Protocol of the Session on October 11, 2002

Liebe Kollegin Fröhlich, ich würde dich gern bitten, mir zuzuhören, weil das sicherlich ein ganz wichtiges Angebot ist. Ich kann mir vorstellen, dass auch du an bestimmten Stellen meine inhaltlichen Positionen und meine Kritik teilst.

Ziel ist es, im Lande circa 50 weitere Markttreffs bis 2006 zu schaffen. Die Ministerin hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Anschubfinanzierung für diese Markttreffs aus dem Förderprogramm ZaL bezahlt werden. Grundlage dafür sind die Richtlinien zur Förderung der Dorf- und der ländlichen Regionalentwicklung. Zurzeit liegt die Förderquote bei 50 %. An einer Erhöhung arbeiten wir; die entgegenstehenden Gründe sind ja bekannt. Gefördert werden bauliche Investitionen inklusive Grundausstattung sowie konzeptionelle Leistungen. Folgekosten - das sind in der Regel Betriebskosten - sind nicht förderfähig. Bei den Dienstleistungszentren gab es ein förderfähiges Investitionsvolumen von 1999 bis 2002 in einer Größenordnung von 6,6 Millionen €, die Ministerin hat das deutlich gemacht. Wir müssen uns dann natürlich auch immer vergegenwärtigen, dass diese Investitionen den Regionen und dem ländlichen Raum Impulse geben, die nicht zu unterschätzen sind.

Derzeit ist es noch notwendig, dass alle Markttreffs zentral in Form von Beratung, Betreuung und technischer Hilfe begleitet werden. Die Betreuung erfolgt durch die Ämter für ländliche Räume. Das ist in der Tat, Herr Kollege Ehlers, sehr kritisch zu sehen. Bei diesen Schwachpunkten stehen wir uns ganz nah.

(Claus Ehlers [CDU]: Wir haben Gemein- samkeiten?)

- Wir haben an dieser Stelle mit Sicherheit Gemeinsamkeiten.

Im Rahmen dieser Betreuungs- und Beratungsarbeit geht es insbesondere um die Beseitigung und die Klärung folgender kritischer Punkte:

Die Wirtschaftlichkeit der Markttreffs: Standortschwierigkeiten im Bereich Warenhandel in kleinen Gemeinden werden durch Markttreffs nicht unbedingt behoben. Das ist ein ganz wichtiger Faktor, über den wir noch weiter nachdenken müssen.

Die Möglichkeiten der Direktvermarktung werden wenig genutzt. Dies ist eher immer noch der Einzelfall. Auch da müssen wir überprüfen, warum es sich hierbei immer noch um Einzelfälle handelt und warum man dafür die Basis nicht verbreitern kann.

Jetzt ein ganz wichtiger Faktor: Der Erfolgt hängt sehr stark von der Persönlichkeit der Marktleitung ab. Probleme entstehen immer wieder durch Betreiberwechsel. Da brauchen wir offensichtlich viel mehr Kontinuität.

Der IT-Bereich wurde in der Vergangenheit überbewertet; Möglichkeiten von Internet-Cafes und so weiter werden nicht überall genutzt.

Die Kommunen müssen Mitverantwortung übernehmen; das ist unbedingt notwendig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Auch die Bürger vor Ort müssen sich viel stärker mit ihrem Markttreff identifizieren.

Der Bericht zeigt auch, dass sich Markttreffs in der letzten Zeit besser entwickelt haben und wir in Zukunft an dieser Stelle weiter arbeiten sollten. Die Frage, inwieweit aber eine langfristige Betreuung und Controlling notwendig sind - das ist dann ja in der Tat auch der Kostenfaktor -, scheint doch nicht so leicht zu beantworten zu sein; das müsste kritisch hinterfragt werden. In Zukunft müsste unser Ziel sein, eine langfristige Betreuung zu vermeiden. Die Markttreffs sollten sich in Zukunft wirtschaftlich und konzeptionell selber tragen. Ich glaube, dann wären wir auf dem richtigen Weg.

Wir dürfen auf alle Fälle zugunsten der Bevölkerungsgruppen von Älteren und Alleinerziehenden - Menschen, die im ländlichen Raum immobil sind - nicht auf solche Angebote, es sei denn, wir können gute, kluge Alternativen anbieten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Dr. HappachKasan das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP hat das Instrument der ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalyse von Anfang an positiv begleitet. Die dadurch geförderte interkommunale Zusammenarbeit ist ein wichtiges Mittel gegen Kirchturmpolitik. Ich glaube, dieses Mittel gegen die auch in unserem Lande teilweise verbreitete Kirchturmspolitik sollten wir weiter nutzen. Soweit die positive Analyse.

1,8 Millionen € Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe für gerade einmal zehn Markttreffs sind ausgegeben worden. Mir scheint angesichts der Menge von Gemeinden, die wir in ländlichen Räumen haben - allein im Kreis Herzogtum Lauenburg haben wir 127 Gemeinden -, ist dieses nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Erwartungshaltung, in allen Dörfern so vorgehen zu können, müssen wir - das erkennt jeder schnell - eindämmen.

Angesichts dieser Menge an Fördermitteln und der Tatsache, dass das Land die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe nicht ausschöpft, fragen wir uns in der FDP-Fraktion, ob die Landesregierung die Prioritäten wirklich im Interesse der ländlichen Räume richtig setzt. Wir können nicht erkennen, dass dieses Programm von der Landesregierung ordentlich durchgeführt wird. Wir haben das Gefühl, dass in einigen Gemeinden Prestigeobjekte gefördert worden sind, die letztlich nicht den Nutzen für die ländlichen Gemeinden entfalten, den sie entfalten sollten, insbesondere angesichts der Fördersumme. Angesichts dessen, dass allein in Kasseedorf beispielsweise ein förderfähiges Investitionsvolumen von 1,3 Millionen € bestanden hat - 184.000 € EU-Zuschuss, 551.000 € GAK-Zuschuss -, frage ich mich wirklich, wie wir dieses entsprechende Angebot in anderen Gemeinden, die mit Sicherheit Ähnliches anbieten können, verwirklichen können. Es entsteht bei mir der Eindruck, dass möglicherweise SPD-Hochburgen ein wenig bevorzugt wurden und andere das Nachsehen hatten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Zu seiner Jungfernrede in dieser für ihn neuen Wahlperiode erteile ich dem Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

(Zuruf - Dr. Heiner Garg [FDP]: Schön wäre es gewesen!)

- Sorry, dann nehme ich das zurück.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, Sie kennen meinen Redeeifer noch nicht. Das ist bereits die dritte Rede in dieser kurzen Zeit, die ich die Ehre habe hier halten zu dürfen.

Ländliche Dienstleistungszentren markieren einen wichtigen Meilenstein des Fortschrittes für unseren ländlichen Raum. Unsere Dörfer wachsen. Ich will hier auch einmal kritisch anmerken, dass das nicht immer in Übereinstimmung mit den landesplanerischen Vorstellungen und Vorgaben geschieht. Wir können uns natürlich nicht der Beobachtung verschließen, dass offensichtlich Bedarf besteht, auf dem Dorf zu wohnen. Die mit dem Auto mögliche Mobilität ist die Grundlage für die Entwicklung, dass immer mehr Leute auf dem oder im Dorf wohnen und außerhalb arbeiten, sodass das Leben dann teils-teils stattfindet.

Das bedeutet, dass der Bedarf an Waren und Dienstleistungen dank dieser Mobilität außerhalb des Dorfes gedeckt werden kann. Wir beobachten parallel zum Wachstum unserer Dörfer eine Entwicklung, wonach sich die Infrastruktur zurückbildet. In einigen Dörfern muss man feststellen, dass die infrastrukturelle Armut ausbricht. Dort findet man dann nichts mehr. Also: Dorfkrug, Kaufladen, Post, Bank, Reinigung, den Zugang zu Waren und Dienstleistungen aller Art hat man auf dem Dorf häufig nicht mehr zur Verfügung. Bei der Reihenfolge meiner Aufzählung muss ich selbstkritisch fragen, warum der Kollege Matthiessen die Kneipe zuerst genannt hat.

(Lars Harms [SSW]: Man muss Prioritäten setzen!)

Diese Entwicklung soll durch das Markttreff-Konzept aufgefangen werden. Das ist gut so. Die Erfahrungen mit LSE zeigen, dass es eine runde und erfolgversprechende Sache wird.

Ich will etwas über mein Dorf Osterby berichten: Wir haben noch einen EDEKA-Kaufmann mit einem Vollsortiment, Thomas Wohlert, der dort eine Institution ist. Man erhält bei ihm Briefmarken, kann bei ihm Teppichreinigungsgeräte bestellen, Sachen zur Reinigung geben und er hat eine Bankfunktion. Wir haben auch ein sehr vitales Dorfleben: eine eigene Sporthalle, einen Schinkenkrug, der sehr gut läuft. Die Gemeinde achtet sehr darauf, dass er Versorgungsaufträge erhält, wenn Dorffeste, Sportfeste oder Reitveranstaltungen stattfinden. Die Dorfpolitik besteht darin, aktiv darauf zu achten.

(Detlef Matthiessen)

Wir haben lange Zeit im Hüttener Raum darum gekämpft, unsere Post zu erhalten. Wir waren das letzte Dorf, nicht zuletzt deshalb, weil wir der Post mit ihrem Versorgungsmonopol gedroht haben, gerichtlich überprüfen zu lassen, was ein flächendeckender Versorgungsauftrag durch die Post bedeutet. Wir hatten die Vorstellung, dass unsere Poststation auch für den Raum Hütten und für die Nachbardörfer Anlaufstation sein könnte. Warum sollten Leute aus Ascheffel an Osterby vorbei in die Stadt fahren, lange einen teuren Parkplatz suchen und dann zur Post gehen? Unsere Vorstellung und unser Konzeptangebot an die Post war, dass Osterby eine kleine ländliche Postzentrale ist. Beworben hat die Post dies nicht. Inzwischen haben wir diese Poststelle leider nicht mehr.

Machen wir uns eines klar: Das Konzept mit dem Markttreff ist ein Reparaturkonzept. Bereiche der freien Wirtschaft fallen weg und werden durch öffentlich alimentierte ersetzt, vom Prinzip her eigentlich ein Vorgang, der isoliert betrachtet kein Grund zum Jubeln ist. Das sagt die Ministerin ja auch. Aber was bleibt übrig? Die Verhältnisse sind nun einmal so, wie sie sind. Quantitativ ist das Angebot der ländlichen Dienstleistungszentren mit 50 Projekten bis 2006 natürlich beeindruckend. Flächendeckend wird das Angebot aber auch aus finanziellen Gründen und Gründen der Arbeitskapazität nicht werden können. Jedoch ist es deutlich mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zur Kritik des Kollegen Ehlers, der mich als Lobbyisten bezeichnet hat: In Kenntnis Ihrer Funktion als Funktionär des Bauernverbandes, der sich mit Agrarpolitik beschäftigt, weiß ich nicht, ob Sie der Erste sein sollten, der diesen Vorwurf erhebt, zumal das, was ich mache, geradezu das Gegenteil von Lobbyismus ist, nämlich das Verknüpfen von Interessen.

(Widerspruch bei der CDU - Glocke der Prä- sidentin)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Das ist der Nachklapp auf die Zeit, die ich zur Erklärung meines Redeflusses zu Beginn meiner Rede verbraucht habe. Ich bitte um Nachsicht.

Klar ist, Herr Kollege Ehlers, solche Projekte können schief gehen. Vom Verfahren her - breite Diskussion vor Ort, demokratische Beteiligung all derer, die es angeht - kann die Landesregierung und die Verwaltung, wenn es schief geht, kein Alleinverschulden treffen. Es liegt auch ein wenig an uns einzuklinken und diese Arbeit positiv zu begleiten, worauf ich mich sehr freue. Ich danke jedenfalls der Frau Ministerin für dieses hervorragende und zukunftsweisende Konzept, das sie uns hier vorgelegt hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns, glaube ich, alle einig darin, dass die Idee, in den ländlichen Regionen Markttreffs einzurichten, zukunftsweisend ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir mussten in der Vergangenheit feststellen, dass der ländliche Raum immer stärker ausgedünnt wurde und unter der Zentralisierung in den zentralen Orten gelitten hat. Dies ist nicht unbedingt eine Folge der Landesplanung mit seinem zentralörtlichen System, sondern mehr eine Entwicklung, die sich in allen Lebensbereichen feststellen lässt. Herr Kollege Matthiessen hat das gerade deutlich gemacht. Auch ohne dieses zentralörtliche System hätten wir eine starke Tendenz zur Zentralisierung.

In den ländlichen Räumen steht man nun vor der Aufgabe, trotz dieser Tendenzen in den Dörfern Mittelpunkte zu schaffen, die eine gewisse Grundversorgung der Bevölkerung ermöglichen. Es geht dabei um Arbeitsplätze, gleiche Lebensbedingungen und vor allem um die Möglichkeit, dass beispielsweise auch ältere Menschen weiterhin in der dörflichen Gemeinschaft leben können. Voraussetzung hierfür ist, dass vor Ort ein angemessener Grad an Versorgung besteht. In erster Linie denkt man dabei an die Lebensmittelversorgung. Überall im ländlichen Raum werden Lebensmittelläden geschlossen. Dabei denke ich nicht nur an den kleinen Tante-Emma-Laden, den gibt es ohnehin kaum noch, sondern eher an die regionalen Lebensmittelketten.

Dass sich das Kerngeschäft in den bestehenden Markttreffs hauptsächlich der Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln widmet, zeigt, dass man in den Dörfern die anstehenden Probleme erkannt hat.

(Lars Harms)

Aber der Bericht zeigt ebenfalls, wie schwer es ist, einen neuen Laden im Dorf zu etablieren. Die ökonomischen Gesetze gelten natürlich auch im ländlichen Raum. Somit steht man hier immer wieder unter dem Druck des Marktes. Insofern ist immer wieder Hilfe vonnöten. Daher ist es wichtig, dass die Betreiber, wie auch die Kommunen vorher eingehend beraten werden und dass auch noch später regelmäßig Beratungsleistungen nicht nur angeboten, sondern auch verpflichtend erbracht werden. Dies sieht das Konzept des Markttreffs vor. Diesbezüglich wird eine hervorragende Arbeit geleistet.

Dass bei diesem bundesweiten Pilotvorhaben so viele Kommunen mitmachen und mitmachen wollen, ist ein Beweis dafür, dass dem ländlichen Raum die Ideen nicht ausgehen, wenn man ihn nur entsprechend unterstützt. Deshalb möchte ich die Gelegenheit dazu nutzen, die Landesregierung aufzurufen, den ländlichen Raum weiterhin zu unterstützen. Der Bericht macht deutlich, dass über 40 % der Bevölkerung Schleswig-Holsteins im ländlichen Raum leben. Hier steckt ein enormes Potenzial, das immer noch nicht gut genug erschlossen ist.

Wenn es um die Förderung des ländlichen Raumes geht, ist natürlich die Förderung an sich eine wichtige Sache. Wichtiger ist aber, dass man sich darauf verlassen kann, dass die Förderung wie geplant durchgeführt wird,

(Beifall des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])