Protocol of the Session on September 13, 2002

Weil wir das wissen, setzt sich die Landesregierung auch in Zukunft dafür ein, dass Kinder und Jugendliche lebendig Demokratie lernen und die Kombination der Arbeit von meinem Ministerium mit der Arbeit der Kinder- und Jugendbeauftragten, die gut zusammenarbeiten, fortgesetzt wird. Das ist Ausdruck der Querschnittsaufgabe, die Jugendpolitik in diesem Lande ist und wie sie gelebt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Zunächst darf ich weitere Gäste begrüßen. Die Damen der Frauenunion Kellinghusen und die Damen und Herren des Seniorenbeirats der Stadt Neumünster

haben auf der Tribüne Platz genommen. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich darf die Aussprache eröffnen. Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich dem Abgeordneten Torsten Geerdts.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist die Aufgabe des Parlaments, alle geschaffenen Funktionen immer wieder kritisch zu hinterfragen. Daher bin ich zunächst einmal dankbar für den vorgelegten Bericht, den ich für das Jahr 2001 erbeten habe. Er geht sogar bis zum 31. März 2002. Daher ist er noch etwas umfangreicher geworden.

Anlass für diesen Berichtswunsch war die Antwort auf eine Kleine Anfrage. Danach beschränkten sich die Aktivitäten der Kinder- und Jugendbeauftragten auf die Planung der Arbeitsaufnahme. Ich gebe offen zu: Das war der CDU-Fraktion viel zu wenig.

(Beifall bei der CDU)

In dem jetzt vorgelegten Bericht werden ganz konkrete Handlungsfelder genannt. Diese sind wichtig. Kinder und Jugendliche haben erhebliche und deutlich veränderte Probleme in unserer Gesellschaft. Wir streiten uns weiter darüber, wer diese Aufgabe zu erfüllen hat. Ich finde, das muss man bei der jetzigen Haushaltslage auch tun. Die Landesregierung gibt darauf die Antwort: die Kinderbeauftragte.

(Claus Ehlers [CDU]: Wer ist das?)

Wir müssen kritisch fragen: Werden in dem Bericht nicht auch typische Aufgabenfelder von Landtagsabgeordneten beschrieben? Kommen wir Landtagsabgeordnete diesen Aufgaben insgesamt nach? Selbstkritisch müssen wir uns diese Fragen stellen. Und: Ist nicht die eine oder andere beschriebene Tätigkeit, die in dem Bericht erwähnt wird, ein typisches Betätigungsfeld der Jugendministerin? Ich finde, wir müssen angesichts der Haushaltslage über alle Strukturen in diesem Lande reden.

(Beifall bei der CDU)

Wir streiten uns also in keiner Weise über die von der Landesregierung eingesetzte Person, wir streiten uns über die Ansiedlung der beschriebenen Aufgaben. Nach dem, was uns Frau Ministerin Lütkes soeben vorgetragen hat, gehört zu den Aufgaben, eine direkte Ansprechpartnerin für Kinder und Jugendliche und deren Eltern, für Verbände und Institutionen zu sein.

(Torsten Geerdts)

Diese Aufgaben nehmen mit Sicherheit alle Abgeordneten des Schleswig-Holsteinisches Landtages wahr.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen uns aber auch darüber unterhalten, ob die Haushaltsmittel aus Sicht des Parlamentes richtig eingesetzt sind. Im Jahre 2001 sind Gesamtkosten von 160.200 € entstanden.

Ich finde, da muss man kritisch nachfragen.

Was ich bisher ausgeführt habe, gilt übrigens für alle Beauftragten im Lande. Wir müssen in allen Fragen kritischer nach dem Verhältnis von Kosten und Nutzen fragen.

(Beifall bei der CDU)

Der ehrenamtlich arbeitenden Kinderbeauftragten stehen eine vollbeschäftigte Mitarbeiterin und eine teilzeitbeschäftigte Sekretärin zur Verfügung. Das müssen wir wissen, wenn wir uns über die Ausstattung des Parlaments insgesamt Gedanken machen.

Ich möchte auf weitere inhaltliche Punkte des Berichts eingehen. Große Bedeutung hat das Thema „Elternschaft lernen“. Dieses Thema galt vor einigen Jahren noch als Bevormundung. Aber das Problem wird insgesamt größer. Junge Menschen werden in der Tat nicht ausreichend auf die Themen Partnerschaft und Elternschaft vorbereitet. Daher ist es gut, dass wir darüber im Bericht etwas finden. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir mittlerweile Elternschulen in den Bereichen Neumünster, Schleswig, Flensburg und Nordfriesland haben.

Viele Verbände der Jugend- und Familienarbeit arbeiten zwischenzeitlich an diesem Thema. Wir müssen uns allerdings, wenn wir den Bericht lesen, auch die Frage stellen: Kommen wir wirklich an die Problemlagen der jungen Menschen heran, oder schaffen wir nur Zugang für diejenigen, die ohnehin dafür ansprechbar sind?

Ich will ein weiteres Thema aus diesem Bericht nennen: kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern. Bei aller Kritik an der Funktion der Kinderbeauftragten möchte ich mich dafür bedanken, dass wir als Land in der Arbeitsgruppe mitwirken. Der Dank gilt allerdings auch der Polizei, der Justiz und den Jugendschützern im Lande.

(Beifall bei der CDU)

Begrüßen möchte ich die Kooperationspläne mit der Reisebranche und der Ausbildungsstätte für Reisekaufleute. Gerade in dieser Frage ist es ganz wichtig, dass wir präventiv an das Thema herangehen.

Weitere Tätigkeitsfelder - da frage ich mich schon, ob sie richtig angesiedelt sind - sind die Angelegenheiten des Sorgerechts, das Adoptionsrecht, Probleme mit zuständigen Jugendämtern und Schulprobleme sowie Probleme im Elternhaus. Wie Sie merken, sind die Themen, die besprochen werden, auch die Themen der Unionsfraktion. Die Ansiedlung bleibt weiter im Kritikfeld der CDU-Landtagsfraktion.

Ich habe schon Ende 2000 die Frage gestellt: Was hat diese, zugegeben, sympathische Landtagskollegin eigentlich verbrochen, dass sie jetzt mit der Wahrnehmung dieser Beauftragtenstelle betraut wird? Nachdem wir die Antwort zur Kenntnis genommen haben, müssen wir sagen: Diese Frage ist immer noch nicht ausreichend beantwortet. Von daher werden wir an dieser Stelle weiter bohren. Das hat nichts mit der Person zu tun. Aber die Funktion sehen wir weiter kritisch. Wenn wir uns den Haushalt ansehen, meinen wir, hier ist ein Punkt, wo wir etwas einsparen können, um es für andere Maßnahmen der Kinder- und Jugendpolitik im Lande Schleswig-Holstein auszugeben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Birgit Herdejürgen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Geerdts, ich bin ganz angenehm überrascht, dass Sie zumindest Ansätze der inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesem Bericht gezeigt haben. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall.

(Torsten Geerdts [CDU]: Da gab es ja keinen Bericht!)

- Nichtsdestotrotz, Herr Geerdts, waren Sie sich nicht zu schade, mit zahlreichen Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit zu gehen, um die Arbeit der Kinder- und Jugendbeauftragten zu bewerten.

Wir diskutieren heute den Bericht der Kinder- und Jugendbeauftragten für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum März dieses Jahres. Der Bericht ist einige Male geschoben worden und von daher natürlich nicht mehr auf dem neuesten Stand. Inhaltlich ist von der stellvertretenden Ministerpräsidentin schon einiges gesagt worden.

Was Sie zur Position der Kinder- und Jugendbeauftragten und ihrer Ansiedlung gesagt haben, ist allerdings überhaupt nicht neu. Ich beziehe mich nicht nur auf das, was Sie heute hier gesagt haben, sondern

(Birgit Herdejürgen)

auch auf Pressemitteilungen, die Sie in den vergangenen Jahren zuhauf - nicht nur bezogen auf Sandra Redmann, sondern auch schon auf Horst Hager - mit ständig gleich lautendem Inhalt hier abgegeben haben. Sie lassen sich offenbar auch nicht durch personelle Wechsel, inhaltliche Schwerpunktsetzungen und offensichtlich erfolgreiche Ergebnisse beeinflussen. So viel sage ich zum Kosten-Nutzen-Aspekt.

Die Frage ist natürlich, woran sich der Erfolg dieser Arbeit festmacht. Ich denke, die Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein können sich glücklich schätzen, dass Sie, Herr Geerdts, in dieser Hinsicht nicht maßgebend sind.

(Beifall bei der SPD)

Sie beklagen heute, dass die Kinder- und Jugendbeauftragte erst plant und dann handelt. Das ist merkwürdig. In Ihren Pressemitteilungen beklagen Sie, dass die Kinder- und Jugendbeauftragte keine Parlamentsinitiativen startet oder sich im Landtag nicht zu Wort meldet, wenn Fragen der Kinder- und Jugendpolitik anstehen. Herr Geerdts, die Kinder- und Jugendbeauftragte hat im Landtag kein Rederecht. Sie haben das heute nicht angesprochen, denn offenbar haben Sie es inzwischen kapiert; Sie sind ja häufig genug darauf hingewiesen worden. Ich hätte Sie hören mögen, wenn die Kinder- und Jugendbeauftragte den Umstand der Personalunion mit der Abgeordneten Sandra Redmann dazu genutzt hätte, diese Tatsache zu umgehen.

Glücklicherweise sind Sie, Herr Geerdts, auch nicht derjenige, der über die Aufgabenstellung unserer Kinder- und Jugendbeauftragten beschließt. Nichtsdestotrotz, Sie haben heute Ansätze gezeigt - wäre das logische Vorgehen einer Kommentierung -, einen Bericht abzuwarten. Glücklicherweise sind wir heute in der Lage, einen Bericht zu haben und die Zielsetzung mit dem Ergebnis zu vergleichen und eine Bewertung vorzunehmen. Wenn es nach Ihnen ginge, Herr Geerdts, müsste die Kinder- und Jugendbeauftragte in wilden Aktionismus verfallen, um sich möglichst pressewirksam darzustellen. Glücklicherweise denkt Sandra Redmann aber in erster Linie an die Kinder und Jugendlichen, nicht daran, sich selbst bestmöglich darzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Sie stellt den Inhalt der Aktivitäten in den Vordergrund, um anschließend zu entscheiden, ob diese für die Presseöffentlichkeit geeignet sind. Die Presseresonanz spricht im Übrigen trotzdem für sich. Da hilft dann Zeitunglesen.

Es gehört zur Glaubwürdigkeit der Beauftragten im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, diese selbst entscheiden zu lassen, ob und auf welche Weise ihre Anliegen weiterverfolgt werden.

(Zuruf von der CDU)

- Es geht in der Auseinandersetzung um diesen Bericht auch um Anfeindungen von Herrn Geerdts. Daher möchte ich an dieser Stelle gern darauf eingehen. Den Bericht selber können Sie nachlesen. Die Inhalte brauche ich hier nicht zu wiederholen.

In einer Ihrer Pressemitteilungen schreiben Sie, Herr Geerdts: Wer die Interessen von Kindern und Jugendlichen glaubhaft wahrnehmen soll und will, muss parteipolitisch unabhängig sein. - Damit beziehe ich mich auf das, was Sie hier heute zur Ansiedlung der Kinder- und Jugendbeauftragten gesagt haben. Herr Geerdts, ich denke nicht, dass das richtig ist. Wer die Interessen glaubhaft wahrnehmen will, muss ganz klar parteiisch sein, parteiisch für Kinder und Jugendliche. Das ist Sandra Redmann ganz sicher.

(Beifall bei der SPD)

Wenn nur der parteipolitisch Unabhängige die Interessen von Kindern und Jugendlichen glaubhaft vertreten kann, wie sehen Sie dann Ihre Aufgabe als jugendpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion? Unglaubwürdige Interessenwahrnehmung? Ich weiß nicht.

Ich nehme für mich durchaus in Anspruch - irgendwie haben Sie es in Ihrem Redebeitrag auch gesagt -, die Interessen glaubhaft zu vertreten, und zwar auch und gerade als Mitglied einer politischen Partei; das ist nämlich meine Aufgabe.