Hier gibt es durchaus viele kreative Ideen der Belegschaft, zum Beispiel um Arbeitszeitmodelle zu finden, die sowohl den unternehmerischen Interessen als auch denen der Mitarbeiter gerecht werden. Die Belegschaft hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich flexiblen Arbeitszeitregelungen aus betrieblichen Gründen nicht verschlossen hat. Ganz im Gegenteil: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Unsummen von Überstunden angesammelt. Heute aber scheint es so, als hätte die Unternehmensführung dies nicht honoriert. Eine solche Haltung ist natürlich kein gutes Signal für eine gemeinsame Zukunft. Eine Anpassung der Arbeitszeiten an die Auftragslage zählt zum betriebswirtschaftlichen Einmaleins. Wir
An dieser Stelle gestatten Sie eine Bemerkung zur Kreativität und Flexibilität der Opposition, insbesondere der der Herren Kayenburg und Kubicki. Bisher waren wir uns weit gehend darüber einig, dass Unternehmen privat geführt werden sollen.
Wir führen eine Diskussion darüber, was vielleicht besser in privater Regie gemacht werden kann. Herr Kayenburg und Herr Kubicki, bisher herrschte unter den im Landtag vertretenen Parteien auch Einigkeit darüber, dass eine privatwirtschaftliche Organisation von HDW richtig und sinnvoll ist. Dies galt bis zu Ihrer Pressemitteilung, Herr Kayenburg, vom 11. Februar 2003 und der heutigen von Ihnen, Herrn Kubicki. Sie schreiben:
„Mit der leichtfertigen Veräußerung von HDW-Anteilen des Landes im Jahre 1991 zur Sanierung des Landeshaushalts verlor das Land seinen Einfluss auf dieses schleswig-holsteinische Traditionsunternehmen.“
Sie wissen, dass das Geld in die Gründung der Technologiestiftung geflossen ist. Dies wurde damals von Ihnen ausdrücklich begrüßt. Auch wundere ich mich darüber, dass Sie den Verkauf der HDW-Anteile plötzlich für falsch halten, wo Sie sonst für die Privatwirtschaft mit Fahnen auf den Barrikaden stehen.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie haben das Wohnungsbauvermögen der HDW preisgegeben!)
Plötzlich scheinen Sie für eine Verstaatlichung von Unternehmen zu sein. Plötzlich, knapp zehn Jahre nachdem die DDR mit ihrem Beispiel untergegangen ist, entdecken Sie den Charme einer staatlich gelenkten Wirtschaft. Das ist gegenüber den Arbeitnehmern nicht fair, die besser als Sie wissen, dass der Werft durch eine Verstaatlichung nicht geholfen werden kann. Die Probleme liegen nicht hier.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hat gar kei- ner gewollt! Erklären Sie, wo das Woh- nungsbauvermögen der HDW geblieben!)
Die HDW-Werft ist für Kiel nicht nur eine traditionsreiche Werft. Sie ist auch ein Wahrzeichen für die maritime Verbundwirtschaft und für die Stadt der bedeutendste Arbeitgeber. Es liegt in unserem Interesse, die Landeshauptstadt als leistungsfähigen Wirtschaftsstandort zu erhalten. Hier haben wir in der Vergangenheit viel investiert. Viele Millionen Euro flossen in die Werftenhilfe, den Ausbau des Ostuferhafens, aber auch in Forschungseinrichtungen oder Bildungsstätten, wie zum Beispiel den MultimediaCampus. Die Landesregierung wird trotz des finanziell engen Landeshaushalts weiter den Wirtschaftsstandort Kiel unterstützen.
Die Krise bei HDW ist natürlich auch durch den unfairen Wettbewerb im Weltschiffbaumarkt begründet. In Europa werden immer weniger Tanker und Containerschiffe gebaut. In Asien sind es dagegen immer mehr. Diese Marktentwicklung ist kein Naturgesetz, sondern Ergebnis einer gezielten industriepolitischen Strategie. Insbesondere die südkoreanischen Werften haben immer wieder Finanzspritzen erhalten und damit enorme Kapazitäten für Kosten sparende Serienfertigungen aufgebaut und somit massive Wettbewerbsverzerrungen erzeugt. Dazu kommt eine Europäische Union, die zwar gern verbal Unterstützung leistet, aber ansonsten - statt Gegenmaßnahmen gegen das südkoreanische Preisdumping zu ergreifen - untätig ist. Ihre Generaldirektion Wettbewerb behindert den Schiffbau in der EU sogar noch mit Querschüssen. Das Hickhack um die Landesbürgschaften für Schiffbau und Schifffahrt sind ein neues Beispiel hierfür. Sie sind auch ein Beispiel dafür, dass die rechte Hand in Brüssel nicht weiß, was die linke tut. Die eine Seite setzt auf Werften, die andere tut es nicht.
Ich hoffe auf die Zustimmung zu dem Ihnen vorliegenden Entwurf, der auf den Erhalt der Schiffsbürgschaften abzielt. Die Landesregierung hat die Bundesregierung wiederholt aufgefordert, dieses gemeinsame Ziel der Küstenländer mit Nachdruck an die EUKommission heranzutragen. In der Zwischenzeit haben wir uns auch an den Kommissionspräsidenten Romano Prodi gewandt, um ihm klarzumachen, was dies für die norddeutschen Küstenländer bedeutet. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von HDW und der Unternehmensleitung wünsche ich bei der
Wir stehen an der Seite der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es geht um ihre beruflichen Perspektiven; es geht um die Sicherung der Lebensgrundlagen von vielen Familien hier bei uns in Kiel. Dafür lohnt sich ein gemeinsamer Einsatz, den ich, Herr Abgeordneter Kubicki, nicht mit hohlen Worten bezeichnen würde, wie Sie das getan haben. Das, was Sie mit der Verstaatlichung gemacht haben, sind auch hohle Worte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Simonis, das war eine wirklich brave Rede. Sie haben uns nur nicht gesagt, wie Sie den Mitarbeitern von HDW, wie Sie den Werften und wie Sie der schleswig-holsteinischen Schiffbauindustrie wirklich helfen wollen.
Stattdessen - das akzeptiere ich ja - ein paar pflichtgemäße Angriffe auf den Oppositionsführer, aber kein Konzept, keine Lösung, keine konkreten Maßnahmen. Dabei haben wir doch bereits im Sommer vergangenen Jahres in einer Aktuellen Stunde über den Werftenstandort Schleswig-Holstein diskutiert. Auch über HDW wurde damals - allerdings unter anderen Vorzeichen - diskutiert.
Der Wirtschaftsminister hatte damals noch die optimistische Auffassung vertreten, dass durch den Verkauf an OEP der HDW-Standort Kiel „sicherer“ gemacht werde und „die finanziellen Grundlagen dafür gelegt“ seien.
Leider hat sich die Realität dieser optimistischen Einschätzung, Herr Minister, nicht angepasst. Aber offenbar passieren dem Wirtschaftsminister solche Fehleinschätzungen in letzter Zeit des Öfteren, wie auch die aktuelle Entwicklung des MultimediaCampus in der Nachbarschaft von HDW zeigt.
Meine Damen und Herren, 750 Arbeitsplätze sollen nach den Plänen der Unternehmensführung wegen Auftragsmangels im Überwasserschiffbau wegfallen. 750 Mitarbeiter und 750 Familien stehen deshalb vor einer ungewissen Zukunft. Sie haben unsere Unterstützung und unsere Solidarität. Wir sollten aus diesem Grunde die Debatte angemessen und nicht mit Wahlkampfargumenten führen.
Deswegen will ich auch auf die beckmesserischen Vorwürfe von Frau Simonis im Einzelnen gar nicht eingehen. Aber, Frau Simonis, hinsichtlich der leichtfertigen Veräußerung müssen Sie sich doch fragen lassen: Sind Sie wirklich der Auffassung, dass Sie die Anteile zu einem angemessenen Preis veräußert haben? Haben Sie HDW einschließlich des Wohnungsbestandes nicht vielmehr verscherbelt? War es nicht ein handwerklicher Fehler, keine Nachbesserungsklausel aufzunehmen?
Sind Sie nicht blauäugig auf mündliche Zusagen hereingefallen? Haben Sie sich nicht allzu gern mit dem früheren Management gezeigt, dem man nunmehr zu Recht handwerkliche Fehler vorwirft? Ich glaube, Frau Simonis, Ihnen ist gar nicht klar geworden, dass ein Rüstungsunternehmen anders als ein anderes Unternehmen zu betrachten ist,
denn es ist in seiner Entwicklung von politischen Entscheidungen abhängig. Möglicherweise ist Ihnen auch entgangen, Frau Ministerpräsidentin, dass das Wirtschaftsministerium in Berlin sagt, dass es im sensiblen Bereich der Rüstungsindustrie darum gehen müsse, diese vor Übernahmen durch ausländische Unternehmen zu schützen und einen Abfluss des Know how zu verhindern. Das ist die Realität in der Rüstungsindustrie. Wenn Sie einmal Herrn Clement fragen, dann würde auch Ihre Auffassung ein bisschen anders klingen.
Unabhängig von Ihren Fehleinschätzungen muss es aber natürlich darum gehen, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und das Unternehmen langfristig zu sichern. Allerdings dürfen wir, Frau Simonis, in der Diskussion über HDW an dieser Stelle auch nicht die Leiden des Mittelstandes insgesamt vergessen, die weniger spektakulär eben nicht die Schlagzeilen der Zeitungen füllen. 1.380 Unternehmensinsol
venzen im vergangenen Jahr! Diese mögen im Einzelfall nicht so schwer wiegen wie die Entlassungen bei HDW, bei MobilCom, bei Bayer, bei der SCHLESWAG, bei BC-Components, bei Ision oder auch bei den Heidelberger Druckmaschinen - übrigens ein Beispiel, das ich an Ihrer Stelle nicht angeführt hätte, denn das Ergebnis ist ja nun mehr als peinlich.
Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass jeder Verlust eines Arbeitsplatzes einen Menschen, eine Familie trifft, egal ob in einem Großunternehmen oder in einem Kleinbetrieb.
Zudem bedeuten Insolvenzen die Vernichtung von Vermögen und von Wachstumschancen. Und die Insolvenzen haben sich bei uns verdoppelt. Die Unternehmensinsolvenzen sind um mehr als 30 % gestiegen. Das ist die wirkliche wirtschaftliche Lage in Schleswig-Holstein.
Doch zurück zur Situation bei HDW. In diesem großen und symbolträchtigen schleswig-holsteinischen Unternehmen gibt es seit längerer Zeit Probleme im Bereich des Handelsschiffbaus. Selbstverständlich hat HDW unter der weltweiten Konkurrenz und unter den Dumpingpreisen insbesondere koreanischer Schiffswerten zu leiden. Aber wir sind uns doch wohl darin einig, dass diese Art aggressiver Wirtschaftspolitik abzulehnen und anzuprangern ist. Deswegen müssen wir gemeinsam - das Land und der Bund - bei der EU vorstellig werden, damit die EU genau an dieser Stelle endlich Maßnahmen ergreift. Es kann doch nicht sein, dass die Werftarbeiter auf dem Kieler Ostufer zum Spielball internationaler Interessen gemacht werden.
Wir müssen aber auch deutlich formulieren, was Bundes- und Landesregierung wollen, welche Bedeutung wir dem Schiffbau in Deutschland beimessen und mit welchen Mitteln der Werftenstandort Deutschland in welcher Größenordnung erhalten bleiben soll. Das ist unsere nationale Aufgabe. Deswegen fordern wir eine Werftenkonferenz, an der auch Bundesminister Clement teilnehmen muss. Alle norddeutschen Länder sollten dort ihre Stimme einheitlich abgeben - und das bedeutet Abstimmung, Frau Simonis. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass HDW hinsichtlich der Wettbewerbshilfe in jüngster Zeit nicht zu den Nutznießern gehört hat. Die Werftenhilfe ist also nicht primär das Problem von HDW. Jedoch sollten wir die Situation auch nutzen, um die schwierige und zum Teil hoffnungslose Situation der