Auch der Wegfall von fünf Wahlkreisen stellt in einem relativ dünn besiedelten Flächenland wie Schleswig-Holstein für die beiden großen Volksparteien eine große Herausforderung dar, weil wir uns als unmittelbare Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger vor Ort verstehen. Diesen Anspruch muss oder besser noch kann man mit einer Partei mit drei oder fünf Abgeordneten nicht haben. Das ist auch nicht bös gemeint, sondern das ist eine andere Sichtweise, wie die politische Arbeit gestaltet wird. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes halten wir es allerdings für richtig, dass hier auch eine Präsens der Abgeordneten sichergestellt wird.
schafft werden, sodass es bei einem extrem guten Wahlergebnis für eine Partei - das hat es in der Geschichte Schleswig-Holsteins zweimal gegeben - im Höchstfall 77 Abgeordnete im Parlament geben kann. Sie haben darauf hingewiesen, Herr Kollege Puls, das sind zwei mehr als man das nach der heute festgelegten Zahl von 75 Abgeordneten hätte. Aber das ist doch eine extreme Ausnahme, das ist ein rein theoretischer Fall. Die Abgeordnetenzahl wird nun dauerhaft auf 69 begrenzt. Das ist eine sachgerechte und mutige Entscheidung. Ich hoffe auch, dass das wirklich verstanden wird und nicht diejenigen, die noch theoretisch irgendwo am Schreibtisch rechnen, auf irgendwelche anderen Fata-Morgana-Zahlen kommen.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was zweimal vorgekommen ist, kann auch dreimal vorkommen!)
Nun darf man als Politiker auch bei mutigen Entscheidungen nicht darauf hoffen, dass man gelobt wird - deshalb tun wir das an dieser Stelle auch nicht -, aber man darf zumindest darauf hoffen, dass diejenigen, die sich damit beschäftigen - gleich ob Journalist, Steuerzahlerbundfunktionär, professioneller Leserbriefverfasser oder Bürger -, zumindest auch mit den Sachargumenten auseinandersetzen. Meine Erfahrung ist, den meisten Sachverstand, den ich verspürt habe, haben die Bürgerinnen und Bürger im Land. Den geringsten Sachverstand in dieser Frage haben übrigens die Steuerzahlerbundfunktionäre, die dann gegebenenfalls auch 50 Abgeordnete fordern. Wenn das nicht hinhaut, dann können sie auch 40 fordern, möglicherweise auch 25. Ich halte das für ein „Dahergeplapper“, was da hin und wieder kommt, aber für keine realistische Auseinandersetzung mit den Interessen der Steuerzahler in Schleswig-Holstein.
Und ich möchte noch eine Bemerkung hinzufügen. Ich gebe in der Regel nichts weiter, wenn es sich um ein persönliches oder privates Gespräch handelt. Aber ich sitze gemeinsam mit dem Präsidenten des Steuerzahlerbundes in einem Gremium. Am Rande einer Sitzung habe ich zu ihm gesagt: Ich wundere mich, dass der Steuerzahlerbund uns lobt - das war ja die erste Reaktion. Ja, hat er dann gesagt, das sei ja doch ein entscheidender Schritt nach vorn, sowohl der Systemwechsel bei der Versicherung als auch die Begrenzung der Abgeordnetenzahl. Dass er dann nachher - auf welchen Druck hin auch immer - wieder
polemisch geworden ist, ist einem Präsidenten, der eine bestimmte Funktion im Steuerzahlerbund als Präsident hat, nicht angemessen.
Unabhängig davon beantrage ich Überweisung des Gesetzentwurfs in den Innen- und Rechtsausschuss zur weiteren Beratung. Ich hoffe, dass alle Fraktionen im Hause in der Mai-Tagung der Reduzierung der Zahl der Abgeordneten des Landtages auf 69 zustimmen können, damit auch mit diesem Teil der Reform Ernst gemacht wird. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger des Landes Schleswig-Holstein von uns. SPD und CDU sind dazu bereit. Sie sind herzlich eingeladen.
Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident Stritzl! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich für meine Fraktion ausdrücklich anerkennen, dass Union und SPD einen Entwurf zur Änderung der Landesverfassung eingebracht haben. Der Kollege Klug hat mir noch vor kurzem erzählt, er würde nicht darauf wetten, dass das passiert. Aber es ist geschehen. Das zeigt zumindest die Konsequenz in der Ankündigung. Das ist ja auch etwas, was man nicht immer sagen kann.
(Martin Kayenburg [CDU]: Die beiden Gro- ßen sind eben anders! - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Kleinen sind besser! - Zuruf von der CDU: Der Kollege Kubicki ist sprachlos!)
- Nein. Mir fiel spontan dazu ein Spruch ein, für den ich wahrscheinlich von der Frauenministerin eine Rüge erhalten hätte. Dazu will ich jetzt nichts weiter sagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Märchen - Herr Kollege Schlie, das wissen Sie -, dass die kleinen Fraktionen nicht bereit gewesen wären, dazu beizutragen, den Landtag zu verkleinern.
Der Vorschlag, den im Übrigen auch Ihre Fraktion beziehungsweise Ihre Landespartei bis Anfang Dezember für gut gehalten hat, war der, das Verhältnis von Direktmandaten und Listenmandaten so zu verändern, dass eine Überschreitung der Zahl 75 äußerst unwahrscheinlich geworden wäre.
- Sie wollen mehr, aber Ihr Modell erreicht nicht mehr, weil Sie das Verhältnis zwischen Direktmandaten und Listenmandaten wiederum nicht verändern.
Herr Kollege Schlie, da wir beide - wie immer - ehrlich miteinander umgehen, werden Sie mir zugestehen, dass der Landeswahlleiter auch Ihnen erklärt hat, dass auf der Basis Ihres jetzigen Vorschlages, ihn als Recht unterstellt, das Wahlergebnis des Jahres 2000 zu einer Abgeordnetenzahl von 77 statt 69 geführt hätte.
- Da wir - möglicherweise im Gegensatz zu Ihnen - davon ausgehen, dass jedenfalls auf absehbare Zeit vier Fraktionen und eine weitere Gruppierung dem Schleswig-Holsteinischen Landtag angehören werden, wird es den von Ihnen angesprochenen Regelfall mit 69 Abgeordneten aufgrund der Verteilung von Listen- und Direktmandaten nicht geben. Wir werden eine dauerhafte Überschreitung der in der Verfassung festgeschriebenen Sollzahl erhalten.
Wenn Sie das hätten vermeiden wollen - das hat Ihnen der Landeswahlleiter in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses doch auch mehrfach gesagt -, dann hätten Sie die Zahl der Direktmandate und der Listenmandate in etwa annähern müssen.
Die spannende Frage für uns ist nur, wie Sie auf die Zahl 69 gekommen sind. Wenn Sie dem Steuerzahlerbund vorwerfen - wofür viel spricht -, dass er einfach spontan die Zahl von 50 genannt hat, ohne zu begründen, warum es nun gerade 50 sein sollen, dass er auch die Zahl 40 hätte nennen können, dann müssen Sie uns erklären, warum Sie auf 69 gekommen sind.
Das Verhältnis von Bevölkerungszahl zu Abgeordneten kann es nicht sein; denn Schleswig-Holstein hat, was die Bevölkerungszahl angeht, in der Vergangenheit ständig zugenommen. Diese Entwicklung wird auch künftig weiter fortschreiten. Gleichwohl verringern wir die Sollzahl der Abgeordneten in der Verfassung. Wir würden also schon einmal gerne wissen, an welcher Norm, an welchem Verhältnis wir uns orientieren sollen, um künftig feststellen zu können, ob wir etwas ändern müssen oder nicht.
- Herr Kollege Kayenburg, noch sind wir mit der Beratung der Verfassungsänderung nicht am Ende. Uns ist nicht ganz klar, warum Sie das acht Jahre lang für sinnvoll gehaltene Modell, das für CDU und FDP gleichermaßen galt, verlassen haben und jetzt ein neues Modell mit der SPD ausgehandelt haben. Wir werden wohl noch erfahren, warum es die Zahl von 69 Abgeordneten sein soll und keine andere Zahl gewählt worden ist.
Vielleicht haben Sie auch nur vergessen - ich will das an dieser Stelle bereits sagen, damit Sie da nicht überrascht werden -, dass im Koalitionsvertrag zwischen Rot und Grün einige Punkte aufgezählt sind, die die SPD bei einer Verfassungsänderung mit Rücksicht auf die Grünen zu berücksichtigen hat. Wieso sollten eigentlich die Grünen in Ruhe mit ansehen, dass CDU und SPD mal eben die Verfassung mit dem Ziel der Verkleinerung des Landtages ändern, aber Sinti und Roma noch nicht als anerkannte Minderheit in der Verfassung stehen? Wenn wir schon die Verfassung ändern - diese Frage werden auch wir stellen -, dann bitte mit Aufnahme des Tierschutzes,
des besonderen Rechts der Behinderten und Pflegebedürftigen und schließlich eines eigenen Landesverfassungsgerichts. Da wird die Union dann noch einige Verhandlungen führen. Ich kündige an, dass wir ent
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Irene Fröhlich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei Verfassungsfragen haben sich die Grünen und die SPD gegenseitig zugesichert, im Sinne der Gewissensfreiheit losgelöst vom Koalitionsvertrag stimmen zu können, ohne dass daraus auf einen Bruch des Vertrages geschlossen werden könnte. Wir reden hier über eine Verfassungsänderung und nicht über das Wahlgesetz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Herr Puls, wir reden hier nicht über eine Änderung des Wahlrechts, sondern über eine Verfassungsänderung.
Die Verfassung ist die höchste Rechtsnorm unseres Landes. In ihr finden die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft ihren Niederschlag. Des Weiteren wird die Zusammensetzung der staatlichen Organe und ihr Verhältnis zueinander geregelt. Schon oft haben wir diskutiert - Herr Kubicki hat darauf hingewiesen -, ob ein gerechtfertigtes Anliegen langfristig bedeutsam genug ist, um in die Verfassung aufgenommen zu werden. Diese Frage wurde schon häufiger vonseiten einer der beiden großen Fraktionen, aber auch von der FDP-Fraktion mit Nein beantwortet, zum Beispiel betreffend unser Anliegen, den Schutz der Sinti und Roma als nationale Minderheit in die Verfassung aufzunehmen. So viel zu dem, was wir im Koalitionsvertrag zur Verfassungsänderung festgeschrieben haben.
Noch öfter wurde uns bedeutet, dass Verfassungsänderungen nicht alle Tage stattfinden sollten, sondern schwerpunktmäßig, besonders begründet und in möglichst breitem Konsens.
Nunmehr soll ohne eine breitere demokratische Debatte die Gewährung von Funktionszulagen in die Verfassung aufgenommen werden. Außerdem soll gegen den erklärten Willen aller drei im Landtag vertretenen kleinen Fraktionen beziehungsweise der Gruppe des SSW die Zahl der verfassungsmäßig festgelegten Abgeordneten von 75 auf 69 geändert werden. Dass das eine Umsetzung des Koalitionsvertrages ist, kann ich nicht feststellen. Das empfinden