Protocol of the Session on February 20, 2003

Insgesamt stellt sich dann Ihr Entschließungsantrag als durchsichtiger, aber im Ergebnis untauglicher Versuch dar, sich eineinhalb Wochen vor der Kommunalwahl bei der kommunalen Familie noch einmal wortreich anzubiedern und einzuschmeicheln.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch bei CDU und FDP - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Puls, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schlie?

Nein, Herr Kollege Schlie, bitte jetzt nicht. Ich habe zu wenig Zeit. Sie sind auch nur knapp mit Ihrer Zeit ausgekommen.

Besonders peinlich an diesem Entschließungsantrag - darauf ist mehrfach hingewiesen worden - ist, dass ein Großteil der ja diskussionswürdigen Einzelforderungen in der Tat aus einem Papier der kommunalen Landesverbände abgeschrieben worden ist. Das mag kein Makel sein. Herr Kayenburg hat das vorhin dazwischengerufen. Gleichwohl hätten Sie dazuschreiben sollen: „Mit freundlicher Genehmigung der kommunalen Landesverbände.“ Im Ergebnis, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wird die CDUEntschließung zur Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit damit zu einer Entschließung zur Be

stärkung der kommunalen Hilflosigkeit der antragstellenden Fraktion.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU)

Sie haben keinen eigenen Vorschlag hier eingebracht, Herr Kollege Schlie.

Das Entscheidende an diesem Entschließungsantrag: Er ist hier völlig fehl am Platze. Herr Kollege Schlie, Sie haben nicht darauf hingewiesen, dass wir im Fachausschuss, im Innen- und Rechtsausschuss, ein Verfahren zur Beratung vereinbart haben.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben eine dreifach abgestufte Beratung vereinbart: erstens Kommunalverfassungsreform, Gemeindeordnung, Kreisordnung ist abgeschlossen, zweitens Verwaltungsstrukturreform, Verhältnis Land - Kommunen untereinander, das ist die zweite Etappe.

(Klaus Schlie [CDU]: Ihr wollt doch nicht weitermachen!)

Und drittens - das sprechen Sie ja heute an -: Nach Vorlage der Ergebnisse aus der Gemeindefinanzreformkommission des Bundes wollten wir unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse die Gemeindefinanzreform, auch wie sie von Landesseite auf den Weg zu bringen wäre, zu beraten beginnen. Sie widersprechen hiermit unserem einvernehmlich im Ausschuss vereinbarten Verfahren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zu einigen Punkten Ihres Antrages Stellung nehmen. Erstens. Die Notwendigkeit einer Gemeindefinanzreform ist unstreitig. Wir wollen Sie ja beraten. Aber wir wollen das Ergebnis der Bundeskommission abwarten.

(Zuruf von der CDU: Wie lange denn noch?)

Zweitens. Ein Sofortprogramm zur Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit mag angedacht werden, wenn die Ergebnisse vom Bund vorliegen.

Drittens. Sie fordern die konsequente Umsetzung des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene.

(Klaus Schlie [CDU]: Wie der Innenminis- ter!)

Dort müsste es erst eingeführt werden. Wir sind mit Ihnen einig, dass das umgesetzt werden muss,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Beim letzten Mal haben Sie dagegen gestimmt!)

(Klaus-Peter Puls)

wenn es auf Bundesebene eingeführt ist. Wir sollten sicherlich Ihrem Antrag zustimmen - das ist auch SPD-Auffassung -, auf Bundesebene dafür zu sorgen, dass das Konnexitätsprinzip nicht nur auf Landesebene in der Verfassung verankert bleibt, sondern auch auf Bundesebene in der Verfassung verankert wird.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Viertens. Sie übernehmen die Forderung der kommunalen Landesverbände nach einer Pflicht zum gemeindefreundlichen Verhalten der Landesregierung im Bundesrat. Das ist, meine ich, ein Selbstgänger. Das ist eine verfassungsrechtlich gebotene Selbstverständlichkeit.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber dagegen verstoßen Sie doch!)

Herr Schlie, Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass die kommunale Selbstverwaltung in den kommunalen Verfassungen verankert ist. Selbstverständlich ist die Landesregierung verpflichtet,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Tut sie aber nicht!)

aus diesem verfassungsrechtlichen Gebot heraus auch bei der Bundesgesetzgebung die Interessen der Kommunen Ihres Landes zu beachten.

(Klaus Schlie [CDU]: Das machen Sie aber nicht! Sie verstoßen gegen die Verfassung!)

Da brauchen Sie keinen Antrag. Das ist eine bloße Leerformel, meine Damen und Herren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie war es bei der Grundsicherung? - Klaus Schlie [CDU]: Sie verstoßen ständig gegen die Verfassung!)

Hinsichtlich von Landesmaßnahmen zur Sicherung der kommunalen Finanzausstattung habe ich das Notwendige gesagt. Auch der Hinweis auf das Kirchhof-Gutachten, Herr Kollege Schlie, das uns seit Monaten vorliegt, ist zu diesem Zeitpunkt fehl am Platze. Denn wir haben vereinbart, nach Vorlage der Bundesergebnisse auch dieses Gutachten von A bis Z durchzuberaten. Das sind 170 Seiten mit ganz konkreten Vorschlägen, von denen Sie hier eine Hand voll herausgreifen. Selbstverständlich haben wir über das quotale System zu diskutieren, über das System der Vorwegabzüge, über den Kommunalen Investitionsfonds, aber doch nicht hier so in einer Splitterform, wie Sie das einbringen, in dieser zufälligen und aus dem Gutachten nur herausgegriffenen Art und Weise.

(Frauke Tengler [CDU]: Wann denn? - Klaus Schlie [CDU]: Das ist eine Rede der Hilflo- sigkeit!)

Das Gutachten insgesamt muss beraten werden, wenn die Bundesergebnisse vorliegen.

Sechstens. Wir sind mit Ihnen einverstanden, dass man in der Tat stärker überlegen muss, ob es angezeigt sein kann, „die Schulen in Bezug auf die Personalausstattung mit Lehrkräften“ zu kommunalisieren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bloß nicht!)

Man kann in der Tat der Auffassung sein - wie auch Sie es hier schreiben -, dass die „Chancengerechtigkeit der Schulbildung gebietet, dass ihre Einheitlichkeit in Schleswig-Holstein gewahrt ist“. Entscheidend ist der Gesichtspunkt der Landeseinheitlichkeit.

Aber warum fordern Sie dann in Ihrem Vorgabenbefreiungsgesetzentwurf zum Beispiel wieder die Möglichkeit, im Kindertagesstättenbereich, im Kindergartenbereich von einer landeseinheitlichen Linie abzuweichen und es den Einzelgemeinden zu überlassen, wie sie ihre Kindergärten mit Personal ausstatten wollen?

(Klaus Schlie [CDU]: Weil die Gemeinden das auch selbst bezahlen und nicht das Land!)

Für uns ist auch im vorschulischen Bildungsbereich (PISA) entscheidend, dass wir eine landeseinheitliche Linie setzen und insofern keinen Fleckenteppich in Schleswig-Holstein zulassen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Klaus Schlie [CDU]: Dann müssen Sie es auch bezahlen!)

Siebentens. Die Forderung nach einer „echten“ Gesetzesfolgenabschätzung wird von Ihnen wie von den kommunalen Landesverbänden mit der Forderung nach Einbeziehung des zukünftigen Aufgabenträgers in das Gesetzgebungsverfahren verwechselt, Stichwort „Konsultationsmechanismus“. Sie übernehmen hier sogar - das will ich einmal am Rande bemerken - die sprachlichen Mängel aus der Vorlage der Landesverbände, die variablen Genetivbildungen, indem Sie einmal sagen, wir müssten uns für eine „Gesetzesfolgenabschätzung in Form eines Konsultationsmechanismusses“ einsetzen, und im nächsten Satz richtig formulieren, die „Ziele des Konsultationsmechanismus“ müssten erst einmal ergründet werden. Das tut sprachlich weh, inhaltlich ist es unserer Ansicht nach verfehlt, denn wir haben aus unserer Sicht eine ausreichende Konsultation auch mit den kommunalen Landesverbänden.

(Zurufe von der CDU)

Es wäre nach meiner Auffassung ein Stück Aufgabe parlamentarischer Souveränität, wenn wir aus der

(Klaus-Peter Puls)

Konsultation mit den kommunalen Landesverbänden eine Mitbestimmung der kommunalen Landesverbände machen würden. Das würde nach unserer Auffassung zu weit gehen. Konsultation ist bei sämtlichen Gesetzesvorhaben vorgesehen und wird bei uns im Ausschuss praktiziert.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Klaus Schlie [CDU]: Aber ohne Folgen!)

Achtens. Konsequente Aufgaben- und Ausgabenkritik ist ein übergeordneter Selbstgänger, ein alter Hut in der bisherigen Funktionalreform, den wir selbstverständlich auf allen Ebenen bedenken müssen.

Neuntens und zehntens. Überprüfen von Verordnungen der Landesregierung und von Verwaltungsvorschriften der Landesregierung. Auch hier sollten wir uns an die eigene Brust fassen. Wir sind der Verordnungsermächtiger, wir als Landesgesetzgeber schreiben in unser Landesgesetz: Regierung, mach du einmal den Rest, den wir nicht geschafft haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)