wirklich noch einmal überlegen sollten, ob Sie ihn noch aufrechterhalten wollen. Unter anderem im „Hamburger Abendblatt“ und im „Spiegel“ vom 15. April werden Sie mit dem Satz zitiert: Wenn ich es gewusst hätte, hätte er es gewusst - und umgekehrt.
Dabei geht es um die Nebentätigkeiten von Herrn Dr. Pröhl, des Mannes, den Sie als Ihren besonderen Favoriten zum EXPO-Beauftragten gemacht haben und mit dem Sie am Abend Ihres Geburtstages 2001 gefeiert haben. Bis heute sind die verschiedenen Aussagen dazu völlig widersprüchlich. Einmal war dieses Essen ein Arbeitsessen über die Veräußerung eines Wikingerschiffes. Dann war es nach Aussagen Ihres Regierungssprechers eine Geburtstagsfeier mit einer größeren Zahl von Mitarbeitern, zu denen auch Herr Pröhl gehörte. Danach war es ein Arbeitsgespräch, bei dem es um die Betreuung von Sponsoren ging. Dann war es wiederum ein Arbeitsgespräch, bei dem es um beides ging und bei dem Frau Gärtner und Frau Pröhl abseits sitzen mussten. Schließlich war es ein Arbeitsessen auf Initiative von Herrn Gärtner, bei dem die Kosten aus Verfügungsmitteln der Staatskanzlei bestritten wurden.
Nachträglich hat Herr Gärtner die Kosten jetzt selbst übernommen, nachdem ihm aufgrund der öffentlichen Diskussion offenbar die Erkenntnis kam, dass interne Arbeitsessen nicht aus Steuergeldern bezahlt werden dürfen. Allerdings ist der Vorgang damit längst nicht geheilt. Warum strengen Sie eigentlich kein Disziplinarverfahren gegen Herrn Gärtner an? Die Finanzierung eines Geburtstagsessens aus dem Verfügungsfonds - das hat schon etwas! Eigentlich ist dieser Fonds doch für Härtefälle und Sondersituationen gedacht. Damit bekommt das Ganze für mich natürlich eine völlig andere moralisch-politische Dimension und auch hier stellt sich langsam die Frage nach der Kontrolle.
Meine Damen und Herren, aber ganz abgesehen davon, dass es sich mir nicht erschließt, warum die Ministerpräsidentin unseres Landes sich bei einem Abendessen um den Verkauf eines schwimmuntüchtigen Schiffsmodells kümmern muss, das jetzt seit fast zwei Jahren irgendwo herumliegt und das offensichtlich bis auf die Stadt Kappeln - niemand haben wollte: Die Darstellung Ihres Geburtstagsessens, Frau Simonis, ist jedenfalls in sich nicht schlüssig. Ich hätte wenigstens erwartet, dass Sie Geburtstagseinladungen selbst bezahlen.
Aber auch das gehört wohl in die Kategorie der Verschiebung von moralisch-politischen Maßstäben. Die Geburtstagseinladung oder meinetwegen auch dieses Essen im kleinen Kreis dokumentiert aber eindrucksvoll Ihre Nähe zu Herrn Pröhl, der ja wohl nicht ohne
Grund seine Frau mit einem Strauß Bauernrosen zu dem Meeting mitgebracht hat. Die Feier dokumentiert auch, wie in Ihrer Staatskanzlei private Treffen mit Dienstgeschäften verwoben sind. Anderswo nennt man so etwas schlicht Filz.
Das Wissen oder Nichtwissen um die Nebentätigkeiten von Dr. Pröhl ist aber nur die eine Seite der Medaille. Es gibt ja wohl keinen Zweifel daran, dass Ihr enger Mitarbeiter, der Ihr volles Vertrauen genoss, sich nebenbei Einnahmequellen erschlossen hat. Ich habe den Verdacht, dass seine Genossen in der Staatskanzlei dies nicht nur wussten, sondern auch tolerierten.
Dafür gibt es Verantwortlichkeiten. Einen Verantwortlichen gibt es immer, Frau Simonis. Und selbst wenn es keine im schuldrechtlichen Sinne Verantwortlichen gibt, trägt doch jemand die politische Verantwortung und die Verantwortung dafür, dass die Verantwortlichkeiten nicht klar geregelt sind und die Kontrollmechanismen nicht funktionieren. Dies wiegt umso schwerer, weil Staatssekretär Gärtner in Verwaltungsangelegenheiten als Stellvertreter der Ministerpräsidentin tätig wurde. Aber die letzte Verantwortung für alle Vorkommnisse in der Staatskanzlei tragen unstreitig Sie, Frau Simonis.
Im Zusammenhang mit der Nebentätigkeit und den Nebeneinkünften von Herrn Pröhl werden wir auch die Vorgänge um den Verkauf des Kieler Schlosses aufarbeiten, wir werden die Einbindung des Finanzministeriums und der Leitung des Hauses, Herr Möller, genau zu prüfen haben und wir werden auch zu prüfen haben, ob und wie Staatssekretär Döring mit diesen Angelegenheiten befasst war und ob es da nicht doch möglicherweise auch eine gute Bekanntschaft zu Herrn Pröhl gegeben hat.
Genauso selbstverständlich werden wir auch den Komplex Bredeneek aufarbeiten. Auch dies wird zum Fall Pröhl dazugehören.
Meine Damen und Herren, dieser Geburtstagsabend ist jedoch nur ein Teilaspekt in einem Arbeitsumfeld Ihrer Staatskanzlei, Frau Simonis, in dem lukrative Nebentätigkeiten ebenso möglich waren wie völlig unklare Zuständigkeiten.
Wieso sich der für die EXPO zuständige Mitarbeiter, dessen konkrete Abrechnung immer noch fehlt - man fragt sich langsam, warum und was sich dahinter verbirgt -, zeitgleich um Gesundheitsprojekte im Nahen Osten kümmerte, welchen Nutzen das Land Schleswig-Holstein daraus ziehen sollte, wie und durch wen welche Dienstreisen genehmigt wurden, das alles ist ich will es einmal vorsichtig formulieren - nebulös. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass in Ihrer Staats
kanzlei, Frau Simonis, Grauzonenmentalität und Genossengutdünken vorherrschen. Das schadet dem Land und dem Ansehen der Politik.
Sie, Frau Simonis, sind in Ihrer Staatskanzlei Ihrer Vorbildfunktion in keiner Weise gerecht geworden. Ich nehme Ihnen auch nicht ab, dass Sie erst von den Nebentätigkeiten des Herrn Pröhl erfahren haben, als die ganze Geschichte am 20. Februar 2002 hochkochte. Sie wussten doch offenbar von Verbindungen der Herren Brückner und Pröhl. Sie billigten doch sogar Reisen der beiden Herren in den Nahen Osten und Sie lobten doch Herrn Pröhl für seine Aktivitäten, die zweifellos auch im Zusammenhang mit geschäftlichen Interessen des Herrn Brückner standen. Es widerspräche jeder Lebenserfahrung und wäre mehr als naiv, wenn Sie davon nichts gemerkt haben sollten. Frau Simonis, mich erinnert dieses Bild der Staatskanzlei in bedenklicher Weise an Zustände, die schon im Rohwer/Mantik-Untersuchungsausschuss beschrieben wurden. Die rechte Hand wusste angeblich nicht, was die linke tat. Ein BeStra-Vermerk wurde auf ungewöhnliche Weise aus den Räumen der Staatskanzlei entnommen und niemand im Regierungslager regte sich darüber auf.
Nun warten wir dank der ruhigen Hand des Ausschussvorsitzenden Holger Astrup zwar immer noch auf den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses Rohwer/Mantik, aber es kann doch keinen Zweifel daran geben, dass auch diese Affäre beweist, wie schlecht der Ihnen unmittelbar zugeordnete und zuarbeitende Regierungsbereich funktioniert und organisiert ist und man bewusst die Dinge verzögert und so versucht, Sie, Frau Ministerpräsidentin, politisch zu schützen.
Eine Staatskanzlei, Frau Simonis, lebt natürlich auch von der Kreativität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zumindest bei einem Mitarbeiter scheint sich die Kreativität jedoch auf die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen konzentriert zu haben. Und Sie wussten mal wieder nichts davon. Das kann Ihnen doch ernsthaft bald niemand mehr abnehmen!
Und eines ist besonders auffällig: In dem inzwischen so genannten Fall Pröhl haben sie immer nur so viel zugegeben, wie schon bekannt war. Das ist die übliche Taktik von Ihnen. Und wenn jetzt die SPD-Fraktion an Herrn Gärtner appelliert, reinen Tisch zu machen und alles zu sagen,
dann will ich diesen Appell gleich an Sie weiterleiten. Sie stehen hier genauso wie Herr Gärtner in der Verantwortung. Genauso, wie Herr Gärtner alles auf den
Auch Sie, Frau Simonis, müssen Ihre Kenntnisse rückhaltlos offen legen. Auch Sie werden uns sagen müssen, was Sie über wen zu welchem Zeitpunkt gewusst haben, nachdem die Korruptionsvorwürfe gegen Mitarbeiter Ihrer Staatskanzlei öffentlich wurden. Ihr bisheriges Krisenmanagement ist jedenfalls weit von Offenheit entfernt. Die Salamitaktik ist unübersehbar. Zugegeben wird nur, was durch Recherche von Journalisten und Politikern schon bekannt ist.
Klaus Gärtner und Heide Simonis, das war doch das politische Traumpaar dieser Landesregierung seit 1988. Zuerst im Finanzministerium und dann, nach dem Rücktritt Engholms wegen einer Lüge, auch in der Regierungszentrale. Sie haben doch mit Klaus Gärtner über all die Jahre so eng zusammengearbeitet, dass kein Blatt Papier zwischen Sie beide passte. Und dass Klaus Gärtner von den Nebentätigkeiten des Herrn Pröhl wusste, bezweifelt doch ernsthaft noch nicht einmal Ihre eigene Fraktion. Wer soll Ihnen denn eigentlich noch glauben, dass Herr Gärtner Sie nicht informierte?
Schon im Vorfeld des Untersuchungsausschusses läuft doch jetzt in der Staatskanzlei so etwas wie „Räuberschach“. Herrn Pröhl haben Sie entlassen. Das Thema Arbeitsgericht werden wir sicherlich noch an anderer Stelle aufarbeiten müssen; da sind die handwerklichen Fehler ja unübersehbar und es ist spannend, was da von den Anwälten des Herrn Pröhl inzwischen auch vorgetragen worden ist. Und Herr Gärtner musste inzwischen gehen. Damit standen zwei Schuldige fest und Sie, Frau Simonis, versuchen, sich so zu retten.
Ich sage Ihnen voraus, Frau Simonis, dieses Spiel mit zwei Bauernopfern werden Sie nicht gewinnen. Sie werden die Verantwortung übernehmen müssen für eine schlampige Verwaltungsführung in der Staatskanzlei und Sie werden nicht wie Frau Erdsiek-Rave bei dem 35-Millionen-Loch so einfach davon kommen. Zu viel ist in Ihrer Amtszeit passiert.
Die Computer-Affäre und der Fall Pröhl, aber auch die Affäre Rohwer/Mantik sind typisch für Ihre Regierung. Sie stehen für die Arroganz der Macht, für den Glauben, man könne das Parlament täuschen, und für die Hybris einer Regierung, die zu lange im Amt und verbraucht ist.
Zeit vergeben werden. Nur wer glaubt, dass das Land ihm gehöre, leistet sich eine Regierungszentrale, in der Kontrolle durch kumpelhaftes Miteinander ersetzt wird.
Keine dieser Affären wäre möglich gewesen, wenn es eine wirksame und ernsthafte Kontrolle innerhalb der Regierung gegeben hätte.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das geschieht doch im Parlament! Sie haben doch im Finanzausschuss immer ge- schlafen, wenn es um Geld ging! Geschlafen haben Sie! Keine einzige kritische Frage!)
Wo jedoch Hierarchien durch das Genossen-Du und durch Gutdünken ersetzt werden, ist der Grundstein für Filz und Schlamperei schon gelegt.
Das sieht man in Köln und das ist auch in SchleswigHolstein ganz genauso. Ich warte gespannt darauf, wann die Grünen ihrem hohen moralischen Anspruch gerecht werden, den sie wie ein Banner vor sich hertragen, Frau Heinold.
Dass Sie, Frau Simonis, sich übrigens ausgerechnet Herrn Müntefering als Zeugen für die Rückendeckung Ihrer Bundespartei ausgesucht haben, spricht in diesem Zusammenhang für sich.
Dessen Aussagen vor dem Berliner Parteispendenausschuss stehen wegen ihres Wahrheitsgehaltes im Zwielicht. Und dieser Mann bürgt für Sie in Schleswig-Holstein. Da haben Sie nun wirklich den Bock zum Gärtner gemacht.
Meine Damen und Herren! Der Zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuss, der heute vom Landtag eingesetzt wird, hat politische Affären aufzuklären, die in ihrer Dimension noch gar nicht endgültig zu erfassen sind. Der Landtag befasst sich mit Korruptionsvorwürfen, die Zentralbereiche der Regierung betreffen. Und sie betreffen das direkte Umfeld der Ministerpräsidentin. Das gibt dem Ganzen eine besondere Qualität.
Die CDU-Landtagsfraktion setzt bei dem einzusetzenden Untersuchungsausschuss auf Sorgfalt, aber auch auf Schnelligkeit. Wir sind sicher, dass wir einen seriösen Weg eingeschlagen haben. Schnelligkeit und Sorgfalt stehen für uns bei jeder Aufklärung ganz
oben. Es ist Zeit zum Aufklaren in Schleswig-Holstein und wir warten gespannt, wie Sie - SPD und Grüne sich dieser Verantwortung stellen wollen.
Bevor ich das Wort erteile, begrüße ich in der Loge unseren ehemaligen Kollegen und Minister a.D., Herrn Bendixen. - Herzlich willkommen!