Protocol of the Session on September 12, 2002

Ich erinnere an Folgendes. Der Deich in Lauenburg hätte verschiedenen Hochwasserereignissen der letzten 150 Jahre nicht Stand gehalten. Insofern reicht es eben nicht aus, über Klimaschutz und sonstige Visionen ganz global zu reden, sondern wir müssen über die Dinge vor Ort sprechen, was SchleswigHolstein angeht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es ist unerträglich, mit welcher Unverfrorenheit diese Katastrophe von Rot-Grün für die verschiedensten Ziele instrumentalisiert wird.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das geht vom Atomausstieg bis zum Hochwasserschutz. Kollege Steenblock fordert gleichzeitig weniger Verbrauch fossiler Energieträger. Das passt nicht.

(Dr. Christel Happach-Kasan)

Es geht um die Sicherung wertvoller Naturräume. Sie von Rot-Grün haben die Querung der Wakenitz beschlossen. Damit haben Sie die Querung eines wertvollen Naturschutzgebietes beschlossen. So steht es bei Ihnen also mit der Sicherung wertvoller Naturschutzräume.

Kollege Steenblock, Sie haben die Gesetze aufgezählt, denen weder die CDU noch die FDP zugestimmt hat. Ich greife einmal ein Beispiel heraus. Ihr Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung wurde von Minister Müller als „Pennergesetz“ bezeichnet. Mit diesem Gesetz werden im Wesentlichen drei Stadtwerke gefördert: Duisburg, Berlin und Mannheim. Das sind absolut veraltete Anlagen. Die haben mit Klimaschutz überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Minister Müller, Sie verschweigen, wie eindringlich sich der Bürgermeister von Lauenburg, Herr Albrecht, noch am 26. März an Sie gewandt hat, um eine Finanzierung der Maßnahme zu erreichen. Sie verschweigen auch, dass die wesentlichen Instrumente des Umwelt- und Naturschutzes von der FDP stammen.

(Lachen bei der SPD)

Das betrifft zum einen die Abwasserabgabe und es betrifft zum anderen auch das erfolgreichste Umweltgesetz, das wir in Deutschland überhaupt haben, nämlich das „Benzin-Blei“-Gesetz. Auch an diesem haben Sie keinen Anteil. Weiter nenne ich die Großfeuerungsanlagenverordnung, die uns reine Luft beschert, weiter die Einrichtung des Umweltbundesamts, mit dem Sie ebenfalls nichts zu tun haben.

Ich sage noch einmal: Was den Klimaschutz betrifft, so stammen die ersten Vorschläge für eine wirklich effektive Ökosteuer von der FDP. Sie sind aber auch bei der CDU erdacht worden.

(Lachen bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben noch nicht einmal gut abschreiben können und haben es nicht geschafft,

(Beifall bei FDP und CDU)

den Schadstoffausstoß zum Maßstab zu nehmen. Denken Sie nur daran, dass Strom aus Importkohle nicht von der Ökosteuer -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es ist zu laut.

- belastet wird. Ich finde es ziemlich

(Konrad Nabel [SPD]: Ziemlich daneben! - Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Ziemlich da- neben!)

- ja, - daneben, was ihr da macht. - Danke, Fritz Wodarz!

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann nur sagen: Haseldorfer Marsch!)

- Danke schön. Das ist die letzte Rechnung, ich weiß. Einen Fehler habe ich gemacht; bei den vielen, die Sie gemacht haben, muss man das ertragen können.

(Beifall bei FDP, CDU und der Abgeordne- ten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für all diejenigen, die den Klimaschutz nicht auf der Tagesordnung haben, mag das Elbhochwasser ein böses Erwachen bedeutet haben. Doch unabhängig vom Elbhochwasser, das gerade nicht den Vorhersagen der gängigen Klimamodelle entspricht - diese sagen Hochwasser im Frühjahr und Trockenheit im Sommer vorher -, darf die Diskussion um den globalen Klimaschutz nicht den Blick auf lokal erforderliche Maßnahmen verstellen.

Deshalb ist der Lauenburger Elbdeich ein wichtiges Thema. Der Deich schützt ein Industriegebiet, in dem 23 Betriebe ansässig sind, die 1.000 Arbeitnehmer beschäftigen. Man mag die Entscheidung des Landes, dieses Industriegebiet zu genehmigen, bedauern; jetzt erfordern die privaten wie auch öffentlichen Investitionen in dieses Gebiet, es dauerhaft zu schützen. Wir können das Rad nicht zurückdrehen.

Der Lauenburger Elbdeich wurde gehalten, weil genügend Zeit war, sich auf das Hochwasser vorzubereiten. Eine 6 m breite Deichverteidigungsstraße wurde gebaut, denn die alte lag am Außendeich und war längst überflutet. 2 Millionen Sandsäcke haben den Elbdeich stabilisiert. 68.000 t Sand wurden in zwei Tagen verbaut. 2.000 Arbeitskräfte waren im Einsatz.

Diesen Einsatzkräften zu danken, dient unsere Resolution. Ich will den Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün deutlich sagen: Ihre Resolution wird dieser Aufgabe, den Menschen, die sich dort engagiert haben, zu danken, nicht gerecht. Sie verbinden einen müden Dank mit Eigenlob und Lobhudelei für sich selber. Das ist nicht zu ertragen.

(Beifall bei FDP und CDU)

(Dr. Christel Happach-Kasan)

Bereits 1997 hat der zuständige Wasser- und Bodenverband den Neubau des Deiches beantragt. 1997 hat die Oderflut die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Sicherheit der Hochwasserschutzdeiche gelenkt. Nur das Land Schleswig-Holstein fühlte sich nicht angesprochen. Das Land Niedersachsen verstärkte und erhöhte 1998 den Elbdeich gegenüber Lauenburg. Das Land Schleswig-Holstein wusch seine Hände weiter in Unschuld und führte in Beantwortung meiner Kleinen Anfrage aus: „Bei extremen Wasserständen käme es zuerst zur Überflutung dieses Deiches.“ - Trotzdem kein Handlungsbedarf!

Zwei Sachverhalte haben erkennbar die Erneuerung des Deiches verzögert.

Erstens. Der Naturschutz meinte, die Erneuerung des Deiches für eine Rückverlagerung des Deiches nutzen zu können. Von Anfang an sprach jedoch die Lage des Klärwerks direkt hinter dem Deich dagegen. Eine Notwendigkeit, das Klärwerk zu verlagern, war nie gegeben. Es hat während der gesamten Dauer des Hochwassers funktioniert. Es musste nie ausgeschaltet werden. Der Naturschutz hat nun zu verantworten, dass durch seine Verweigerungshaltung die Natur durch die Maßnahmen zum Schutz des Deiches sehr viel mehr belastet wurde,

(Beifall bei FDP und CDU)

als es durch die rechtzeitige Erneuerung des Deiches geschehen wäre. Zum Beispiel ist der Standort der Brenndolde - Sie erinnern sich: Brenndolde! -, der die Erweiterung des Industriegebietes verhindert hat, vernichtet. Es stellt sich weiter die Frage, ob es sinnvoll ist, dass die mit Landesmitteln angesiedelten Betriebe vom Land daran gehindert werden, sich zu erweitern, weil die angrenzenden Flächen mit Landesmitteln für die Stiftung „Naturschutz“ aufgekauft werden und somit für die Erweiterung der Betriebe nicht zur Verfügung stehen.

(Zuruf des Abgeordneten Friedrich-Carl Wo- darz [SPD])

Zweitens nenne ich das Hickhack um die Finanzierung der Maßnahmen. „Andere Länder, andere Deiche“, lautet eine Zwischenüberschrift in einem Beitrag der „Zeit“. Der Blick von der Elbbrücke bei Lauenburg zeigte die Wahrheit dieser Aussage: Auf dem niedersächsischen Elbdeich grasten Schafe, während der Lauenburger Elbdeich aussah wie von Christo verpackt.

Warum ist es denn in Niedersachsen gelungen, die Deiche zu erneuern?

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.

Es ist gelungen, sie zu erneuern, weil sie ein besseres Gesetz haben.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt ja nicht! Sie hatten viel größere Probleme!)

Das Deichgesetz in Niedersachsen ist wesentlich sachgerechter als unser Gesetz.

(Beifall bei FDP und CDU)

Deswegen schlagen wir vor, uns an den Niedersachsen zu orientieren. Die Praxis zeigt: Das niedersächsische Deichgesetz ist in der Lage, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass Deichbaumaßnahmen finanziert werden und nicht ein solch unwürdiges Hickhack stattfindet, wie es hier im Land Schleswig-Holstein geschehen ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es gibt eine Reihe von Kurzbeiträgen, die ich der Geschäftsordnung zufolge aufzurufen habe. - Zu einem Kurzbeitrag erhält Herr Abgeordneter Greve das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine grundsätzliche Bemerkung und eine Forderung sind der Inhalt meiner kurzen Ausführungen.

Niemand hier im Haus stellt die Notwendigkeit in Frage, dass Klimaschutz gefördert und entwickelt und Rücksicht auf die Natur der Flussläufe genommen werden muss. Darüber sind wir uns alle einig. Was mir hier bisher in der Debatte nicht zum Tragen kam, war die Tatsache, dass die Natur ihre eigenen Gesetze hat, die von Menschen nur sehr begrenzt beeinflusst werden können.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: So genannte Natur- gesetze!)