Herr Präsident! Hier scheint ein Irrtum vorzuliegen. Von uns gibt es keinen Hinweis darauf, dass wir diesen Punkt ohne Aussprache behandeln wollten.
Herr Präsident! Ich bitte um Nachsicht; es scheint ein Missverständnis vorzuliegen. TOP 36 soll jetzt noch behandelt werden, wie ausgedruckt, und zu TOP 38 - so hatte ich angekündigt - haben die Fraktionen vereinbart, ihn ohne Aussprache an den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Also TOP 36 jetzt behandeln, TOP 38 später an den Fachausschuss überweisen!
Dann behandeln wir zunächst Tagesordnungspunkt 36, Europäische Beschäftigungsstrategie in der Arbeitsmarktpolitik des Landes.
Ich erteile der Ministerin für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, Frau Moser, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung der Reformvorschläge der HartzKommission prägt gegenwärtig die arbeitsmarktpolitische Diskussion in Deutschland und gelegentlich könnte dabei der Eindruck entstehen, dass es eine rein nationale Angelegenheit sei, Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und voranzubringen.
Dass dies nicht so ist, das würde ich gern gelegentlich der Vorlage dieses Berichts zur Umsetzung der europäischen Beschäftigungsstrategie in der Arbeitsmarktpolitik des Landes deutlich machen, übrigens, nicht auf unseren Wunsch - so sage ich wegen der fortgeschrittenen Zeit - vorgelegt, sondern auf Beschluss des Landtages. Ich sage das nur, damit Sie motiviert bleiben.
In Zeiten der Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschafts- und der Arbeitsbeziehungen endet Arbeitslosigkeit eben nicht an nationalen Grenzen. Grenzüberschreitende Koordinierung ist deshalb eine Voraussetzung Erfolg versprechender Beschäftigungsmaßnahmen. Diese Erkenntnis stand dem 1997 von den Europäischen Räten in Amsterdam und Luxemburg beschlossenen Konzept Pate, das eine europäische Beschäftigungsstrategie, sprich EU-weit ausgerichtete Beschäftigungsstrategie, vereinbart.
Dabei - um auch das gleich deutlich zu sagen - geht es nicht um Verantwortungsverlagerung nach Brüssel, sondern es geht um gemeinsame beschäftigungsfördernde Zielsetzungen, auch um eine verbesserte nationale Arbeitsmarktpolitik und es geht vor allen Dingen auch um eine gemeinsame Erfolgskontrolle und Evaluation.
Gegen dieses nachweislich erfolgreiche Konzept der europäischen Zusammenarbeit, das auch „offene Methode der Koordinierung“ genannt wird und in andere Politikbereiche Eingang gefunden hat - etwa in Sozial-, Bildungs- und Rentenpolitik -, ist leider die heutige Opposition auf Bundesebene, damals noch in der Regierung, über lange Zeit Sturm gelaufen - bis zuletzt. Inzwischen - das will ich gern einräumen - haben CDU und CSU auch in diesem Punkt dazugelernt.
Europa und Beschäftigung, das hat für uns zwei Dimensionen: eine strategisch-politische und eine, von der die Menschen ganz direkt profitieren, indem sie auch unter Einsatz und durch Einsatz europäischer Mittel wieder eine Perspektive und eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erfahren.
Der finanzielle Arm der europäischen Beschäftigungsstrategie ist der Europäische Sozialfonds - bekannt unter dem Kürzel „ESF“ - und auch unser Arbeitsmarktprogramm ASH 2000 ist sowohl inhaltlich als auch finanziell am ESF orientiert. Insgesamt 138 Millionen € stehen dem Land bis zum Jahr 2006 als europäische Mitfinanzierung zur Verfügung.
Die schleswig-holsteinische Arbeitsmarktpolitik - das ist mir besonders wichtig - wird der lokalen Dimension, einem Kernbereich der europäischen Beschäftigungsstrategie, in besonderem Maße gerecht, weil wir die lokalen Akteure an vorderster Front einbeziehen.
Ich will das durchaus mit gewissem Stolz so bezeichnen: Eine erfolgreiche kommunale Arbeitsmarktpolitik, die regionale Arbeitsmarktpolitik, gehört zu den Markenzeichen Schleswig-Holsteins. Ich habe ein Lob der Kommissarin dafür mitgenommen und ich habe mich schon damals sehr gefreut.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Anmerkung zu den weiteren Perspektiven des ESF machen. Wir wissen alle: Die EU bereitet sich mit der Osterweiterung auf eine Herkulesarbeit vor. Daraus werden neue Schwerpunktsetzungen auch in der europäischen Strukturförderung folgen. Wir gehen davon aus, dass wir auch in den Jahren nach 2006 auf eine spürbare Unterstützung der Europäischen Union angewiesen sind, und wir werden uns als Landesregierung mit Nachdruck für die Weiterentwicklung der europäischen Beschäftigungsstrategie einsetzen und damit auch für eine angemessene Fortführung der ESFFörderung.
aber im Prinzip besteht dieser Anspruch für die Region Schleswig-Holstein zu Recht und wir werden darauf bestehen und es zumindest versuchen.
Ich danke der Frau Ministerin für den Bericht und eröffne die Aussprache. Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Kalinka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit möchte ich nur wenige Bemerkungen machen, mit denen ich auf diesen Bericht eingehen will.
In den Jahren von 2000 bis 2006 werden in Schleswig-Holstein für das Programm ASH 2000 aus EUMitteln und Landesmitteln rund 230 Millionen € ausgegeben. Hinzu kommen kommunale Mittel und private Mittel. Nachdem wir jetzt nach zwei Jahren eine Bilanz haben und feststellen müssen, dass die Arbeitslosigkeit nicht geringer, sondern in der letzten Zeit tendenziell sogar größer geworden ist, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen den eingesetzten Mitteln und dem Erfolg. Um diese Fragestellung kommt man nicht herum.
Wir sagen Ja zu einer Strategie, in der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen stattfinden. Aber bei 117.000 Arbeitslosen im Lande muss die Frage der Effektivi
tät des Mitteleinsatzes auf der Tagesordnung der Politik stehen. Die Frage, ob möglicherweise eine künstliche Arbeitsmarktverhinderung durch diese Maßnahmen erfolgt ist, ist ein Punkt, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Das gilt vor allem auch dann, wenn festgestellt wird, dass die Langzeitarbeitslosigkeit ebenfalls nicht abgenommen, sondern größer geworden ist.
Im Bericht heißt es, in der Europäischen Union und in der Hartz-Kommission habe man das aufgegriffen, was in Schleswig-Holstein - ich zitiere - bereits erfolgreich im Rahmen von ASH 2000 praktiziert worden sei.
Ich kann Ihnen nur sagen: Viel Spaß mit Hartz, wenn das angesichts dieser Zahlen ein Erfolgsrezept sein soll. Da würde ich etwas zurückhaltender sein.
„Dennoch muss festgestellt werden, dass der für eine günstigere Entwicklung erforderliche Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor quantitativ und qualitativ noch nicht erreicht ist. Die Arbeitslosigkeit ist auch im Jahr 2002 zu hoch.
Ich finde, Frau Ministerin, das ist im Grunde eine Verniedlichung der dramatischen Situation, in der wir uns heute in Schleswig-Holstein befinden.
Bei allen Dingen dürfen wir nicht vergessen, dass die EU-Mittel aus Steuern finanziert werden, die auch aus unserem Bereich kommen. Das ist ja keine Einseitigkeit, woher das Geld kommt. Mit Besorgnis muss man deshalb die Frage stellen: Was kommt nach dem Jahre 2006, wenn der Blick der Europäischen Union weniger auf den Westen, sondern mehr auf den Osten konzentriert ist?
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend ein Zitat aus dem Bericht vortragen, das meine besondere Aufmerksamkeit gefunden hat.
„In den EU-Mitgliedstaaten sind beschäftigungsfreundlichere Steuer- und Sozialleistungssysteme eingerichtet worden einschließlich einer progressiven Senkung der Besteuerung der Arbeit.“
Ich kann nur raten, Frau Ministerin, geben Sie doch einmal eine Botschaft nach Berlin an Schröder und Clement und finanzieren Sie einmal ein Seminar für
Angesichts der Zahlen, die wir in Deutschland haben, haben wir eine große Realitätsferne. Was wir brauchen, sind weniger Vorgaben von oben, sondern vielmehr eine echte Wachstumsperiode in der Wirtschaft und eine effektive Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. In Schleswig-Holstein haben wir im ersten Halbjahr 2002 ein Wachstum von 0,2 % gehabt. Dies zeigt, wo das Problem liegt. Als Ergebnis gehört eine Effektivitätsprüfung der eingesetzten Mittel auf die politische Tagesordnung. Diese Diskussion will die CDU-Fraktion führen.