Außer der Debatte über diese Maßnahmen brauchen wir eine neue Diskussion in unserem Land über Gerechtigkeit und Chancengleichheit und damit über die notwendigen Einnahmen des Staates. Wer jetzt im Wahlkampf weitere Steuersenkungen verspricht, belügt die Bürgerinnen und Bürger.
„Wir sind doch keine Weihnachtsmänner“, sagte Lothar Späth. Damit meinte er wohl Stoiber, Merz und Merkel, welche riesige Steuerentlastungen bei gleichzeitiger Einführung eines Familiengeldes versprechen, oder er meinte Herrn Wadephul mit seinen weiteren Versprechen für mehr Polizei oder er meinte Herrn Jensen-Nissen mit seinem Versprechen für mehr Mittel für die Landwirtschaftskammer und so weiter. Herr Späth warnt zu Recht, denn die CDU kann nicht mit Geld umgehen.
Schauen wir nach Hamburg oder Hessen: Kaum stellt die CDU die Regierung, schnellt die Verschuldung noch im laufenden Haushaltsjahr in die Höhe. Im Bund ist die Nettoneuverschuldung erst gesunken, seitdem wir die CDU abgelöst haben.
- In einem TV-Interview - Herr Schlie, schauen Sie ab und zu einmal fern; da können Sie etwas lernen - lobte Herr Späth die rot-grüne Steuerreform als richtigen Schritt in die richtige Richtung. Auch Herr Stoiber akzeptiert inzwischen unsere Ökosteuer. Was wollen wir denn mehr?
Meine Fraktion wird dafür streiten, dass sich die Einnahmen der Länder und der Kommunen wieder verbessern. Wir haben im Wahlprogramm dazu etwas gesagt, zum Ehegattensplitting, zur Reform der Erbschaftsteuer und zu anderen Punkten.
Eine Opposition lebt vom Angriff. Das haben Sie heute getan. Eine Regierung lebt von klugen Entscheidungen. Diese wünsche ich der rot-grünen Landesregierung für ihren Haushaltsentwurf 2003.
Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich der Sprecherin, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Steuerschätzung vom Mai hat wieder einmal dazu geführt, dass die Landesregierung die zu erwartenden Steuereinnahmen nach unten korrigieren musste. Das wissen wir.
So hat die regionalisierte Steuerschätzung allein für das Haushaltsjahr 2002 eine Abweichung von der vorherigen Steuerschätzung in Höhe von 155 Millionen € ergeben.
Auch für 2003 wird mit Steuermindereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe gerechnet. Deshalb hat der Finanzminister richtigerweise sofort eine Haushaltssperre erlassen. Diese Maßnahme hat der SSW begrüßt, denn die finanzielle Lage des Landes ist dramatisch und eine kurzfristige Reaktion war nötig.
Zum einen ist das Haushaltsloch in diesem Jahr mit 155 Millionen € doppelt so hoch wie im letzten Jahr. 2001 legte die Landesregierung einen Nachtragshaushalt vor, weil es ein Defizit von etwas über 100 Millionen DM gab. Deshalb ist es, so muss ich sagen, schon merkwürdig, dass der Finanzminister in diesem Jahr anscheinend ohne einen Nachtragshaushalt auskommen will.
Zum anderen vertritt der SSW die Auffassung, dass es nicht allein dem Finanzminister überlassen werden darf, wie das Defizit erwirtschaftet werden soll. Das Parlament muss sich in die Diskussion mit einbringen
und nur durch einen Nachtragshaushalt behält das Parlament letztlich das Heft in der Hand. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt jetzt schon Beispiele dafür, dass die Haushaltssperre zu Konsequenzen führt, die wir als Landtag eigentlich nicht dulden dürfen. So ist es zwar positiv, dass der Finanzminister die Haushaltssperre so modifiziert hat, dass von den sächlichen Verwaltungsausgaben, die zunächst unter die Sperre gefallen wären, 70 % der Haushaltsansätze verfügbar sind; aber auch diese Sperre auf 70 % der Haushaltsansätze hat für viele Bereiche der Landesverwaltung negative Folgen. So ist uns zugetragen worden, dass beispielsweise in der Steuerverwaltung bereits Fortbildungskurse abgesagt worden sind, weil man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Ende des Jahres die Reisekosten nicht mehr erstatten kann.
Dieses Beispiel zeigt, wie zufällig und unkontrolliert die Haushaltssperre trifft, und es macht deutlich, warum der Landtag einen Nachtragshaushalt verabschieden muss.
In einer Pressemitteilung hat der Finanzminister erklärt, dass die erheblichen Steuermindereinnahmen ab 2002 im Wesentlichen auf die schlechte Konjunktur zurückzuführen sind. Dazu hat er erklärt, dass die Steuereinbrüche auch auf den Wegbruch der Körperschaft- und der Umsatzsteuer zurückzuführen sind, und zwar trotz eines prognostizierten wirtschaftlichen Wachstums von 2,5 % ab 2003. Das heißt doch im Klartext: Die Steuerreform der Bundesregierung aus dem Jahre 2000 trägt auch zur Steuermisere bei.
Das sieht man ja gerade im Bereich der Körperschaftsteuer, die dramatisch gefallen ist - mit entsprechenden negativen Folgen insbesondere für Länder und Kommunen.
Finanzminister Möller kennt sehr wohl diese Problematik und er hat ja auch in einem Interview mit dem „Spiegel“ am 28. Januar 2002 entsprechende Maßnahmen angekündigt, wenn sich der Einnahmeverlust bei der Körperschaftsteuer als dauerhaft erweisen sollte. Da dies offensichtlich der Fall ist, muss die Landesregierung jetzt handeln.
Deshalb hat der SSW einen Änderungsantrag eingebracht. Die Worte des Kollegen Neugebauer dazu habe ich auch positiv aufgefasst, aber trotzdem fordern wir, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für eine Änderung der Steuerreform einsetzt, die die negativen Folgen für die Länder und Kommunen insbesondere bei der Körperschaftsteuer korrigiert. Den Worten müssen nun auch Taten folgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe versucht, in meinem Redebeitrag wirklich zur Sache zu reden.
Zu finanzpolitischen Rundumschlägen wird es ja bei der ersten Lesung des Haushalts auch noch Gelegenheit geben. Vor dem Hintergrund dessen, was heute gesagt worden ist, kann ich mir allerdings eine Bemerkung nicht verkneifen: Ich finde, es ist schon ein starkes Stück, wie überall von Steuersenkungen geredet wird, auch auf europäischer Ebene, siehe Frankreich.
Es kann ganz einfach nicht angehen, dass das Einzige, was jetzt öffentlich überhaupt noch diskutiert wird, die Strategie ist, die Steuern zu senken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Steuerschätzung - das ist gesagt worden - verlaufen die Debatten und Diskussionen in allen Landtagen ziemlich spiegelgleich, je nachdem, wer in der Opposition und wer an der Regierung ist. In Hessen und in BadenWürttemberg fordert die SPD einen Nachtragshaushalt,
Meine Damen und Herren, alle Länder sind von den Steuerausfällen stark betroffen. Alle betrachten die erneut verschlechterte Finanzlage der öffentlichen Haushalte mit Sorge. Dazu gibt es eindeutige, mit 16 : 0 Stimmen gefasste Beschlüsse der Finanzminister. Die Lage ist eigentlich zu ernst für die gewohnten Rituale. Nur eines, Herr Kayenburg: Jetzt auch noch zu sagen, die Landesregierung habe die Verantwortung für das Insolvenzverfahren bei Flender, das ist nun wirklich der Gipfel.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben offenbar nicht richtig zugehört!)