- Sie können nicht zuhören, das ist Ihr Problem. Können Sie zuhören oder können Sie es nicht? Wenn ich anfange zu reden, fangen Sie auch an. Das fördert den Dialog enorm.
Die hohen Lohnnebenkosten wirken beschäftigungshemmend und deswegen haben wir eine klare Aussage, dass der Weg, wie er zurzeit in Berlin gegangen wird, nicht richtig ist, dass wir zu einer Senkung der
Lohnnebenkosten kommen müssen, dass wir zu einer Ausweitung der Basis der Lohnnebenkosten kommen müssen, dass wir zu einer stärkeren Steuerfinanzierung der Lohnnebenkosten kommen müssen. Das sind alles Aussagen, die ein ganz wesentlicher Schritt zurück in einen gemeinsamen Dialog sind. Ich glaube allerdings, dass wir darüber hinausgehen müssen. Wir müssen deutlich machen, dass wir das Rentenwachstum begrenzen müssen, dass wir im Gesundheitswesen zu deutlichen Einsparungen kommen müssen. Wir müssen - das ist meine Überzeugung - nach skandinavischem Vorbild größere Teile der Soziallasten über Verbrauchsteuern finanzieren. Ich plädiere unbedingt anstelle der unsinnigen 340- und 500-EuroVerträge für einen Freibetrag, für eine Progressionszone, das heißt, für einen gleitenden Übergang von den geringfügigen Arbeitsverhältnissen hin zu den Vollarbeitsverhältnissen.
Nur durch einen gleitenden Übergang werden wir die Probleme des Bruches, der oberhalb der 340- und 500-Euro-Verträge liegt, verhindern können.
Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, Sie sehen, in einer ganzen Reihe von Punkten sind wir uns mittlerweile einig, in einer ganzen Reihe von Punkten sind wir uns aber auch noch nicht einig. Dieser Dialog muss fortgeführt werden. Ich lade die Opposition ein, diesen Dialog konstruktiv im Interesse des Landes voranzutreiben. Wir haben gemeinsam Schuld an den Problemen, die in der Vergangenheit liegen. Das sage ich deutlich. Auch Sie können sich da nicht herausziehen. Wir müssen sie gemeinsam lösen und wir müssen natürlich gemeinsam vorankommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich wollen wir alle, dass eine mittelstandsfreundliche Politik gemacht wird. Es ist ja gerade der Mittelstand, der neue Arbeitsplätze schaffen kann. Über den Weg zu dieser Politik kann man sich aber streiten. Es ist unbestritten, dass die Steuerreform 2000 und das Job-Aqtiv-Gesetz zu gewissen Entlastungen von Teilen des Mittelstandes geführt haben. Allerdings haben wohl eher die großen Kapitalgesellschaften von der Steuerreform profitiert. Auch steht nicht außer Frage, dass die Einführung der kapitalgedeckten Rentenzusatzversicherung dazu geführt hat, dass es zumindest langfristig mittelbare
Entlastungen für das bestehende Rentenversicherungssystem geben wird. Trotzdem müssen wir feststellen, dass gerade die Erhöhung des Rentenbeitragssatzes von 19,1 % auf 19,5 % die Lohnnebenkosten doch wieder erhöhen wird. Solange wir die gesetzliche Rentenversicherung als ein Versicherungssystem begreifen, das darauf aufbaut, dass der, der einzahlt, später ohne Rücksicht auf die demographische Entwicklung auch einen entsprechenden Ertrag ausbezahlt bekommt, werden wir mit zeitweisen Erhöhungen des Rentenbeitragssatzes leben müssen. Dies gilt grundsätzlich und dies ist systembedingt. Einen gleich bleibenden, für den Mittelstand kalkulierbar niedrigen Beitragssatz werden wir nur dann erhalten, wenn wir vom beitragsfinanzierten Versicherungssystem auf ein steuerfinanziertes System umsteigen.
Die im Antrag beschriebenen ersten Schritte der Steuerreform und der Riester-Rente sind in Wahrheit nur kurzfristige Korrekturen, die ein nicht tragfähiges System am Leben halten und die Probleme nur auf morgen verschieben. Wenn wir wirklich wollen, dass die Lohnnebenkosten signifikant sinken, müssen wir die Finanzierung unseres Sozialsystems völlig umkrempeln. So wie durch die Steuerreform und alle anderen Maßnahmen die Lohnnebenkosten nicht übermäßig gesunken sind, so ist durch diese Maßnahmen auch keine nachhaltige Finanzierungssicherheit zu erwarten. Beides ist aber notwendig: Einerseits die Entlastung der Betriebe von Lohnarbeitskosten und andererseits die finanzielle Sicherung des Sozialsystems.
Der SSW fordert schon immer die Umstellung unseres Systems in ein steuerfinanziertes System ein. Diese Forderung stellen wir seit Jahrzehnten auf und diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Dänemark macht es uns mit einem steuerfinanzierten Sozialsystem bei niedrigeren Arbeitskosten vor. Wir sollten diesem Beispiel folgen; denn in Dänemark kostet ein Arbeitnehmer sein Unternehmen durchschnittlich nur zirka 70 % eines vergleichbaren deutschen Kollegen, obwohl beide netto - nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungskosten - in etwa dasselbe verdienen.
Natürlich kann man nicht das System des einen Landes auf das des anderen Landes übertragen. Aber die Grundprinzipien sollten wir akzeptieren und entsprechend handeln.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die RiesterRente. Sinn und Zweck dieser zusätzlichen Rente ist,
künftige Rentenverluste ausgleichen zu können, um den heutigen Standard halten zu können. Wer leistet sich aber in der heutigen Konjunkturschwäche diese Art der Rentenbildung? Oder besser noch: Wer kann es sich leisten, das entsprechende Kapital zurückzulegen?
Nach dem derzeitigen Stand der Dinge sind dies nur die wenigsten. Das heißt, auch diese Art der Rentenbildung wird konjunkturabhängig sein. Somit werden auch hier die künftigen Verluste für künftige Rentner nicht vollständig ausgeglichen werden können, da nicht alle während der Zeit als Arbeitnehmer die entsprechenden Beiträge zahlen können.
So gut die Idee einer Zusatzrente ist, so schwer ist es doch, die Gesamtheit der künftigen Rentner zu erreichen.
Das, was wir jetzt erleben, ist, dass die Rentenbeiträge steigen, weil immer weniger in die Rentenkassen einzahlen, und gleichzeitig sich nicht alle die RiesterRente leisten können. Das ist weder im Interesse des Mittelstandes noch im Interesse der Beschäftigten. Auf jeden Fall ist dem Mittelstand hier noch nicht richtig weiter geholfen.
Im Antrag wird auch das 5-Punkte-Papier für die Bauwirtschaft angesprochen. Es ist zu begrüßen, dass man sich hier gemeinsam einigen konnte und dass ein solches 5-Punkte-Papier erstellt wurde. Zwei Hauptbereiche sind in diesem Zusammenhang wichtig: Der erste ist, dass vernünftige Rahmenbedingungen für einen qualitätsbezogenen Wettbewerb geschaffen werden müssen. Die Bauverbände fordern daher auch, seit wir unseren Vergabegesetzentwurf in den Landtag eingebracht haben, dass die Tariftreue eingefordert werden muss. SPD, Grüne und SSW sind mit ihrem Entwurf für ein Tariftreuegesetz genau diesen Forderungen nachgekommen.
In naher Zukunft werden für den Bau, den ÖPNV und die Abfallwirtschaft vernünftige Rahmenbedingungen gelten, die gerade die einheimische mittelständische Wirtschaft stützen.
Mit dem Tariftreuegesetz nutzen Rot-Grün und der SSW die gesetzgeberischen Möglichkeiten, die vorhanden sind, um dem Mittelstand zu helfen. Dies wird gerade auch vom Mittelstand und den entsprechenden Verbänden begrüßt.
Der zweite Punkt ist, dass die Regelungen, die vorhanden sind, auch entsprechend mit Leben erfüllt werden müssen. VOB und VOL werden offensichtlich nicht immer eingehalten. Gleichzeitig werden in
öffentlichen Ausschreibungen nicht immer die qualitätsbezogenen Anforderungen gefordert, die möglich wären. Auch ökologische Anforderungen finden, obwohl wünschenswert, nicht immer Eingang in öffentliche Ausschreibungen - nicht etwa, da man es vonseiten des öffentlichen Auftraggebers nicht wollte, sondern weil die Rechtslage in diesem Bereich noch zu unsicher ist.
Auch hier wollten wir mit unserem Vergabegesetzentwurf Abhilfe zugunsten der mittelständischen Betriebe schaffen, konnten uns aber bisher nicht mit unseren Argumenten durchsetzen.
Will man das 5-Punkte-Programm umsetzen, muss man auf jeden Fall die rechtlichen Rahmenbedingungen so setzen, dass dies dem Mittelstand hilft. Der Landtag hat die Möglichkeiten dazu, er muss sie nur nutzen.
Kommen wir nun zu den Punkten eins bis fünf im Antrag! Dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die deutsche Ausgleichsbank verschmolzen werden sollen, ist in der Tat ein richtiger Schritt. Man darf aber nicht glauben, dass hierdurch gleich die Probleme der mittelständigen Wirtschaft in Bezug auf die Kreditvergabe gelöst wären. Die Bedingungen für die Kredite werden nahezu die gleichen sein, da diese staatlichen Institute sonst eine unerlaubte Wettbewerbsförderung leisten würden. Dies wird so nicht gehen, da sonst die EU mit entsprechenden Maßnahmen entgegenwirken würde.
Was geht, ist, dass die Kreditvergabe schneller und im Verwaltungsablauf auch leichter vonstatten gehen wird. Dies soll helfen, wird aber das Problem Basel II nicht vollständig beseitigen.
Die Steuergesetze müssen mittelstandsfreundlich sein, wird gefordert. Bisher ist es so, dass es keine Tradition zur Eigenkapitalbildung - wie in den angelsächsischen Staaten - gibt. Wir haben eine andere Unternehmenskultur und setzten in der Vergangenheit auf günstige Kredite. Dies wird durch Basel II erschwert. Dem Eigenkapital wird so eine erhöhte Bedeutung zugemessen werden müssen. Dieses Eigenkapital muss nun mühsam gebildet werden, um der internationalen Konkurrenz gewachsen zu sein.
Den steuerpolitischen Instrumenten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu - sei es nun in Bezug auf die Erbschaftsteuer oder auch in Bezug auf andere Unternehmensteuern.
Zur Absenkung der Arbeitskosten durch die Begrenzung der Lohnnebenkosten habe ich am Anfang schon einiges gesagt. Tatsache ist, die Lohnnebenkosten sind zu hoch. Eine weitere Tatsache ist, dass
sich die Lohnnebenkosten im bestehenden System nicht gravierend nach unten verändern lassen. Daher müssen wir unser Sozialsystem verstärkt durch Steuern finanzieren.
Dabei sollten nicht nur die versicherungsfremden Leistungen betrachtet werden, sondern eher das System insgesamt infrage gestellt werden, um so zu flexibleren und angemesseneren steuerfinanzierten Lösungen für unser Sozialsystem zu kommen.
Gerade auch der Mittelstand würde von einer solchen umfassenden Reform des Sozialsystems profitieren.
Was die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes angeht, ist es richtig, die Vorschläge der Hartz-Kommission schnell umzusetzen. Allerdings glauben wir nicht daran, dass die Reform der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse der bahnbrechende Ansatz ist. Eine Ausweitung dieser Beschäftigungsverhältnisse führt zu noch weniger Einnahmen in den Sozialkassen. Die Arbeitgeber werden vorzugsweise auf solche Arbeitsverhältnisse umsteigen, was zu einem weiteren Kostendruck bei den Sozialversicherungsträgern führen wird.
Langfristig hilft uns dieser Ansatz nicht weiter, zumal dieser auch noch sozial nicht gerechtfertigt ist. Wichtiger sind die Vorschläge der Hartz-Kommission in Bezug auf die Anreize zur Aufnahme von Beschäftigung, in Bezug auf die Neustrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit und in Bezug auf die Einführung von Zeitarbeitsvermittlung bei den Arbeitsämtern. Mit solchen Maßnahmen hat man auch im Ausland Erfolg gehabt, sodass wir hoffen können, dass diese Maßnahmen uns voranbringen.
Als letzter Punkt wird ein mittelstandsfreundliches Verwaltungshandeln eingefordert - ein Punkt, den wir so alle seit Jahrzehnten unterstützen und der trotzdem seit Jahrzehnten nicht umgesetzt wird.
Für alles und jedes gibt es eine Unzahl an Vorschriften und Verordnungen. Diese Verwaltungshemmnisse abzubauen, ist natürlich dringend geboten, aber wir wissen auch, dass unsere Hoffnungen hier nicht allzu weitgehend sein sollten; denn - wie gesagt - die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte lehren uns etwas anderes.
Trotzdem lassen die Bemühungen um eine Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein zumindest etwas Licht am Ende des Tunnels scheinen.
Wie Sie sehen, haben wir mit einigen Formulierungen im Antrag, aber auch mit den Inhalten noch einige Schwierigkeiten, sodass wir eine Überweisung an den Wirtschaftsausschuss empfehlen, zumal man dort die
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch nicht alle in Schleswig-Holstein oder auch in Deutschland haben erkannt, dass wir heute Morgen über eines der wichtigsten Probleme in den nächsten Jahren für Schleswig-Holstein überhaupt sprechen. Mein Eindruck aus vielen Diskussionen ist, Mittelstandspolitik wird zwar gelegentlich diskutiert - wir haben es in den letzten Monaten zweimal, dreimal im Plenum getan -, aber nicht in dem Sinne, wie wir es diskutieren müssten. Ich bin für diesen Antrag dankbar.
Es wird für Schleswig-Holstein und übrigens auch für viele Sozialleistungen, für viele Bildungsleistungen und für vieles andere, was wir in den nächsten Jahren in Schleswig-Holstein machen wollen, existenziell sein, ob wir es schaffen, die mittelständische industrielle und gewerbliche Basis in Deutschland und in Schleswig-Holstein zu erhalten und zu fördern. Das wird entscheidend sein.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD sowie Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])
Ich glaube, dass es sich lohnt - das sage ich in Richtung Oppositionsfraktionen -, den Versuch zu machen, sich auf einige - ob es fünf sind, ist dabei nicht entscheidend - Essentials zu einigen, die wir für die mittelständische Wirtschaft wollen und die in Berlin und in Brüssel natürlich auch umgesetzt werden müssen.