Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es ausgesprochen gut, dass der Landtag zu dieser prominenten Zeit das Thema Mittelstandspolitik diskutiert. Vielleicht wäre es noch besser gewesen, wir hätten das gestern statt der Aktuellen Stunde zu Beginn dieser Landtagstagung in den Mittelpunkt gestellt.
Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für mittelständische Betriebe ist ohne Zweifel das große wirtschaftspolitische Thema der nächsten Monate und
Jahre, und zwar nicht nur deswegen, weil die schleswig-holsteinische Wirtschaft existenziell vom Mittelstand abhängt - das wissen wir, das ist mit Zahlen belegt -, sondern auch aus einem ganz anderen Grund, den ich hier gern noch anfügen möchte. Wer kleine mittelständische Betriebe besucht, wird feststellen, dass mittelständische Unternehmer, gerade die Kleinunternehmer, eine ganz andere unternehmerische Verantwortung wahrnehmen als viele Großunternehmer.
Ein Konzernchef, der entscheidet, 30.000 Arbeitsplätze abzubauen, kennt im Zweifel keinen dieser 30.000 Mitarbeiter. Ein Mittelständler, der drei oder vier oder vielleicht 20 oder 30 Mitarbeiter entlassen will, weiß genau, mit wem er es zu tun hat und warum es so schwierig ist.
Ich sage das deswegen, weil ich glaube, dass der Mittelstand mehr ist als lediglich ein Wirtschaftsfaktor. Er ist auch ein gesellschaftlicher Faktor. Das müssen wir sehen.
Herr Kayenburg, ich begrüße ausdrücklich, dass Sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Ich bin zwar der Meinung, er ist überarbeitungsbedürftig und ergänzungsbedürftig, aber wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass er zu einem runden Gesetzentwurf wird.
Was wir allerdings nicht brauchen, ist ein rein deklaratorisches Gesetz. Was wir auch nicht brauchen, ist ein Gesetz, das mehr Bürokratie schafft.
Der Mittelstand will weniger Bürokratie. Darüber sind wir uns einig. Zum Mittelstand rechne ich auch das Wirtschaftsministerium mit seinen 250 Beschäftigten. Wir brauchen keine neuen Untersuchungen, keine neuen Erhebungen, wir brauchen keine neuen Gutachten. Wir brauchen im Zweifel auch keine neuen Rechtsverordnungen. Wir brauchen weniger davon. Es ist meine Bitte, den Gesetzentwurf auch in diesem Licht noch einmal zu überarbeiten.
Es ist gesagt worden: Ein Leistungsgesetz wollen wir nicht und können wir auch nicht finanzieren. Herr Kayenburg und Frau Aschmoneit-Lücke, ich erinnere uns alle noch einmal daran: Wir haben einmal darüber diskutiert, Wirtschaftspolitik mit weniger Fördermitteln zu machen. Wir haben das ordnungspolitisch,
wirtschaftspolitisch diskutiert. Auf keinen Fall herauskommen dürfen Appelle nach mehr Fördermitteln.
Das können wir uns aus Haushaltsgründen nicht leisten. Es ist aber auch wirtschaftspolitisch der falsche Weg. Nicht umsonst steuern wir in unserem Programm „ziel“ auf Infrastrukturförderung, auf Förderung der Rahmenbedingungen hin. Deswegen bitte ich bei der Formulierung zu beachten, nicht lediglich von „fördern“ zu sprechen. Das ist nicht die Lösung für den Mittelstand. Der Mittelstand braucht bessere Rahmenbedingungen und nicht mehr Fördermittel des Staates. Das sollte unsere gemeinsame Position sein.
Das sage ich auch mit Blick auf Basel II und die Bankenproblematik. Es wäre abwegig, es wäre verrückt, wenn die öffentliche Hand eine Kreditgeberfunktion übernehmen würde, die den privaten Banken und den Sparkassen zukommt.
Richtig ist allerdings - das ist unser Auftrag, das ist auch ein Punkt meines Fünf-Punkte-Papiers -, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass die Finanzierung durch die Hausbanken wieder klappt, mit höheren Margen, mit anderen Anreizen als bisher. Das ist etwas anderes, als eine öffentliche Bank zu schaffen, die selber mittelständische Kredite als Eigenkredite auf eigenes Risiko vergibt.
Wichtiger als ein Landesgesetz zur Mittelstandsförderung im diktatorischen Sinne ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Ich freue mich daher über die breite Zustimmung zu meinem Fünf-Punkte-Papier.
Verbesserte Finanzierungsbedingungen, mittelstandsgerechte Besteuerung und der Eigenkapitalaspekt sind genannt worden. Das ist völlig richtig. Dazu kommen Begrenzung und Senkung der Lohnnebenkosten, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Abbau bürokratischer Hemmnisse. Ich finde es richtig, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag diese fünf Punkte unterstützt, dass wir sie aus der reinen A-LänderProblematik herausnehmen. Im Moment werden sie in den Koalitionsverhandlungen in Berlin bereits berücksichtigt. Ich weiß nicht, ob Sie gelesen haben, dass gestern Clement bereits einige dieser Punkte angekündigt hat. Ich werde auf der Wirtschaftsministerkonferenz dafür werben, dass auch die B-Länder dieses Papier unterstützen. Ich wäre Ihnen auf der
rechten Seite dieses hohen Hauses dankbar, wenn auch Sie erklären würden: Ja, das sind die richtigen Punkte; im Bundesrat unterstützen wir Initiativen, die diese fünf Punkte beinhalten. Das wäre hilfreich.
Aus Zeitgründen will ich jetzt nicht sämtliche Leistungen des Landes für den Mittelstand darstellen. Das haben wir an anderer Stelle bereits getan. Es ist meine volle Überzeugung, dass wir zwar bei den Rahmenbedingungen für den Mittelstand noch nicht das erreicht haben, was wir brauchen, aber dass wir hier in Schleswig-Holstein im Rahmen unserer Möglichkeiten eine vernünftige Mittelstandsförderung machen. Schauen Sie sich an, was bei der Investitionsbank passiert, was bei der Bürgschaftsbank passiert, was bei der mittelständischen Beteiligungsgesellschaft passiert, wie die Wirtschaftsfördergesellschaften mit kurzen Wegen kleinen und mittleren Unternehmen helfen. Das kann sich sehen lassen. Ich werde auch bundesweit gelegentlich darauf angesprochen, dass wir hier vorbildlich sind oder jedenfalls gut mithalten können, selbst mit dem, was in Süddeutschland passiert. Ich finde, das würde einen Dank an die Förderinstitute rechtfertigen, die sich täglich engagieren.
Lassen Sie mich, weil ich nur wenige Minuten habe, noch zwei, drei Anmerkungen zu Ihrem Entwurf machen. Es gibt darin - ich sage das ausdrücklich - positive Punkte, zum Beispiel, dass das Gesetz nicht mehr nur für die gewerbliche Wirtschaft gelten soll. Das mag 1977 noch vertretbar gewesen sein, inzwischen haben sich die Proportionen etwas verändert.
Warum Sie bei der Außenwirtschaftsförderung wieder nur von der gewerblichen Wirtschaft sprechen, bleibt unverständlich. Aber das können wir dann anpassen. Dies gehört zu den Punkten, die von der Logik her angepasst werden müssen.
Ich rege weiter an, dass wir uns bei der Definition des Mittelstandes auf das verständigen, was Standard ist. Wir sind letztlich bei den Förderinstrumenten auf die EU-Definition angewiesen. Aber ich glaube, auch da werden wir zu einer Einigung kommen.
Ich freue mich über die Klarstellung, dass die öffentliche Hand nur dann tätig werden soll, wenn private Unternehmen nicht ebenso gut und ebenso wirtschaftlich tätig werden können.
Insgesamt hat der Entwurf einige Schwächen und greift - wie ich meine - an einigen Punkten etwas zu kurz. Die Opposition möchte nach § 12 neue Untersuchungen und Erhebungen einführen. Wie gesagt: Darüber reden wir noch einmal.
Problematisch ist § 7, der so tut, als könnten wir die Landesförderung im Bereich der beruflichen Bildung stark ausweiten. Dabei muss man vielleicht auch einmal realistisch darüber sprechen, was unsere Aufgabe ist und was nicht unsere Aufgabe ist.
Nach § 8 sollen zudem die Maßnahmen zur Information und Beratung von Unternehmern ausgeweitet werden. Auch dazu sollten wir einmal darüber sprechen, was Sie genau damit meinen, ob das neue Leistungsansprüche sind oder ob das nur eine allgemeine Deklamation ist. Deklamationen können wir ja hoch und herunter machen; das ist nicht das Thema. Aber eigentlich sollten wir den Anspruch haben, mehr als nur deklamatorische Sätze zu verabschieden.
Wir sollten ein realistisches, zukunftsfähiges Gesetz machen. Ich glaube aber wirklich, dass wir in der Anhörung, die dazu erfolgen soll, noch einmal eine Reihe von interessanten Anregungen von Betrieben und Unternehmern bekommen werden.
Hinsichtlich der Vergabebestimmungen ist zu sagen, dass ein guter Ansatz unternommen wird, um die Regelung auf den neuesten Stand zu bringen. Ansonsten ist unser Eindruck zurzeit der, dass Sie wieder Regelungen vorschlagen, die mehr bürokratischen Aufwand bedeuten.
§ 17 erfordert den Erlass einer Rechtsverordnung, die weitere Regelungen zur Prüfung und zur Wertung von Angeboten enthielte.
§ 18 fordert einen Landtagsbericht, der letztlich nicht nur die Landesverwaltung, sondern natürlich auch die Unternehmen belastet; denn es ist doch klar, dass das immer zu Anfragen und Rückfragen bei Unternehmen führt. Wir wollen die Statistikpflichten der Unternehmen abbauen. Also auch hier meine Bitte, noch einmal darüber zu reden, ob das wirklich sein muss.
Das sind alles Punkte, über die wir reden können. Es ist vorhin der richtige Hinweis von jemandem - ich
glaube, von Bernd Schröder - auf die Schwarzarbeit gegeben worden. Schwarzarbeit ist ein großes Thema und wir müssen sehen, wie wir dieses Problem auch im Gesetz berücksichtigen. Ich glaube, das können wir nicht einfach beiseite schieben. Von uns wird auch erwartet, dass wir in einem solchen Gesetz, das ja die Philosophie der Mittelstandsförderung beschreiben soll, etwas zu dem Thema sagen.
Insgesamt ist hierüber also konstruktiv zu reden, aber ich bitte Sie zugleich, auch immer zu sehen, wo die wirklich wichtigen Probleme in der Mittelstandspolitik sind, und die liegen zurzeit auf der Bundesebene. Diesbezüglich bitte ich Sie alle um Unterstützung für die notwendigen Reformmaßnahmen.