Protocol of the Session on February 21, 2003

(Anke Spoorendonk [SSW]: Das war Frau Hinrichsen!)

Die Sachbeschädigung ist und bleibt ein Antragsdelikt. Jeder Eigentümer hat die Möglichkeit, keinen Strafantrag zu stellen, sondern es privat zu regeln. Durch die Begehung einer Sachbeschädigung wird niemand ein Schwerkrimineller.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wadephul?

Ja.

Herr Minister, schließe ich aus Ihren Äußerungen, dass Sie eine Regelung innerhalb von § 303 Strafgesetzbuch bevorzugen würden? Wird die Landesregierung eine entsprechende Bundesratsinitiative ergreifen, um zu einer Gesetzesänderung in diesem Bereich zu kommen?

Ich erspare mir jetzt die Antwort, da ich in meiner Rede gleich darauf zu sprechen komme, wenn Sie damit einverstanden sind.

Der Bundesrat hat am 20. Dezember 2002 die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfs in den Bundestag beschlossen, der die Ergänzung der Tatbestände in § 303 und § 304 Strafgesetzbuch um die Alternative der „nicht unerheblichen Veränderung des Erscheinungsbildes der Sache gegen den Willen des Eigentümers oder sonst Berechtigten vorsieht“. Ich verschweige nicht, dass sich Schleswig-Holstein bei der Abstimmung im Bundesrat aufgrund der Koalitionsvereinbarung der Stimme enthalten hat.

(Thorsten Geißler [CDU]: Richtig!)

Gleichwohl sage ich hier meine Meinung. Das muss jeder einmal hinnehmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, deswegen zanken sich Frau Fröhlich und ich nicht. Ich hoffe dennoch, dass der Gesetzentwurf im Bundestag eine Mehrheit findet.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für keine Verbesserung, Herr Geißler und Herr Dr. Garg, halte ich dagegen die Gesetzentwürfe von CDU/CSU und der FDP im Bundestag, die Sie, Herr Dr. Garg, hier erwähnt haben, mit denen das Merkmal der Verunstaltung in den Tatbestand der Sachbeschädigung aufgenommen werden soll. Dieser Begriff bringt neue Auslegungsprobleme. Statt eines Gutachtens über eine Substanzverletzung werden die Ermittlungsbehörden dann wahrscheinlich die Expertise eines Kunstsachverständigen einholen müssen, um festzustellen, ob es sich um eine Verunstaltung oder um die Verschönerung einer Sache handelt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Nach meiner festen Überzeugung muss es kein Eigentümer hinnehmen, dass sein Eigentum gegen seinen Willen bemalt oder besprüht wird, auch wenn andere das vielleicht für ein Kunstwerk halten.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Allerdings - lassen Sie mich das zum Abschluss sagen - wird die Schaffung einer solchen Sanktionsnorm allein nicht ausreichen, um das Graffiti-Problem zu lösen, denn die Täter werden auch weiterhin, Herr Kalinka, nur sehr schwer zu ermitteln sein. Ergänzend sind daher präventive Maßnahmen erforderlich. Frau Fröhlich hat darüber gesprochen. Dem kann ich mich nur voll inhaltlich anschließen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann treten wir in die Abstimmung ein. Es ist beantragt worden, den Tagesordnungspunkt 31, Verordnung zur Bekämpfung von Vandalismus durch Graffiti, Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/2446, dem zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Silke Hinrichsen [SSW]: Mitberatend an den Sozialausschuss!)

Also federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Eingliederungshilfe für behinderte Menschen Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2411

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Antrag stellende Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Werner Kalinka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Umgang mit den Schwächsten zeigt die Stärke einer Gesellschaft.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau ü- bernimmt den Vorsitz)

Vor einigen Wochen haben wir ein Schreiben der Lebenshilfeeinrichtungen bei uns im Land erhalten, in dem sie ihre Besorgnis hinsichtlich Überlegungen aus dem Sozialministerium in Kiel zum Ausdruck gebracht haben. Wir haben diejenigen, die uns angeschrieben haben, eingeladen und - wie wir gehört haben - damals als einzige reagiert. Schnell war uns klar, dass das, was auf dem Papier aus dem Sozialministerium stand, nicht umgesetzt werden dürfe. Wir begrüßen, dass Frau Sozialministerin Moser diese Unterlage inzwischen zurückgezogen hat. Wir bedauern, Frau Ministerin, dass Sie die Betroffenen monatelang so verunsichert haben, wie dies der Fall gewesen ist. Sie haben in einem Interview inzwischen erklärt: „Moser: An den Behinderten wird nicht gespart“. Wir hätten uns gewünscht, dass diese Selbstverständlichkeit von vornherein auch in den vergangenen Monaten klar gewesen wäre.

Wir haben inzwischen erfahren, dass die Ursachen für mögliche Kostensteigerungen wie auch die Zahlen

sehr differenziert gesehen werden können. Es war erst von 25 % die Rede, jetzt lesen wir, es seien 9 %. Wir werden es im Einzelnen nachher noch hören.

Meine Damen und Herren, eines kann in diesem Land nicht sein, nämlich dass das Land auf der einen Seite immer stärkere Forderungen erhebt oder bestimmte Standards für richtig ansieht, auf der anderen Seite aber mit Leistungseinschränkungen und weniger Zuwendungen die Runde macht und mehr Kontrollen ankündigt. Das ist keine Politik, die in der Sozialpolitik in Schleswig-Holstein Einkehr halten darf.

Ich möchte auf einige weitere Punkte aufmerksam machen. Wir haben auch in Schleswig-Holstein immer mehr ältere behinderte Menschen. Dies wird etwa bis zum Jahr 2010 der Fall sein. Wir haben sehr viele sehr besorgte Eltern, die sich natürlich folgende Fragen stellen: Was wird aus meinem behinderten Kind, wenn ich die Pflege nicht mehr leisten kann? In welcher Einrichtung ist es gut aufgehoben? Brauche ich mir keine Sorgen zu machen?

Die Zahl der Schwerbehinderten insgesamt ist in unserem Land im Anstieg. Im Jahr 2001 waren es immerhin schon 7,8 %. Dies zeigt, über welche auch quantitative Dimension wir uns hier unterhalten müssen.

Meine Damen und Herren, eines wissen wir alle, die wir die Einrichtungen besuchen oder sonstige entsprechende Kontakte haben: Wir wollen keine Verwahrung, wir wollen weiterhin eine aktive Förderung in der Behindertenpolitik.

(Beifall bei der CDU)

Man kann, meine Damen und Herren, mit Förderung und mit Frühförderung sehr viel erreichen. Die sozialpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen waren beispielsweise vor gut 14 Tagen in Preetz -

(Wolfgang Baasch [SPD]: Bei der Lebenshil- fe!)

dabei. Die dortigen Darlegungen der Eltern haben sehr eindrucksvoll gezeigt, dass mit einer aktiven Frühförderung sehr viel getan werden kann. Daran darf es keine Abstriche geben. Dies würde zulasten der Behinderten gehen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Es ist nicht so, dass wir im Land Schleswig-Holstein ein Überangebot an Wohnheimplätzen und anderem hätten. Wir haben, wie wir aus allen Einrichtungen wissen, eher zu wenige Wohnheimplätze. Auch die Werkstätten sind zum Teil überbelegt. Mit 20 % ist das nicht nur in Einzeleinrichtungen der Fall. In anderen Bundesländern ist man zum Teil deutlich weiter

(Werner Kalinka)

als wir in Schleswig-Holstein. Ich sage das nicht, um von dieser Stelle aus neue Forderungen zu erheben. Ich sage das aber, damit nicht der Eindruck entsteht, als seien wir schon auf einem ganz hohen Level. Das sind wir wahrlich nicht, auch nicht in SchleswigHolstein.

Kritisiert wird seit zwei Jahren, dass zum Teil die Leistungsvereinbarungen mit den Einrichtungen nur zögerlich oder gar nicht oder zu spät erfolgen. Auch hier sind die Besorgnisse, die uns entgegengebracht worden sind, nicht erst in den letzten Monaten entstanden. Wir haben dazu öffentlich nichts gesagt, aber es gibt hier verschiedene Einrichtungen, die seit geraumer Zeit Klage geführt haben und wo das sehr lang gedauert hat.

Meine Damen und Herren, dies sind einige der Punkte, die bei diesem Thema eine Rolle spielen, auf die wir aufmerksam machen möchten und die bei diesem Thema mit einzubeziehen sind. Die CDULandtagsfraktion warnt vor einem Sparkurs zulasten der behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das ist auch in einer finanziell angespannten Zeit die falsche Botschaft zu diesem Thema und insgesamt zur Situation in der Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben mit unserem Antrag, den wir eingebracht haben, auch nicht nur Kritik geäußert, sondern wir haben gesagt, was wir wollen. Wir wollen, dass dieses Arbeitspapier nicht mehr die Grundlage draußen ist. Dies ist inzwischen geschehen. Das zeigt auch, dass eine Opposition im Zusammenwirken mit Einrichtungen und Eltern durchaus kraftvoll agieren kann. Wir haben einen Schwerpunkt für die Ziele, über die wir hier beraten, formuliert: dass wir grundsätzlich keine Verringerung der Plätze in teil- und vollstationären Einrichtungen haben möchten und ausreichend Plätze benötigen. Dies bleibt der Grundsatz, wie er auch in früheren Zeiten gültig war.

Wir wollen den Personalschlüssel so angepasst haben, wie er den Bedürfnissen und dem Bedarf entspricht. Wir halten es auch nicht für richtig, eine Loslösung von gültigen Tarifen vorzunehmen. Denn die Arbeit, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Einrichtungen leisten, ist eine schwere Arbeit. Sie verdient unsere Achtung und Anerkennung und unsere Unterstützung. Dazu gehört genauso eine angemessene Aus- und Weiterbildung. Sparpolitik darf nicht dazu führen, dass dies alles auf der Strecke bleibt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend formulieren: Das Land sollte seine bisherige Grundlage in diesen Fragen nicht schmälern, sondern

sie muss dort im Zusammenwirken mit den kommunalen Bereichen ausgeweitet werden, wo es Not tut. Was wir in keinem Fall hinnehmen können, ist, dass in diesem hohen Haus gesagt wird: „Wir machen keine Abstriche“aber in Wirklichkeit Kürzungen vorgenommen werden sollen. Dies ist keine Politik, und dagegen verwahren wir uns. Deswegen hoffen wir, dass wir mit unseren Aussagen das gesamte hohe Haus hinter uns bekommen im Sinne der Förderung und der Unterstützung unserer behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Baasch.