Man muss sich deshalb fragen, was er mit seiner Aussage in Brüssel bezweckt hat. Es mag sein, dass er Recht hat - wie der Finanzminister hier heute gesagt hat -, dass er keine neue Zusage gemacht hat, dass nichts von dem, was er behauptet hat, unbekannt ist, sondern dass das seit Jahren vertraglich feststeht. Schlimm ist aber, dass er die Zusage vor der EUKommission abgegeben hat, ohne die Bundesländer und ohne die Kommunen vorher gefragt, beziehungsweise sich mit ihnen beraten zu haben. Denn die Haushalte der Kommunen und der Länder werden in diesem gesamtstaatlichen Defizit mitgerechnet. Jeder, der sich mit der aktuellen Haushaltsplanung von
Bund, Ländern und Kommunen befasst, kann sehen, dass diese Zusage unmöglich eingehalten werden kann. In der letzten Finanzplanung des Bundes, die im Dezember 2001 herausgegeben wurde, spricht der Bundesfinanzminister, spricht sein Ministerium davon, einen ausgeglichenen Haushalt bis zum Jahr 2006 erreichen zu können. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn es zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung und zu einem rapiden Abbau der Arbeitslosigkeit kommt. Gestern Abend in der Talkshow „Berlin Mitte“ sagte der Bundesfinanzminister: Vorausgesetzt, man bekäme ein Wirtschaftswachstum von 2,5 % in den Jahren 2003 und 2004, sei das Ziel realistisch. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht sogar von einem Wachstum von 3,2 %, das erforderlich ist, um weiterzukommen.
Aus der Sicht des SSW muss angeführt werden, dass die Steuerreform des Jahres 2000 die Hauptverantwortung dafür trägt, dass die aktuellen Haushalte in vielen Bundesländern und in den Kommunen durch die großen Defizite und höhere Nettoneuverschuldung in Schwierigkeiten geraten sind. Dass Schleswig-Holstein Milliardenbeträge verloren hat, wissen wir. Wir können dem Finanzminister nur empfehlen, in der Verhandlung um einen anzustrebenden nationalen Stabilitätspakt hart zu bleiben. Denn ein nationaler Stabilitätspakt darf auf keinen Fall auf Kosten der Länder oder der Kommunen beschlossen werden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich brauche dafür auch keine fünf Minuten. Herr Kollege Hentschel, ich finde, wir können uns wunderbar darüber unterhalten und meinetwegen auch darüber streiten, welche finanzpolitischen Schwerpunkte in Zukunft auf uns zukommen werden. Frau Kollegin Heinold hat gestern hier sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass wir, zumindest was die Reform der Sozialversicherungssysteme anbelangt, gar nicht so weit auseinander sind. Ich möchte Sie nur sehr herzlich bitten ich spreche den letzten Teil Ihrer Rede an -, doch einmal zu überlegen, ob Sie nicht von folgender Formulierung Abstand nehmen wollen. Wenn Sie das Kinderbekommen und das Kinderaufziehen mittlerweile
als Risiko bezeichnen, ist da durchaus etwas dran. Ich möchte Sie aber bitten, von der Formulierung Abstand zu nehmen, dass reisende Rentnerinnen und Rentner Spinnerinnen oder Spinner sind. Ich finde, das haben Menschen in dem Alter, die sich dann etwas gönnen, wirklich nicht verdient.
(Beifall bei FDP und CDU und des Abgeord- neten Helmut Plüschau [SPD] - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch zitiert, Sie haben nicht zugehört!)
- Sie haben von Yuppies gesprochen. Sie können das ja noch richtig stellen. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie von den Wählern, die uns wählen, gesprochen und gesagt haben: Wenn das nur noch Yuppies und reisende Rentnerinnen und Rentner sind, dann müssten wir uns Gedanken machen. Ich habe das so verstanden. Wenn das falsch ist, dann können Sie das korrigieren. Ich glaube aber nicht, dass ich Sie falsch verstanden habe.
Herr Präsident, ich finde es ganz interessant, dass sich ausgerechnet diese Seite des Hauses, auch Herr Nabel, darüber entrüstet, dass ich darum bitte, dass Herr Hentschel möglicherweise von dieser Formulierung Abstand nimmt. Das entlarvt Sie dermaßen - gerade auch Sie, Herr Nabel -,
eine aufgeregte Debatte zu führen, dann ist es das Thema, was die FDP-Fraktion hier heute als Aktuelle Stunde angemeldet hat.
- Einen kleinen Augenblick, lassen Sie mich doch einfach erst einmal beginnen. Möglicherweise nicken Sie mir sogar nachher zustimmend zu, Herr Kayenburg.
Es steht außer Frage, dass wir zur Forderung, die Staatsverschuldung abzubauen, alle hier in unserem Parlament nur Ja sagen können.
Das entäuscht mich ein wenig. Ich hätte zumindest angenommen, dass einige von Ihnen die Chance ergriffen hätten, sich an die Debatte zu erinnern, die wir im September vergangenen Jahres zum Thema Förderalismus gehabt haben. Viele dieser Debattenbeiträge hatten Themenkomplexe zum Inhalt, die sehr wohl in Richtung Bund gingen und aufgegriffen haben, wie wir für die Zukunft auch die Finanzsituation zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbessern können.
Daher erinnere ich an dieser Stelle noch einmal daran, was wir im vergangen Jahr einvernehmlich festgestellt haben: Die Balance zwischen den einzelnen Ebenen muss neu bestimmt werden Sie muss autonomieschonend und trotzdem gemeinschaftsverträglich sein. Dann können wir durchaus die Forderung des Bundeskanzlers unterstützen, ein gesamtstaatlich abgestimmtes Verhalten im Kampf gegen den Schuldenberg einzufordern. Keine Ebene kann das Problem allein lösen. Das wissen wir alle. Lassen Sie uns an dieser Stelle keine Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung machen. Herr Kollege Kayenburg, auch das ist Realität: Durch die alte Bundesregierung sind Mitte der 90er-Jahre gegenüber Brüssel Fakten geschaffen worden.
Insbesondere aus diesem Parlament heraus sind in Richtung Berlin Forderungen gestellt worden. Ich nenne das Zauberwort „schlankere Verwaltung“. Das ist für uns keine neue Erkenntnis.
- Ich gehe nur noch einmal auf das ein, was wir im vergangenen Jahr gemeinschaftlich unter Beteiligung der Landesparlamente an Umsetzungen gefordert ha
ben. Im Bereich des Städtebaus, bei der Wirtschaftsförderung, bei der Forschungsförderung oder in der Verkehrspolitik gab es Mischfinanzierungen. Allein dadurch, dass auf verschiedenen staatlichen Ebenen die gleichen Aufgaben abgearbeitet werden, haben wir einen zu großen Verwaltungsapparat. Das können wir feststellen.
Der Finanzplanungsrat tagt im März. Die Forderungen aus ihrem heutigen Antrag, die sich aus unseren gemeinsamen Zielen ergeben, können wir dann einbringen.
Ich komme nun zu meiner kaiserlichen Werft. Wer steigende Ausgaben für politische Schwerpunkte in der Bildungspolitik, in der Sicherheitspolitik - sowohl in der Innen- als auch in der Außensicherheitspolitik und in der Arbeitsmarktpolitik bejaht, der muss auch bereit sein, über eine veränderte Verteilung der Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln,
ohne nur die einfallslosesten aller Vorschläge zu machen, nämlich Steuererhöhungen zu fordern. Das ist der Punkt. Hier sollten wir uns zusammentun und uns nicht gegenseitig irgendwelche wadenbeißerische Dinge um die Ohren hauen.
Nein. Herr Garg, Sie haben solch einen netten Dackel. Wenn ich Ihren ersten Wortbeitrag bedenke: Mussten Sie ihn hier nachmachen? Lassen Sie uns doch gemeinsam irgendetwas für die Konsolidierung des Gesamthaushalts machen, und zwar sowohl für Bund, Länder und Kommunen. Heute rächt sich doch die Verweigerungshaltung der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung, nämlich unserer Forderung nachzukommen, zeitlich mit der Änderung des Grundgesetzes auch die Reform der Finanzverwaltung einzuleiten.