Protocol of the Session on March 21, 2002

- Nein, die Ursache ist meine Presseerklärung. Die Wirkung ist, dass er gehandelt hat. Eindeutig! Kollege Astrup, das ist die zeitliche Abfolge und genauso ist es passiert. Vielen Dank für den Zwischenruf!

Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Landesregierung wirklich bereit ist, Verantwortung für den Naturschutz zu delegieren. Das ist ein Kernpunkt. Auf Seite 44 findet sich der Satz:

„Damit dezentrales Naturschutzhandeln durch seine Ortsnähe nicht Gefahr läuft, das Gesamtkonzept der Naturschutzpolitik aus dem Auge zu verlieren, verlangt es stringente Zielvorgaben, zentrale Maßnahmenprioritätensetzung und eine daraus abgeleitet Steuerung des Einsatzes der finanziellen Mittel.“

Das klingt für die FDP sehr nach Zentralverwaltung, die sich in der Region gehorsame Ausführungsgehilfen sucht. Die Naturschutzpartner vor Ort verdienen es, ernst genommen zu werden. Sie verdienen Vertrauen und keine Bevormundung durch die Landesregierung.

(Beifall bei FDP und CDU)

Im Fazit lässt sich festhalten: Es gibt eine Fülle von Instrumenten des Naturschutzes. Es gibt mehr als genug. Ich glaube, weniger wäre mehr. Grüne Naturschutzpolitik ist geprägt von der Vorstellung, dass Natur sich nur dort entfalten kann, wo der Staat in

(Dr. Christel Happach-Kasan)

irgendeiner Weise über die Flächen verfügt, die Flächen im Eigentum hat oder die jeweiligen privaten Eigentümer vom Staat durch Verordnungen in ihren Handlungsmöglichkeiten stark beschränkt beziehungsweise total entmündigt werden. In dem Maß, in dem der Gesetzgeber die Zahl der Instrumente für den Naturschutz vermehrt hat und mehr Flächen unter Schutz gestellt wurden, hat der Naturschutz in der Bevölkerung an Ansehen verloren. Naturschutz ist weitgehend zur Sache des Staates geworden, mit der Privatleute im Allgemeinen nichts mehr zu tun haben wollen. So können wir unsere Natur jedoch auf Dauer nicht schützen. Wir können so allenfalls einen Reservatsnaturschutz betreiben. Wir brauchen mehr Privatinitiative und mehr privates Engagement.

(Beifall der Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU] und Lars Harms [SSW])

Herr Minister, ist das von Ihnen wirklich gewollt? Anders ist wohl Ihr Versuch, die Förderung des Privatwaldes völlig einzustellen, nicht zu interpretieren. Sie wollen keine Privatinitiative. Zum Glück sind Sie mit diesem Versuch gescheitert.

(Beifall bei der FDP - Konrad Nabel [SPD]: So ein Quatsch!)

Grüne Naturschutzpolitik ist wesentlich Machtpolitik und weitgehend ohne inhaltliche Kontrolle. Unter dem Vorwand, die Natur schützen zu wollen, wird der Flächenankauf forciert und werden Privateigentümer mit Verordnungen drangsaliert. Eine solche Politik trägt in einem demokratischen Staat langfristig nicht. Wir brauchen die Begeisterung der Menschen für den Naturschutz. Man kann Begeisterung nicht staatlich verordnen, sondern nur darum werben. Herr Minister, ich habe durchaus den Eindruck, dass Sie sich dieser Tatsache bewusst sind. Ich hoffe, Sie werden danach handeln.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Feddersen, politisch interessant an der Antwort auf die Große Anfrage sind nicht die Statistiken oder die Auflistung der bisherigen gesetzlichen Regelungen im Naturschutz, sondern vor allem die dargestellten Programme und Umsetzungsinstrumente. Das ist schließlich das, was die Menschen vor Ort betrifft. Das gleichberechtigte Ziel jedes Naturschutzhandelns muss es sein, die Program

me und Maßnahmen im Einklang mit der Natur und den Menschen vor Ort durchzuführen. Was sich hier so einfach anhört, ist manchmal doch etwas schwierig.

Eine solche Große Anfrage, in der der Naturschutz in all seinen Facetten beleuchtet wird, lädt daher dazu ein, sich dem Naturschutz in Schleswig-Holstein in grundsätzlicher Art und Weise zu nähern und auf die Bereiche hinzuweisen, die immer noch verbessert werden können. Nach meiner Ansicht ist die Landschaftsplanung einer der wichtigsten Ansätze im Naturschutz. Sei es die Erarbeitung von Biotopverbundsystemen oder sei es die anderweitige regional übergreifende Planung: Beides ist von enormer Wichtigkeit, wenn man einen sachlich fundierten Naturschutz betreiben will. Ein wichtiges Glied in der Kette der Planung ist aber vor allem die Landschaftsplanung in den einzelnen Kommunen. Dort - vor Ort - wird eine auf Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten basierende Planung durchgeführt, die in meinen Augen eine wirklich hohe Bedeutung hat. Vor Ort denkt man über die Ziele und Maßnahmen des örtlichen Naturschutzes nach und entwickelt so Ideen. Das heißt, die Naturschutzideen kommen direkt von der Basis und werden von dieser auch getragen und akzeptiert. Dies entspricht voll meiner Auffassung von Nachhaltigkeit.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Förderung von Grunderwerb zum Zwecke des Naturschutzes durch die Stiftung „Naturschutz“. Ich habe in meinen Gesprächen mit Kommunen mehrfach feststellen müssen, dass die Akzeptanz von Grunderwerb geringer ist, wenn die Flächen durch die Stiftung oder durch überregionale Naturschutzverbände erworben werden. Anders sieht es aus, wenn die Kommunen selber die Flächen erwerben, sich vertraglich binden und die Flächen dann in Zusammenarbeit mit den regionalen Naturschutzverbänden betreuen.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Sehr richtig!)

Man ist dann immer noch Herr im eigenen Haus und hat die Möglichkeit, seinen Naturschutz mitzugestalten. Diese psychologische Seite des Naturschutzes ist nicht zu unterschätzen. Jeder Naturschützer, so auch wir, will ja, dass der Naturschutz von der Bevölkerung getragen und von ihr akzeptiert wird. Dadurch, dass man den Grunderwerb durch die Kommunen fördert, erhält man genau diese Akzeptanz und entspricht so dem Nachhaltigkeitsgedanken.

Die Stiftung „Naturschutz“ hat - von ihrer Gründung bis zum 31. Dezember 2000 insgesamt rund 90,3 Millionen € für Flächenkäufe oder für die Förderung von Flächenkäufen zur Verfügung gestellt. Das ist eine riesige Summe, die leider nur zu einem Teil für Flächenkäufe durch die Kreise und Kommunen verwendet wurde.

(Lars Harms)

Sollte diese Art des Flächenkaufs weiterhin angestrebt werden, empfehlen wir, noch enger mit den betroffenen Gebietskörperschaften zusammenzuarbeiten. Wer die Landschaftsplanung und die Förderung von Flächenerwerb zum Zweck des Naturschutzes miteinander verbindet, hat die größten Chancen, dass der für die Kommunen wichtige Naturschutz auch die entsprechende Akzeptanz in der Bevölkerung findet.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [FDP])

Im Zusammenhang mit dem Kauf oder der Unterstützung des Kaufs durch die Stiftung „Naturschutz“ möchte ich auf eine immer deutlicher werdende Problematik aufmerksam machen. Bei immer mehr Flächen, die angekauft werden, wird es in Zukunft immer schwieriger werden, diese Flächen adäquat zu betreuen. Der Naturschutz hat im Allgemeinen enorm an Bedeutung zugenommen, sodass wir immer öfter in Schwierigkeiten geraten, was die Betreuung von Schutzgebieten oder anderen Flächen angeht. Wir werden uns dieses Problems in den nächsten Jahren unbedingt annehmen müssen. Es reicht nicht allein, dass wir die Flächen ankaufen oder ankaufen lassen, sondern wir müssen dann auch die vernünftige Bewirtschaftung sicherstellen.

(Beifall bei SSW und CDU)

Ich habe gerade versucht, deutlichen zu machen, dass es eine enge Verbindung zwischen örtlicher Naturschutzplanung und Planungen auf Landesebene gibt, und dass man versuchen muss, die örtliche Ebene so gut wie möglich auch an der Umsetzung der Maßnahmen zu beteiligen. Aus meinen Ausführungen spricht natürlich der Wunsch, die Interessen der Bevölkerung mit denen des Naturschutzes abzugleichen und sie in Einklang zu bringen, da nur so eine wirkliche Nachhaltigkeit gegeben sein wird.

Eine besondere Problematik ist in diesem Zusammenhang die Frage der Enten- und Gänsefraßschäden an der Westküste. Um es gleich vorweg zu sagen: Ich werde nicht für die Wiedereinführung der Schadensersatzzahlungen plädieren. Ich rege vielmehr an, die Enten- und Gänsefraßschäden auf andere Art und Weise anzugehen. Auf Seite 28 der Antwort auf die Große Anfrage wird in drei Zeilen ausgeführt, dass im Rahmen des Vertragsnaturschutzes Flächen für den Gänsefraß bereitgestellt werden sollen. Das heißt, man wird in Zukunft versuchen, den Enten und Gänsen Flächen anzubieten, die ausdrücklich ihrer Gefräßigkeit dienen sollen, um so die Flächen der Landwirte zu schonen.

Wir als SSW haben dies schon mehrfach vorgeschlagen. Wenn dieser Versuch mit den Ablenkungsflä

chen glückt, schaffen wir es möglicherweise, den Naturschutzzielen zu dienen, ohne dass die Landwirtschaft Schaden nehmen muss. Somit wäre eine große Last von den Schultern der Landwirte genommen. Ich glaube, wir sollten einem solchen Versuch mehr Aufmerksamkeit und Energie widmen, als es durch die nur drei Zeilen in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich wird.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

In den Programmen des Naturschutzes, die in der Antwort auf die Große Anfrage aufgeführt werden, findet sich auch das Hallig-Programm. In der Tat sichert das Hallig-Programm die Grundlagen für den Natur- und Küstenschutz auf den Halligen. Es hat ja vor allem zum Ziel, dass die Halligen überhaupt bewohnt und so Natur- und Küstenschutz erst möglich werden.

Trotz der Tatsache, dass auch wechselnde Landesregierungen immer hinter dem Hallig-Programm standen, ist dort ein Problem entstanden. Bisher waren die Zuwendungen aus dem Programm auf die HalligLandwirte begrenzt. Dies hat auch Sinn. Gemäß neuer Vorschriften der EU sollen zukünftig auch Landwirte vom Festland Zuwendungsempfänger sein können. Dabei geht die EU davon aus, dass es sich hierbei um reine das wirtschaftliche Überleben der Landwirte sichernde Zuwendungen handelt. Die anderen Ziele des Naturschutzes und des Küstenschutzes werden in der Betrachtung der EU nicht berücksichtigt. Hier tut Aufklärung Not. Ich bitte die Landesregierung, das besondere Problem der Halligen gegenüber der EU deutlich zu machen, damit die Bestimmungen schnellstmöglich im Interesse der Halligen und ihrer Bewohner wieder geändert werden.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Jürgen Feddersen [CDU])

Der Zusammenhang von Landwirtschaft und Naturschutz war schon immer da, aber jetzt wird er immer auffälliger. Kein normaler Landwirt wird seine natürlichen Ressourcen so schädigen, dass er in Zukunft sein Land nicht mehr bewirtschaften kann.

(Claus Ehlers [CDU]: Sehr gut! - Beifall der Abgeordneten Claus Ehlers [CDU] und Claus Hopp [CDU])

Er wird in Zukunft viel mehr auch einen Teil seiner Einnahmen aufgrund von konkreten Naturschutzmaßnahmen erhalten. Ich spreche hier von der Modulation. Wir werden aufgrund unseres Antrages in einer der nächsten Sitzungen des Landtages einen Bericht hierzu erhalten. Gleichwohl möchte ich schon jetzt

(Lars Harms)

einige allgemeine Aussagen zum Thema Modulation treffen.

Grob gesagt, werden durch die Modulation Fördermittel aus den Direktzahlungen an die Landwirte in Fördermittel für Agrarumweltmaßnahmen umgewandelt. Hierfür ist ein relativ kompliziertes System ausgedacht worden, welches unter anderem die Möglichkeit für das sukzessive Abschmelzen der Fördermittel für die Landwirte beinhaltet. Hier genau sehe ich den psychologischen Fehler. Ständig sinkende Förderungen tragen nicht zur Motivation bei, sondern bewirken möglicherweise das Gegenteil. Wenn es möglich ist, sollte man hier noch nacharbeiten, um die Motivation und die Akzeptanz für Naturschutzmaßnahmen bei den Landwirten weiterhin aufrecht erhalten zu können.

Ich persönlich favorisiere eher das CrossCompliance-System. Hier wird die Vergabe von Agrarfördermitteln an Naturschutzmaßnahmen gebunden. Das heißt, man orientiert sich an Leistung und Gegenleistung. Der Landwirt kann sich ein Einkommen hinzuverdienen, indem er Naturschutzmaßnahmen durchführt. Wir meinen, dass sich ein solches System an ökonomischen Denkweisen orientiert und dem Landwirt so der Naturschutz im wahrsten Sinnes des Wortes etwas wert ist. Er kann damit Geld verdienen. Das war schon immer die beste Triebfeder, um den Menschen in Gang zu bekommen. Bisher hat noch kein EU-Staat das Cross-Compliance-System umgesetzt. Aber vielleicht besteht die Chance, dieses System zumindest teilweise einzuführen.

Meine Kolleginnen und Kollegen, Sie haben nun relativ viel Kritik meinerseits gehört. Das soll aber nicht bedeuten, dass wir mit der Naturschutzpolitik des Landes Schleswig-Holstein unzufrieden sind. Im Gegenteil. Wir sind der Meinung, dass in SchleswigHolstein eine fortschrittliche Naturschutzpolitik betrieben wird. Worum es uns heute ging, war, einige konkrete Vorschläge zu machen, wie man Gutes noch besser machen kann.

(Beifall bei SSW und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, die Anwort der Landesregierung dem Umweltschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.

(Wortmeldung des Abgeordneten Claus Hopp [CDU])

- Zur Geschäftsordnung?

(Claus Hopp [CDU]: Ich bitte darum, dass die Antwort auf die Große Anfrage mitbera- tend an den Agrarausschuss überwiesen wird!)

- Mitberatend an den Agrarausschuss! Gut, dann lasse ich darüber abstimmen: federführend Umweltausschuss, mitberatend Agrarausschuss! Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Steigerung der Attraktivität des Polizeiberufs und Verbesserung der Einsatzfähigkeit

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1703