorliegenden Gesetzentwurf erarbeitet. Er soll im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie sicherstellen, dass nicht nur nutzungsbezogene, sondern vor allem ökologisch begründete Qualitätsziele für die Gewässer nach einheitlichen Vorgaben erreicht werden.