Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Ich mache mir keine Sorgen um Sie. Meine Sorge, Frau Simonis, gilt diesem Land für den Fall, dass Sie weiter regieren. Schade, dass die Vorhänge hier jetzt zugezogen sind, sonst könnte man einen Blick aus dem Fenster wagen und feststellen, dass dies ein wunderschönes Land ist und dass es ein Trauerspiel ist, dass dieses wunderschöne Land und diese Menschen so fatal schlecht von Ihnen regiert werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich in den letzten Jahren immer gewundert, warum die FDP regelmäßig um die Zweitstimme geworben hat. Bei der jetzigen Empfindlichkeit um die Erststimme weiß ich Ihre Reden um die Zweitstimme zu schätzen, meine Damen und Herren.
Dieses Schweigen war sehr beredt, weil Sie damit zum Ausdruck gebracht haben, dass es Ihnen zwar leicht fällt, die Politik der Landesregierung zu kritisieren, dass Ihnen aber nichts eingefallen ist, wie Sie es besser machen würden.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Re- gierungswechsel ist das Einzige!)
Wie ernst Sie es mit der Haushaltskonsolidierung meinen, die Sie eingefordert haben, ist abzulesen an Ihrem Entwurf für den Haushalt 2003. Wir hatten ja Gelegenheit, wenn auch sehr spät, da einen Blick hineinzuwerfen. Wo ist denn Ihr Mut zum Subventionsabbau, den Sie einklagen? Von Einzelplan 13 abgesehen, woraus Ihre ablehnende Haltung zur Umweltschutzpolitik in diesem Land zu erkennen ist, bis hin zu weiteren Einzelplänen kein Subventionsabbau, nur neue Versprechen an jenen und jeden in Schleswig-Holstein!
Sie bleiben - das muss ich Ihnen leider bescheinigen - in Ihrem populistischen Opportunismus unübertroffen. Da kommt noch nicht einmal der Kollege Kubicki von der FDP hinterher. Wer nicht oppositionsfähig ist, Herr Wiegard, der ist auch nicht regierungsfähig.
Natürlich hätten wir Ihnen gern die Vorlage eines Nachtragshaushalts erspart, Ihnen und uns, das dürfen Sie uns glauben, aber leider lassen die für Sie und für uns unerwartet hohen Steuermindereinnahmen keine Alternative zur höheren Kreditaufnahme zu. In der gegenwärtigen Lage und auch kurz vor Jahresende wäre es nicht nur unverantwortlich, sondern auch
unmöglich, rigide Eingriffe in die Ausgabenstruktur des Landeshaushaltes vorzunehmen und damit die konjunkturelle Schwächephase noch weiter zu verschärfen. Steuermindereinnahmen in Höhe von 430 Millionen € waren weder vorhersehbar noch waren sie planbar. Der Finanzminister und auch alle seine Kolleginnen und Kollegen in allen anderen Bundesländern mussten sich auf die Prognosen der wirtschaftswissenschaftlichen Institute und der Steuerschätzer verlassen können.
Wenn Sie sich erinnern und wenn Sie ausnahmsweise mal einen Blick in die Presse der letzten zwölf Monate tun, werden Sie erkennen, dass sich die Prognosen von Anfang des Jahres 1,3 % realen wirtschaftlichen Wachstums zwischenzeitlich bis auf 0,4/0,5 % reduziert haben.
(Martin Kayenburg [CDU]: Wegen Ihrer fal- schen Finanz- und Wirtschaftspolitik! Selbst verschuldet!)
Noch im Sommer, Herr Kayenburg, haben die wirtschaftswissenschaftlichen Institute im Laufe dieses Jahres eine konjunkturelle Erholungsphase vorhergesagt. Es ist doch völlig falsch, wenn Sie dem Finanzminister vorwerfen, er hätte auf die Entwicklung der Steuereinnahmen in Schleswig-Holstein nicht reagiert. Er hat Anfang des Jahres, als sich bei den Steuereinnahmen ein Rückgang abzeichnete, mit einer Erhöhung der globalen Minderausgabe für alle Ressorts reagiert.
Und er hat - das ist doch von Ihnen kritisiert worden - nach der Mai-Steuerschätzung mit einer Haushaltssperre reagiert, die doch weiß Gott nicht aus Jux und Tollerei gemacht worden ist, sondern eben die Reaktion auf erwartete Steuermindereinnahmen gewesen ist.
Auch Ihre Kritik, Herr Wiegard, an den Ursachen dieser Steuermindereinnahmen ist überwiegend unbegründet.
- Ich komme darauf zurück. Alle Bundesländer, auch die von der CDU und der FDP regierten, sind doch von diesen desaströsen Einbrüchen bei den Steuereinnahmen überrascht worden. Minister Möller hat dargestellt, wie andere Bundesländer, Hessen und Saarland - ich will nur zwei nennen -, mit einer teilweisen
Verdoppelung ihrer Nettokreditaufnahme darauf haben reagieren müssen. Diese Einbrüche bei den Steuereinnahmen sind - da gebe ich Ihnen Recht - das Ergebnis einer gut gewollten, aber schlecht gelungenen Körperschaftsteuerreform, weil nicht vorhersehbar war
- da klatschen Sie, glaube ich, etwas zu früh -, in welcher Weise die Kapitalgesellschaften von den dort bestehenden steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten des Körperschaftsteuerrechts Gebrauch machen würden.
Aber die Einbrüche sind auch das Ergebnis einer weltweiten konjunkturellen Schwächephase, insbesondere nach dem 11. September; sie sind auch das Ergebnis des internationalen Einbruchs an den Börsen, insbesondere bei den Technologiewerten. Alle von mir genannten Faktoren waren weder vorhersehbar noch planbar.
Meine Damen und Herren, haben Sie denn damit gerechnet, dass das Körperschaftsteueraufkommen zwischenzeitlich das Niveau einer Biersteuer erreichen würde? Wo sind Sie denn gewesen oder wo sind Sie heute, wenn mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz darüber beraten wird, in welcher Weise die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Kapitalgesellschaften eingeschränkt werden sollen. Wir werden ja nachher darüber diskutieren - -
Nein, Frau Präsidentin, ich habe nur wenig Zeit und freue mich, wenn ich irgendwann zu Ende kommen kann.
Meine Damen und Herren, wo sind Sie, wenn es um den Abbau von steuerlichen Privilegien, zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer, geht? Sie fordern doch in Ihrem Antrag, dass die Landesregierung und der Landtag solche Begehrlichkeiten ablehnen sollen. Das heißt, Sie kritisieren und sind gleichzeitig auf der Seite der Unternehmen, um deren steuerliche Privilegien zu verteidigen.
Es ist - darin sind wir uns hoffentlich einig - höchste Zeit, auf der Einnahmeseite des Landes und aller seiner Kommunen mehr Stabilität zu erreichen.
Niemand kann daran interessiert sein, dass sich die Einnahmeseiten beim Land und bei seinen Kommunen wie in den letzten zwei Jahren entwickeln, weil das die Handlungsfähigkeit und Gestaltungsfähigkeit des Landes und seiner Kommunen in einer nicht mehr erträglichen Weise erschwert.
Wer sich wie CDU und FDP zum Beispiel beim Steuervergünstigungsabbaugesetz verweigert und jeder konkreten Ausgabekürzung ausweicht - -
- Natürlich, wir haben doch Ihre Anträge zum Haushaltsentwurf 2003 gelesen. Sie machen teilweise rückgängig, was die Landesregierung mit viel Mut an freiwilligen Leistungen gestrichen hat. Damit sind Sie nicht mehr ernst zu nehmen. Ich finde es unverantwortlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, wenn Sie so tun, als könnten die Probleme des Landes mit weiteren Versprechungen gelöst werden.
Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes sagen, dass die von Ihnen zu Recht gewünschten Leistungen, zum Beispiel in der Bildung, in der Verkehrsinfrastruktur oder in der inneren Sicherheit, nur leistbar sind, wenn wir den Mut haben, in bestimmten Ausgabesektoren zu sagen: „Das können wir uns nicht mehr leisten“,
und wenn wir auch den Mut haben, bei denen im Lande, die über stärkere finanzielle Schultern verfügen, eine höhere Mitwirkung an der Finanzierung öffentlichen Leistungen zu erreichen.
Deswegen sagen wir Ja zur Unterstützung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes im Bundesrat. Wir sagen auch Ja - auch wenn Sie das nicht gern hören - zur Wiedereinführung der privaten Vermögensteuer. Es ist auch jenen, die über Millionenvermögen verfügen, zumutbar, dass sie ihren Erben mit dem Erbe eine höhere Erbschaftsteuer hinterlassen.
Herr Kubicki, Sie bleiben doch die Antwort schuldig, wie Sie auf die Steuereinbrüche reagieren wollen.