Protocol of the Session on November 14, 2002

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Redmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem vorliegenden Antrag macht die SPDFraktion einen weiteren nötigen Schritt zur Verbesserung des Tierschutzes.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Grünen auch!)

Um die einzelnen Punkte noch intensiver diskutieren zu können - natürlich auch die des FDP-Antrages, lieber Heiner; vielleicht kriegen wir einen interfraktionellen Antrag hin, das wäre wünschenswert -, beantragen wir Ausschussüberweisung. Daher werde ich die einzelnen Punkte nur kurz ausführen.

Lassen Sie mich vorab etwas Grundsätzliches sagen. Tierschutz ist eine stetige Aufgabe. Unterstrichen wird das durch die Verankerung als Staatsziel in der Verfassung. Das war und ist ein großer Erfolg für alle Tierschützerinnen und Tierschützer.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Nun gilt es, das mit Leben zu füllen und als Verpflichtung zum Handeln zu verstehen. Mir ist durchaus bewusst, dass es in Zeiten, in denen die Bürgerinnen und Bürger und auch die Abgeordneten andere Themen mehr bewegen, schwer ist, dem Tierschutzgedanken den Stellenwert zu geben, den er verdient. Aber nichtsdestoweniger muss sich die Politik der Aufgabe stellen und konsequent die nötige Weiterentwicklung und Verbesserung betreiben. Wir sind in Schleswig-Holstein auf einem guten Weg. Ich möchte unserem Umweltminister Klaus Müller ganz ausdrücklich für sein Engagement gerade in diesem Bereich danken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Ich finde, hier hätten ruhig alle klatschen können.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ich kann nicht erkennen, dass er so engagiert ist!)

Ich erinnere hierbei insbesondere an unsere Landtagsdebatte zum Thema „Verbot der Pelztierhaltung“. Leider können wir momentan in der Modebranche einen gewissen Rückschritt beobachten. Pelz wird wieder salonfähig. Dem müssen wir weiterhin entgegenwirken.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] - Martin Kayenburg [CDU]: Die (Sandra Redmann)

Kunstpelze sind so gut! Die sind nicht mehr zu unterscheiden!)

- Ich habe zehn Minuten Zeit, Herr Kayenburg. Ich kann hier ganz ruhig stehen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine persönliche Bemerkung machen, die eine Bitte beinhaltet. Auch hochrangige Repräsentantinnen und Repräsentanten dieses Hauses können und sollten zu diesem Thema ihren Beitrag leisten.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich denke nicht, dass das zu viel verlangt ist. Weiteres möchte ich hierzu an dieser Stelle nicht ausführen.

(Holger Astrup [SPD]: Immer diese Andeu- tungen!)

Kurz zu den einzelnen Punkten. - Ich habe Zeit. Ich kann warten, bis ich Ihre volle Aufmerksamkeit habe.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben nicht genug zu sagen! - Beifall des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

- Herr Kayenburg, ich kann mich auch kurz fassen und trotzdem alles Wesentliche sagen. Das unterscheidet uns vielleicht.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Dann mal an!)

- Darf ich?

(Martin Kayenburg [CDU]: Ja, bitte! - Klaus Schlie [CDU]: Jetzt sind wir aber gespannt!)

Da sich Tiere nicht selber vertreten können, ist es nach unserer Auffassung nötig, ein Klagerecht für gesetzlich anerkannte Verbände zu fordern. Das sollte nach dem Vorbild des Klagerechts für die Umweltverbände erfolgen. Ich weiß, dass dieser Punkt umstritten ist, insbesondere bei der Opposition. Aber vielleicht können wir in der Diskussion im Umweltausschuss doch zu einer Einigung kommen.

Wir haben im Bereich der Nutztierhaltungsformen schon einiges erreicht und wichtige Schritte eingeleitet. Weitere konkrete Verordnungen sind allerdings notwendig und müssen ausreichend geregelt werden. Ich erwähne nur das Stichwort Straußenhaltung. Wir können diese zwei Punkte auf Landesebene nicht regeln. Daher fordern wir, das auf Bundesebene voranzutreiben.

Eine Konkretisierung und Vereinheitlichung des Sachkundenachweises von Personen, die mit Zoo- oder Zirkustieren arbeiten, ist längst überfällig.

Wenn man sich darüber informiert, was in diesem Bereich alles abläuft, erkennt man, wie dringend erforderlich dies ist.

Ich bin sicher, dass wir alle miteinander übereinstimmen, dass die Tierversuche so weit wie möglich reduziert werden müssen. Auch wenn dies durch Bundesgesetzgebung geregelt ist, können wir auf Landesebene einiges dazu beitragen. Hierbei sollte unsere Verantwortung gegenüber den tierschutzethischen Aspekten Vorrang haben und nicht die wirtschaftlichen Interessen, wie so oft.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gütezeichen sollte im Sinne des Tierschutzes weiterentwickelt werden. Dabei sind zum Beispiel Maßstäbe wie Haltung und Fütterung konsequent zu berücksichtigen.

Mit der Forderung nach der Vorlage eines Tierschutzberichtes in jeder Wahlperiode und die jährliche Veröffentlichung der Tierversuchszahlen sollen sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch das Parlament besser informiert und auch stärker sensibilisiert werden. Dies fördert auch eine stetige Diskussion und Auseinandersetzung mit dem Thema Tierschutz.

Zum Abschluss möchte ich mich ganz herrlich - -

(Heiterkeit)

- Herrlich ist auch nicht schlecht. Ich möchte mich aber ganz herzlich bei Frau Fröhlich für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ich weiß, das ist heute deine letzte Rede zum Thema Tierschutz. Ich denke, das sollte man einmal erwähnen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN sowie der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Als Antragsteller des Änderungsantrages erteile ich jetzt Herrn Dr. Garg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Redmann hat eingangs gesagt, es liegen zwei Anträge vor. Ich möchte ganz ausdrücklich hinzufügen: Der FDP-Antrag ist nicht als Alternative zum Antrag von SPD und Grünen gedacht, sondern als Ergänzung. Ich will mich deswegen auch nicht an den einzelnen Punkten der beiden Anträge entlanghangeln. Ich will etwas später darauf

(Dr. Heiner Garg)

eingehen, was in beiden Anträgen nicht drinsteht. Ich halte es für nötig, dass wir das im Ausschuss nacharbeiten. Es gibt nämlich, seitdem beide Anträge gestellt worden sind, Entwicklungen. Das betrifft einmal die Umsetzung der EU-Kosmetikrichtlinie und zum anderen auch Dinge, die ich schlicht übersehen habe, bei denen ich aber der Auffassung bin, das könnten und sollten wir nacharbeiten.

Gestatten Sie mir, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, eine grundsätzliche Bemerkung zum Thema Tierschutz. Ich bin nicht der Auffassung, dass wir uns dafür entschuldigen müssen, dass tierschutzpolitische Sprecher den Tierschutz genauso wichtig nehmen wie die Probleme am Arbeitsmarkt, die Probleme im Gesundheitswesen oder die finanzpolitischen Probleme. Schauen Sie sich die Vorkommnisse im Vogelpark Raisdorf im letzten Sommer an. Dort wurden Vögel auf bestialische Art und Weise von Jugendlichen gequält, bei lebendigem Leib angezündet und verbrannt. Ihnen wurden die Augen ausgestochen. Gucken Sie sich die neu aufgedeckten Quälereien an Katzen an, denen bei lebendigem Leib die Pfoten abgehackt wurden, denen bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren gezogen und denen die Augen ausgestochen wurden. Ich bin sehr wohl der Auffassung, dass man Tierschutz gleichrangig behandeln muss. Tierschutz ist für mich immer ein Stück Menschenschutz. Denn wer Tiere so bestialisch behandelt, geht auch mit seinen Mitmenschen keinen Deut besser um.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich habe schon des Öfteren gesagt und wiederhole es: Wir brauchen mit Sicherheit in vielen Bereichen Regelungen, auch schärfere Regelungen. Unsere oberste Pflicht als Politiker ist aber, ein Vorbild zu geben. Jeder Einzelne von uns muss mehr Respekt vor der Kreatur, vor dem Mitgeschöpf Tier haben. Nur dann, wenn wir das glaubhaft vorleben, wenn wir das immer wieder glaubhaft betonen, können wir tatsächlich zu einer Verhaltensänderung kommen.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die FDP-Fraktion hat eine Initiative zur Schaffung eines umfassenden Heimtierzuchtgesetzes vorgeschlagen. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Ich halte das auch in Anbetracht der Debatten, die wir um die Landesgefahrhundeverordnung geführt haben, für dringend notwendig. Ich will aber auch ganz klar sagen: Ich meine damit nicht nur Hinterhofzuchten von Hunden, sondern ich meine auch die unmöglichen Verhältnisse, unter denen massenhaft Kleinsäuger und Vögel produziert werden.

Auch das muss ein Ende haben. Denn was sind das für merkwürdige Verhältnisse, die im Moment herrschen? Wenn jemand einen einzigen Wellensittich hat, der zufällig ein Ei hinter den Schrank legt, macht er sich strafbar, wenn er nicht um eine Zuchterlaubnis angefragt hat. Wenn aber jemand die Zuchterlaubnis hat, darf er massenhaft beinahe auf tierquälerische Art und Weise Wellensittiche vermehren, als sei es ein Stück Gebäck oder sonst irgendeine Ware. So jedenfalls - das ist unsere Auffassung - darf es in Zukunft nicht weitergehen. Das muss in ein ordentliches Heimtierzuchtgesetz einfließen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich würde mich über Ihre Aufmerksamkeit gerade bei dem nächsten Thema freuen, denn natürlich könnte man sagen: Man darf an bestimmte Dinge nicht so emotional herangehen, damit man den Überblick nicht verliert. Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass es den Politikern auch zustehen muss, an bestimmte Dinge etwas emotionaler heranzugehen als an andere, weil sie das Leben, die Schöpfung betreffen, weil es sich um Mitgeschöpfe handelt. Ich will das Thema Qualzuchten ansprechen.

Seit 1986 ist im Deutschen Tierschutzgesetz in § 11 b die so genannte Qualzucht verboten. Gleichwohl werden nach wie vor in Massen Katzen nachproduziert, bei denen von Anfang an billigend in Kauf genommen wird, dass sie taub auf die Welt kommen, Hauptsache, sie haben ein schönes weißes Fell. Es gibt merkwürdige Auswüchse bei Kleinvogelzüchtern, die meinen, besonders hübsche Kanarienvögel züchten zu müssen, die aber von Anfang an flugunfähig sind, die eine verkrüppelte Gestalt haben. Das sind die so genannten Gestaltkanarien beziehungsweise ein gewisser Teil dieser Gestaltkanarien. Es gibt den aberwitzigen menschlichen Ehrgeiz, bestimmte Süßwasserzierfische zu züchten, denen, kaum dass sie aus dem Ei geschlüpft sind, die Augen herausfallen. Das alles fällt unter das so genannte Qualzuchtverbot, formal. Durchgehalten wird es nicht. Das Land Hessen macht seit zwei Jahren vor, wie man das Qualzuchtverbot tatsächlich entsprechend operationalisiert. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns an dem Beispiel Hessen entlanghangeln und über die Operationalisierung dieser Vorschrift im Ausschuss miteinander reden könnten.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt aber nicht an der Regierung, das liegt an der Tierschutzbeauftragten in Hes- sen! Die ist nämlich fit!)