Birgit Herdejürgen

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Last Statements

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich werde nicht auf alle Punkte unseres Antrages eingehen, viele erklären sich von selbst, aber es lohnt sich, einen Aspekt hervorzuheben, und zwar das unternehmerische Interesse an familienfreundlichen Maßnahmen. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben und an der Familienarbeit ist trotz aller rechtlichen Grundlagen noch lange nicht erreicht. Die CDU fordert die größtmögliche Wahlfreiheit zwischen Familie und Erwerbstätigkeit. Was dieser Forderung fehlt, ist eine Aussage dazu, dass eine derartige Entscheidung stets unter der persönlichen Verantwortung für eine selbstständige Existenzsicherung getroffen werden muss.
Dies gilt gerade auch für Frauen. Die meisten Frauen sind sich durchaus bewusst, dass das Bild der lebenslangen Ehe mit deren Versorgungsfunktion heutzutage keine Zwangsläufigkeit mehr ist. Ganz im Gegenteil. Umso wichtiger ist es daher, dass Frauen bei der Berufswahl, in der Ausbildung und bei ihrer Erwerbsbiographie nie den Blick auf die finanzielle Absicherung verlieren. Das Leitbild, das zum Beispiel in der Steuerpolitik, bei der Gestaltung von Versicherungstarifen, bei den Strukturen der Arbeitswelt immer noch vorherrscht, ist das klassische Familienbild mit männlichem Ernährer und der für die Kindererziehung in erster Linie verantwortlichen Frau.
Die Lebenswirklichkeit und die Wünsche von Eltern sehen inzwischen anders aus, auch die Wünsche von Männern, die sich jedoch auch in Zwängen gefangen sehen, die andere Länder teilweise schon überwunden haben. Dieses Bild von Familie verhindert immer noch, dass mit ausreichendem Druck Strukturen verändert werden. Diese Strukturen sorgen wiederum dafür, dass Familien in dieser klassischen Aufgabenteilung verharren. An dieser Stelle muss der berühmte Hund davon abgehalten werden, sich weiterhin in den Schwanz zu beißen.
Die Diskussion unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten hat uns in der Vergangenheit nicht wirklich vorangebracht. Auf Bundesebene haben SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Dezember 2004 ein Antidiskriminierungsgesetz in den Bundestag eingebracht, das erheblich bessere Möglichkeiten bieten wird, sich gegen Benachteiligungen unter anderem beim Einkommen oder bei Beförderungen zur Wehr zu setzen. Wir benötigen jedoch bereits im Vorwege sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommens- und Beförderungschancen von Frauen. Auch hier ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Schlüssel. Langjähriger Ausstieg aus dem Beruf sollte vermieden werden. Angebote zum Wiedereinstieg sollen weiterhin unterstützt werden. Möglicherweise bringt ein anderer Aspekt Bewegung in die Debatte. Familienfreundlichkeit wird zunehmend unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet, und zwar in Bezug auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen, der sich dem einzelnen Unternehmen bieten kann.
In einer Studie des Prognos-Institutes wird in diesem Zusammenhang eine dreifache Profitsituation beschrieben, die vor dem Hintergrund des intensiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels gesehen wird. Profiteure einer verbesserten Balance zwischen Erwerbstätigkeit und Privatleben sind - natürlich - die Familien, die durch die Koordinierung von Privatleben und Beruf entlastet werden - dies ermöglicht auch Frauen eine kontinuierliche Erwerbsbiographie -, der Staat durch eine erhöhte Erwerbsbeteiligung und die Unternehmen durch Wettbewerbsvorteile und Kosteneinsparungen.
Familienorientierte Personalpolitik wird hier als wirtschaftlicher Faktor betrachtet. Das qualifikationsunabhänge Ausscheiden gerade jüngerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll vermieden werden. Wie auch im Antrag formuliert: Noch sinnvoller als der Wiedereinstieg in den Beruf ist die Vermeidung des langjährigen Ausstiegs. Allerdings wird die Wirtschaftlichkeit familienfreundlicher Maßnahmen angesichts des hohen Kostendrucks bei gleichzeitigem Arbeitskräfteüberangebot häufig infrage gestellt. Die Studie kommt auf der Grundlage betrieblicher Controllingdaten zu dem Ergebnis, dass sich eine familienfreundliche Unternehmensphilosophie auch in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation rechnet und ihre Wirkung vor allem in einer Kombination verschiedener Maßnahmen entfaltet. Diese Maßnahmen sind an sich nicht neu, wohl aber das Bewusstsein, dass nicht moralische Appelle, sondern unternehmeri
sches Interesse Impulsgeber für diese Veränderungen ist.
Wir wollen diesen Prozess aktiv unterstützen. Dem dienen die verschiedenen Maßnahmen, die in unserem Antrag aufgeführt sind. Ich bitte, unserem Antrag in der durch den Änderungsantrag geänderten Fassung zuzustimmen. Der CDU-Antrag ist alternativ zu unserem abzustimmen. Herr Präsident, ich bitte, so zu verfahren. Der ursprüngliche Antrag des SSW ist zugunsten des gemeinsamen Änderungsantrags zurückgezogen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Eisenberg, ich muss leider feststellen, dass Ihr Beitrag im Vergleich zu den Redebeiträgen des Kollegen de Jager zu diesem Thema eher ein Rückschritt gewesen ist. Es ist völlig unstrittig, dass die ehrenamtliche Jugendarbeit ausgesprochen lobenswert ist.
Mit dem Thema Kooperation hat das aber überhaupt nichts zu tun.
- Kooperation, darauf lege ich Wert.
Ein Blick in das Kinder- und Jugendhilfegesetz würde Ihnen sehr deutlich zeigen, dass es hier nicht in erster Linie um ehrenamtliche Jugendarbeit geht, sondern dass es hier um Jugendarbeit im Sinne der Hilfen zur Erziehung geht und um Kooperation. Das
taucht im Bericht auch auf, vielleicht hätten Sie dort einmal hineinschauen sollen.
- Jetzt bin ich dran, Frau Eisenberg. Ich habe Ihnen auch zugehört.
Vor genau vier Jahren haben wir das Thema Vernetzung von Schule und Jugendhilfe mit einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen aufgenommen. Damals wurde allerdings auch schon, spätestens in der Diskussion des entsprechenden Berichts, deutlich, dass die Chancen, die in einer verstärkten Zusammenarbeit liegen, unterschiedlich bewertet wurden, und heute ist dies offensichtlich nicht anders. Auf jeden Fall haben wir angesichts der damals formulierten Kriterien für die Weiterentwicklung von Kooperationen Anlass genug gesehen, einen Blick auf vier Jahre Entwicklung zu werfen, vier Jahre, in denen tatsächlich einiges stattgefunden hat, und zwar nicht nur in ganz konkreten Projekten - darauf haben Sie sich bezogen -, sondern auch und viel wichtiger in den Köpfen der Beteiligten. Von den zahlreichen erfolgreichen Projekten sind hier nur einige exemplarisch aufgeführt.
Die Veröffentlichungen - auch da hätten Sie sich informieren können - der beteiligten Ministerien geben sehr viel eingängiger, als dies in einem trockenen Landtagsbericht möglich ist, Einblick in die Vielfalt und Phantasie der in Schleswig-Holstein umgesetzten Ideen, die in großen Teilen über das Jugendministerium, über das Bildungsministerium finanziert worden sind. Von daher ist es völlig unsinnig zu behaupten, das sei allein aus den Mitteln der Schulträger geschehen. Ganz deutlich ist jedoch auch jetzt mit diesem Bericht geworden, dass viele erfolgreiche Projekte inzwischen in Form offener Ganztagsangebote fortgeführt und gefördert werden, gefördert auch durch das Investitionsprogramm des Bundes. Diese Verstetigung ist überaus erfreulich und dokumentiert die Qualität der Modellprojekte und natürlich auch die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung.
Herr de Jager und Frau Eisenberg, Ihre Aussagen und Ihre Wortwahl zu diesem Thema und natürlich auch Ihre Redebeiträge zu den offenen Ganztagsangeboten machen sehr deutlich, wo sich unsere Auffassungen klar unterscheiden. Für uns ist völlig unstrittig, Bildung ist mehr als Schule - so lautet eine der Überschriften in diesem Bericht -, und um das aus unserer Sicht zu präzisieren: Bildung ist mehr als Unterricht. Was außerhalb von Unterricht stattfindet, ist weit mehr als reine Betreuung, so wie Sie ja immer versu
chen, es darzustellen. Mit dieser Haltung tun Sie den vielen zwar ehrenamtlich organisierten, aber dennoch sehr professionell durchgeführten Angeboten Unrecht.
Das ist im Übrigen auch ein Hinweis auf einen sehr eingeschränkten und nicht mehr zeitgemäßen Bildungsbegriff.
Eine kleine Randbemerkung in eigener Sache. Frau Eisenberg, Sie haben das Ehrenamt so hoch gestellt. Im Bericht und bei landesweiten Veranstaltungen wird eine Itzehoer Grundschule mit ihren Nachmittagsangeboten als beispielhaftes Projekt vorgestellt. Wenn die CDU-Mehrheit auf kommunaler Ebene dieses Projekt monatelang gegen die Aussagen aller Fachleute und gegen alle Vernunft verschleppt, dann ist das meiner Meinung nach der falsche Ort für parteipolitische Spielereien, denn das geht zulasten der Kinder. So kann man die Verlässlichkeit von Angeboten natürlich trefflich torpedieren. Ein Lob an dieser Stelle für die Eltern, die in diesem Fall wie auch in anderen Fällen bei der Stange geblieben sind.
Viel wichtiger - das habe ich eingangs angesprochen - als diese konkreten Maßnahmen ist aus meiner Sicht ein anderer Komplex - dazu haben Sie nichts gesagt -, nämlich die Zusammenarbeit der Schulen mit Jugendämtern und Jugendhilfeeinrichtungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Das habe ich noch vor kurzem sehr kritisch bewertet, hier findet aber offensichtlich Bewegung statt. Ein Anlass dafür ist auch die Übertragung der Mittel an die Kreise, die nun in Eigenverantwortung Projekte vor Ort fördern können und damit zwangsläufig Kooperationsstrukturen aufbauen müssen. Natürlich sind noch nicht alle Vorbehalte ausgeräumt. Das Wissen übereinander, über unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen und Ansprüche muss dringend vertieft werden. Wir werden beispielsweise im Laufe dieser Tagung eine Initiative des Jugendministeriums aufgreifen, um hier geregelte Prozesse zu installieren, ein Frühwarnsystem der beteiligten Institutionen, damit die Zusammenarbeit eine dringend notwendige Form der Verbindlichkeit erhält. Es ist also einiges in Bewegung. Es ist noch lange nicht alles getan, aber mit Ihrem Redebeitrag, Frau Eisenberg, haben Sie das Thema eindeutig verfehlt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich finde es ausgesprochen erfreulich, dass über alle Fraktionen Einigkeit besteht, dass wir für den Erhalt der Jugendaufbauwerke eintreten wollen. Wir haben das im Wirtschaftsausschuss schon formuliert, im Grunde genommen so, wie das die Resolution jetzt zum Ausdruck bringt. Damit unterstützen wir Einrichtungen, die eine regionale Besonderheit darstellen und die nicht umsonst vom Land stets unterstützt und gefördert wurden. Die Jugendaufbauwerke erhalten ihre besondere Stellung dadurch, dass sie sich von herkömmlichen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen absetzen. Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf stellt das deutlich heraus, was vorher in der Rechtsprechung angezweifelt wurde, nämlich dass es sich bei den Jugendaufbauwerken um Einrichtungen der Jugendhilfe handelt.
Wenn man sich in den Jugendaufbauwerken umsieht, Gespräche mit Mitarbeitern und Jugendlichen führt, wird deutlich, dass das Wegbrechen dieser Struktur eine riesengroße Lücke innerhalb der unterstützenden Hilfen für Jugendliche im Übergang von Schule zu Beruf reißen würde. Für die Schulabgänger bieten die Jugendaufbauwerke Perspektiven. Die Maßnahmen werden frühzeitig nachgefragt und die Unsicherheiten, was die Zukunft dieser Maßnahmen betrifft, produzieren wiederum große Unsicherheit bei den Jugendlichen und das ist meiner Meinung nach eine untragbare Situation.
Bei den Jugendlichen geht es um Berufsorientierung, ausbildungsbegleitende Hilfen oder die Vermittlung von Dingen, die uns selbstverständlich erscheinen, zum Beispiel überhaupt einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen und dafür morgens aufzustehen. Für all dies reicht nicht das reine Angebot von Bildungsmaßnahmen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen sich hohen Anforderungen gegenüber. Die Arbeit basiert auf vielerlei Kontakten in die Familien hinein, in die Arbeitsverwaltung, zu Schulen und, ganz wichtig, zu Ausbildungsbetrieben. Diese gewachsenen Netzwerke sind Voraussetzung für eine
erfolgreiche Arbeit im Sinne unserer Jugendlichen. Diese Komponente als ein entscheidendes Qualitätsmerkmal muss bei der Vergabe von Aufträgen ausreichend Berücksichtigung finden. Die bundesweite Ausschreibung hat im vergangenen Jahr schon ganz absurde Blüten getrieben.
Ich bin froh, dass der Einsatz, den das Ministerium, den wir alle in den Ausschüssen bei Gesprächen mit Trägern und Arbeitsämtern geleistet haben, nun offensichtlich zu einer Vereinbarung mit der Bundesagentur geführt haben, die freihändige Vergabe von Maßnahmen in diesem Sinne zu nutzen. Der Kampf um den Erhalt der Jugendaufbauwerke - das hat der Herr Minister schon erläutert - ist damit nicht beendet und wird uns sicherlich noch weiterhin beschäftigen. Ich bin froh, dass wir da alle einer Meinung sind, dass wir diesen Kampf auch weiterführen werden. Wichtig ist, dass wir uns über die Fraktionen hinweg in diesem Bemühen einig sind. Zumindest für die Abgeordneten der SPD auf Bundesebene kann ich sagen, dass der bisherige Einsatz auch fortgeführt wird. Dafür erst einmal herzlichen Dank. Dieser Dank geht natürlich auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium, die die Landes- und Regionalagenturen in unserem Sinne bewegen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns beim Thema Mindestlohn am Beginn einer noch sehr offenen Diskussion, die zwei aktuelle Ursachen hat - Sie haben es angesprochen -: einerseits die Zumutbarkeit von Arbeitsangeboten im Rahmen der Umsetzung von Hartz IV, andererseits die Stärkung der heimischen Wirtschaft vor Konkurrenz auf der Basis von Dumpinglöhnen.
Wir haben bereits mit der Verabschiedung des Tariftreuegesetzes deutlich gemacht, dass unsere Fraktion die Befürchtungen, die Ängste der heimischen Wirtschaft vor Wettbewerbsverzerrungen ernst nimmt
und diese durch konkrete Maßnahmen und nicht nur durch seichte Beteuerungen abbauen will.
Wir lehnen es allerdings ab - um auch dies deutlich zu sagen -, in die Tarifautonomie einzugreifen. Innerhalb der Gewerkschaften wird die Forderung nach zusätzlichen gesetzlichen Möglichkeiten zur Festlegung von Mindestlöhnen - auch mit Hinweis auf die Tarifautonomie - sehr kontrovers diskutiert. Die Wirkung ist umstritten, zumindest was die Wirksamkeit als Mittel der Armutsbekämpfung angeht.
Natürlich müssen wir uns aber der Frage stellen, inwieweit ein Mindestlohn die Nachfrage nach einfacher Arbeit senkt. Wir haben die Aufgabe, in einer Arbeitswelt, die auf lebenslanges Lernen setzt, Lösungen für diejenigen zu bieten, die irgendwann - häufig sehr früh - die Grenzen der Qualifizierbarkeit erreichen. Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, ob es ausreicht, das Sozialhilfeniveau als impliziten Mindestlohn zu konstatieren. Um es noch einmal deutlich zu machen: Sozialhilfe garantiert ein Existenzminimum. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in dieser Debatte.
Wenn wir dies tun, akzeptieren wir gleichzeitig, dass wir in Deutschland eine große Menge von Arbeitnehmern hinnehmen, die trotz Arbeit über ein Existenzminimum nicht hinauskommen oder sogar noch darunter liegen.
Zusammenhänge zwischen der Festlegung von Mindestlöhnen und dem Anstieg von Arbeitslosigkeit sind zumindest umstritten. Es gibt Untersuchungen und Gegenuntersuchungen, die zu widersprüchlichen Aussagen kommen, auch empirisch belegt. Ich möchte damit deutlich machen, dass wir uns mit diesem Thema in einem sehr komplexen Gefüge bewegen. Ich hatte eingangs gesagt, dass wir die Tarifautonomie als tragende Säule der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung ausdrücklich stützen.
Hier werden die Standards so gesetzt, wie wir uns das vorstellen. Der Gesetzgeber ist im Sinne von neuen Regelungen zurzeit nach unserer Auffassung nicht gefragt. Allerdings - insofern haben wir Schwierigkeiten mit Ihrem Antrag - gibt es auch jetzt schon Möglichkeiten der Stabilisierung von Tarifverträgen per Verordnung oder der Festsetzung von Arbeitsbedingungen in Bereichen, in denen Tarife keine Sicherung geschaffen haben. Auch diese Möglichkeiten sind es unserer Meinung nach wert, in ihrer Wirkung genauer betrachtet zu werden.
Wir möchten die Diskussion nicht sozusagen per Federstrich an dieser Stelle für beendet erklären. Inso
fern wollen wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, aber wir stimmen der Überweisung und weiteren Diskussion im Ausschuss zu.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Eichelberg, nach Ihrem Redebeitrag frage ich mich tatsächlich, warum wir diesen Tagesordnungspunkt heute noch aufrufen mussten. Das Fazit, das ich daraus ziehe, ist: Thema verfehlt!
Wir als Landesparlament befinden innerhalb der Möglichkeiten unserer Einflussnahme. Der Wirtschaftsminister hat frühzeitig auf die Konsequenzen, die sich aus der Pannenserie und dem letztendlichen Scheitern der Maut ergeben, hingewiesen. Er hat Forderungen aus der Sicht Schleswig-Holsteins formuliert, die - das dachte ich ursprünglich - in unser aller Sinn liegen.
Ich bedanke mich ausdrücklich für die klaren und kritischen Worte, die der Wirtschaftminister heute, aber auch in den vergangenen Wochen zur MautKrise gefunden hat.
Er hat sehr deutlich gemacht, dass es für SchleswigHolstein untragbar wäre, wenn unsere planerisch gut vorbereiteten Verkehrsprojekte in irgendeiner Weise gefährdet würden. Ich bedanke mich, dass frühzeitig auf das Bundesverkehrsministerium, eingewirkt wurde und damit bei aller Vorsicht, was allzu optimistische Bewertungen angeht - das hat die Stellungnahme eben ergeben -, durchaus zu erwarten ist, dass die beschriebenen Projekte keine allzu großen Verzögerungen erfahren.
Was Ihre Fragen in dem Antrag betreffen: Wir wissen seit Dienstag von der Vertragskündigung. Heute möchten Sie detailliert Auskunft über die Auswirkungen haben. Dass das nicht anders als heute vorgetragen zu leisten war, wissen Sie, Herr Eichelberg, doch ganz genau. Ich denke, wir haben im Wirtschaftsausschuss Gelegenheit, mit den fundierten Informationen, die Sie haben wollen, darüber zu reden.
Ich hoffe, wir sind uns einig, dass die Forderung des Wirtschaftsministeriums durch das Parlament zu unterstützen sind.
Dass die Entscheidung, den Vertrag mit Toll Collect zu kündigen, längst überfällig war, ist unstrittig. Aber aus dem Ablauf dieser ganzen Maut-Arie dem Minister die Verantwortung für das Image des Innovationsstandortes Deutschland zuzuschreiben, ist schon ein bisschen überzogen.
Die Verantwortung für die Vertragsgestaltung liegt in den Händen des Bundesverkehrsministeriums. Dass die Kontrolle nicht einwandfrei war, ist auch unstrittig. Ich hätte mir aus finanzpolitischen Gründen sicherlich eine konsequentere Entscheidung gewünscht - wie wir wohl alle. Aber aus der Tatsache, dass man renommierten Großunternehmen die Chance gibt, eine technologische Pleite zu heilen, kann doch wohl nicht abgeleitet werden, dass das Vertrauen in die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durch das Ministerium zerstört wird. Das konnten die beteiligten Konzerne ganz alleine.
Das Verhalten der Unternehmen in den Verhandlungen der vergangenen Woche ist auch nicht dazu angetan, vertrauensbildend zu wirken. Das geben Kommentare von ADAC, BDI und anderen wieder. Da ist die Rede von untragbaren Entschädigungsangeboten, erkennbaren Zügen einer Industrieaffäre. Olaf Henkel sieht die Schuldigen in jenen Bossen, die ein System angeboten haben und nicht in der Lage waren, Qualität und Termin einzuhalten. Er fordert die Rückbesinnung auf Werte wie Qualität und Zuverlässigkeit ein.
Wir könnten uns, wie es die Opposition - zumindest auf Bundesebene; Sie haben sich da heute ein bisschen zurückgehalten - tut, in Rücktrittsforderungen ergehen. Die FDP im Bund hätte gern einen Untersuchungsausschuss - ganz etwas Neues. Wir können aber auch, wie es der Wirtschaftsminister macht, alles tun, um die zugegeben schwierige Situation für uns in Schleswig-Holstein zu lösen. Ich wünsche mir, dass auch die Opposition ihre Energien darauf richtet.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich die Teilnehmerinnen ganz herzlich begrüßen, die wir heute in unserer Fraktion zum Girls Day haben. Auch die anderen Fraktionen haben sich bereit erklärt, heute Mädchen in das Berufsfeld Politik einzuführen.
Herzlich willkommen!
Wir haben im Oktober 2001 hier im Landtag schon einmal über den Girls Day gesprochen. Damals war die Beteiligung der Wirtschaft noch sehr zurückhaltend. Der Bericht hat gezeigt, dass sich das jetzt, zwei Jahre später, glücklicherweise geändert hat. Überhaupt – das kann man auch der regionalen Presse entnehmen – fasst der Girls Day in der Öffentlichkeit langsam Fuß. Sogar die Kollegen Astrup und Müller haben schon davon gehört.
2001 wurde der Girls Day von der CDU noch als Projektwoche oder als eine Art von Praktikum bezeichnet. Es war die Rede davon, dass wir keinen neuen Begriff bräuchten, der nur nette Glanzbroschüren nach sich ziehe. Von den Grünen wurde die Rede der CDU ausdrücklich gelobt. Für den Kollegen Greve war der Tagesordnungspunkt Anlass, uns mit einigen Ausführungen zum Thema Sprache im Parlament zu beglücken und damit das Thema ein gutes Stück voranzutreiben.
Ich hoffe, inzwischen ist bei allen ein gewisser Lerneffekt eingetreten.
Um ein Praktikum geht es nämlich keineswegs. Schon lange gibt es sinnvollerweise Berufspraktika. Sie haben aber wenig Einfluss auf das Berufswahlverhalten, zumindest ohne flankierende Beratung, die zum Ausprobieren ungewöhnlicher Berufsfelder anregt. Mädchen können, wenn sie die entsprechenden Fähigkeiten mitbringen, bereits jetzt jeden Beruf erlernen, an dem sie interessiert sind. Bislang sind die meisten Mädchen jedoch leider nicht an sehr vielen Berufen interessiert. Drei Viertel aller Mädchen ent
scheiden sich für einen von nur 20 verschiedenen Berufen, die häufig niedrig bezahlt sind, ein geringes Sozialprestige aufweisen, wenig Entscheidungskompetenzen und nur geringe Aufstiegschancen bieten.
Es geht beim Girls Day darum, Interesse zu wecken, neugierig auf Naturwissenschaft und Technik zu machen und zukunftsträchtige Berufsfelder als realistische, dem weiblichen Rollenbild nicht widersprechende Chance zu sehen. Rollenbilder sind – das merken wir immer wieder – langlebig. Aber sie sind nicht für alle Zeiten und zwangsläufig festgeschrieben. Mit dem Girls Day soll ein erster Impuls gegeben werden, auch einmal in eine andere Richtung zu denken, durch Vorbilder und Kontakte, durch Gespräche. Damit verbunden ist eine neue Offenheit: Diejenigen Jungen und Mädchen, die unsere Gesellschaft der Zukunft gestalten werden, sollen alle beruflichen Möglichkeiten und Chancen betrachten und beurteilen, bevor sie ihre Entscheidung treffen.
Mädchen und Jungen wünschen sich eine Zukunft, in der sie Familienleben und Beruf miteinander vereinbaren können. Das hat unter anderem die letzte ShellJugendstudie ergeben. Sie wünschen sich eine Zukunft, in der die Gesetze des Arbeitsmarktes nicht automatisch eine geringere Leistungsbereitschaft aktiver Eltern unterstellen.
Der Schlüssel ist die Flexibilisierung der Rollenbilder. Es kommt uns darauf an, den Mädchen schon frühzeitig berufliche Alternativen aufzuzeigen. Von daher ist der Ansatz, den Girls Day möglichst frühzeitig laufen zu lassen – wir machen das ab der fünften Klasse, wenn ich das richtig weiß -, folgerichtig.
Der Girls Day bietet Chancen für die Mädchen ebenso wie für die Betriebe. Beide Seiten können für sich überprüfen, ob sie bereit sind, ihre alten Vorstellungen über Bord zu werfen und ihren Horizont zu erweitern: die Mädchen, indem sie Interesse für Technik, für Leitung und für Macht zeigen, die Betriebe, indem sie die Potenziale und besonderen Fähigkeiten von Mädchen erkennen und nutzen.
Der Girls Day erlaubt beiden Seiten, den Perspektivenwechsel zu üben. Mit etwas Glück wird in dem einen oder anderen Fall daraus eine langfristige Erweiterung des eigenen Horizonts.
Ich wünsche mir, dass die Jugendlichen von morgen wagen, das Unwahrscheinliche zu denken und das Unmögliche zu verlangen. Ein kleiner Schritt hierhin ist der Girls Day 2003. Ich wünsche den Teilnehmerinnen in diesem Sinne einen aufregenden und auf
wühlenden Tag und den beteiligten Betrieben Mut zum Umdenken.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In Schleswig-Holstein wurde in den vergangenen Jahren ein breites Netz an betreuten Grundschulen aufgebaut - gute und notwendige Angebote, die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Fundament dieses Angebotes sind die zahlreichen zum großen Teil ehrenamtlich tätigen Elternvereine, denen ich an dieser Stelle ausdrücklich meine Anerkennung aussprechen möchte.
Das Land Schleswig-Holstein unterstützt diese Angebote finanziell und macht damit deutlich, dass die betreuten Grundschulen als wichtiges Element in Ergänzung oder auch als Ersatz der gesetzlich vorgesehenen Betreuungsangebote in Horten angesehen werden. Der besondere rechtliche Status - oder eher Nichtstatus - erleichtert einerseits die Bereitstellung der Angebote, ist andererseits aber auch immer schon Ursache für die besonderen Schwierigkeiten gewesen, die mit der betreuten Grundschule verbunden sind.
In der Diskussion um die Einführung der verlässlichen Grundschule bekommt man manchmal den Eindruck, als würden die Probleme - organisatorische und finanzielle - der betreuten Grundschule nicht existieren. Der Arbeitsaufwand für die Organisatoren ist nicht zu unterschätzen. Es gilt, Bedarfe festzustellen, Räumlichkeiten zu finden, möglicherweise Schulleitungen zu überzeugen, Anträge zu stellen bei Arbeitsämtern, bei Sozialämtern, bei Land und bei Kommunen. Es gilt, Personal einzustellen, um sich dann womöglich vor die Situation gestellt zu sehen, dass zu Beginn des Schuljahres doch weniger Eltern als abgefragt ihr Kind in die Betreuung geben. Ehramtlich Tätige übernehmen Verantwortung für ungewohnte Aufgaben, zum Beispiel im Rahmen der Personalauswahl, beim Vereinbaren von Arbeitsverträgen.
Alle diese Belastungen sind umso schwieriger zu organisieren, als die Fluktuation in den Vereinen durch den Übergang der Kinder auf weiterführende Schulen relativ groß ist und bewährte Kräfte nie sehr lange tätig sind. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass sich eine große Zahl von betreuten Grundschulen durch den Wegfall von Mitteln der Arbeitsverwaltung vor zusätzliche finanzielle Probleme gestellt sehen.
Sicherlich gibt es viele Beispiele in SchleswigHolstein - das in Lübeck ist eines - für das gute und langfristig abgesicherte Funktionieren dieser Betreuungsangebote. Zum Gesamtbild gehört jedoch ebenfalls, dass eine Reihe von Angeboten aus den unterschiedlichsten Gründen bereits wieder eingestellt worden ist und dass an vielen Schulen erst gar keine Betreuungsangebote ins Leben gerufen werden konnten. Und natürlich werden zurzeit nicht alle Kinder einer Schule von den Betreuungsangeboten erfasst.
In meinen Gesprächen mit Eltern und Lehrern habe ich deutlich herausgehört, dass dringend Bedarf an verlässlichen Zeiten besteht, die sowohl Eltern als auch Kindern eine berechenbare Regelmäßigkeit bieten. Das, denke ich, ist hier in diesem Haus auch unumstritten. Von daher ist die Einführung verlässlicher Grundschulzeiten, die für alle Kinder verbindlich sind, folgerichtig und schon lange Forderung sozialdemokratischer Politik.
Mit der Einführung der verlässlichen Halbtagsschule nimmt das Land zusätzliches Geld in die Hand, um ein neues Angebot auf den Weg zu bringen. Wichtig dabei - das ist immer klare Aussage gewesen: Es geht um die halbtägige Organisierung der Grundschule. Daher kann die verlässliche Halbtagsschule kein Ersatz von Betreuungsangeboten sein, die in den Nachmittag hineinreichen.
Mit der Einführung verlässlicher Zeiten steht der Betreuungsgedanke nicht im Vordergrund, Herr Dr. Klug. Es geht darum, den Unterricht in den Grundschulen offener und damit flexibler gestalten zu können, und es geht darum, diese Angebote allen Schülerinnen und Schülern nutzbar zu machen und damit sicherzustellen, dass Kinder mit schwierigen Vorraussetzungen zwangsläufig davon erfasst werden.
Selbstverständlich kann es nicht sein, dass ein neues Angebot, das mit nicht unerheblichen Anstrengungen ins Leben gerufen wird, dazu führt, dass die Leute unzufriedener werden. Offenbar ist nicht deutlich geworden, was das Wesen einer Anhörung ist, nämlich einen Entwurf in die Diskussion zu geben, Einwände der Praktiker vor Ort ernst zu nehmen und diese in angemessener Form zu berücksichtigen. Genau das ist passiert.
Dass in der gesamten Diskussion Befürchtungen laut geworden sind, ist nachvollziehbar, wenn es sich um die Betroffenen vor Ort handelt. Vielleicht hat es auch Unklarheiten gegeben, was den Status des Entwurfs betrifft und was die genaue Ausführung in der
Praxis angeht. Aber ich unterstelle allen, die hier sitzen, dass sie sich mit den üblichen Verfahren einer Anhörung auskennen. Diese Anhörung ist ja erst am vergangenen Wochenende abgeschlossen worden. Daher kann ich die Aufgeregtheiten aus den Reihen der Opposition nicht richtig nachvollziehen. Von vornherein war klar, dass die Auseinandersetzung mit den Betroffenen gesucht wurde und auch zukünftig gesucht wird, in Regionalkonferenzen, in Gesprächen vor Ort. Und dass es bei der Einführung eines zumindest zeitlich zum Teil konkurrierenden Systems Konfliktfelder gibt, kann auch niemanden überraschen. Ihre Presse der vergangenen Woche hat dann aber deutlich gemacht, dass sich der Antrag der FDP, der kein Berichtsantrag ist, weitgehend erledigt hat.
Wir empfehlen Ausschussüberweisung, um im Ausschuss weiter über Einzelheiten diskutieren zu können. Das ist sicherlich nötig. Äußerungen wie: „Ministerin zeigt Einsicht“ oder: „Erdsiek-Rave gibt nach“ erscheinen mir als Kommentar zu einem Anhörungsverfahren doch etwas verwegen. Es geht hier nicht darum, Gewinner oder Verlierer zu benennen.
Das können wir wohl auch unter der Rubrik „Geplänkel zur Kommunalwahl“ abhaken.
Inhaltlich sollte es uns allen wohl darum gehen, die verlässliche Halbtagsschule als Verbesserung eines bestehenden Systems möglichst sinnvoll mit den vorhandenen Betreuungsangeboten zu kombinieren.
Die Bedingungen an den verschiedenen Standorten sind sehr unterschiedlich. Von daher sind natürlich Flexibilität und Offenheit gefordert. Flexibilität, bezogen auf den Zeitrahmen, Flexibilität in Bezug auf die Qualifikation des Personals. - Das Projekt „Geld statt Stellen“ der Ministerin wurde auch von Ihnen genannt. - Offenheit natürlich gegenüber den einzubeziehenden Angeboten und den Möglichkeiten vor Ort. Und: Herr Dr. Klug, schauen wir doch erst einmal auf den Erlass, um dann zu bewerten, inwieweit diese Offenheit auch umgesetzt wird!
Wir kommen dem Anliegen der CDU, über die Einführungsphase informiert zu werden, durch die Überweisung des heute vorgelegten Antrages nach, obwohl wir dem inhaltlich nicht unbedingt folgen können. Das Ministerium nimmt eine Einführungszeit in den Erlass mit auf, um Erfahrungen zu sammeln und Korrekturen am Konzept vornehmen zu können. Wir werden das als Bildungsausschuss begleiten. Wir möchten es allerdings den Schulen ersparen, in der
von Ihnen geforderten Form mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belastet zu werden. An anderer Stelle ist doch gerade das immer eine Forderung der CDU. Eine Statistik in der von Ihnen beantragten Form unterläuft auch das Bemühen, im Unterrichtsablauf zu mehr Flexibilität und Offenheit zu kommen. Aber dazu, wie gesagt, im Ausschuss mehr.
Frau Eisenberg, abschließend noch eine Bemerkung zu Ihrer Pressemitteilung vom 5. Februar. Sie reden von Brechstangenmentalität. Es wäre tatsächlich Brechstangenmentalität, die Einführung verlässlicher Grundschulzeiten zum Schuljahr 2002/03, wie Sie es darstellen, erreichen zu wollen. Zum Schuljahr 2003/04, wie vom Ministerium vorgesehen, erscheint mir das Vorgehen einem durchaus realistischen Zeitplan zu folgen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort auf die Große Anfrage hat eines gezeigt: Man könnte der Verwaltung einige Arbeit ersparen, wenn man sich die Mühe machen würde, bei Informationsbedarf die einschlägigen Quellen, wie zum Beispiel die Daten des Statistischen Landesamtes oder bereits vorliegende Berichte der Regierung heranzuziehen.
Gerade deshalb geht mein Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums, die sich mit den vorliegenden Fragen auseinander setzen mussten und dies auch umfangreich getan haben.
Die Antworten waren aus dem genannten Grund nicht überraschend. Wer sich mit den Shell-Studien, den Jugendberichten der Bundesregierung, dem Integrationsbericht, den Veröffentlichungen des Deutschen Jugendinstitutes oder anderen Quellen regelmäßig
auseinander setzt, kann kaum überrascht sein, dass auch in Schleswig-Holstein zum Beispiel die Individualisierung und die Differenzierung von Lebensentwürfen den Alltag von Jugendlichen bestimmen und dass die Bindung an Institutionen abnimmt.
Wer weiß, dass 1995 eine Erweiterung des Opferbereiches der polizeilichen Kriminalstatistik erfolgte, wundert sich nicht, dass die in dieser Statistik erfasste Zahl von Straftaten auch bei Kindern und Jugendlichen angestiegen ist.
Wer sich das Kinder- und Jugendhilfegesetz einmal angesehen hat, weiß, dass nicht die Kinder, sondern die Personensorgeberechtigten Hilfeempfänger sind, und somit die entsprechende Frage schon falsch gestellt ist.
Dies sind nur einige Beispiele, die deutlich machen sollen, dass uns die Erkenntnisse, die wir aus dieser Anfrage ziehen können, in der Jugendpolitik nur schwerlich voranbringen, wohlgemerkt, nicht weil die Verwaltung nicht ordentlich gearbeitet hat - ganz im Gegenteil -, sondern weil die Fragen nicht geeignet sind, viel mehr hervorzubringen, als vorhandenes Wissen zusammenzufassen.
Daher kann das Fazit nur lauten: Gut, dass wir darüber geredet haben. Besser wäre es gewesen, darüber zu reden, ohne diesen Aufwand zu verursachen. Ein bisschen Eigeninitiative, was die ganz persönliche Informationsbeschaffung angeht, wäre manchmal ganz hilfreich. Ich sehe das als Voraussetzung für meine Arbeit im Landtag an.
Für weiterführende jugendpolitische Zielsetzungen gibt es jede Menge Ansätze, von denen ich nur einige wenige nennen will, die hier schon von verschiedenen Seiten angeklungen sind: Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Sinne eines umfassenden Bildungskonzeptes; Weiterentwicklung des Zusammenlebens von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund im Sinne des Migrationskonzeptes der Landesregierung und die Umsetzung in den Kommunen. Weiterer Ausbau der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, um ihnen die Chance zu bieten, früh die Gesellschaft aktiv mit zu gestalten sowie die Weiterentwicklung von konstruktiven Möglichkeiten der Betreuung von Intensivtäterinnen und Intensivtätern.
Aus der Vielzahl der Themen ein jugendpolitisches Profil für Schleswig-Holstein herauszubilden, ist eine stets fortzuschreibende Aufgabe des Ministeriums, aber sicherlich auch der Fraktionen im Landtag. Ich wünsche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium mehr Zeit für diese Aufgabe und nehme uns alle in die Pflicht, diesen Prozess in den zuständigen Gremien zu begleiten und natürlich auch eigene Akzente zu setzen.
Wer im Übrigen regelmäßig an den Sitzungen des Landesjugendhilfeausschusses teilnimmt, kann weitere Informationen hinsichtlich der ganz speziellen Situation von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein erhalten und sich an der Diskussion beteiligen. Dort sind alle Fraktionen - im Prinzip - vertreten, die CDU in der Regel leider nicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Geerdts, ich bin ganz angenehm überrascht, dass Sie zumindest Ansätze der inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesem Bericht gezeigt haben. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall.
- Nichtsdestotrotz, Herr Geerdts, waren Sie sich nicht zu schade, mit zahlreichen Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit zu gehen, um die Arbeit der Kinder- und Jugendbeauftragten zu bewerten.
Wir diskutieren heute den Bericht der Kinder- und Jugendbeauftragten für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum März dieses Jahres. Der Bericht ist einige Male geschoben worden und von daher natürlich nicht mehr auf dem neuesten Stand. Inhaltlich ist von der stellvertretenden Ministerpräsidentin schon einiges gesagt worden.
Was Sie zur Position der Kinder- und Jugendbeauftragten und ihrer Ansiedlung gesagt haben, ist allerdings überhaupt nicht neu. Ich beziehe mich nicht nur auf das, was Sie heute hier gesagt haben, sondern
auch auf Pressemitteilungen, die Sie in den vergangenen Jahren zuhauf - nicht nur bezogen auf Sandra Redmann, sondern auch schon auf Horst Hager - mit ständig gleich lautendem Inhalt hier abgegeben haben. Sie lassen sich offenbar auch nicht durch personelle Wechsel, inhaltliche Schwerpunktsetzungen und offensichtlich erfolgreiche Ergebnisse beeinflussen. So viel sage ich zum Kosten-Nutzen-Aspekt.
Die Frage ist natürlich, woran sich der Erfolg dieser Arbeit festmacht. Ich denke, die Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein können sich glücklich schätzen, dass Sie, Herr Geerdts, in dieser Hinsicht nicht maßgebend sind.
Sie beklagen heute, dass die Kinder- und Jugendbeauftragte erst plant und dann handelt. Das ist merkwürdig. In Ihren Pressemitteilungen beklagen Sie, dass die Kinder- und Jugendbeauftragte keine Parlamentsinitiativen startet oder sich im Landtag nicht zu Wort meldet, wenn Fragen der Kinder- und Jugendpolitik anstehen. Herr Geerdts, die Kinder- und Jugendbeauftragte hat im Landtag kein Rederecht. Sie haben das heute nicht angesprochen, denn offenbar haben Sie es inzwischen kapiert; Sie sind ja häufig genug darauf hingewiesen worden. Ich hätte Sie hören mögen, wenn die Kinder- und Jugendbeauftragte den Umstand der Personalunion mit der Abgeordneten Sandra Redmann dazu genutzt hätte, diese Tatsache zu umgehen.
Glücklicherweise sind Sie, Herr Geerdts, auch nicht derjenige, der über die Aufgabenstellung unserer Kinder- und Jugendbeauftragten beschließt. Nichtsdestotrotz, Sie haben heute Ansätze gezeigt - wäre das logische Vorgehen einer Kommentierung -, einen Bericht abzuwarten. Glücklicherweise sind wir heute in der Lage, einen Bericht zu haben und die Zielsetzung mit dem Ergebnis zu vergleichen und eine Bewertung vorzunehmen. Wenn es nach Ihnen ginge, Herr Geerdts, müsste die Kinder- und Jugendbeauftragte in wilden Aktionismus verfallen, um sich möglichst pressewirksam darzustellen. Glücklicherweise denkt Sandra Redmann aber in erster Linie an die Kinder und Jugendlichen, nicht daran, sich selbst bestmöglich darzustellen.
Sie stellt den Inhalt der Aktivitäten in den Vordergrund, um anschließend zu entscheiden, ob diese für die Presseöffentlichkeit geeignet sind. Die Presseresonanz spricht im Übrigen trotzdem für sich. Da hilft dann Zeitunglesen.
Es gehört zur Glaubwürdigkeit der Beauftragten im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, diese selbst entscheiden zu lassen, ob und auf welche Weise ihre Anliegen weiterverfolgt werden.
- Es geht in der Auseinandersetzung um diesen Bericht auch um Anfeindungen von Herrn Geerdts. Daher möchte ich an dieser Stelle gern darauf eingehen. Den Bericht selber können Sie nachlesen. Die Inhalte brauche ich hier nicht zu wiederholen.
In einer Ihrer Pressemitteilungen schreiben Sie, Herr Geerdts: Wer die Interessen von Kindern und Jugendlichen glaubhaft wahrnehmen soll und will, muss parteipolitisch unabhängig sein. - Damit beziehe ich mich auf das, was Sie hier heute zur Ansiedlung der Kinder- und Jugendbeauftragten gesagt haben. Herr Geerdts, ich denke nicht, dass das richtig ist. Wer die Interessen glaubhaft wahrnehmen will, muss ganz klar parteiisch sein, parteiisch für Kinder und Jugendliche. Das ist Sandra Redmann ganz sicher.
Wenn nur der parteipolitisch Unabhängige die Interessen von Kindern und Jugendlichen glaubhaft vertreten kann, wie sehen Sie dann Ihre Aufgabe als jugendpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion? Unglaubwürdige Interessenwahrnehmung? Ich weiß nicht.
Ich nehme für mich durchaus in Anspruch - irgendwie haben Sie es in Ihrem Redebeitrag auch gesagt -, die Interessen glaubhaft zu vertreten, und zwar auch und gerade als Mitglied einer politischen Partei; das ist nämlich meine Aufgabe.
Der Bericht der Kinder- und Jugendbeauftragten und auch die Presseveröffentlichungen sprechen für sich. Ich brauche hier nichts zu wiederholen. Die SPDLandtagsfraktion steht definitiv hinter der Arbeit der Kinder- und Jugendbeauftragten.
Wir sind sehr froh, dass diese Aufgabe von Sandra Redmann wahrgenommen wird. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass die Kinder und Jugendlichen in diesem Lande das so sehen, und das ist so.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie der Kollege Klug bereits erläutert hat, zielt der Antrag der FDP auf den Programmpunkt 28 des Programms „Arbeit für Schleswig-Holstein - Fördernetzwerke zur Integration benachteiligter Jugendlicher in die berufliche Bildung“. Damit werden Mittel des Europäischen Sozialfonds und hier speziell mit der Zielsetzung, den Schulabbruch bei Übergang in die Praxis zu verhindern, eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag stellt sich die Frage, inwieweit Maßnahmen in Klassenstufen, die nicht unmittelbar dem Einstieg ins Berufsleben vorausgehen, unter diese Zielsetzung zu fassen sind.
Davon ausgehend, dass Prävention sinnvoller ist als Intervention, ist die möglichst frühzeitige Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler grundsätzlich zu begrüßen. Ich halte das für sinnvoll und in dieser Bewertung stimmen wir völlig überein, Herr Dr. Klug.
Es gibt allerdings einige Punkte, die wir in den Ausschussberatungen gern klären würden. Ich hätte zum Beispiel gern Informationen darüber, welche Auswirkungen eine Ausweitung des Maßnahmenkataloges um den Bereich der unteren Klassenstufen für die übrigen Maßnahmen hat, die bisher gefördert wurden. Darüber sollten wir uns im Einzelnen informieren lassen.
Daher liegt uns daran, die Frage, ob es möglicherweise zu einer Verschiebung der Schwerpunkte kommt, ausführlicher zu beraten, als das an dieser Stelle möglich ist. In jedem Fall bliebe es ja bei dem begrenzten Budget immer bei einer Entscheidung über Einzelprojekte, also kein grundsätzlicher Anspruch auf Förderung. Das heißt, die Sinnhaftigkeit bezogen auf die EU-Zielsetzung und die Qualität der Maßnahmen wäre jeweils zu überprüfen.
Wir müssen - Sie haben es angesprochen -, was die Inhalte angeht, nicht auf das Pforzheimer Modell schielen. Da geht es in erster Linie grundsätzlich um die Finanzierungsmöglichkeit. Wir haben in Schleswig-Holstein viele Ansätze und Modelle guter Schulsozialarbeit, zum Teil jetzt schon, gefördert aus Landesmitteln.
Ich hoffe, wir werden uns in den Ausschüssen einig, wie eine sinnvolle Unterstützung aussehen kann. Daher beantragen wir Überweisung an den Bildungs- und den Sozialausschuss.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spielplatzplanung, Schulhofgestaltung, Skaterbahn: Auf den ersten Blick sind dies Projekte, bei denen aus nachvollziehbaren Gründen Kinder und Jugendliche zumindest nach ihren Wünschen gefragt werden. Partizipation von Kindern und Jugendlichen meint mehr und meint etwas völlig anderes als das Abarbeiten von Wunschzetteln. Mehr, weil Mitbestimmung letztlich alle kommunalen Fragestellungen umfasst; etwas anderes als Wunschzettel, weil sich Kinder und Jugendliche natürlich auch mit der Machbarkeit und Finanzierbarkeit von Ideen auseinander setzen müssen.
1996 wird erstmalig in Schleswig-Holstein, einmalig in der Bundesrepublik, eine eigenständige kommunalverfassungsrechtliche Regelung über die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eingeführt, verstanden als Chance zur Verbesserung der Lebensqualität in den Gemeinden. Das ist sehr wichtig. Partizipation, gesehen als Möglichkeit, den Mitgliedern einer Gemeinde, den Bewohnerinnen und Bewohnern eines Stadtteils ein lebenswerteres Umfeld zu schaffen, ist keine lästige Pflicht.
Die CDU hat dies offenbar nicht verstanden. Anders ist es nicht zu erklären, dass ihr Gesetzentwurf zur Kommunalverfassung eine Aufweichung der Beteiligungsregelung vorgesehen hat. Unsere Fraktion ist diesem Weg in die Beliebigkeit selbstverständlich nicht gefolgt, sondern hat dem Beteiligungsverfahren ein besseres Fundament gesichert.
Kinder und Jugendliche werden nicht an kommunalen Planungs- und Gestaltungsprozessen beteiligt, weil sie besonders kreativ, demokratisch und kompetent sind - das sind sie zwar manchmal -, sie müssen beteiligt werden, weil es schlicht ihr selbstverständliches Recht als Einwohnerin und Einwohner der Gemein
den in Schleswig-Holstein ist, ihre besonderen Interessen zu vertreten.
Diese Feststellung, entnommen einer schon älteren Veröffentlichung des Ministeriums zum Thema, ist zentrale Grundlage für alle Maßnahmen, die von Landesseite und in zahlreichen Kommunen entwickelt wurden und die im vorliegenden Bericht ausführlich dargestellt werden. Dieses selbstverständliche Recht fällt in den Eingangsbemerkungen des Berichtes leider unter den Tisch, hoffentlich deshalb, weil es denen, die tagtäglich mit dem Thema zu tun haben, tatsächlich zur nicht erwähnenswerten Selbstverständlichkeit geworden ist.
Ich möchte an dieser Stelle denen danken, die diesen Bericht zusammengestellt haben, und natürlich all denen, die vor Ort engagiert mit den Jugendlichen arbeiten. Der Name eines Wegbereiters darf an dieser Stelle jedoch nicht fehlen: Der leider verstorbene Dieter Tiemann hat das auf den Weg gebracht, was in diesem Bericht als Stand der Partizipation in Schleswig-Holstein zusammengefasst ist.
Bemerkenswert, wenn für mich auch nicht ausgesprochen überraschend, ist die kritische Würdigung gremienorientierter Beteiligungsformen. Der Bericht weist auf Schwachstellen in der Beteiligungswirkung hin. Ich beziehe mich dabei in erster Linie auf die Kinder- und Jugendparlamente, deren Existenz häufig gleichgesetzt wird mit der Sicherstellung von Beteiligung. Aber Partizipation ist kein Selbstgänger.
Es hat sich gezeigt, dass das Überstülpen von formalisierten Erwachsenenstrukturen auf Kinder und Jugendliche nicht sinnvoll ist. Die Einrichtung von Beiräten, Parlamenten - wie auch immer man das nennen mag - kann funktionieren. Oftmals sind es aber auch totgeborene Kinder, die werbewirksam aufbereitet werden, aber nicht die nötige Akzeptanz der Erwachsenen genießen, daher wenig Ergebnisorientierung bieten, und keine repräsentative Beteiligung der sehr verschiedenen Gruppen von Kindern und Jugendlichen sicherstellen. Dabei möchte ich betonen, dass ich nicht die Bereitschaft der Vertreterinnen und Vertreter in den politischen Gremien infrage stelle, nicht die Bereitschaft, aber oftmals das nötige Wissen, um angemessene Formen der Beteiligung zu finden.
Daher ist es folgerichtig, die Instrumente der Information und Hilfestellung zu verstärken, und es ist nötig, andere Akzente zu setzen im Sinne erhöhter Anstren
gungen, nicht nur die Kommunalpolitik, sondern auch die Jugendlichen über ihre Rechte zu informieren.
Wenn wir die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wollen, dann müssen wir sie auch in die Lage versetzen, sich beteiligen zu können. Umfangreiche Materialien über erfolgreiche Projekte liegen vor, bis hin zu genauen Handlungsleitfäden und Checklisten für die Durchführung von Veranstaltungen. Moderationskräfte können Gemeinden unterstützen. Diejenigen, die phantasievolle und sinnvolle Beteiligungsstrukturen aufgebaut haben - es gibt einige Bürgermeister, die sich da ganz besonders hervortun -, sind für gewöhnlich ausgesprochen euphorisch und berichten gern über Möglichkeiten und vor allem auch Chancen der Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen als Experten in eigener Sache.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines vorweg: Wir werden den vorliegenden Antrag nicht ablehnen, wobei ich zugebe, dass ich geneigt war, so zu verfahren. Wir werden nicht ablehnen, weil das Thema dringend diskutiert werden muss. Wir beantragen daher Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung an den Sozialund Bildungsausschuss.
Der vorliegende Antrag hebt eingangs hervor, dass präventive Maßnahmen eine besondere Bedeutung bei der Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität haben, und in ihrem Beitrag sind auch einige Punkte genannt, wobei sie jedoch nicht den Anspruch erfüllen, besonders neu zu sein. Die erhobenen Forderungen haben einen deutlich repressiven Schwerpunkt: Ausweisung ausländischer, noch nicht strafmündiger Kinder und deren Eltern, Verhängung weiterer Ordnungsmittel an Schulen, Verschärfung im Umgang mit Heranwachsenden, Einführung eines Einstiegsarrestes oder geschlossene Heimunterbringung - wohlgemerkt außerhalb von Strafverfahren im Rahmen der Jugendhilfe. Die SPD-Fraktion siedelt dieses Thema eindeutig im Bereich der Jugendpolitik an.
Die Schwerpunktsetzung der CDU ist entlarvend und zeigt deutlich, dass die Auseinandersetzung mit den Ursachen nur am Rande gewollt ist und dass der Strafe Vorrang vor der Erziehung eingeräumt wird. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass der jugendpolitische Sprecher, dem ich in derartigen Fragen mehr Kompetenz zugestehen möchte, nicht Mitunterzeichner des Antrags ist.
Wenn wir uns über Wertewandel, Werteverlust und Wertevermittlung unterhalten, so kann ich nur sagen: Die Grundhaltung, die in den Äußerungen und Veröffentlichungen der CDU zum Ausdruck kommt, zählt nicht zu den Werten, die ich den Jugendlichen vermitteln möchte.
Da ist die Rede von einer Strategie der Nulltoleranz. Man kann Zitate lesen wie: „Wo Unordnung und Unrat geduldet wird, wächst der Nährboden für Kriminalität.“
Und, nicht wahr, Jörn, natürlich muss man jugendlichen Straftätern erst einmal ordentlich etwas auf die Finger geben. So viel zum Thema Gewalt in der Erziehung. Herr Wadephul, offenbar geht es Ihnen nicht um die Bekämpfung der Jugendkriminalität, sondern um die Bekämpfung der Jugendlichen.
Ich erhoffe mir von den Ausschussberatungen, dass Sie sich intensiver mit der Materie auseinander setzen. Vielleicht fragen Sie auch einmal jemanden, der etwas davon versteht.
- Nein, ich verweise in diesem Zusammenhang auf kompetente Partner. Ich zitiere vom deutschen Jugendgerichtstag 2001:
„Populistische Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts und der Ruf nach härteren Urteilen entsprechen zwar vielfach Alltagstheorien, sie stehen aber im Widerspruch zu sämtlichen wissenschaftlichen Befunden und praktischen Erfahrungen. Sie sind kontraproduktiv und werden die Probleme lediglich verschärfen. Nicht ein Mehr an Repression, sondern ein Mehr an Prävention ist erforderlich.“
Das ist ein sehr deutliches Wort der Fachleute. Die Schwierigkeiten junger Menschen werden erst deutlich, wenn die Blickrichtung gewechselt wird und die Jugend aus der Sicht der Jugendlichen betrachtet wird.
Das ist vielleicht ein etwas unbequemer Weg, aber es ist ein notwendiger Weg. Im Umgang mit straffälligen Jugendlichen steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Strafen sind auch im bestehenden Recht vorgesehen. Gerade das von Ihnen geforderte schnelle Verfahren wird in Schleswig-Holstein durchgeführt. Wenn Strafen jedoch in erster Linie repressiv eingesetzt werden, ich erinnere an Ihre von mir eingangs zitierten Äußerungen, ist keine nachhaltige Erzie
hungswirkung zu erreichen. Die Strafe hat dann bestenfalls oberflächliche, konformistische Anpassungsbereitschaft zur Folge. Das kann nicht unser jugendpolitisches Ziel sein.
Auch die durch den Einsatz von Strafe gewollte Abschreckungswirkung ist längst nicht so hoch, wie viele geneigt sind anzunehmen. Von daher geht der Antrag der CDU in weiten Teilen in eine falsche Richtung. Die erfolgreiche Bekämpfung der Jugendkriminalität muss bei den Ursachen ansetzen. Wenn wir allerdings zu den sozialen Konflikten vorstoßen wollen, die hinter den Kriminalitätsphänomenen stekken, helfen uns oberflächliche Behauptungen selbst ernannter Experten nicht weiter. Der vorliegende Antrag stellt vermeintliche Ursachen der Jugendkriminalität als Tatsachen in den Raum. Dem werden wir als Fraktion sicherlich nicht folgen. Wir sind gegen eine Verschärfung des Jugendstrafrechts. Wir sind gegen eine weit gehende Herausnahme der Heranwachsenden aus dem Geltungsbereich des Jugendgerichtsgesetzes. Grundlagen für die Forderungen der CDU sind unserer Meinung nach nicht gegeben. Wie gesagt: Wir wollen das Thema sachlich und ausführlich im Ausschuss behandeln. Es eignet sich nicht für parteipolitische Polemik. Ich denke, unsere Jugendlichen sollten uns mehr wert sein.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Torsten Geerdts, es ist offenbar nicht auf den ersten Blick erkennbar, welcher Zusammenhang zwischen den Angeboten, die Sie hier aufgeführt haben, oder beispielsweise einem Beachwork-Projekt, einem Unternehmensplanspiel und dem Thema des Berichts „Prävention von Rechtsextremismus bei Kindern und Jugendlichen“ besteht. Lieber Kollege, ich habe das Gefühl, dass Sie den Bericht gar nicht gelesen haben, denn offenbar ist Ihnen die Intention der Primärprävention entgangen. Das finde ich sehr schade. Es wäre schön, wenn Sie sich nicht nur in irgendwelchen Appellen an die Kinder- und Jugendbeauftragte wendeten, sich im Landtag zu Wort zu melden, sondern wenn auch Sie sich, wie es die Kinder- und Jugendbeauftragte macht, von Zeit zu Zeit mit Kindern und Jugendlichen unterhielten. Das wäre sehr hilfreich.
Der Bericht stellt diesen Zusammenhang, den ich angesprochen habe, her und richtet das Augenmerk auf einen sehr nachvollziehbaren Ansatz von vorbeugenden Maßnahmen. Die jugendpolitische Zielsetzung präventiver Ansätze kann sich nicht auf die Bekämpfung des Phänomens Rechtsextremismus in scheinbar besonders gefährdeten Gruppen beschränken. Es geht vielmehr darum, sich mit den Ursachen von Gewalt, mit den Ursachen für die Attraktivität, die rechte Gruppierungen für Jugendliche haben, auseinander zu setzen. Es geht darum, die Präventivmaßnahmen zu Beginn dieser Ursachenkette zu verstärken und zu etablieren.
Herr Wadephul, natürlich sind gewaltbereite Jugendliche ein Problem, nicht nur im rechtsextremen Spektrum, und natürlich heißt Prävention gegen rechte Gewalt auch Prävention gegen Gewaltbereitschaft überhaupt. Das ist die Natur des primärpräventiven Ansatzes. Das hat Frau Fröhlich gestern schon angesprochen. Herr Wadephul, es reicht nicht, Forderungen zu formulieren, die die Wertevermittlung innerhalb der Familie in den Mittelpunkt rücken, ohne Ansätze zu bieten, wie dies wirkungsvoll umzusetzen ist. Die Bereitstellung von Geldern reicht da nicht.
Wenn Sie das glauben, kennen Sie die Realität in vielen Familien nicht. Gerade im Umgang mit Kindern kommen wir mit pathetischer Polemik nicht weiter.
Von Zeit zu Zeit lösen Berichte über jugendliche Gewalttaten immer wieder hektische Reaktionen aus. Das Augenmerk von Angeboten, von Aktionen richtet sich auf Jugendliche, denen bereits ein gewisses Gefährdungspotenzial zuzuordnen ist oder die dem gewaltbereiten rechtsextremen Spektrum eindeutig zugewiesen werden können.
Sicherlich ist es wichtig, Zeichen gegen rechtsextreme Gewalt zu setzen. Es ist wichtig, Solidarität zu bekunden mit unseren ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, mit den Opfern rechter Gewalt. Öffentlichkeitswirksame Aktionen geben unserer demokratischen Haltung einen festen Ort und setzen Zeichen, auch gegenüber dem Ausland, wo die Entwicklungen in Deutschland sehr genau beobachtet werden. Und gerade Jugendliche haben sich in Schleswig-Holstein
mit Aktionen hervorgetan. Ich erinnere an die Aktion „Schüler gegen rechte Gewalt“ vor ziemlich genau einem Jahr.
Der wirkungsvolle Kampf gegen den Rechtsextremismus findet zu einem nicht unerheblichen Teil jedoch im Stillen statt, sicherlich auch in der Familie. Der im Bericht hervorgehobene primärpräventive Ansatz beschreibt dies sehr deutlich. Es ist unumgänglich wenn vielleicht auch weniger öffentlichkeitswirksam -, neben punktuellen Aktionen ein breites Maßnahmenbündel vorzuhalten, das sich an alle Kinder und Jugendliche wendet, das eine kontinuierliche Kinder- und Jugendarbeit garantiert. Neben den im Bericht genannten Projekten spielen die zahlreichen Angebote von Vereinen, von Verbänden, von vielen Akteuren im Lande eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, wenn wir uns auf die Suche nach den Ursachen rechtsextremer Gesinnung begeben. Das Deutsche Jugendinstitut als, wie ich denke, anerkannte Kapazität im Bereich der Jugendforschung hat sich - auch das ist gestern schon angesprochen worden - mit diesem Thema beschäftigt. Ergebnisse aktueller Untersuchungen werden im vorliegenden Bericht zitiert und unterstützen den Ansatz des Ministeriums.
Die sozioökonomischen Lebensumstände geben keinen eindeutigen Anhaltspunkt für Gefährdungspotenziale. Wo können die Maßnahmen also ansetzen? Die emotionalen Wurzeln von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt sind nur schwer greifbar. Das Ziel - dies kommt in den Untersuchungen eindeutig zum Ausdruck - muss in jedem Fall sein, grundsätzlich alle Kinder und Jugendlichen zu stärken und zu festigen „Lebenskompetenzförderung“ ist das Stichwort im Bericht. Hinter Ausländerfeindlichkeit versteckt sich häufig allgemeine Menschenscheu und Menschenfeindlichkeit; dies ist eine zentrale Aussage der angesprochenen Untersuchung. Das Fremde wird zur Bedrohung. Auch die Bedeutung von Cliquen ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Sie werden als Orte der Solidarität, der sozialen Heimat und damit der Sicherheit empfunden. Eine Reihe von Angeboten tragen diesem Umstand Rechnung. Sie wenden sich an eine Altersgruppe, die auf der Suche nach Freundeskreisen ist, und bieten Orientierung.
Schnellschüsse sind in der Kinder- und Jugendarbeit immer fehl am Platze. Daher sollten wir gerade mit diesem Thema, das zu Schnellschüssen verleiten mag, sehr sensibel umgehen. Wir bauen auf eine breit angelegte Präventionsarbeit, die frühzeitig ansetzt und die allen Kindern die Chance bietet, sich zu selbstbewussten Persönlichkeiten zu entwickeln, die im Frem
den keine Bedrohung sehen, sondern die Chance zur Bereicherung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Im vergangenen Jahr legte das Wirtschaftsministerium den Bericht zur Stärkung und Stabilisierung des Wirt
schaftsstandortes Schleswig-Holstein durch ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger vor. Wir haben hier im Landtag und in den beteiligten Ausschüssen ausgiebig darüber diskutiert. Einige Punkte verdienen es nochmals hervorgehoben zu werden und geben Anlass für weitere Initiativen. Daher der vorliegende Antrag.
Die zuständigen Ministerien - hervorzuheben sind die Bereiche Wirtschaft und Bildung - sind bereits aktiv geworden. Der Bericht beschreibt neben den Leistungen, die Ausländerinnen und Ausländer für die schleswig-holsteinische Wirtschaft erbringen, auch eine Reihe von Feldern, in denen noch dringender Handlungsbedarf besteht.
Wir halten dieses Thema für zu wichtig, als dass sich das Parlament mit einer reinen Kenntnisnahme des Berichtes begnügen sollte. Wir wollen weitere Initiativen auf den Weg bringen, um damit auch der Kritik zu begegnen, dass die Leistungen ausländischer Bürgerinnen und Bürger in der Öffentlichkeit zu wenig Aufmerksamkeit erhalten.
Gerade vor dem Hintergrund der Debatten zum Thema Fremdenfeindlichkeit kommt es darauf an, die Chancen der multikulturellen Gesellschaft zu erkennen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass wir den ausländischen Jugendlichen, den Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Steine aus dem Weg räumen müssen, die integrative Prozesse behindern.
Dabei handelt es sich in großen Teilen nicht um Gäste auf Zeit. Auch in Schleswig-Holstein wächst die Zahl der ausländischen Selbstständigen. Der Aufbau einer selbstständigen Existenz dokumentiert am deutlichsten eine enge Verbundenheit mit dem Wohn- und Arbeitsort. Auch Deutsche und Beschäftigte anderer Nationalitäten profitieren von diesen Unternehmensgründungen.
Aus der selbstständigen Tätigkeit ergibt sich aber auch eine stärkere gesellschaftliche Verantwortung, zum Beispiel im Bereitstellen von Arbeits-, vor allem aber auch von Ausbildungsplätzen. Eine Studie des Zentrums für Türkeistudien hat ergeben: Türkische Unternehmen schaffen viele Arbeitsplätze, bilden aber wenige Lehrlinge aus, weil ihnen das deutsche Ausbildungssystem nicht vertraut ist. Unser Antrag trägt diesem Umstand Rechnung.
Die Scheu, sich auf das deutsche System der Berufsausbildung einzulassen, kann durch gezielte Information abgebaut werden. Wir begrüßen ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein und halten einen Ausbau der erfolgreichen Initiativen für dringend erforderlich. Wir sehen dies sowohl unter dem Aspekt einer besseren Integra
tion als auch unter dem nicht unerheblichen Gesichtspunkt einer höheren Akzeptanz ausländischer Betriebe in der breiten Öffentlichkeit. Gleichzeitig geht es natürlich um die Zukunftschancen der Unternehmen, die schließlich qualifiziertes Personal zur Sicherung des Betriebes benötigen. Die Ausbildung ausländischer Jugendlicher, die Weiterbildung und die erleichterte Anerkennung von Qualifikationen bilden die andere Seite eines auch wirtschaftspolitisch motivierten Integrationsprozesses.
Der vorliegende Bericht macht deutlich, dass ausländische Jugendliche in der beruflichen Ausbildung in Schleswig-Holsteins Betrieben unterrepräsentiert sind. Junge Migrantinnen und Migranten müssen genau wie ihre Eltern über die Möglichkeiten und - ganz wichtig - über die Bedeutung der beruflichen Bildung in Kenntnis gesetzt werden. Auch einer gerade in dieser Bevölkerungsgruppe verbreitete Skepsis gegenüber zukunftsträchtigen Ausbildungsberufen in den neuen Arbeitsfeldern muss dringend entgegenwirkt werden. Hier bietet sich der Rückgriff auf einschlägige Erfahrungen außer- beziehungsweise überbetrieblicher Ausund Weiterbildungsträger in der Arbeit mit Migrantinnen und Migranten an. Gleichzeitig müssen gegenüber deutschen Betrieben die interkulturellen Kompetenzen deutlich herausgestellt werden, die die bei uns lebenden ausländischen Bürgerinnen und Bürger mitbringen.
Diese Kompetenzen sind ein Wettbewerbsvorteil, der auf dem globalen Markt genutzt werden kann.
Die in unserem Antrag aufgeführten Punkte unterstützen die angesprochenen Vorhaben und wir bitten um Zustimmung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr de Jager, eine Bemerkung vorweg: Wir diskutieren über das Thema der Vernetzung von Schule und Jugendhilfe, Jugendhilfe, die zurzeit zum großen Teil auch ehrenamtlich organisiert ist. Ich denke, dabei wollen wir auch bleiben.
Der vorliegende Bericht über die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe bestätigt im Wesentlichen das, was wir als SPD-Fraktion in den Gesprächen und Veranstaltungen zu diesem Thema mit Elterninitiativen, Schulen und anderen Fachleuten erfahren haben. Die positiven Erfahrungen von Kooperation, aber auch die Schwierigkeiten und Hemmnisse in der Zusammenarbeit bislang weitgehend getrennter Bereiche haben uns bereits in der Diskussion über die Einbringung des Berichtsantrages beschäftigt.
Grundsätzlich begrüße ich es sehr, dass sich der Bericht nicht an den Problemen, sondern an den Chancen orientiert, die eine stärkere Vernetzung von Schule und Jugendhilfe bieten können.
Die Beispiele gut funktionierender Projekte, die systematisch aufgearbeitete Darstellung der unterschiedlichen möglichen Handlungsfelder bieten eine gute Grundlage für die Initiierung weiterer Kooperationen. Dieser positive Ansatz des Berichtes schließt natürlich nicht aus, auf der Grundlage von Erfahrungen Störungen und Hemmnisse zu benennen und Möglichkeiten zu deren Überwindung zu suchen.
Im Rahmen der Auswertung bisheriger Projekte wurden als zentrale Probleme, die in engem Zusammenhang stehen, die finanzielle Ausstattung und die mangelnde personelle Kontinuität genannt. Welchen Beitrag können wir leisten, um hier Abhilfe zu schaffen? Wir wissen alle, dass weder Kommunen und Kreise noch das Land zusätzliche Mittel in entscheidender Höhe für freiwillige Leistungen zur Verfügung stellen können. Auf der anderen Seite steigen die Ausgaben im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Handlungsbedarf ist also dringend gegeben. Unrealistische Forderungen helfen uns jedoch nicht weiter. Es geht vielmehr darum - das gilt sowohl für die Landesebene als auch für die
kommunale Ebene -, vorhandene Töpfe so zu nutzen, dass den aktuellen Problemen und den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung getragen wird.
Phantasievolle Ansätze, neue Strukturen und ein hohes Maß an Engagement sind in Schleswig-Holstein vorhanden. Darauf können wir aufbauen. Hier ist bereits in der Vergangenheit versucht worden, durch gezielten innovativen Einsatz gegebener Kapazitäten Jugendund Bildungsarbeit zu entstauben. Dies ist in vielen Fällen mit Erfolg gelungen. Daher noch einmal ein Dank an alle, die sich zum Teil auch ehrenamtlich eingesetzt haben. Durch diese Vorarbeit ist eine Sammlung von Beispielen zustande gekommen, die in diesem Bericht zusammengefasst - Praxisleitfaden für andere sein kann.
Bevor wir jedoch Appelle an die Kommunen richten, die in erster Linie gefragt sein werden, wenn es um die Finanzierung geht, sollten wir von Landesseite ein Zeichen setzen. Ich gehe mit der Erwartung in die Ausschussberatungen, dort Informationen darüber zu erhalten, wie vorhandene Mittel aus den verschiedenen Ministerien, aber auch zum Beispiel Mittel der Arbeitsverwaltung gebündelt werden können.
Bestehende und künftige Projekte sind sehr unterschiedlich gestrickt. Wie können auf den Einzelfall zugeschnittene Pakete geschnürt werden? Wir brauchen keine neuen Förderrichtlinien, sondern Flexibilität bei der Verwaltung bestehender Förderungen. Inwieweit können andere Finanzierungsquellen, zum Beispiel Stiftungsgelder, für andere Projekte herangezogen werden? Können Unternehmen zu Kooperationen - nicht nur finanzieller Art - bewegt werden? Das Interesse der Wirtschaft dokumentiert sich bereits in der Beteiligung von Firmen und Kammern an Projekten, denn letztlich profitiert auch die Wirtschaft von einer Jugend, die vielseitig interessiert, engagiert und damit gut vorbereitet auf eine erfolgreiche berufliche Zukunft ist.
Wenn sich aus der Auswertung der bisherigen Projekte die Forderung ergibt, die finanziellen Möglichkeiten zu verbessern, so geht das Hand in Hand mit der Forderung, die in unserem Antrag formuliert wurde: Die Schaffung einer zentralen Stelle, die genau dies leisten soll, passgenaue Förderung unter Ausnutzung vorhandener Möglichkeiten zu entwickeln und von außen eindeutig erkennbare und einzige Anlaufstelle zu sein. Die fachliche Beratung ist nach meiner Ansicht auf dieser Ebene zweitrangig.
Meiner Meinung nach leistet das in dem Bericht genannte Koordinierungsgremium dies nicht. Mir fehlt hier der pragmatische, an den Bedürfnissen des Ehrenamtes ausgerichtete Ansatz. Die Forderung nach Koordinierungsstellen, die auf Kreisebene angesiedelt sind, kann von unserer Seite aus nur eine Empfehlung sein. Wünschenswert ist so eine Stelle sicherlich. Die Umfrage hat es ergeben. Hier geht es nicht nur um Koordinierung und Aktivierung der Handelnden, sondern auch um fachliche Unterstützung und Moderation, um Hemmnisse vor Ort zu überwinden.
Anhaltspunkt für die Arbeit vor Ort kann sicherlich die Musterzielvereinbarung bieten, in der zum Beispiel Kritikpunkte aufgegriffen werden, die immer wieder genannt werden. Gefordert wird zum Beispiel die Einführung einer gewissen Durchlässigkeit zwischen Schul- und Jugendämtern und die Einbeziehung des jeweils anderen Fachbereichs in Ausschusssitzungen.
Eine Überprüfung der rechtlichen Absicherung solcher Konstruktionen sieht der Bericht vor. In Bezug auf die Bundesgesetzgebung geht mir die angedachte Überprüfung jedoch nicht weit genug. Es kann nicht nur darum gehen, das SGB VIII daraufhin zu überprüfen, inwieweit Schulen verbindlich in die individuelle Hilfeplanung einzubeziehen sind. Die Frage nach Modifizierung der Hilfen zur Erziehung ist in diesem Bericht nicht gestellt worden. Ich würde dieses Thema im Ausschuss gern vertiefend diskutieren. In Gesprächen, die Teile unserer Fraktion bereits in Vorbereitung des Antrags mit Vertretern der kommunalen Landesverbände geführt haben, ist klar zum Ausdruck gekommen, dass diesem Thema von kommunaler Seite hohe Priorität eingeräumt wird. Schnelle, praxisnahe Handreichungen, sowohl was den organisatorischen als auch den finanziellen Rahmen betrifft, sind gewünscht.
Die Bereitschaft zur konstruktiven Begleitung unserer zukünftigen Beratungen kommt auch im vorliegenden Bericht zum Ausdruck. Das wurde bereits angesprochen. Um zu einem Leitfaden für die Praxis zu kommen, sind sicherlich noch einige Punkte des Berichts präziser zu fassen. Die ausführliche und systematisch gut aufbereitete Darstellung von Kooperationsfeldern und die vorliegende Auswertung bestehender Projekte bilden eine verlässliche Grundlage. Ich freue mich auf konstruktive Beratungen in den betroffenen Ausschüssen und beantrage Überweisung an den Sozial- und an den Bildungsausschuss zur weiteren Beratung. Die Federführung sollte beim Sozialausschuss liegen, aber ich denke, auch der Bildungsausschuss wird sich ausführlich damit befassen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auf die Frage, was sie beruflich machen wollen, antwortet eine Fünfjährige: „Pilotin, Lehrerin, Walschützerin“,
eine Zehnjährige: „Pferdezüchterin, Erzieherin, Feuerwehrfrau“, und eine Fünfzehnjährige: „Verkäuferin, Bürokauffrau, Arzthelferin“.
Diese Aussagen machen deutlich, was auch andere Forschungsergebnisse bestätigen: Nahezu alle Mädchen haben bis zu einem Alter von elf Jahren ein solides und klares Selbstvertrauen. Dies verliert sich zum Teil in der darauf folgenden Zeit mit entsprechenden Auswirkungen auf das Berufswahlverhalten. Das gilt natürlich nicht nur für Mädchen.
Sowohl Mädchen als auch Jungen haben den starken Wunsch, über den Beruf die Geschlechtsidentität zu stärken. Die Wahl eines eher geschlechtsuntypischen Berufes bedarf einer sehr starken Interessenausprägung, der Fähigkeit, diese Wahl gegenüber Gleichaltrigen beziehungsweise der Familie zu vertreten, und der Bereitschaft, während der Ausbildung mit einer Minderheitenposition umgehen zu können.
Am Berufswahlverhalten von Mädchen hat sich innerhalb der vergangenen 20 Jahre nicht sehr viel verändert. Viele Mädchen ergreifen bis heute traditio
nelle Frauenberufe mit bekanntlich oft schlechten Zukunftsaussichten und Verdienstmöglichkeiten. Mädchen verknüpfen den Bereich der Berufsplanung weiterhin eng mit der Lebensplanung und beziehen Phasen der Familienarbeit automatisch in die eigene berufliche Perspektive mit ein. Sie berücksichtigen bei der Berufswahl Faktoren wie Möglichkeiten von Teilzeitarbeit und Wiedereinstieg nach einer Familienphase. Durch diese Doppelstrategien grenzen sie bestimmte Berufe und Karrierewege automatisch aus.
Kampagnen und Projekte, die das Berufswahlverhalten von Mädchen ändern wollten, konnten die Probleme nicht entscheidend lösen.
Dies zeigt ein Vergleich der Hitlisten der beliebtesten Berufe im Zeitablauf.
Wir müssen also umdenken. Der Daugther’s Day oder Girl’s Day bietet einen Ansatzpunkt, der sehr viel mehr als bisherige Projekte auf Öffentlichkeitswirkung setzt.
Der grundsätzliche Ansatz ist aber auch ein anderer als in der Vergangenheit. Es reicht offenbar nicht zu sagen: „Mädels - ihr könnt doch!“ Dass Mädchen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern und im handwerklichen Bereich hervorragende Leistungen bringen, ist - denke ich - unumstritten.
Wenn sie sich aber trotzdem bei der Berufswahl - ich verkürze das - auf den sozialen Bereich konzentrieren, dann müssen wir das erst einmal akzeptieren. Wir sollten dies als Ausgangspunkt für eine zukünftige Politik nehmen.
Wir müssen gemeinsam mit der Wirtschaft herausstellen, dass kommunikative Fähigkeiten, soziale Kompetenz, Teamfähigkeit auch in technischen Berufen einen hohen Stellenwert haben.
Wir müssen darstellen, dass die Interessen von Mädchen und zu einem Teil eben auch die mit dem Rollenverständnis verbundenen Erwartungen nicht im Widerspruch zu einem Beruf in vordergründigen Männerdomänen stehen, sondern dass vielfach das Gegenteil der Fall ist.
Der Girl’s Day oder Daugther’s Day kann hier einen positiven Beitrag leisten, unter anderem dadurch, dass er auf Vorbilder setzt, die einen Beitrag dazu leisten können, alte Klischees aufzubrechen.
Natürlich gibt es - wenn auch unterrepräsentiert - jede Menge Frauen, die zum Beispiel in technischen Berufen ausgezeichnete Arbeit leisten. Und - auch dieser Punkt ist nicht unerheblich - sie können auch Vorbild dafür sein, wie es gelingt, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu bewältigen.
Frau Aschmoneit-Lücke, die Idee des Daugther’s Day ist für Schleswig-Holstein nicht ganz neu, wenn auch unter anderer Bezeichnung,
Aus dem zuständigen Ministerium kommen Initiativen wie der Mädchen-Technik-Tag oder die erfolgreich durchgeführte Berufsinformationsmesse für Mädchen. Leider ist bisher das Interesse der Wirtschaft an einem Girl’s Day eher mau. Hier muss nachgebessert werden, natürlich auch was die Beseitigung bürokratischer Hemmnisse angeht.
Wir täten daher gut daran, uns aus Gründen der Öffentlichkeitswirksamkeit in Richtung der Unternehmen der bundesweiten Kampagne anzuschließen. Schließlich ist auch der Wirtschaft zu wünschen, dass sie sich das Potenzial motivierter und kompetenter junger Frauen erschließt.
Der nächste Girl’s Day startet am 25. April 2002 hoffentlich auch in Schleswig-Holstein mit gutem Erfolg. Die SPD-Fraktion unterstützt nachdrücklich den Antrag der FDP.
Wir sehen darin einen ersten Schritt für eine auf wirtschaftliche Unabhängigkeit angelegte und auf einem breiten Spektrum beruflicher Auswahlmöglichkeiten basierende Zukunft junger Frauen im 21. Jahrhundert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Lütkes hat zum Bericht des Ministeriums zur Landesjugendhilfeplanung vorgetragen. Es ist aber schon angeklungen, dass es sich bei diesem Bericht natürlich nicht um den Jugendhilfeplan beziehungsweise dessen Fortschreibung handelt, wie dieser im Jugendförderungsgesetz vorgesehen ist. Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, weil diese feinen Unterschiede vielleicht für diejenigen, die in dem Thema nicht so drin stecken, nicht auf den ersten Blick deutlich werden. Herr Kollege Geerdts, das hätten Sie eigentlich dem Bericht und auch der Formulierung unseres Antrages entnehmen können.
Der vorliegende Bericht folgt einem Auftrag des Landtages aus dem vergangenen Jahr und kann nur in Ansätzen das wiedergeben, was in den vergangenen Jahren in Form von Teilfachplänen vorgelegt wurde. Den gesetzlich vorgegebenen Prozessschritten - Bestandsfeststellung, Bedarfserhebung folgend, liegt in diesen Teilfachplänen umfangreiches Datenmaterial vor, das letztlich zur Maßnahmenplanung als letztem Planungsschritt geführt hat. Berichte zu den einzelnen Themenkomplexen - das wurde schon angedeutet - haben uns schon in den vergangenen Landtagssitzungen beschäftigt. Die Fachausschüsse und das Ministerium haben die Fachplanungen als Ausgangspunkt für politische Schwerpunkte genutzt.
Der Bericht zur Landesjugendhilfeplanung gibt eine Zusammenfassung der bisherigen Arbeit und bietet Ausblick auf die Planungen des Ministeriums. Wir sollten uns im Ausschuss allerdings Gedanken machen, in welcher Form wir uns zukünftig mit der Jugendhilfeplanung beschäftigen. Ich halte es für sinnvoll - das hat mir dieser Bericht gezeigt; die Ministerin hat es angedeutet -, dass wir uns, statt uns nur oberflächlich mit der gesamten Planung zu beschäftigen, zukünftig intensiver mit den Fachplanungen und dem Datenmaterial auseinander setzen, das diesen Planungen zugrunde liegt. Ich denke, das Ministerium wird dem Ausschuss gern auch in kürzeren Abständen über Einzelergebnisse informieren. Dort können wir sicherlich die Kritikpunkte, die hier angeklungen sind, weiterhin diskutieren. In diesem Sinne verzichte ich jetzt auf die inhaltliche Bewertung. Dazu werden wir im Ausschuss noch Zeit haben.
Ich möchte an dieser Stelle aber einen Appell an die Kreise und Kommunen richten. Die Jugendhilfeplanung des Landes fußt auf den Planungen der kommunalen Ebene. Diese Ergebnisse gehen aber leider nur zögerlich ein. Ich fordere dazu auf, die gesetzliche Verpflichtung zur Planung nicht als Order zu verstehen, die zusätzlichen Aufwand bedeutet. Sie ist Chance; eine Chance für eine gemeinsam abgestimmte zielgerichtete Jugendpolitik.
Wohlgemerkt: Jugendhilfeplanung heißt nicht, ein statisches Konzept zu entwickeln. Jugendhilfeplanung gewährleistet gerade in Zeiten knapper Mittel, durch fundierte Planung und permanente Fortschreibung flexible Lösungen zu entwickeln.
Nur mit ausreichenden Informationen können vorhandene Gelder dort eingesetzt werden, wo sie im Sinne und selbstverständlich unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen die größte Wirkung zeigen. Möglicherweise müssen wir uns am Ende einer Jugendhilfeplanung, am Ende dieses ganzen Prozesses, auch damit abfinden, dass die Gelder für Hilfen zur Erziehung steigen. Wir müssen die Gelder dann auch in diesem Sinne einsetzen.