Sie beklagen, dass der Anteil junger Menschen in der Bundesrepublik zurückgegangen ist, ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, dass gerade unter der Regierung Kohl immer mehr Familien in die Sozialhilfe abgedrängt worden sind.
Deshalb haben wir gesagt: Okay, dieses Thema überlassen wir nicht der CDU. Der Internationale Tag der
deshalb auch unser Antrag. Er hat drei Schwerpunkte. Wir orientieren uns an den Schwerpunkten der CDU, um das Ganze auch miteinander diskutabel zu machen. Das sind die Fragen der Betreuungsstrukturen, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine Wertebestimmung.
Wir haben aus grüner Sicht in diesem Antrag Werte für unsere Gesellschaft definiert und kurz- und mittelfristige Ziele für eine kinderfreundlichere Gesellschaft formuliert. Unsere Vorschläge basieren auf einem realistischen Finanzierungsmodell, denn wir halten die milliardenschweren Versprechungen der CDU ohne Gegenfinanzierung für hohles Wahlkampfgeplänkel.
Jeder weiß, dass über 20 Milliarden € Familiengeld jährlich - in der Endstufe 35 Milliarden € -, dass der flächendeckende Ausbau der verlässlichen Halbtagsgrundschule, dass Kinderbetreuungsfreibeträge und auch steuerliche Anreize für Betriebskindergärten das Beispiel in Ihrem Antrag - allein durch die Hoffnung auf eine bessere Konjunktur nicht bezahlbar sind. Das weiß auch Herr Stoiber und deshalb ist er so zurückhaltend bei dem Familiengeld.
(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Jutta Schü- mann [SPD] und Renate Gröpel [SPD])
Wir wollen das Leben der Kinder fördern statt den Trauschein. Deshalb fordern wir den Bund auf, das Ehegattensplitting zu reformieren und sich mit den dadurch gewonnenen circa 20 Milliarden € an der Finanzierung von Bildung und Betreuung zu beteiligen. Herr Garg, da werde ich auch nicht müde, meine eigenen Leute in Berlin aufzufordern und ihnen zu sagen: Bitte schaut in die Länder! Ihr müsst euch daran beteiligen, Bildung und Betreuung qualitativ zu verbessern - und zwar mehr als bisher.
(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Jutta Schü- mann [SPD] und Renate Gröpel [SPD])
Länder und Kommunen können diese große gesellschaftliche Aufgabe unter den jetzigen finanziellen Bedingungen nicht länger allein finanzieren. Wir setzen auf die Einführung einer Kindergrundsicherung als Alternative zu Ihrem Familiengeld. Wir haben dies im Antrag beschrieben: Ich habe zu wenig Redezeit und kann darauf jetzt leider nicht näher eingehen.
Wadephul. Wir wollen nicht, wie Sie sagten, größtmögliche Wahlfreiheit bei der Entscheidung, ob Familie oder Beruf, sondern wir wollen eine absolute Wahlfreiheit für Frauen, wie es sie für Männer schon heute gibt.
(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wadephul [CDU])
Schon jetzt tragen die Neuregelungen des Erziehungsurlaubs, aber auch der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit bei. Hinzu kommen müssen die Abzugsfähigkeit der Betreuungskosten ab dem ersten Euro - da scheinen wir uns einig zu sein - und eine verfassungskonforme Lösung für die steuerliche Berücksichtigung des besonderen Bedarfs von Alleinerziehenden.
Wir fordern aber auch eine neue Wertediskussion in unserer Gesellschaft. Darauf gehen wir in unserem Antrag ziemlich ausführlich ein. Was erwarten wir von unseren Kindern? Was leben wir ihnen in unserer Gesellschaft vor? Kinder sollen keine Gewalt anwenden. Aber in vielen Familien findet Gewalt statt. Die Nachrichten berichten täglich von brutalster Gewalt, zum Teil sogar politisch legitimiert. Kinder sollen ihre Mitmenschen achten. Aber der Ausländerhass nimmt europaweit zu. Wir leben sehr üppig, während täglich überall auf der Welt Kinder verhungern. Unsere Kinder müssen mit diesem krassen Widerspruch - Konsumrausch hier, Kinderarmut und Kindersterblichkeit in anderen Ländern, ohne dass das groß thematisiert wird - umgehen. Unsere Kinder sollen die Natur achten. Aber wir versiegeln unsere Landschaft und nehmen dafür ein rasantes Artensterben in Kauf.
Über diese Werte müssen wir miteinander reden und auch darüber, wie trotz all dieser Widersprüche eine Generation heranwachsen kann, welche unsere demokratischen Werte erkennt und den Willen hat, eine friedliche Welt unter Achtung weltweiter Menschenrechte zu schaffen. Kinderfreundlichkeit im Alltag ist Werteerziehung. Demokratische Beteiligung, Umweltbildung und Unterstützung für die Familien gehören dazu.
Ich komme zum Schluss. - Die Bundesregierung hat viel getan. Das Land Schleswig-Holstein als junges, dynamisches Land auch. Mit unserer Jugenddemokratiekampagne, der Förderung von Kindertagesstätten,
mit unserer Bildungspolitik können wir uns mit den anderen Ländern messen. Dennoch: Wir müssen mehr tun. Kinder sind unser Schatz. Wenn wir ihn heben, ist es ein Gewinn für die ganze Gesellschaft.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen einer Partei und einer Fraktion? Das ist wie mit den Familien zu Weihnachten: Die Partei schreibt die Wunschzettel, die Fraktion muss entscheiden, welche Wünsche realistisch und bezahlbar sind.
Bei der CDU geraten Wunsch und Wirklichkeit manchmal etwas durcheinander. Dabei kommen dann Anträge heraus, nach denen der Landtag das CDUParteiprogramm beschließen soll. Die Grünen und die SPD wollen dann auch noch jeweils, dass wir ihr Programm beschließen und ein Loblied auf Rot-Grün anstimmen.
Diese Entschließungsanträge mögen auf Parteitage gehören. Sie gehören - jedenfalls nach unserer Ansicht - nicht in das Parlament.
Aber das ändert nichts daran, dass die Diagnose richtig ist: Familien sind in Schleswig-Holstein wie anderswo vielfach benachteiligt. Sie stehen finanziell schlechter da, werden auf dem Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt und sind in vielerlei anderer Hinsicht besonderen Belastungen ausgesetzt. Da muss die Politik etwas tun. Darüber herrscht glücklicherweise Einigkeit.
Wir sind uns auch einig in den Mitteln: eine bessere finanzielle Förderung, bedarfsgerechte, qualifizierte Kinderbetreuung, mehr Teilzeitarbeit, Elternurlaub und eine echte BAföG-Reform. Dies sind neben anderen die richtigen Wege, um die Familien besser zu unterstützen.
Allerdings - das trennt uns dann etwas - ist dem SSW das Kindergeld auf der Hand lieber als das Familiengeld auf dem Dach.
Wir können nämlich nicht die große Wundertüte aufmachen, um uns mit Familiengeld, Landeserziehungsgeld, Freibeträgen für Kinderbetreuung ganz schnell wunschlos glückliche Kinder und Eltern zu kaufen. Davon träumen wir zwar alle, aber das geht wohl nicht.
Die CDU bleibt uns auch die Antwort schuldig, wie dies alles bezahlt werden soll. Im Bundestagswahlprogramm der CDU heißt es hierzu: Die finanziellen Voraussetzungen für die stufenweise Einführung des Familiengeldes ab 2004 werden wir mit einer konsequenten Politik für Wachstum und Beschäftigung schaffen. - Das grenzt ein bisschen an Satire; denn damit hat man gleichzeitig schon die Entschuldigung dafür mitgeliefert, weshalb es möglicherweise nicht klappt.
Solange nicht auch kostenträchtige heilige Kühe wie das Ehegattensplitting angegriffen werden, wird eine gerechte Familienpolitik aus dem Wunschkatalog ein Wunschtraum bleiben. Eine so massive Umverteilung zugunsten der Familien ließe sich allenfalls dann verwirklichen, wenn gleichzeitig in vielen anderen Bereichen kräftig gespart würde. Das mag für die CDU kein Hindernis sein. Aber Kürzungen zum Beispiel in der Sozial-, der Gesundheits- und der Jugendpolitik würden gerade den besonders unterstützungsbedürftigen Familien wichtige Ressourcen entziehen.
Familiengeld, Erziehungsberatung und Werteerziehung sind kein Ersatz für umfassende soziale Leistungen und Dienstleistungen; denn Familien brauchen mehr als Moneten und Moral. Nur durch eine Kombination von Geldleistung sowie sozial-, gesundheitsund bildungspolitischen Hilfen können wir die besonderen Belastungen von Familien ausgleichen.
Wir brauchen tatsächlich eine bessere Familienpolitik; darauf können wir uns hier alle schnell einigen. Eines können die Familien aber bestimmt nicht mehr gebrauchen: dass Politiker und Politikerinnen jetzt wieder wie die Marktschreier versuchen, sich mit ihren familienpolitischen Sonderangeboten gegenseitig zu übertönen. Gegenwärtig erleben wir einen Wettbewerb um die schönsten Versprechen frei nach dem Motto: Wer bietet mehr? - Dies ist nicht nur den Familien gegenüber unfair. Bei ihnen werden dadurch häufig Hoffnungen geweckt, die vielleicht nicht zu erfüllen sind. Damit wird auch noch einmal das negative Bild von Politikern genährt, die vor den Wahlen die Erfüllung aller Wünsche versprechen, um nach der Wahl die
Geschenke wieder einzusammeln. Was die Familien brauchen, ist kein Wahlkampf mit Schönfärberei und vorschnellen Versprechungen, sondern eine Familienpolitik mit sehr langem Atem.
Ich habe gehört, dass die Anträge in den Ausschuss gehen. Unsere Fraktion wird sich dazu enthalten, denn wir sind weiterhin der Ansicht, dass Entschließungsanträge der jeweiligen Parteien nicht in den Landtag gehören.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussionen der letzten Wochen zeigen: Alle Parteien reden über Familienpolitik. Der SchleswigHolsteinische Landtag nun heute auch - am Tag der Familie. Lieber Herr Dr. Garg, ob Ihnen das nun passt oder nicht: Ich finde das gut so.
Ich möchte auch sagen, dass wir als CDU in diesem Land stolz darauf sind, dass wir die Ersten auf diesem Wege waren: vor Herrn Schröder, der das Thema medienwirksam zur Chefsache machte, vor Herrn Westerwelle - Ihrem Guido -,
der vor seinem Kanzlerparteitag noch schnell das Wahlprogramm in diese Richtung umschrieb. Haben Sie mitgekriegt, was er da reingeschrieben hat? Familienpolitik pur! Gucken Sie sich das im Internet an! Sie sind doch da so fit.