Die Sprayerszene, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss also stärker ins Blickfeld genommen werden. In Lübeck beispielsweise - Herr Geißler wird es wissen - durften Sprayer ganz ungestraft das Stadthaus, ein Abrissbürogebäude am Markt, besprühen. Damit konnte das Problem natürlich nicht unbedingt eingedämmt werden.
Aber es ist zumindest eine Kommunikation zwischen städtischen Stellen und Sprayern entstanden. Vorher war das eine unbekannte Szene.
Aber natürlich sollte auch die Polizei nicht nur ermitteln, Herr Geißler. Sie sollte auch in den Schulen über die straf- und zivilrechtlichen Folgen des Sprayens aufklären und auf diesem Wege Präventionsarbeit leisten.
Weitere Initiativen auch und gerade zur zügigen Reinigung der besprühten Flächen sind zu unterstützen. Die Täter sollen sich nicht allzu lange in ihrem zweifelhaften Ruhm sonnen können, und weitere Sprayer sollen auch nicht zu Taten ermutigt werden.
Das, was der Kollege Eichstädt in seiner Presseerklärung angeführt hat, stimmt allerdings schon: Graffiti ist mittlerweile sogar Gegenstand von kulturhistorischer Forschung geworden, und Graffitiformen gehören tatsächlich auch zur Kultur der Menschheit, angefangen bei der - Sie werden das kennen - Kommunikation auf öffentlichen Toiletten oder dem Brauch Liebender - vielleicht kennen Sie so etwas auch -, ihre Initialen in Bäume zu ritzen.
Allerdings hat die so genannte Hip-Hop-Kultur seit Mitte der 80er-Jahre dazu geführt, dass große Spraybilder und Zeichenkombinationen in Mode gekommen sind und nicht nur Wände, sondern auch Busse und Bahnen zieren und verunzieren und damit immense Reinigungskosten verursachen.
Grundlegendes Problem bei Graffiti bleibt, dass diese in der Regel ungefragt und mit dem besonderen Reiz der Illegalität auf fremde Flächen gesetzt werden. Auch aus unserer Sicht ist es verständlich, dass das nicht jeder hinnehmen mag und auch nicht jeder hinnehmen soll. Die Verfolgung der Taten hängt ganz
wesentlich auch vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger als mögliche Zeugen ab. Diese Aussagen müssen dann auch Folgen haben. Dann kann sich die Aufklärungsrate gewiss verbessern lassen.
Kollege Geißler, lassen Sie uns deshalb gemeinsam und ohne Aufgeregtheit an einer Verbesserung der Situation arbeiten.
Dem Graffiti-Beauftragten. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Rother, mit dem Ritzen Verliebter in Bäume habe ich meine Probleme; denn die Bäume können Sie nicht einfach abwaschen, und das Einritzen ist für die Bäume auch nicht unbedingt zuträglich.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, am 20. Januar 2003 hat die Hamburger Bürgerschaft den Entwurf für eine Verordnung zur Bekämpfung von Vandalismus durch Graffiti beschlossen. Inhalt und Begründung entsprechen im Wesentlichen wortgleich dem heutigen Antrag der CDU-Fraktion. Insofern enthält die uns jetzt vorgelegte Graffiti-Verordnung für Schleswig-Holstein nicht besonders viel Neues.
Neu ist allerdings die Reaktion der SPD auf diesen Vorschlag. Sie sagt, sie teile das Anliegen der CDU, auch sie wolle die Rechtsgrundlagen verbessern, damit die Farbschmierereien an öffentlichen und privaten Gebäuden besser verfolgt werden können. - So nachzulesen im sozialdemokratischen „Informationsbrief“ als Reaktion auf die Pressekonferenz der Union.
Damit unterscheidet Sie sich bemerkenswert von Ihren Kolleginnen und Kollegen in Berlin. Diese haben nämlich den Antrag der FDP-Bundestagsfraktion vom November letzten Jahres, unerlaubtes Graffiti-Sprühen als Straftatbestand zu fassen, noch eine Sanktionierung abgelehnt, weil man der Täter ohnehin nicht oder nur sehr schwer habhaft werden könne.
Im Ergebnis sind wir uns offensichtlich in SchleswigHolstein alle einig: Unerlaubten Graffiti-Sprühern
gehört das Handwerk gelegt. Denn diese Form der Beschmutzung oder Verunstaltung einer Sache kann das Eigentum oft stärker beeinträchtigen und einen höheren Instandsetzungsaufwand verursachen als manche Substanzverletzung.
Auf den heftigen und vielfach geführten Streit, ab wann Farbsprühaktionen den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllen, kommt es dabei heute gar nicht an. Unser Anliegen ist es - darin unterstützen wir die Union ausdrücklich -, das unerlaubte GraffitiSprühen eindeutig als Unrecht zu qualifizieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies gebietet bereits der Schutz des Eigentums nach Artikel 14 GG. Keiner darf gegen den Willen des Eigentümers unerlaubt auf dessen Eigentum einwirken, auch nicht nur das Erscheinungsbild verändern.
Allerdings sollten wir uns im Ausschuss in der Tat noch einmal sehr intensiv über die Frage unterhalten, auf welchem rechtlichen Weg wir diesen Schutz des Eigentums gewährleisten wollen.
Ich habe auch nichts dagegen, wenn das zügig geschieht. Sicherlich eignet sich die von der CDU vorgeschlagene Verordnung dazu, nicht nur tatsächlich sanktionieren zu können, sondern gleichzeitig auch präventiv auf mögliche Täter einzuwirken, sie mit anderen Worten durch ein hohes Ordnungsgeld von unerlaubtem Graffiti-Sprühen abzuschrecken.
Wir müssen aber auch die Verhältnismäßigkeit zum Straftatbestand der Sachbeschädigung wahren. Insofern sollten wir auch die Möglichkeit einer Ordnungswidrigkeit nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz in Erwägung ziehen.
Schließlich sollten wir uns davor hüten, die Begriffe „Graffiti“ und „Vandalismus“ leichtfertig gleichzustellen. Im CDU-Antrag klingt das ein wenig an. Ohne Frage können heftige Farbsprühaktionen, wie sie uns oftmals entgegenprangen, Ausdruck blinder Zerstörungswut sein. Trotzdem sollten wir als Gesetzgeber sachlich mit diesem Thema umgehen und auch bei diesem Thema differenzieren. Zerstörerische Graffiti-Bemalungen sind heute schon nach dem StGB strafbar. Hierfür bedürfte es nicht des Verordnungsvorschlages der Union.
Deshalb wird es unsere Sache im Ausschuss sein, einen Weg zu finden, wirkungsvoll gegen jede Form des nicht nur geringfügigen unerlaubten GraffitiSprühens vorgehen zu können und nicht länger vor diesem Phänomen zurückzuweichen. Ich bin sicher, dass bereits dieser Schritt eine enorme präventive Wirkung entfaltet, und ich freue mich stellvertretend für den Kollegen Kubicki auf die Beratung im Ausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich vertrete hier wahrscheinlich eine Außenseitermeinung; aber das muss es ja auch geben.
Graffitis sind aus meiner Sicht wie Hundehaufen und zugeparkte Bürgersteige – oft ärgerlich, aber keine Gefahr für die Sicherheit. Deswegen, Herr Kayenburg – er ist jetzt nicht hier – finde ich diese Diskussion auch lange nicht so wichtig wie beispielsweise die Diskussion um den Sauerstoffmangel in der Ostsee hier in diesem Hause, nur, um einmal die Maßstäbe etwas zurechtzurücken.
Der Antrag der CDU-Fraktion fordert meinen Widerspruch in zweifacher Hinsicht heraus. Zum einen teile ich das Anliegen nicht, zum anderen halte ich aber auch das Mittel für ungeeignet. Damit kein Missverständnis aufkommt: Selbstverständlich halte ich Farbschmierereien an frisch renovierten oder auch anderen Häusern für höchst ärgerlich, ebenso die nervtötende Wiederholung bestimmter, über die Stadt verteilter Signaturen einzelner Sprayer, so genannter Tags.
Bei manchen Graffitis frage ich mich allerdings auch, ob das Erscheinungsbild wirklich zum Schlechten hin verändert worden ist. Viele kahle Betonflächen, zum Beispiel an Brücken, verlieren erst durch die bunte Farbe ein wenig von ihrer düsteren Ausstrahlung.
Wenn man sich Graffitikunst im Allgemeinen noch einmal vor Augen führt, darf auch nicht aufzuzählen vergessen werden, was sich seinerzeit alles an der Berliner Mauer abgespielt hat. Das ist ein ganz wesentliches Austauschzentrum gewesen.
Welche Graffitis als störend und welche als willkommene Kunstwerke angesehen werden, ist natürlich unterschiedlich. Die Frage der Ästhetik von Graf
fitis spaltet die Gesellschaft in Gegnerschaft und Befürworter. Trotzdem müssen wir klarstellen, dass auch Jugendliche mit Spraydosen das Eigentum anderer zu respektieren haben. So weit sind wir uns sicher einig.
Meinen massiven Widerspruch rufen Sie jedoch hervor, wenn Sie in der Begründung Ihres Antrages behaupten, die Veränderung eines Erscheinungsbildes einer fremden Sache durch Graffiti und andere Verhaltensweisen stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
Unsere Städte stehen vor massiven Problemen, die unsere Sicherheit weitaus stärker bedrohen: die zunehmende Verkehrsbelastung mit all ihren Folgen hinsichtlich Unfällen und Lärm, das Zerbrechen gewachsener Sozialstrukturen, hohe Arbeitslosigkeit und das damit einhergehende Unsicherheitsgefühl, wenn die gesamte Lebensplanung infrage gestellt wird.
Störende Graffitis gehören jedoch ebenso wie Hundehaufen im Park oder zugeparkte Bürgersteige zu den Ärgernissen des Alltages. Ich jedenfalls fühle mich durch sie wohl manchmal belästigt, aber niemals in meiner Sicherheit bedroht.
Abgesehen von dieser Schieflage in der Bewertung unserer Sicherheitsrisiken erweisen sie außerdem den betroffenen Hauseigentümern mit ihrer Verordnung aus meiner Sicht einen Bärendienst, denn wenn ein Sprayer oder Kleber ertappt wird, können die geschädigten Hauseigentümer von ihm Schadensersatz fordern. Es erhöht jedoch nicht gerade die Chancen, diesen Anspruch durchsetzen zu können, wenn der meist sicherlich nicht besonders zahlungskräftige Delinquent zudem noch ein Bußgeld zahlen muss.
Des Weiteren haben sie im Bereich der Ordnungswidrigkeiten nicht die Möglichkeit, auf einen TäterOpfer-Ausgleich hinzuwirken oder ein Diversionsverfahren durchzuführen. Gerade diese Verfahren dienen aber dazu, wirkungsvoll auf Jugendliche zu reagieren, wenn diese einen Regelverstoß begangen haben.