Protocol of the Session on April 3, 2003

Wir brauchen vor allem eine Umsteuerung bei der kostenintensiven Arbeitsmarktpolitik der Vergangenheit und den Einsatz frei werdender Mittel für Infrastrukturprojekte und Wirtschaftsförderung. Herr Minister, wenn Sie sich die Investitionsquote angucken, dann wissen Sie, warum die Situation im Lande so schlecht ist.

(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus fordern wir Maßnahmen, die in erster Linie von der Bundesregierung geleistet werden müssen. Ich will dabei überhaupt nicht verhehlen, dass wir mit einer Reihe von Punkten mit dem Wirtschaftminister dieses Landes durchaus einverstanden sind. Wir werden ihn unterstützen, wenn er diese

Forderungen auf Bundesebene platziert. Allerdings fehlt uns der Glaube, dass Schleswig-Holstein überhaupt noch die Anerkennung im Bund genießt, die erforderlich ist, um diese Positionen durchzusetzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Gern, Frau Präsidentin. - Zudem verbreiten die Signale aus Berlin zurzeit mehr Konfusion als Perspektive. Aber die CDU-Landtagsfraktion wird mitwirken. Sie hat dies durch Gesetzentwürfe bewiesen - Mittelstandsförderungsgesetz, statistische Berichtspflichten -, die eingebracht worden sind. Wir gehen davon aus, dass wir gemeinsam die Chance haben, Reformvorschläge im Wirtschaftsausschuss zu diskutieren. Wir sind nicht die Bremser. Wir sind dafür, dass wir an der Stelle weitermachen, an der unsere Anträge aufhören, nämlich bei der Umsetzung der Aufträge. Wir wissen, dass wir es besser können. Wir wollen gemeinsam mit Ihnen die schlimme Situation in Schleswig-Holstein verbessern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich dem Herrn Abgeordneten Schröder.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der verbundenen Debatte werde ich in meinem Beitrag auf den Wirtschaftsbericht eingehen und der Kollege Baasch wird zum Arbeitsmarkt sprechen.

Lassen Sie mich mit einer grundsätzlichen Bemerkung zur wirtschaftlichen Situation in SchleswigHolstein beginnen. Die wirtschaftliche Situation im Land ist natürlich nicht zufriedenstellend. Die Lage ist aber auch nicht so schlimm, wie es sich bei dem Gejammer derjenigen anhört, die unsere Wirtschaft - Herr Kayenburg hat das schon angekündigt - gewohnheitsmäßig schlecht reden; zu denen gehören leider auch immer wieder Vertreter der Opposition.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Herr Kayenburg, man kann sich darauf verlassen, dass diese Aussagen kommen. Sie wissen, dass solches Gerede der Wirtschaft in Schleswig-Holstein

(Bernd Schröder)

Schaden zufügt, was Sie aber offensichtlich billigend in Kauf nehmen.

Ebenso falsch wäre es aber auch, wenn man versuchte, die gegenwärtige Wirtschaftslage in SchleswigHolstein schön zu reden. Es gibt nichts zu beschönigen. Notwendig ist ein Blick auf die Realitäten bei uns im Land. Realität ist, dass nicht SchleswigHolstein allein von einer anhaltenden Konjunkturflaute betroffen ist, sondern Deutschland insgesamt ebenso wie die Länder der EU und die Vereinigten Staaten. Es wäre daher ein Wunder, wenn SchleswigHolstein davon verschont geblieben wäre. Auch das ist Realität: Die Ursachen für die getrübte Wirtschaftslage im Land liegen nicht in SchleswigHolstein. Sie liegen auch nicht - wie uns die Opposition immer wieder einreden möchte - in der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Berlin. Ich will gern einräumen, dass ich mir die Reformen, die jetzt von der Bundesregierung auf den Weg gebracht worden sind, schon eher gewünscht hätte.

(Martin Kayenburg [CDU]: Welche denn?)

Die Ursachen für die konjunkturelle Abwärtsbewegung liegen aber nun mal nicht in Kiel oder Berlin, sondern in der stagnierenden weltwirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen zwei Jahre. Diese hat in den USA ihren Anfang genommen und ist durch den verheerenden Terroranschlag verstärkt worden. Die Zusammenbrüche großer amerikanischer Unternehmen tragen - wie Sie alle wissen - nicht gerade dazu bei, dass von dort neues Vertrauen ausgeht. Wer die Wirtschaftsdaten verfolgt, der muss erkennen, dass wir die Stagnation noch nicht überwunden haben, zumal es im Hinblick auf die künftige konjunkturelle Entwicklung eine Reihe von Risiken gibt, die einen Aufschwung gefährden könnten. Ich denke da vor allem an den Krieg im Irak, dessen Dauer ebenso ungewiss ist wie die Auswirkungen, die dieser Krieg im Nahen Osten und damit auf die gesamte weltwirtschaftliche Entwicklung haben wird. Schon jetzt gibt es Anzeichen, die befürchten lassen, dass die Konjunkturlokomotive USA nicht so schnell wieder in Fahrt kommt, wie das für einen stabilen Aufwärtstrend notwendig wäre.

Aber auch das ist Realität: Die Wirtschaft in Schleswig- Holstein ist - bei allem Ernst der Lage - von den konjunkturellen Einbrüchen weniger hart getroffen worden als die Wirtschaft anderer Bundesländer. Mit einem realen Wirtschaftswachstum von 0,7 % lag Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr immerhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt, der nur 0,2 % betrug.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und worauf ist das zurückzuführen?)

Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt. Wie Sie wissen, ist SchleswigHolstein eines der führenden Gründerländer in Deutschland. Seit Jahren liegen wir - wie auch im vergangenen Jahr - im Ländervergleich in der Spitzengruppe. Sie alle kennen diese Daten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ist es gar nicht überraschend, dass in SchleswigHolstein der Anteil der technologieorientierten Unternehmen ausgesprochen hoch ist. Das gilt vor allem für Zukunftsbranchen wie Biotechnologie, Life Science, Mikroelektronik, Meerestechnik und moderne Informations- und Kommunikationstechniken. Zudem verfügt Schleswig-Holstein über ein großes Know-how auf dem Gebiet der Gesundheitswirtschaft und etabliert sich weiter als erlebenswertes Urlaubsland. Dies belegen gerade die jüngsten Zahlen.

Ich muss das hier nicht im Einzelnen erläutern, denn es ist erstens hinlänglich bekannt und wird zweitens im vorliegenden Wirtschaftsbericht ausführlich dargelegt. Das sind die Fakten, die Schleswig-Holsteins Wirtschaft in den vergangenen Jahren modern und wettbewerbsfähig gemacht haben. Herr Kubicki, ein Beleg für die Stärke der schleswig-holsteinischen Unternehmen auf den internationalen Märkten sind die Exportdaten der vergangenen Jahre. Die Exportquote ist seit 1995 von 26,1 % auf 34,3 % im vergangenen Jahr gestiegen. Das sind die Gründe dafür, weshalb unser Land von der gegenwärtigen konjunkturellen Situation nicht ganz so hart getroffen wird.

Natürlich wird niemand behaupten, die stärkere Position der Wirtschaft in Schleswig- Holstein sei ausschließlich ein Verdienst der Landesregierung. Zutreffend ist dennoch: Die Politik der Landesregierung und der Mehrheitsfraktionen dieses Hauses hat in den vergangenen Jahren dafür die Rahmenbedingungen geschaffen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Dass Sie dabei nicht rot werden!)

- Das ist typisch! Neuer Sitzungssaal - alte Miesmacherei. Wir haben hier in Schleswig-Holstein für günstige Produktions- und Investitionsbedingungen gesorgt. Wir haben in Schleswig-Holstein Forschung und Innovation mobilisiert und gestärkt. Wir haben in den vergangenen Jahren wirksame und zielgerichtete Förderprogramme für Unternehmensgründungen,

(Bernd Schröder)

Technologietransfers und Investitionen initiiert und die verkehrliche Infrastruktur ausgebaut. Herr Kayenburg, zur A 20 und zum Bundesverkehrswegeplan kommen wir anschließend.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Auch so eine Er- folgsgeschichte!)

Weiter haben wir eine Reihe von Projekten in der Metropolregion Hamburg auf Weg gebracht. Auch das wissen Sie.

Gleichwohl ist klar, dass es in der Wirtschaft Schleswig-Holsteins Schwachstellen und Bereiche gibt, die uns Sorgen machen. Das gilt etwa für die Baubranche, die - wie übrigens die gesamte Bauwirtschaft in Deutschland - mit anhaltenden Strukturproblemen zu kämpfen hat. Das bedeutet, dass es bei uns weiter Handlungsbedarf gibt. Wir dürfen in unserem Bemühen, den Standort Schleswig-Holstein weiter zu stärken, nicht nachlassen.

Das bedeutet auch, dass wir unsere Aufmerksamkeit nach wie vor auf den Bereich richten, der gewissermaßen die tragende Säule unserer Wirtschaft ist, nämlich den Mittelstand. Dabei sind wir auf einem guten Weg. Wie Sie wissen, ist für viele kleine und mittelständische Unternehmen eine zu dünne Kapitaldecke und die daraus resultierende Versorgung mit Kapital häufig ein ernstes Problem. Mit der Entschärfung von Basel II ist - entsprechend den Forderungen des Mittelstandes - ein erster Schritt gemacht worden. Darüber hinaus wurde der mittelständischen Wirtschaft im vergangenen Jahr durch Landesbürgschaften und durch Förderinstitute ein Kredit- und Beteiligungsvolumen von 218 Millionen € gewährt. Herr Kayenburg, man darf nicht nur die Arbeitslosenzahlen nennen, sondern man muss auch sagen, wie viele Arbeitsplätze gerettet, gesichert und durch diese Maßnahmen entstanden sind, die diese Landesregierung durchgeführt hat.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Eine bessere Kapitalversorgung des Mittelstands wird auch weiter auf der Tagesordnung unserer Politik stehen müssen. Dieser Punkt ist bekanntlich in der Offensive für den Mittelstand enthalten, auf die sich der Wirtschaftsminister im vergangenen Jahr gemeinsam mit Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen verständigt hat. Weitere Forderungen dieses Maßnahmenkatalogs sind Steuererleichterungen für den Mittelstand, die Senkung von Lohnnebenkosten und der Abbau bürokratischer Hemmnisse wie beispielsweise die Reduzierung von Statistikpflichten. Zur Politik für den Mittelstand zählt übrigens auch das Tariftreuegesetz, das wir hier

gegen den Willen der Opposition verabschiedet haben.

(Beifall beim SSW)

Dieses Gesetz hilft vor allem dem von mir zuvor erwähnten Baugewerbe in unserem Land. Sprechen Sie einmal mit den Fachleuten, auf die Sie sonst immer so gern Bezug nehmen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das glauben Sie wirklich?)

Schließlich dürfte auch das Mittelstandsförderungsgesetz, an dem wir alle gemeinsam im Wirtschaftsausschuss und demnächst im Plenum arbeiten, den kleinen und mittleren Unternehmen in SchleswigHolstein zugute kommen. Ich hoffe, dass die gepriesene Gemeinsamkeit dazu führt, dass es uns gelingt, mit dem Mitteltandsförderungsgesetz ein weiteres Gesetz in der Kette von Rahmenbedingungen für den Mittelstand hinzuzufügen. Für Schleswig-Holstein gilt, dass die Wirtschafts- und Strukturpolitik, die wir machen, auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet sein muss. Klar muss aber auch sein, dass nicht die Politik die Jobs schafft, sondern dass es die Unternehmen sind, die Arbeitsplätze schaffen. Die Politik kann und muss die Rahmenbedingungen dafür setzen. Wir sind dabei.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Was nun die notwendigen Rahmenbedingungen betrifft, so können die in Schleswig-Holstein so schlecht nicht sein. Wohl kaum wäre unsere Wirtschaft sonst in der vergleichsweise starken Position, in der sie sich - wie ich erläutert habe - befindet. Auch die Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schaffung weiterer Arbeitsplätze zu ermöglichen, habe ich in der gebotenen Kürze erläutert. Konkret ist das die Fortsetzung der Mittelstandspolitik mit dem Maßnahmenkatalog, den Wirtschaftsminister Rohwer vorgelegt hat: Sicherung der Kapitalversorgung, Steuererleichterungen, Senkung der Lohnnebenkosten, flexiblere Arbeitsmärkte und die Abschaffung von bürokratischen Hemmnissen.

Dies ist genau auch die Stoßrichtung der Agenda 2010, die jetzt die Bundesregierung vorgelegt hat und zügig umsetzen wird. Kollege Neugebauer, diese Maßnahmen müssen weiter im Sinne der von mir erwähnten Mittelstandsoffensive ergänzt werden.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr gut!)

Vorausgesetzt die konjunkturellen Rahmenbedingungen stimmen, so bin ich mir sicher, dass dann - mit der zu erwartenden zeitlichen Verzögerung - auch

(Bernd Schröder)

wieder eine Belebung des Arbeitsmarktes in Schleswig-Holstein folgen wird. Ich hoffe, dass wir dies gemeinsam anpacken.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Frau Abgeordnete Aschmoneit-Lücke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat unter anderem die Aufgabe, die Arbeit der Landesregierung zu kontrollieren. Ich beginne diesbezüglich für Sie möglicherweise mit einem Paukenschlag: Der Wirtschaftsminister hat 400 Millionen € unterschlagen.

(Bernd Schröder [SPD]: Das sagen Sie als Juristin!)